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Herbst- und Winterprognose: Sorgt ein QBO-Ost für einen zu kalten Winter?

| M. Hoffmann

Wie wird der das Wetter im Herbst und wie im Winter 2024/25? Noch ist es zu früh, um ausführlich darüber zu spekulieren, aber was spricht nach einem zu warmen Frühling und Sommer für eine zu warme und was für eine normale oder gar zu kalte Wintersaison, welche Rolle spielen die Störimpulse und welche ein erwartbarer QBO-Ost?

Sind in Zeiten der Klimaerhitzung noch kalte und schneereiche Winter möglich © Martin Bloch
Sind in Zeiten der Klimaerhitzung noch kalte und schneereiche Winter möglich © Martin Bloch
Das Wetter war nicht nur im Frühjahr, sondern auch im Sommer außergewöhnlich. Außergewöhnlich deshalb, da zum aktuellen Stand die Monate vom März bis August deutlich bis extrem zu warm ausgefallen sind. Der März 2024 war seit Beginn der Wetteraufzeichnungen von 1881 zudem so warm wie noch nie und stellte einen neuen Rekord auf. Die Jahreszeit Frühling war mit einer Anomalie von +3,22 Grad gegenüber dem vieljährigen Mittelwert von 1961 und 1990 zu warm (91/20: +2,0 Grad). Der Sommer 2024 ist aktuell um +2,1 Grad zu warm (91/20: +0,7 Grad). Da der August 2024 wohl mit einer Anomalie von mehr als +3 Grad in die Geschichte eingehen wird, waren die vergangenen 36 Monate (3 Jahre) im Vergleich zum Klimamittelwert von 1961 und 1990 durchweg zu warm (Abweichung ≥ +0 Grad).

Interessant ist jedoch das Niederschlagsverhalten von März bis August. Der Frühling 2024 war mit einer Abweichung von 123 Prozent deutlich zu nass. Der Sommer bilanziert sich aktuell mit 99 Prozent als normal. Daran wird sich bis zum Ende des meteorologischen Sommers auch wenig verändern. Interessant ist jedoch das Muster. Der März war deutlich zu trocken, der April, Mai, Juni und Juli deutlich zu nass. Der August ist hingegen erheblich zu trocken und über manchen Regionen zeigt sich eine ausgeprägte Dürre, während manche Regionen das Niederschlagssoll deutlich übertroffen haben. Fakt ist aber auch, dass der Sommer 2024 der 31. zu warme Sommer in Folge sein wird. Mit anderen Worten formuliert, gab es seit 31 Jahren keinen zu kalten Sommer mehr.

Großwetterlagen dauern länger an

Mit ein Grund, warum das Wetter in diesem Jahr so außergewöhnlich war, lag an kuriosen Grundströmungen. Kurios deshalb, da nicht - wie sonst üblich - die atlantische Frontalzone die Hauptrolle spielte, sondern Störimpulse, welche über Mitteleuropa den Aufbau einer stabilen Wetterzone verhinderten. Durch die schwache oder kaum vorhandene Dynamik konnten die Tiefdruckgebiete über Mitteleuropa abregnen und so zu teils verheerenden Unwettern mit extremem Hochwasser, Sturzfluten und Überflutungen führen. Außergewöhnlich ist zudem, dass die Großwetterlagen zunehmend länger andauern, was sich seit 2018 besonders deutlich feststellen lässt (Klimaerhitzung: Mehr Hitze und Trockenheit aufgrund eines schwachen Golfstromes und meridionalen Großwetterlagen?) und eine Westwetterlage (zonale Grundströmung) - die über Europa eigentlich einmal normal ist/war hat es letztmalig in ausgeprägter und nachhaltiger Form im Winter 2019/2020 gegeben. Auffällig in diesem Sommer war zudem, dass die atlantische Frontalzone über weite Strecken vollständig außer Kraft gesetzt wurde! Und noch etwas lässt sich seit Oktober 2023 beobachten - die erhebliche Temperaturanomalie auf dem Atlantik.

Wie wird der Winter 2024/25?

Die Frage, die sich stellt: Ist in Zeiten der Klimaerhitzung überhaupt noch ein kalter und schneereicher Winter möglich, ⁣ hat der Wetterverlauf in diesem Jahr Auswirkungen auf das Wetter im Winter und wird es einen schneereichen Winter geben? Ein paar wenige Experten glauben, dass der Winter außergewöhnlich kalt wird, einige wiederum glauben, dass es einen erneuten Supermildwinter geben wird. Glauben heißt nicht Wissen. Wir haben uns die Rahmenbedingungen für das Wetter im Herbst und Winter einmal näher angeschaut.

Zu warmes Winterwetter

Was spricht für einen zu warmen Herbst und Winter?
Zwei Faktoren sind zu benennen. Der erste Faktor ist, dass Deutschland, Österreich und die Schweiz in einer gemäßigten Klimazone liegen. Extrem kalte Wetterverhältnisse sind im Winter selten anzutreffen - ein richtiger Eiswinter kommt selten vor. Vielmehr sind die Winter von einem nasskalten Temperaturspektrum geprägt und in Zeiten der Klimaerhitzung pendeln sich die Werte meist zwischen +2 bis +6 Grad ein. Damit es passt und der Winter tatsächlich zu kalt wird, müssen gleich mehrere Faktoren zusammenkommen - dazu aber später mehr.

Macht die Klimaerhitzung kalte Winter unmöglich?
Der zweite Faktor ist die Klimaerhitzung - und der ist zugleich der gewichtigste Faktor. Der letzte - normale - Winter stammte aus dem Jahre 2011/12. Die letzten elf Winter sind deutlich zu warm ausgefallen. Im Schnitt waren die letzten 20 Winter gegenüber dem langjährigen Mittelwert von 1961 und 1990 etwa um +1,6 Grad zu warm. Die Schlussfolgerung eines zu warmen Winters 2024/25 hätte nach der Statistik eine Trefferquote von 70 Prozent (zu kalt 15 Prozent) - das ist signifikant und ein weiterer Mildwinter wäre nur folgerichtig.

Im Winter 2020/21 gab es zwar ausreichend Schnee - auch im Flachland - doch am Ende war dieser für manch einen Winterfan erfreuliche Winter um +1,6 Grad zu warm (91/20: +0,4 Grad). Der Winter 2021/22, 2022/23 und auch der letztjährige Winter 2023/24 war im Hinblick auf Schnee bis auf das Flachland herab ein Totalausfall.

Winterwetter 2024/25 normal oder gar zu kalt?

Es gibt sie, die Phasen bei denen der Winter zu kalt ausfällt (2010/11). Auffällig dabei ist, dass diese zu kalten bis normalen Winter, mit, oder unmittelbar nach dem Erreichen des Minimums der Sonnenaktivität auftraten. Und um gleich bei den Auffälligkeiten zu bleiben. Im ersten Jahr nach Durchgang des Minimums gab es selten einen stabilen Sommer und in Zeiten vor der Klimaerhitzung war der Sommer im ersten Jahr nach Durchgang des Minimums auffällig zu kühl und zu nass (Schwache Sonnenaktivität - durchschnittlicher Sommer?).

Und dabei war das der Winter im Jahr eins nach Durchgang des Sonnenminimums. Eine Ausnahme einer Regel, oder stimmt diese in Zeiten der Klimaerhitzung einfach nicht mehr?

Sonnenaktivität mit Auswirkungen auf den Winter?

Wir haben einmal die Daten der letzten Jahre zusammengefasst und mit der Temperaturabweichung in den jeweiligen Wintern +/- 1 Jahr vergleichen.

Zusammenhang von kalten Wintern und der Sonnenaktivität über Deutschland
Zusammenhang von kalten Wintern und der Sonnenaktivität über Deutschland

Eine zwingende Kausalität für einen zu kalten Winter kann nicht erkannt werden. Es gab auch deutlich zu warme Winter. Was sich aber ableiten lässt, dass die Winter um ein Sonnenfleckminimum eine höhere Wahrscheinlichkeit für eine kältere bis normale Ausprägung aufwiesen. In Zeiten der Klimaerhitzung aber muss +1,3 Grad hinzugerechnet werden. Und schnell wird klar, dass diese scheinbare Regel in Zeiten der Klimaerhitzung außer Kraft gesetzt wurde. Erschwerend kommt für die Freunde des Winterwetters hinzu, dass für den kommenden Winter die Sonnenaktivität weiter ansteigt und so das Potential eines deutlich zu warmen Winters erhöht.

Temperaturabweichungen Winter zum Sonnenfleckmaximum
Winter Tem­peratur Ab­weichung
Maximum 14/15 +1,9 Grad +1,7 Grad
13/14 +3,4 Grad +3,2 Grad
Maximum 01/02 +2,0 Grad +1,8 Grad
00/01 +2,1 Grad +1,9 Grad
Maximum 91/92 +1,5 Grad +1,3 Grad
90/91 -0,1 Grad -0,3 Grad
Maximum 80/81 -0,4 Grad -0,6 Grad
79/80 +1,1 Grad +0,9 Grad
Maximum 70/71 +0,3 Grad +0,1 Grad
69/70 -2,8 Grad -3,0 Grad
Maximum 58/59 +0,8 Grad +0,5 Grad
57/58 +0,7 Grad +0,5 Grad
Maximum 1948/49 +1,3 Grad +1,0 Grad
47/48 +1,7 Grad +1,4 Grad

Was auffällt ist, dass nur zwei Winter vor, während oder kurz nach dem Maximum zu kalt ausgefallen sind. Möglich ja, aber die Prognose hinsichtlich der Wahrscheinlichkeit spricht eine ganz andere Sprache.

Major-Warming und QBO-Ost

Ein Major-Warming in Stratosphärenhöhe gab es im Februar dieses Jahres. Ein QBO-Ost erfolgte im Spätsommer 2022 und ist somit in diesem Winter wieder ein erwartbares Ereignis. Beide Randfaktoren sind im Winter viel gewichtiger als die Sonnenaktivität. Denn beide zusammen sprechen für eine Fortführung der meridionalen und gestörten Großwetterlagen und trifft ein Trog Mitteleuropa, so kann es richtig Einwintern. Bleiben diese aber aus, so ist mit einer außergewöhnlichen Temperaturanomalie zu rechnen.

Kommt die Westwetterlage, ist der Winter vorbei, bevor er überhaupt begonnen hat

Weniger spannend wird es hingegen, wenn sich die meridionale Wetterlage über Monate hinweg verabschiedet und sich im Herbst und Winter die Westwetterlage einstellt. Noch schlimmer wird es aus Sicht der Winterfreunde, wenn sich über dem östlichen Kanada frühzeitig ein Kaltluftzustrom auf den Atlantik einstellt. Sollte das der Fall sein, ist das ein klares Zeichen eines klassischen Mildwinters, wie man ihn in den vergangenen zehn Jahren hat häufiger beobachten können.

Die Hochdruckbrücke zwischen Sibirien und Kanada/Alaska führt kalte Luftmassen nach Kanada
Die Hochdruckbrücke zwischen Sibirien und Kanada/Alaska führt kalte Luftmassen nach Kanada © www.meteociel.fr

Der Wettertrend für den Winter 2024/2025 der Langfristmodelle

Wie aber wird das Wetter im Herbst und Winter 2024/25 nach den Wettertrends der Prognosemodelle? Die gibt es und sind zum aktuellen Stand noch mit großer Vorsicht zu genießen:

Langfristprognose nach dem Deutschen Wetterdienst

Die Langfristprognose des Deutschen Wetterdienstes liegt momentan für den Zeitraum von November bis Januar vor. Die Abweichung gegenüber dem langjährigen Mittelwert beträgt in diesem Zeitraum +1,0 bis +2 Grad. Über Baden-Württemberg und Bayern kann die Anomalie bis zu +3 Grad betragen. Ein ähnlicher Herbst- und Wintertrend zeichnet sich in der Ensemblemittelvorhersage ab. Ein etwas zu warmer Herbst und ein deutlich zu warmer Winter wäre nach dieser Prognose zu erwarten.

Die Niederschlagsprognose fällt durchschnittlich und im Trend etwas zu nass aus.

Wettertrend nach dem Langfristmodell der NASA

Das Langfristmodell der NASA berechnet die Monate September, Oktober und November mit einer Abweichung von +0,5 bis +1,5 Grad nur moderat zu warm. In der Niederschlagssimulation werden die Herbstmonate unauffällig und im Trend leicht zu nass berechnet.

Für die Wintermonate von Dezember 2024 bis Februar 2025 wird eine Abweichung der Temperatur gegenüber dem vieljährigen Mittelwert (61/90) von +1,0 bis +2,0 Grad deutlich zu warm simuliert. Die Niederschlagsprognose ist im Trend als leicht zu nass zu bewerten. Auffällig dabei - Deutschland liegt im Vergleich zum Rest von Europa in einer Kälteblase.

Wetterprognose Herbst und Winter nach dem CFSv2 Modell

Der Herbst fällt nach dieser Wetterprognose mit einer Differenz zum langjährigen Mittelwert von +1,5 bis +2,5 Grad deutlich zu warm aus. Die Niederschlagsbilanz aber ist gegenüber dem Sollwert als unauffällig und über dem Süden als zu trocken zu bewerten.

Das Wetter im Winter 2024/25 wird mit einer Abweichung von +1,5 bis +3,0 Grad extrem zu warm simuliert, wobei der Januar mit einer Anomalie von +0,5 bis +1,5 Grad auch winterliche Phasen beinhalten kann. Die Niederschlagsleistung wird gegenüber dem Sollwert im Dezember und Januar als deutlich zu nass und im Februar als deutlich zu trocken bewertet.

Herbst und Winter nach dem europäischen Langfristmodell

Der Herbst soll mit einer Differenz von +1,5 bis +2,5 Grad zu warm ausfallen. Die Niederschlagsprognose ist gegenüber dem Sollwert unauffällig und im Trend etwas zu nass (insbesondere der November).

Die Wintermonate sollen mit einer Abweichung +1,5 bis +2,5 Grad und im Trend zu warm ausfallen. Keiner der drei Wintermonate wird auch nur annähernd normal berechnet. Die Niederschlagsprognose ist durchwachsen und in Summe gegenüber dem vieljährigen Mittelwert etwas zu nass.

Was auffällt, sind die durchweg zu hohen Temperaturen, die jedoch nicht im Einklang mit einer Westwetterlage stehen, sondern vielmehr auf eine Fortsetzung der meridionalen Großwetterlage hindeuten, bei der Deutschland, Österreich und die Schweiz auf der warmen Vorderseitenanströmung liegen können - die nicht Enden wollende Südwestwetterlage, hervorgerufen durch einen steten Zustrom kalter Luftmassen über dem östlichen Kanada.

Abweichungen der Temperaturen im Herbst und Winter gegenüber dem langjährigen Mittelwert
Monat Tem­peratur Nieder­schlag
September 2024 +1,0 bis +2,0 Grad Trend: normal bis etwas zu nass
Oktober 2024 +0,5 bis +1,5 Grad Trend: normal bis leicht zu nass
November 2024 +2,0 bis +3,0 Grad Trend: normal bis leicht zu nass
Dezember 2024 +1,5 bis +2,5 Grad Trend: zu nass
Januar 2025 +0,5 bis +1,5 Grad Trend: zu nass
Februar 2025 +1,5 bis +3,0 Grad Trend: zu trocken
Diagramm der Temperaturentwicklung Herbst/Winter 2024/2025 vom 23.08.2024
Diagramm der Temperaturentwicklung Herbst/Winter 2024/2025 vom 23.08.2024

Sicherlich werden sich die Prognosen der Langfristmodelle in den kommenden Wochen noch mehrmals verändern, die Berechnungen zeigen aber auch, dass rein vom rechnerischen und nach der Statistik die Wahrscheinlichkeit für einen zu warmen Winter höher liegt.

Und wie schätzen wir den Winter 2024/25 ein?

Die Winter der letzten 20 Jahre waren mit einer Abweichung von knapp +1,6 Grad deutlich zu warm und in 70 Prozent der Fälle gab es einen zu warmen Winter. Man muss kein Prophet oder Experte zu sein, um die winterliche Jahreszeiten als zu warm einzustufen. Waren die vergangenen 30 Sommer zu durchweg zu warm (Der Sommer 2024 wird der 31. zu warme Sommer sein), so schafft es der Winter sich in Phasen immer wieder einmal durchzusetzen. Hinzu kommt der erwartbare QBO-Ost, welcher noch für die eine oder andere Überraschung wird sorgen können.

Ob eine normale oder gar zu kalte Wintersaison möglich sein wird, bleibt abzuwarten. Das meridionale Strömungsmuster sollte manchen Freunden der kalten Witterung den Puls in die Höhe schnellen lassen. Liegt die Wahrscheinlichkeit doch hoch, dass das auch im Winter der Fall sein wird.

Um auf den Punkt zu kommen, ist ein wechselhafter und unbeständiger Herbst und Winter zu erwarten, der ein Auf und Ab bei den Temperaturen zeigen wird. Längere Kaltphasen sind im Winter weniger wahrscheinlich, doch kurze Kaltlufteinbrüche sollten machbar sein. Am Ende aber wird wohl ein erneut - teils deutlich zu warmer - Winter herauskommen. Die Klimaerhitzung ist einfach ein zu gewichtiger Faktor. Schaun mer mal.

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