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Winterprognose: Der Blick auf die Randfaktoren - Schnee für alle oder droht ein erneuter Supermildwinter?

| M. Hoffmann

Wie wird der das Wetter im Herbst und wie im Winter 2023/24? Noch ist es zu früh, um ausführlich darüber zu spekulieren, aber was spricht nach einem zu warmen Frühling und Sommer für eine zu warme und was für eine normale oder gar zu kalte Wintersaison?

Wie steht es um den Winter 2023/24 - welches Rückschluss lassen die Randfaktoren zu?
Wie steht es um den Winter 2023/24 - welches Rückschluss lassen die Randfaktoren zu?
Das Wetter war nicht nur im Frühjahr, sondern auch im Sommer außergewöhnlich. Außergewöhnlich deshalb, da zum aktuellen Stand die Monate Mai, Juni, Juli und August erheblich zu warm und insbesondere der Mai, Juni und auch Juli phasenweise extrem trocken ausgefallen sind. Nach einer kurzen Schwächephase kehrte mit Beginn der zweiten August-Dekade der Hochsommer nach Deutschland zurück und wird die Menschen mit teils unwetterartigen Wetterereignissen zum Schwitzen bringen.

Bilanziert man den Sommer 2023 zum aktuellen Stand, so ist dieser mit einer durchschnittlichen Temperatur von +18,3 Grad im Vergleich zum vieljährigen Mittelwert von +2,1 Grad deutlich zu warm (91/20: +0,8 Grad). Kumuliert man die kommenden Hitzetage noch hinzu, so kann der Sommer 2023 am Ende ein Überschuss von +2,1 bis +2,3 Grad vorweisen. Im Niederschlagsverhalten zeigte sich von Mai bis zum Ende der zweiten Juli-Dekade eine ausgeprägte Dürrephase, welche mithilfe von Störimpulsen in den letzten Juli- und in der ersten August-Dekade von zahlreichen Niederschlagsereignissen abgeschwächt wurde. In der zweiten August-Dekade stehen teils unwetterartige Gewitterereignisse bevor. Mit anderen Worten formuliert, ist vorerst nicht mit einer erneuten Dürrephase zu rechnen. Fakt ist aber auch, dass der Sommer 2023 der 27. zu warme Sommer in Folge sein wird.

Großwetterlagen dauern länger an

Mit ein Grund, warum das Wetter in diesem Jahr so außergewöhnlich war, lag an der meridionalen Grundströmung, was die Luftmassen überwiegend aus südlichen und kurzzeitig aus nördlichen Richtungen nach Deutschland, Österreich und die Schweiz führte. Außergewöhnlich ist zudem, dass die Großwetterlagen zunehmend länger andauern (Klimaerhitzung: Mehr Hitze und Trockenheit aufgrund eines schwachen Golfstromes und meridionalen Großwetterlagen?) und eine Westwetterlage (zonale Grundströmung) - die über Europa eigentlich einmal normal ist/war hat es letztmalig in ausgeprägter und nachhaltiger Form im Winter 2019/2020 gegeben. Auffällig in diesem Sommer war zudem, dass die atlantische Frontalzone nahezu vollständig außer Kraft gesetzt wurde!

Wie wird der Winter 2023/24?

Hat der Wetterverlauf in diesem Jahr Auswirkungen auf das Wetter im Winter, wird es einen schneereichen Winter geben? Ein paar wenige Experten glauben, dass der Winter außergewöhnlich kalt wird, einige wiederum glauben, dass es einen erneuten Supermildwinter geben wird. Glauben heißt aber nicht Wissen. Wir haben uns die Rahmenbedingungen für das Wetter im Herbst und Winter einmal näher angeschaut.

Zu warmes Winterwetter

Was spricht für einen zu warmen Herbst und Winter? Zwei Faktoren sind zu benennen. Der erste Faktor ist, dass Deutschland, Österreich und die Schweiz in einer gemäßigten Klimazone liegen. Extrem kalte Wetterverhältnisse sind im Winter selten anzutreffen - ein richtiger Eiswinter kommt nicht so häufig vor. Vielmehr sind die Winter von nasskalten Temperaturen geprägt und in Zeiten der Klimaerhitzung pendeln sich die Werte meist zwischen +2 bis +6 Grad ein. Damit es passt und der Winter tatsächlich zu kalt wird, müssen gleich mehrere Faktoren zusammenkommen - dazu aber später mehr.

Der zweite Faktor ist die Klimaerhitzung - und der ist zugleich der gewichtigste Faktor. Der letzte - normale - Winter stammte aus dem Jahre 2011/12. Die letzten zehn Winter sind deutlich zu warm ausgefallen. Im Schnitt waren die letzten 20 Winter gegenüber dem langjährigen Mittelwert von 1961 und 1990 etwa um +1,6 Grad zu warm. Die Schlussfolgerung eines zu warmen Winters 2023/24 hätte nach der Statistik eine Trefferquote von 70 Prozent (zu kalt 15 Prozent) - das ist signifikant.

Im Winter 2020/21 gab es zwar ausreichend Schnee - auch im Flachland - doch am Ende war dieser für manch einen Winterfan erfreuliche Winter um +1,6 Grad zu warm (91/20: +0,4 Grad). Der Winter 2021/22 und auch der letztjährige Winter 2022/23 war in Sachen Schnee bis auf das Flachland herab ein Totalausfall.

Winter 2023/24 normal oder gar zu kalt?

Es gibt sie, die Phasen, in denen der Winter zu kalt ausfällt (2010/11). Auffällig dabei ist, dass diese zu kalten bis normalen Winter, mit, oder unmittelbar nach dem Erreichen des Minimums der Sonnenaktivität auftraten. Und um gleich bei den Auffälligkeiten zu bleiben. Im ersten Jahr nach Durchgang des Minimums gab es selten einen stabilen Sommer und in Zeiten vor der Klimaerhitzung war der Sommer im ersten Jahr nach Durchgang des Minimums auffällig zu kühl und zu nass (Schwache Sonnenaktivität - durchschnittlicher Sommer?).

Und dabei war das der Winter im Jahr eins nach Durchgang des Sonnenminimums. Eine Ausnahme einer Regel, oder stimmt diese in Zeiten der Klimaerhitzung einfach nicht mehr?

Sonnenaktivität mit Auswirkungen auf den Winter?

Wir haben einmal die Daten der letzten Jahre zusammengefasst und mit der Temperaturabweichung in den jeweiligen Wintern +/- 1 Jahr vergleichen.

Zusammenhang von kalten Wintern und der Sonnenaktivität über Deutschland
Zusammenhang von kalten Wintern und der Sonnenaktivität über Deutschland

Eine zwingende Kausalität für einen zu kalten Winter kann nicht erkannt werden. Es gab auch deutlich zu warme Winter. Was sich aber ableiten lässt, dass die Winter um ein Sonnenfleckminimum eine höhere Wahrscheinlichkeit für eine kältere bis normale Ausprägung aufwiesen. In Zeiten der Klimaerhitzung aber muss +1,3 Grad hinzugerechnet werden. Und schnell wird klar, dass diese scheinbare Regel in Zeiten der Klimaerhitzung außer Kraft gesetzt wurde. Erschwerend kommt für die Freunde des Winterwetters hinzu, dass für den kommenden Winter die Sonnenaktivität weiter ansteigt und so das Potential eines deutlich zu warmen Winters erhöht.

Major-Warming und QBO-Ost

Ein Major-Warming in Stratosphärenhöhe gab es Februar dieses Jahres. Ein QBO-Ost erfolgte im Spätsommer 2022 und ist in diesem Winter nicht zu erwarten. Auch ein Major-Warming wird es mit einer hohen Wahrscheinlichkeit nicht geben können. Beide Randfaktoren sind im Winter viel gewichtiger als die Sonnenaktivität. Denn beide zusammen sprechen für eine Fortführung der meridionalen Großwetterlagen und trifft ein Trog Mitteleuropa, so kann es richtig Einwintern. Blieben diese aber aus - wie wohl im kommenden Winter - so ist mit einer außergewöhnlichen Temperaturanomalie zu rechnen.

Kommt die Westwetterlage, ist der Winter vorbei, bevor er überhaupt begonnen hat

Weniger spannend wird es hingegen, wenn sich die meridionale Wetterlage über Monate hinweg verabschiedet und sich im Herbst und Winter die Westwetterlage einstellt. Noch schlimmer wird es aus Sicht der Winterfreunde, wenn sich über dem östlichen Kanada frühzeitig ein Kaltluftzustrom auf den Atlantik einstellt. Sollte das der Fall sein, ist das ein klares Zeichen eines klassischen Mildwinters, wie man ihn in den vergangenen 10 Jahren hat häufiger beobachten können.

Aus Sicht der Natur aber wäre eine Westwetterlage mit viel Wind und Regen wünschenswert, dass zumindest ein Teil der Dürre aus dem Spätfrühling und Sommer abgemildert werden kann. Denn meridionale Wetterlagen sind nicht gerade für viel Niederschlag bekannt.

Die Hochdruckbrücke zwischen Sibirien und Kanada/Alaska führt kalte Luftmassen nach Kanada
Die Hochdruckbrücke zwischen Sibirien und Kanada/Alaska führt kalte Luftmassen nach Kanada © www.meteociel.fr

Der Wettertrend für den Winter 2023/2024 der Langfristmodelle

Wie aber wird das Wetter im Herbst und Winter 2023/24 gibt es schon erste Wettertrends der Prognosemodelle? Die gibt es, sind zwar noch nicht vollständig und zum aktuellen Stand mit großer Vorsicht zu genießen:

Langfristprognose nach dem Deutschen Wetterdienst

Die Langfristprognose des Deutschen Wetterdienstes liegt momentan für den Zeitraum von November bis Januar vor. Die Abweichung gegenüber dem langjährigen Mittelwert beträgt in diesem Zeitraum +1,0 bis +2 Grad. Über Baden-Württemberg und Bayern kann die Anomalie bis zu +3 Grad betragen.

Die Niederschlagsprognose fällt durchschnittlich und im Trend etwas zu nass aus.

Wettertrend nach dem Langfristmodell der NASA

Das Langfristmodell der NASA berechnet die Monate September, Oktober und November mit einer Abweichung von +1,0 bis +2,0 Grad deutlich zu warm. In der Niederschlagssimulation werden die Herbstmonate unauffällig und im Trend leicht zu trocken berechnet.

Für die Wintermonate von Dezember 2023 bis Februar 2024 wird eine Abweichung der Temperatur gegenüber dem vieljährigen Mittelwert (61/90) von +1,5 bis +2,5 Grad deutlich zu warm simuliert. Die Niederschlagsprognose ist im Trend leicht zu nass zu bewerten.

Wetterprognose Herbst und Winter nach dem CFSv2 Modell

Der Herbst fällt nach dieser Wetterprognose mit einer Differenz zum langjährigen Mittelwert von +1,5 bis +2,5 Grad deutlich zu warm aus. Die Niederschlagsbilanz aber ist gegenüber dem Sollwert als unauffällig und über dem Süden als zu trocken zu bewerten.

Das Wetter im Winter 2023/24 wird mit einer Abweichung von +1,5 bis +3,0 Grad extrem zu warm simuliert. Die Niederschlagsleistung wird gegenüber dem Sollwert als unauffällig bewertet.

Herbst und Winter nach dem europäischen Langfristmodell

Der Herbst soll mit einer Differenz von +1,0 bis +2,0 Grad zu warm ausfallen. Die Niederschlagsprognose ist gegenüber dem Sollwert unauffällig.

Die Wintermonate sollen mit einer Abweichung +1,0 bis +2,0 Grad und im Trend von bis +3,0 Grad zu warm ausfallen können. Keiner der drei Wintermonate wird auch nur annähernd normal berechnet. Die Niederschlagsprognose ist durchwachsen und in Summe gegenüber dem vieljährigen Mittelwert zu nass.

Was auffällt, sind die durchweg zu hohen Temperaturen, die jedoch nicht im Einklang mit einer Westwetterlage stehen, sondern vielmehr auf eine Fortsetzung der meridionalen Großwetterlage hindeuten, bei der Deutschland, Österreich und die Schweiz auf der warmen Vorderseitenanströmung liegen können - die nicht Enden wollende Südwestwetterlage, hervorgerufen durch einen steten Zustrom kalter Luftmassen über dem östlichen Kanada.

Abweichungen der Temperaturen im Herbst und Winter gegenüber dem langjährigen Mittelwert
Monat Tem­peratur Nieder­schlag
September 2023 +1,0 bis +2,0 Grad Trend: normal bis etwas zu trocken
Oktober 2023 +1,2 bis +2,2 Grad Trend: normal bis leicht zu nass
November 2023 +2,0 bis +3,0 Grad Trend: zu trocken
Dezember 2023 +1,5 bis +2,5 Grad Trend: zu trocken
Januar 2024 +1,0 bis +3,0 Grad Trend: normal bis etwas zu nass
Februar 2024 +1,0 bis +3,0 Grad Trend: normal bis etwas zu nass
Diagramm der Temperaturentwicklung Herbst/Winter 2023/2024  vom 14.08.2023
Diagramm der Temperaturentwicklung Herbst/Winter 2023/2024 vom 14.08.2023

Sicherlich werden sich die Prognosen der Langfristmodelle in den kommenden Wochen noch mehrmals verändern, die Berechnungen zeigen aber auch, dass rein vom rechnerischen die Wahrscheinlichkeit für einen zu warmen Winter höher liegt.

Sorgt El-Niño für einen harten Winter über Deutschland?

Manch eine Schlagzeile geistert durch die Medien, dass der beginnende El-Niño einen harten Winter in Deutschland zur Folge haben wird. Die Auswirkungen des Phänomens aber sind über Deutschland äußerst gering und lassen absolut keinen Rückschluss auf das Wetter im Herbst oder Winter über Deutschland zu. Wen es genauer interessiert - wir haben die Phasen mit El-Niño und dem Winter über Deutschland miteinander verglichen: Die Auswirkungen von El-Niño auf den Winter in Deutschland.

Und wie schätzen wir den Winter 2023/24 ein?

Die Winter der letzten 20 Jahre waren mit einer Abweichung von knapp +1,6 Grad deutlich zu warm und in 70 Prozent der Fälle gab es einen zu warmen Winter. Man muss kein Prophet oder Experte zu sein, um die winterliche Jahreszeiten als zu warm einzustufen. So ist es allein schon bemerkenswert, dass die letzten 26 Sommer allesamt zu warm ausgefallen sind und dieser Sommer in nichts nachstehen wird. Der Winter aber schafft es noch in Phasen sich durchzusetzen und damit ist der Winter nicht gleich zu den Akten zu legen.

Ob eine normale oder gar zu kalte Wintersaison möglich sein wird, bleibt abzuwarten. Das meridionale Strömungsmuster sollte manchen Freunden der kalten Witterung den Puls in die Höhe schnellen lassen. Liegt die Wahrscheinlichkeit doch hoch, dass das auch im Winter der Fall sein wird. Doch sprechen der nicht zu erwartende QBO-Ost und ein Major-Warming dagegen.

Um auf den Punkt zu kommen, ist ein wechselhafter und unbeständiger Herbst und Winter zu erwarten, der ein Auf und Ab bei den Temperaturen zeigen wird. Längere Kaltphasen sind im Winter weniger wahrscheinlich, doch kurze Kaltlufteinbrüche sollten machbar sein. Am Ende aber wird wohl ein erneut - teils deutlich zu warmer - Winter herauskommen. Die Klimaerhitzung ist einfach ein zu gewichtiger Faktor. Schaun mer mal.

© Bild - Martin Bloch

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