Wettertrend: Orkantief und ein Arctic Outbreak - der Winter in der letzten November-Dekade?
Das eine Sturmtief zieht nach Osten ab und das Wetter beruhigt sich über Deutschland kurzzeitig, bevor zum Wochenende das nächste Sturmtief aufzieht. Zur gleichen Zeit wölbt sich auf dem Atlantik ein Hoch nach Norden und verändert so die Grundströmung. Die zonal verlaufende Westwetterlage endet - und die Vorhersagemodelle berechnen spektakuläre Wetterentwicklungen. Wie stehen die Chancen für einen frühen Durchbruch des Winters?
Ein böiger und über exponierten Lagen und den Küsten von Nord- und Ostsee stürmischer Wind treibt weitere Niederschlagsfelder über Deutschland hinweg. Kräftiger können die Niederschläge südlich einer Linie von Köln und Dresden ausfallen. Länger andauernd und regional unwetterartige Regensummen sind südlich der Donau, über dem Alpenvorland und über den Alpen zu erwarten. Hochwasser und Überflutungen werden auch heute wieder eine Rolle spielen können. Kurze sonnige Momente sind hingegen in einem breiten Streifen von Niedersachsen und Brandenburg möglich. Die Temperaturen erreichen mit +10 bis +15 Grad ungewöhnlich hohe Werte.
Die Ruhe vor dem Sturm
Unbeständig, aber vergleichsweise ruhig verläuft das Wetter über Deutschland am Mittwoch und Donnerstag. Einmal von den stürmischen Windböen zur Wochenmitte über den Küstenregionen abgesehen, schwächt sich der Wind aus südlichen Richtungen kommend ab und bei starker bis wechselnder Bewölkung kommt es zu gelegentlichen Schauern, deren Schwerpunkt über den Küstenregionen zu finden ist. Längere sonnige Abschnitte sind bei Temperaturen von +8 bis +12 Grad möglich. Am Freitag erreicht der nächste Ausläufer eines Sturmtiefs Deutschland und leitet ein wechselhaftes und windiges bis stürmisches Wochenende ein. Mehr dazu der aktuellen Wetterprognose zum Wetter November.
Wetterprognose des europäischen Wettermodells: Orkantief mit unwetterartigen Starkwindereignissen
Bereits in der gestrigen Wetterprognose simulierten die Europäer ein mächtiges Tiefdrucksystem über Skandinavien, welches mit einem Hoch über dem Atlantik nach Süden hätte austrogen und den Winter nach Deutschland bringen können. Das Orkantief wird auch heute wieder berechnet, doch sind die Auswirkungen andere und stellen unwetterartige Extremwindereignisse in den Raum.
Nasskaltes Rückseitenwetter
Doch bevor es so weit ist, zieht das Sturmtief vom Wochenende rasch nach Osten ab und leitet zum 21. November mit seiner Rückseite die Zufuhr kühlere Luftmassen ein. Die Temperaturen erreichen am 20. November mit bis +16 Grad über dem Südwesten noch ungewöhnlich hohe Werte und sinken bis zum 22. November auf +4 bis +8 Grad und örtlich auf bis +2 Grad ab. Die Schneefallgrenze pendelt sich mit 600 bis +1.000 Meter in den höheren mittleren Lagen ein und die zahlreichen Schauer können auch bis auf tiefere Lagen herab für Graupelschauer sorgen.
Extremwindereignisse
Auf dem Atlantik stemmt sich etwa zur gleichen Zeit ein Hoch gegen die Frontalzone und dehnt sich bis zum 21. November zwischen den Azoren und Island nach Norden aus. Das schränkt den Wirkungskreis der Frontalzone erheblich ein und wird auf eine nördlichere Zugbahn gezwungen.
Im Zeitraum vom 22. bis 24. November gelingt es dem Blockadehoch auf dem Atlantik eine Querverbindung zu einem Hoch über Alaska aufzubauen und da sich Hochdrucksystem im Uhrzeigersinn drehen, wird der aktiv-dynamische Teil der Frontalzone über den Bereich vom europäischen Nordmeer und Skandinavien verlagert. Dieser Prozess ist derart heftig, dass sich das gesamte Zentrum des Polarwirbels in diesen Tiefdruckcluster verlagert.
Deutschland, die Schweiz und Österreich liegen am südlichen Gradienten dieses Orkantiefs, was neben Randtiefentwicklungen auch Schnellläufersysteme ermöglicht. Sturm, schwerer Sturm und Winde in voller Orkanstärke wären über Deutschland möglich.
Ein winterlicher Ansatz?
Kommen wir zum spekulativen Teil der Prognose. Sollte sich der Polarwirbel direkt über Skandinavien positionieren und das Hoch auf dem Atlantik über Kanada hinweg eine Blockade aufbauen können, dann fehlt nicht mehr viel und das Orkantief trogt über Mitteleuropa aus.
Da sich die Hauptaktivität des Polarwirbels in diesem Cluster befindet, ist ein Arctic Outbreak im Verlauf der letzten November-Dekade nicht auszuschließen, was auch über dem Flachland winterliche Wetterbedingungen zur Folge haben kann. Abwarten, was sich da entwickelt!
Wetterprognose des amerikanischen Wettermodells: Orkantief mit Arctic Outbreak
Interessant ist für Freunde des Winterwetters
die Wettervorhersage der Amerikaner, welche mit der des europäischen Wettermodells - zumindest im Ansatz - übereinstimmt.
Blockadehoch auf dem Atlantik
Das Sturmtief vom Wochenende zieht nach Osten ab und leitet rückseitig die Zufuhr nasskalter Luftmassen ein. Die Schneefallgrenze sinkt bis auf die mittleren Lagen ab und auch über tieferen Lagen sind Graupelschauer möglich. Das Azorenhoch nutzt seine Chance, um bis zum 22. November nach Norden aufzustreben und eine Blockade zwischen den Azoren und Island zu errichten. Damit bestätigt sich der Wettertrend der vergangenen Tage - die zonal verlaufende Großwetterlage endet und eine meridionale Grundströmung beginnt. Da sich das Hoch westlich von Mitteleuropa befindet, ist über Deutschland, Österreich und der Schweiz mit einer zunehmend nördlichen Grundströmung zu rechnen.
Vollständig gestörte Zirkulation - Heftige Reaktion des Polarwirbels
Wir sind eigentlich keine großen Freunde der Superlativen
und ja, es handelt sich lediglich um Simulationen, die eintreffen können - aber nicht zwangsläufig müssen. Doch die hohe Übereinstimmung mit dem Blockadehoch auf dem Atlantik lässt aufhorchen. Dem Hoch aber gelingt nach der Wettervorhersage der Amerikaner keine Querverbindung zum Hoch über Alaska. Stattdessen zentralisiert sich das Hoch zum 25. November im Bereich von England, Island und Grönland. Die atlantische Frontalzone existiert ab diesen Zeitpunkt nicht mehr und hat auch keine Chancen, nach Mitteleuropa vorzudringen. Die vollständig gestörte Zirkulation.
Stattdessen werden die Ausläufer der Frontalzone auf eine nördliche Zugbahn gezwungen und intensivieren sich in diesem Prozess. Bis zum 23. November kann sich über Skandinavien ein Orkantief ausbilden und im Zusammenspiel mit dem Blockadehoch nach Süden austrogen.
Arctic Outbreak mit Winter bis auf das Flachland herab
Die Konstellation ist aus Sicht der Winterfreunde
nahezu perfekt. Der Trog trifft Deutschland mit voller Wucht und führt kalte Luftmassen polaren Ursprungs bis an die Alpen. Erreichen die Temperaturen am 21. November noch ungewöhnlich hohe +10 bis +15 Grad, so sinken die Werte bis zum 25. November auf +2 bis +6 Grad und bis zum 27. November auf +5 bis -2 Grad ab. Dauerfrost ist über der Südhälfte - samt Schneefall und winterlichen Witterungsbedingungen bis auf tieferen Lagen - möglich. Anders die Situation über dem Norden. Dort verweilen die Temperaturen zwischen +5 bis +10 Grad, was am Wind aus nördlichen Richtungen kommend liegt, welcher die Wärme der Nord- und Ostsee über Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern führt.
Instabiler Polarwirbel
Schaut man sich die nachfolgenden Wetterkarten einmal genauer an, so erkennt man einen völlig destabilisierten Polarwirbel, der gleich von mehreren Seiten Einschübe von Hochdrucksystem erdulden muss. Und das in der Zeit, in der sich der Wirbel eigentlich stabilisieren sollte. Spannende Zeiten stehen dem Wetter bevor.
Auf den Punkt gebracht: Ein Hoch, ein Tief und die gestörte Zirkulation
Das Resümee hat auch nach 11 Tagen noch seine Gültigkeit, was in Anbetracht der langen Zeitspanne dann doch ein erstaunliches Resultat ist. Die Vorhersage-Modelle halten an einer Umstrukturierung der Großwetterlage fest und favorisieren eine meridional verlaufende Nord-Süd-Strömung, was in letzter Konsequenz den Winter bis auf die tieferen mittleren Lagen zwischen 300 und 500 Meter optional macht.
Welches Wetter zu erwarten ist
Genauso beharrlich aber ziehen die Kontrollläufe nicht mit und zeigen auch heute wieder eindrucksvoll, dass die Hauptläufe der Vorhersage-Modelle - mit Abstand - zu den kältesten Varianten gehören. Ein gesundes Maß an Skepsis gegenüber dem Arctic Outbreak ist also angebracht. Deutlicher zeigt sich das im Verlauf der Temperaturen in 1.500 Meter Höhe, welche am 20. November zwischen +5 und +7 Grad und am 28. November zwischen +0 und -3 Grad schwanken können. Für den Flachlandwinter sind Ende November Höhenwerte von -7 bis -9 Grad notwendig. Für winterliche Wetterbedingungen bis auf die mittleren Lagen herab sind Höhenwerte von -5 bis -7 Grad ausreichend. Das zeigt zwar, dass Wettertrend in die nasskalte Richtung geht, aber noch weit vom Winter entfernt ist.
Die Niederschlagsprognose
Die Niederschlagssignale sind noch bis zum 18. November erhöht und sinken bis zum 21. November in den schwach bis mäßig erhöhten Bereich ab. Eine weitgehend trockene Witterung wird vom 22. bis 27. November in Aussicht gestellt, wobei Schauer immer wieder eine Rolle spielen können. Mit anderen Worten formuliert, stützen die Vorhersage-Modelle nicht die Extreme, welche die Vorhersage-Modelle heute - erneut - berechnen. Schaun mer mal.
Tag | Temperaturspektrum | Temperaturmittelwert |
---|---|---|
20. November | +6 bis +14 Grad |
+9 bis +12 Grad |
24. November | +2 bis +13 Grad |
+7 bis +9 Grad |
29. November | -2 bis +10 Grad |
+4 bis +6 Grad |
Nächste Aktualisierung
- 20:15 Uhr: Aktualisierung der Winterprognose an dieser Stelle
Update der Wetterprognose von 20:20 Uhr
Die Vorhersage-Modelle galten gegenüber den Kontrollläufen als kalte Ausreißer. Der Mittelwert der Kontrollläufe wollte von einem Arctic Outbreak nichts wissen und allenfalls über eine nasskalte Witterung mit winterlichen Optionen ab den mittleren Lagen konnte spekuliert werden.
Hochdruck- statt Winterwetter
Wie schnell die Prognosen bei einer unsicheren Wetterentwicklung samt instabilem Polarwirbel ändern können, zeigt das europäische Vorhersage-Modell heute Abend eindrücklich.
Das Hoch auf dem Atlantik etabliert sich bis zum 21. November gegenüber der Frontalzone als Blockade, doch kann sich das Hoch nicht behaupten. Nach dem europäischen Wettermodell kippt die Hochdruckachse nach Osten ab und die Hochdruckzone legt sich bis zum 23. November quer über Deutschland. Neben sonnigen Momenten ist auch mit einer trockenen Witterung zu rechnen. Da sich über der Mittelmeerregion jedoch ein Höhentief eindrehen kann, werden in Bodennähe kühlere Luftmassen aus östlichen Richtungen nach Deutschland geführt, was die Tageshöchstwerte mit +2 bis +6 Grad in einem für den November-typischen Bereich einpendeln lässt. Mit dem Arctic Outbreak von heute Morgen - samt winterlichen Wettererscheinungen bis auf das Flachland herab - haben die Berechnungen von heute Abend nichts mehr gemeinsam.
Arctic Outbreak mit tiefwinterlichen Wetterbedingungen
Die Amerikaner lassen zum 23. November das Hoch zwar näher an Mitteleuropa heranrücken, doch misslingt die Ausbildung einer Hochdruckzone. Der Hochdruckkern bleibt über dem Atlantik, was als wichtiges Signal für den Vorstoß des Winters gewertet werden kann.
Das Strömungsmuster meridionalisiert zunehmend und aus nördlichen Richtungen stoßen im Zeitraum vom 23. bis 30. November immer wieder Tiefdrucksysteme von Skandinavien in Richtung Deutschland. Die Tiefdruckgebiete trogen weit nach Süden aus und gewinnen über der Mittelmeerregion weitere Energie hinzu. Der Arctic Outbreak stabilisiert sich auf diese Art und Weise nicht nur, sondern es gelingt sogar eine Intensivierung der Nordwetterlage.
Winterwetter bis auf das Flachland herab
Erreichen die Temperaturen am 22. November noch +6 bis +12 Grad, so sinken die Werte bis zum 25. November auf +2 bis +6 Grad und bis zum 30. November auf -4 bis +2 Grad ab. Verbreitet stellt sich Dauerfrost ein und wiederholt auftretende Niederschläge gehen bis auf tiefere Lagen in Schnee über. Die Ausbildung einer Schneedecke bis auf tiefere Lagen herab ist möglich. Tiefwinterlich wird es hingegen ab den mittleren Lagen. In den Nächten sinken die Temperaturen auf -2 bis -8 Grad und über Schnee auf bis -12 Grad ab.
Zusammenfassung
Richtig geraten. Die Wetterprognose der Amerikaner gehört in Vergleich zu den Kontrollläufen heute Abend zu den mit Abstand kältesten Varianten, während sich die Europäer mehr dem Mittelwert angenähert haben.
Die Temperaturen in 1.500 Meter Höhe schwanken vom 23. bis 30. November im Bereich von -1 bis -4 Grad. Das reicht aus, um über Deutschland eine novembertypisch nasskalte Witterung zu etablieren. Der Winter kann sich bis auf die höheren mittleren Lagen durchsetzen. Doch von einem nachhaltigen Wintereinbruch bis auf das Flachland herab fehlt noch ein ganzes Stück.
Dennoch stellt sich zum 23. November eine sog. Schlüsselszene ein. Ein Teil des Polarwirbels etabliert sich über dem Norden von Skandinavien, ein Hoch liegt über Russland und ein weiteres Hoch bringt sich auf dem Atlantik als Blockade gegenüber der Frontalzone in Stellung. Also ja, der Umbau der Großwetterlage beginnt zum Ende der zweiten Novemberdekade und eine nördliche Grundströmung wird zunehmend wahrscheinlicher. Schaun mer mal.