Wetterprognose Winter 2021/2022: Ein Wintereinbruch in der letzten Novemberdekade?
Der Herbst dümpelt nach einem über Norddeutschland stürmischen Sonntag vor sich hin. Der Wind kommt gelangweilt aus unterschiedlichen Richtungen und am Himmel kämpfen Sonne, Wolken und zähe Nebelfelder um die Vorherrschaft. Ändert sich das in der letzten Novemberdekade und welche Rolle spielt der Frühwinter?
Hochdruckdominiertes Wetter bedeutet im November oftmals zähen Nebel oder Hochnebel. Löst dieser sich auf, ist mit viel Sonnenschein zu rechnen. Dieses Gemisch aus Sonne, Wolken und Nebel ist in den kommenden Tagen über Deutschland zu erwarten.
Frostige Nächte über dem Süden
Da die Nächte länger als die Tage geworden sind, kann es über den klaren Regionen stärker auskühlen und über dem Süden von Baden-Württemberg und Bayern ist in den Nächten mit Frost von bis -3 Grad zu rechnen. Erweist sich der nächtliche Nebel als zäh, so pendeln sich die Tageshöchstwerte um die +5 Grad-Marke ein. Kommt hingegen die Sonne zum Vorschein, so wird die Luft rasch auf +6 bis +12 Grad und örtlich auf bis +14 Grad erwärmt, was für den November zu warm ist. Apropos zu warm - im Verglich zum vieljährigen Mittelwert von 1961 und 1990 waren die ersten Novembertage um +2,9 Grad zu warm. Mehr dazu: Wetter November 2021.
Wettervorhersage nach dem europäischen Wettermodell: Hohe Wellenbewegung entlang der Polarfront
Das war so, das ist so und wird in der heutigen Wetterprognose des europäischen Wettermodells nochmals bestätigt. Verursacht wird diese Wellenbewegung durch eine außergewöhnliche Hochdruckaktivität innerhalb des Polarwirbels. Entscheidend, ob das Wetter über Deutschland in die kalte Richtung kippt, oder weiterhin von einem Hochdrucksystem dominiert wird, hängt davon ab, wie sich ein Tiefdruckkomplex auf dem Atlantik verhält.
Kräftiges Hochdrucksystem über Mitteleuropa
Ein Hoch über Kanada leistet bis zum 15. November ganze Arbeit und führt kalte Luftmassen in Richtung Neufundland. Das Ergebnis ist ein Tiefdruckkomplex auf dem Atlantik, der sich im Bereich zwischen Neufundland, Island und dem europäischen Nordmeer positioniert. Auf seiner Vorderseite schiebt der Tiefdruckwirbel ein Hochdrucksystem vor sich her, das sich zum 15. November von Frankreich bis über Skandinavien ausdehnen kann. Im Verbund der beiden Wettersysteme ergibt sich ein meridional verlaufendes Strömungsmuster, das über Deutschland aus südlichen Richtungen milde Luftmassen heranführt.
Über Deutschland, Österreich und der Schweiz bedeutet das einen anhaltend ruhigen und trockenen Wettercharakter, der mancherorts mit zähen Nebelfeldern für eine trübe Stimmung sorgen kann. Anders die Situation weiter nach Süden. Die Wassermassen über der Mittelmeerregion sind durch die Hitze im Sommer noch immer aufgewärmt und stützen so ein Mittelmeertief, dass bis zum 15. November kaum von der Stelle weicht und über den Mittelmeerregionen für Regensummen von 80 bis 140 l/m² und mancherorts bis 240 l/m² sorgen kann. Der Schwerpunkt der Niederschlagsaktivität wird zwischen Italien und Spanien liegen können.
Im Zeitraum vom 15. bis 17. November dehnt sich zwischen Kanada und Alaska ein Hochdrucksystem immer weiter in die Polarregion aus und sorgt für Unruhe. Entscheidend ist dessen Achsverlauf. Dehnt sich die Achse von Kanada nach Sibirien aus, so ist über Europa auf absehbarer Zeit mit einer westlichen Grundströmung zu rechnen. Dehnt sich die Achse hingegen in Richtung Grönland oder europäisches Nordmeer aus, so bleibt das meridionale Muster erhalten und ob warm oder kalt hängt davon ab, wie sich die atlantische Frontalzone zum Hoch über Europa verhält. Zum aktuellen Stand dehnt sich nach der Wetterprognose des europäischen Wettermodells die Hochdruckzone in Richtung europäisches Nordmeer aus und ja, es fehlt nicht viel zu einem Polarwirbelsplit.
Für Deutschland hat das Konsequenzen. Ein Tief auf dem Atlantik, ein Hoch über Europa. Das Hoch blockiert und das Tief weiß sich gar nicht anders zu helfen, als nach Süden auszutrogen und das meridionale Strömungsmuster verstärkt sich. Vor allem verstärkt sich das Muster auch deshalb, da das Hoch weit nach Norden in die Polarregion aufstrebt und Kontakt zur Hochdruckzone innerhalb des Polarwirbels sucht. Anders formuliert wird das so mit dem frühen Winter nichts. Die Grundströmung ist gut, doch liegen Deutschland, Österreich und die Schweiz auf der falschen Seite
. Mit Sonnenschein werden zum 17. November Tageshöchstwerte von bis +12 Grad berechnet, während es über Nebelregionen mit +5 Grad kühler bleiben können.
Wetterprognose nach dem amerikanischen Wettermodell: Nasskalt mit frühwinterlichen Wettererscheinungen
Meridional bedeutet eine Nord-Süd, bzw. Süd-Nord-Strömung und dass sich ein meridionales Muster binnen 24 Stunden verändern kann, hat man mit einem Temperatursturz von 10 bis 15 Grad zum Monatswechsel erleben können.
Erst mild, dann kühl
Im Grunde stützt die Wettervorhersage der Amerikaner die Prognose der Europäer bis zum 15. November. Das Hoch dominiert bis zu diesem Tage das Wetter über Deutschland und die Temperaturen erreichen +6 bis +12 Grad.
Das Kippmuster erfolgt zwischen dem 15. und 17. November. Anders als bei der Wetterprognose der Europäer trogt die Tiefdruckachse zwischen Island , England und Spanien weiter östlich nach Süden aus. Der Grund, warum das so ist, zeigt sich im Hoch über Europa, dass sich bis zum 17. November über das westliche Russland mit einem Kerndruck von 1040 hPa zurückzieht und sich auf dem Atlantik das Azorenhoch nach Norden - in Richtung Grönland und Neufundland nach Norden aufstellt.
Die hohe Wellenbewegung entlang der Polarfront bleibt erhalten, nur die Amplituden haben sich verschoben und Deutschland, Österreich und die Schweiz gelangen ab dem 17. November in eine Nord-Süd-Strömung.
Ist Schnee zu erwarten?
Das Tief zwischen Island und Spanien trogt bis zum 18. November weiter nach Süden aus und positioniert sich über der Mittelmeerregion. Wie auf Knopfdruck verbinden sich die beiden Hochdrucksysteme auf dem Atlantik und dem westlichen Russland über Skandinavien und schnüren den Trog ab, der fortan über der Mittelmeerregion wütet und da das Wasser des Mittelmeeres warm ist, entsteht daraus ein autark agierendes Tiefdrucksystem, was zu weiteren - unwetterartigen - Starkniederschlägen führen kann. Deutschland, Österreich und die Schweiz gelangen im Verbund der Hochdruckzone und dem Mittelmeertief in eine östliche Grundströmung, was das Temperaturniveau auf nasskalte +1 bis +6 Grad absinken lässt. Da sich der Niederschlag aber südlich der Alpen befindet, bleibt es über Deutschland trocken.
Winterwetter bis auf das Flachland herab
Im Zeitraum vom 18. bis 22. November verlagert sich das Mittelmeertief weiter nach Osten und dehnt sich in diesem Prozess kurzzeitig nach Norden aus. Die Niederschlagstätigkeit steigt bis zum 20. November über Deutschland an und die Temperaturen gehen mit -2 bis +5 Grad noch etwas weiter zurück. Wohlgemerkt sind das die Höchsttemperaturen. Die Schneefallgrenze sinkt südlich der Linie von Köln und Usedom bis auf die tieferen Lagen ab und schwankt weiter nach Norden zwischen 200 und 600 Meter.
Auf den Punkt gebracht: Wintereinbruch in der letzten Novemberdekade?
Puh, durchatmen. Die Wetterprognose der Amerikaner ist grundsätzlich plausibel, wirkt im Moment aber stark konstruiert. Da muss schon viel zusammenkommen, dass eine exakt so verlaufende Wetterlage dabei herauskommt. Doch grundsätzlich ist bei einem meridionalen Strömungsmuster vieles möglich. Oftmals staunt der Fachmann und der Laie wundert sich.
Die Wahrscheinlichkeiten
Die Kontrollläufe stützen eine Wetterentwicklung, die bis zum 18. November über Deutschland für trockenes Wetter sorgen wird. Ja, der eine oder andere Regentropfen ist nicht gänzlich auszuschließen, doch wirklich nennenswert ist das alles nicht.
Ab dem 18. November steigt die Niederschlagsprognose der Kontrollläufe in den leicht bis mäßig erhöhten Bereich an. Ein Tiefdrucksystem - wie auch immer - wird das Wetter mit einer höheren Wahrscheinlichkeit das Wetter über Deutschland beeinflussen und die Hochdruckdominanz abbauen können.
Das Temperaturspektrum bewegt sich vom 10. bis 16. November in einem Bereich, der - abseits der Nebelregionen - im Vergleich zum vieljährigen Mittelwert von 1961 und 1990 um +2 bis +4 Grad zu warm ausfallen kann. Ferner bestätigt sich die allmähliche Normalisierung der Temperaturen. Die frühwinterliche Wetterentwicklung der Amerikaner bildet im Vergleich der Kontrollläufe die - mit Abstand - kälteste Variante ab und wird so nicht eintreten. Realistischer ist ein Wettertrend, der bis zum 18. November für die Jahreszeit zu warm und zu trocken und sich darüber hinaus mehr und mehr an dem nasskalten Bereich orientiert.
Deutlicher zeigt sich das im Mittelwert aller Kontrollläufe, die nach wie vor eine nasskalte Nordwestkomponente favorisiert. Typisches Novemberwetter eben.
Tag | Temperaturspektrum | Temperaturmittelwert |
---|---|---|
13. November | +5 bis +14 Grad |
+9 bis +11 Grad |
17. November | +1 bis +15 Grad |
+7 bis +9 Grad |
22. November | -3 bis +12 Grad |
+3 bis +5 Grad |
Update der Wetterprognose von 20:00 Uhr
Der Hochdruckeinschub in den Polarwirbel hinein, erweist sich als ein mächtiger Störimpuls, der sich in den Berechnungen vom Tage bis heute Abend hat behaupten können. Damit stehen ein paar spannende Tage bevor und das Wetter kann in der letzten Novemberdekade in so ziemlich jede denkbare Richtung kippen.
Das Hoch im Polarwirbel
Warum das Wetter in jede Richtung kippen kann? Der Polarwirbel befindet sich in seiner Stabilisierungsphase und Störimpulse können den Wirbel ordentlich in Schwingung versetzen, was wir als Wellenbewegung entlang der Polarfront
bezeichnen. Eine klassische Westwetterlage ist in diesem Fall wenig wahrscheinlich, vielmehr ein eingespieltes Muster aus einer Nord-Süd- oder Süd-Nordströmung, also einem meridional verlaufenden Muster.
Schaut man sich die Wetterprognose der Amerikaner von heute Abend an, so kommt man bei der Wetterkarte für den 18. November kaum aus dem Staunen heraus. Da beschleunigt sich der Puls aller, die das Wetter lieben. Der Polarwirbel wird gleich an fünf Stellen von Hochdruckeinschüben drangsaliert. Einer zwischen Kanada und Sibirien, ein weiterer über dem östlichen Kanada und den USA, dann das Azorenhoch, dass sich in Richtung Grönland ausdehnt und dann noch ein Hoch über dem westlichen Russland. Nein, dem Polarwirbel geht es nicht gut, er gibt aber ein fantastisches Bild der hohen Wellenbewegung entlang der Polarfront wider.
Der Beginn der Zonalisierung?
Wir haben ganz bewusst im obenstehenden Vergleich noch den Mittelwert aller Kontrollläufe zum 18. November mit aufgenommen. Das soll zeigen, dass die Hochdruckeinschübe keine große Rolle spielen. Eine Hochdruckzone aber scheint gesetzt und die verläuft in der Mehrheit aller Berechnungen zwischen Kanada und Sibirien.
Damit kann etwas in Gang gesetzt werden, was man in den kommenden Tagen genauer beobachten sollte. Warum? Die Drehrichtung von Hochdrucksystemen ist im Uhrzeigersinn und so werden durch die Hochdruckzone kalte Luftmassen nach Kanada geführt und gelangen bei Neufundland auf den warmen
Atlantik. Infolge entsteht ein Tief nach dem anderen, das in Richtung Europa strebt. Anders formuliert ergibt sich daraus eine höhere Wahrscheinlichkeit für eine West-, Südwest- oder Nordwestströmung. Der Mittelwert aller Kontrollläufen favorisiert zum Wechsel in die letzte Novemberdekade die nasskalte Nordwestströmung.
Schneefall? Möglich!
An dieser Nordwestwetterlage wird sich so schnell einmal nichts ändern und die Temperaturen sind mit +2 bis +6 Grad für Ende November absolut typisch. Dazu bläst ein strammer Wind aus nordwestlichen Richtungen und führt immer wieder Schauer über Deutschland hinweg, die - je nach Intensität - auch als Graupelschauer oder Graupelgewitter daher kommen können.
Betrachtet man die Wahrscheinlichkeiten, so liegen diese am 22. November für Dauerfrost bei 0 Prozent. Die Wahrscheinlichkeit für Schneefall liegt über tieferen Lagen bei 0 bis 15 Prozent und über den mittleren Lagen bei 10 bis 30 und örtlich bis 50 Prozent. Über den höheren Lagen und dem Alpenvorland liegt die Wahrscheinlichkeit zwischen 60 und 90 Prozent. Ein klassisches Abbild der nasskalten Wetterlage.
Die Randfaktoren
In Stratosphärenhöhe zeichnet sich in der letzten Novemberdekade ein schwaches Minor-Warming ab, nicht wetterwirksam, aber dennoch erwähnenswert. Dazu in den kommenden Tagen mehr. Betrachtet man die Windgeschwindigkeiten in Stratosphärenhöhe, so erreichen diese am 14. November mit +180 km/h ungewöhnlich hohe Windgeschwindigkeiten. Normal wären Mitte November rund +80 km/h. Bis zum 20. November sinken die Windgeschwindigkeiten rapide ab, bleiben aber mit +136 km/h auf einem hohen Niveau. Das ist also ordentlich Druck im Kessel.
Ein weiterer Impuls ist das Hoch über Kanada, das sich besonders gut in den Druckanomalien abbilden lässt. Man erkennt, dass von der eigentlichen Aktivität des Polarwirbels nicht viel übrig ist. Das stellt die Zonalisierung grundsätzlich infrage, zumal sich das Hoch an einer Stelle befindet, die den Zustrom der Kaltluftmassen nach Neufundland blockiert.
Der NAO-Index ist mit dem Tief über Island zunächst positiv besetzt und tendiert in der letzten Novemberdekade in Richtung neutrale Bedingungen. In der Interpretierung ist daraus eine Südwest- oder Nordwestwetterlage abzuleiten und mit der obenstehenden Erläuterung ist eine Nordwestwetterlage wahrscheinlicher. Der AO-Index (vereinfacht: Zustand des Polarwirbels) ist aktuell positiv und neutralisiert sich zum 15. November. Ferner gibt es zwei Richtungen - deutlich negativ oder positiv. Anders formuliert: Entweder der Polarwirbel zündet in der letzten Novemberdekade oder aber er neigt zu einer massiven Instabilität. Abwarten, da ist einiges möglich.