Wetteraussichten Winter 2021/22: Vorstoß kalter Luftmassen arktischen Ursprungs
Das Wetter im November dümpelt so vor sich hin. Doch der über Deutschland verbreitet ruhige Wettercharakter könnte sich bereits im Laufe der kommenden Woche dramatisch verändern. Die ersten Entwicklungen sind innerhalb des Polarwirbels bereits in Gang gesetzt worden.
Kein Vollherbst. Das Wetter ist im November bislang viel zu zahm, zu warm und westlich der Linie von Hamburg und Ulm erheblich zu trocken. Eigentlich kennt man den November von seiner windigen bis stürmischen Seite.
Sonne, Wolken und Nebel
Der Wind frischt über dem Norden auf und kann über den Küsten für stürmische Windböen sorgen, das war es dann aber auch schon mit den Turbulenzen. Weiter nach Süden halten sich Nebel- und Hochnebelfelder und nach deren Auflösung ist mit sonnigen Momenten zu rechnen. Am Sonntag überquert eine schwache Kaltfront Deutschland von Nord nach Süd und hinterlässt etwas Regen, sonst bleibt es trocken. Die Temperaturen erreichen +8 bis +12 Grad und zum Samstag kann über dem Westen und Nordwesten örtlich die +15 Grad-Marke ins Visier genommen werden, bevor es zum Start in die neue Woche mit einem auf nordöstliche Richtungen drehenden Wind kühler wird und verbreitet Nachtfrost zu erwarten ist. Mehr dazu: Wetter November 2021.
Wettervorhersage nach dem europäischen Wettermodell: Nasskaltes Wetter mit winterlichen Ambitionen
Gestern Abend brachten die Europäer eine Version ins Spiel, dass die Amerikaner in den letzten Tagen einmal berechnet hatten, die Verlagerung des Troges raus auf dem Atlantik, sodass Deutschland, Österreich und die Schweiz auf die milde Vorderseitenanströmung gelangt wären. Zudem sah der Trog recht kümmerlich aus. Das hat sich heute wieder geändert, zeigt jedoch, wie vakant die kommende Wetterentwicklung ist und auch heute noch bleibt.
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Zögerliche Initialisierung des Troges
Das erste Merkmal was auffällt, ist die erneute Verzögerung des Troges. Zum 27. November verlagert sich der Hochdruckkeil von Mitteleuropa vollständig auf den Atlantik und keilt nach Norden in Richtung Island und Grönland auf und sucht den Kontakt zum Polarhoch, das sich im Bereich zwischen Kanada und Sibirien positioniert. Der aktive Teil des Polarwirbels liegt zwischen dem europäischen Nordmeer, Skandinavien und der Barentssee und somit herrschen perfekte Bedingungen für ein Arctic Outbreak - also der Zufuhr kalter Luftmassen polaren Ursprung - vor.
Der Trog erreicht Deutschland
Im Zeitraum vom 27. bis 29. November setzt sich der Trog nach Süden in Bewegung und erreicht mit seinem Zentrum zum 29. November den Bereich zwischen England, Skandinavien und Deutschland. Damit liegt der Trog etwas zu weit westlich und Deutschland, Österreich und die Schweiz gelangen auf die Vorderseitenanströmung des Troges, was die kalten Luftmassen anwärmt. Ein winterlicher Volltreffer ist zwar möglich, doch wie in den letzten Tagen bereits mehrfach erwähnt, weniger wahrscheinlich.
Sturm, Wind, Regen, Schnee- und Schneeregen
Wie dem auch sei, der Trogvorstoß hat es in sich und immer wenn Luftmassen arktischen Ursprungs nach Süden ausströmen, kommt es zu Turbulenzen. In diesem Fall ist es im Zeitraum vom 27. bis 29. November ein auflebender Wind, der über Deutschland - verbreitet - zu stürmischen Windböen führen kann. Über exponierten Lagen und den Küstenregionen sind schwere Sturmböen möglich und zum aktuellen Stand sind orkanartige Winde nicht auszuschließen.
Die Temperaturen erreichen am 26. November +0 bis +5 Grad und über dem Norden bis +8 Grad. Am 28. November sind +2 bis +6 Grad möglich und das bestätigt heute erneut, dass die Temperaturen sich in einem nasskalten Umfeld bewegen werden. Dennoch sind in diesem dynamischen Wetterumfeld mit einer entsprechenden Durchmischung bis auf tiefere Lagen Schnee-, Schneeregen- oder Graupelschauer möglich. Oberhalb etwa 600 bis 800 Meter ist durchweg mit Schneefall zu rechnen und ab diesen Lagen macht sich der Winter bemerkbar.
Wetterprognose nach dem amerikanischen Wettermodell: Der Winter rauscht vorbei
Knapp, sehr knapp geht es nach der Wetterprognose der Amerikaner zu und der Winter ist nicht weit von Deutschland entfernt.
Troginitialisierung
Auch nach dem Wettertrend der Amerikaner verlagert sich bis zum 27. November das Hoch über Europa raus auf den Atlantik und keilt nach Grönland auf. Damit gilt die Hochdruckblockade auf dem Atlantik als gesichert und das Hoch hat seinen Job hinsichtlich einer winterlichen Großwetterlage erledigt.
Doch gehört zu einem Arctic Outbreak noch ein Tief, das im Zusammenspiel mit dem Hoch auf dem Atlantik nach Süden austrogen und in diesem Prozess kalte Luftmassen arktischen Ursprungs nach Süden führt. Und wenn das Tief nicht optimal nach Süden austrogt, wird das mit dem Winter nichts.
Trogzentrum bei England
Und dass die Position des Tiefs den Frühwinter über Deutschland vermasseln kann, zeigt sich in der aktuellen Wetterprognose, bei der sich das Trogzentrum zum 27. November über England und zum 29. November nach Skandinavien verlagert. Der Trog wird erst verzögert, geht zu weit westlich nieder und kann sich erst gar nicht richtig nach Süden entwickeln.
Nasskaltes Actionwetter
Doch darf man auch diese Trogvariante nicht unterschätzen. Deutschland, Österreich und die Schweiz liegen auf der Trogvorderseite, die milde von kalten Luftmassen trennt und so ist über Deutschland im Zeitraum vom 27. bis 29. November mit stürmischen Windbewegungen zu rechnen. Bei wechselnder Bewölkung kommt es immer wieder zu Schauern unterschiedlichster Intensität, was bei Temperaturen von +2 bis +6 Grad zu Schnee-, Schneeregen- oder Graupelschauern führen kann. Kurze Graupelgewitter sind in dieser aufgeladenen Atmosphäre nicht auszuschließen.
Die Westwetterlage?
Wer bei uns regelmäßig zu Gast ist, der weiß, dass wir vor ein paar Tagen einmal die Westwetterlage in einer These ins Spiel gebracht haben. Die Grundlage dieser These war die Stabilisierung des Polarwirbels. Die aktuelle Wettervorhersage der Amerikaner berechnet exakt eine solche Variante.
Der Trog kommt nicht zustande und durch die Verlagerung der Tiefdruckaktivität nach Skandinavien fehlt dem Blockadehoch auf dem Atlantik die Stütze und kippt zum 1. Dezember nach Osten ab. Nachfolgend reaktiviert sich die atlantische Frontalzone bei Neufundland und drückt das Hoch nach Osten in Richtung Europa. Gleichzeitig verlagert sich das Aktivitätszentrum innerhalb des Polarwirbels von der Barentssee in Richtung östliches Kanada, was der entscheidende Baustein einer sich im Dezember initialisierenden Westwetterlage sein kann - die Betonung liegt auf kann!
Auf den Punkt gebracht: Nasskalte Wetteraussichten
Auch heute lautet unser Fazit nicht anders. Die Bedingungen für einen Kaltluftvorstoß noch im November sind so gut, wie schon lange nicht mehr, doch reicht es - zum aktuellen Stand - nicht aus, um den Frühwinter nach Deutschland zu führen. Darin stimmen beide Vorhersage-Modelle überein.
Was wahrscheinlich ist
Wir wurden in den letzten Stunden gefragt, ob es denn für den Winter noch einen Spielraum gibt. Sagen wir einmal so. Der Trog muss erst einmal zustande kommen, dann sieht man weiter. Schaut man sich die Kontrollläufe an, so sind diese in den letzten 24 Stunden etwas milder geworden. Der Mittelwert der Temperaturen in 1.500 Meter Höhe schwankt zwischen dem 21. und 25. November zwischen +0 bis +5 Grad, vom 26. bis 28. November zwischen -2 und -4 Grad und sinkt zum 30. November kurz auf die -5 Grad ab und steigt zum 3. Dezember in Richtung der +0 Grad-Marke an.
Damit der Winter bis über tiefere Lagen Fuß fassen kann, werden Höhentemperaturen von -6 bis -8 Grad benötigt. Für mittlere Lagen reichen -4 bis -6 Grad aus. Man sieht also, dass es für den Winter - bis auf das Flachland - nicht reichen wird. Anders sieht das in Lagen oberhalb etwa 600 bis 800 Meter aus. Dort wird der Winter Einzug halten und sein Gesicht zeigen können.
Tag | Temperaturspektrum | Temperaturmittelwert |
---|---|---|
25. November | -1 bis +7 Grad |
+2 bis +4 Grad |
29. November | -2 bis +8 Grad |
+2 bis +4 Grad |
4. Dezember | -4 bis +13 Grad |
+4 bis +6 Grad |
Trotzdem handelt es sich bei der kommenden Großwetterlage um eine äußerst spannende und aufregende Entwicklung, bei der die winterlichen Optionen noch nicht vom Tisch sind. Was sich im Tagesverlauf verändert hat, klären wir heute Abend gegen 20:00 Uhr in einer Aktualisierung an dieser Stelle.
Update der Wetterprognose von 20:00 Uhr
Die Wetterprognose der Amerikaner ist heute Nachmittag und heute Abend wieder etwas kälter geworden und bildet im Vergleich zu den Kontrollläufen erneut eine zu kalte Variante ab.
Der Arctic Outbreak
Im Kern bleibt der Trog, der die kalten Luftmassen arktischen Ursprungs nach Süden führt, erhalten und tritt zum 27. November mit einem Tiefdruckzentrum zwischen Island, England und Skandinavien erstmals wetterwirksam in Erscheinung.
Bis zum 28. November dehnt sich der Trog mit seinem Zentrum weiter nach Süden aus und erreicht Deutschland. Mit einem stürmischen Wind gehen die Temperaturen auf +2 bis +6 Grad zurück und die Schauer können als Schnee-, Schneeregen- oder Graupelschauer niedergehen. Das örtliche Auftreten von Graupelgewittern kann nicht ausgeschlossen werden. Der Trog behauptet seine Position bis zum 1. Dezember, wird jedoch nach Osten abgedrängt. Die Tageshöchstwerte werden am 1. Dezember südlich einer Linie von Köln und Dresden zwischen - 2bis +2 Grad und weiter nach Norden bis +6 Grad simuliert. Über den tieferen mittleren Lagen über dem Süden kann sich der Winter bemerkbar machen, sonst ist nasskaltes und stürmisches Wetter zu erwarten.
Ungewöhnlich warme Südwestwetterlage
Wenn man so will, handelt es sich um ein frühwinterliches Geplänkel. Jedenfalls dehnt sich das Hoch bis zum 4. Dezember über die Mittelmeerregion aus und lässt den Trog in Vergessenheit geraten. Weiter nach Westen tummeln sich viele Tiefdrucksysteme und streben in Richtung Europa, da dort aber das Hoch dominiert, laufen die Tiefdrucksysteme auf das Hoch auf. Infolge daraus entsteht eine Südwestwetterlage, bei der die Temperaturen am 4. Dezember Werte von +4 bis +8 Grad und örtlich bis +12 Grad erreichen können. Hält sich zäher Nebel, bewegen sich die Temperaturen zwischen +0 bis +5 Grad.
Wie steht es um den Polarwirbel?
Der AO-Index, der - stark vereinfacht - den Zustand des Polarwirbels beschreibt, wird vom 20. bis 27. November negativ berechnet und hat im Dezember eine positive Tendenz vorzuweisen. Schaut man sich die Winde in Stratosphärenhöhe an, so liegt die Windgeschwindigkeit bei rund +150 km/h und verändert sich bis zum 5. Dezember kaum. Normalerweise beträgt die Windgeschwindigkeit Anfang Dezember +100 km/h. Das zeigt, dass sich der Stratosphärenwirbel in einem tadellosen Zustand befindet und sich zeitversetzt in den unteren Luftschichten bemerkbar machen und den Polarwirbel stabilisieren kann.
Ist das der Fall, gilt eine höhere Wahrscheinlichkeit für eine Zonalisierung der Großwetterlage. Die Grundströmung kommt in diesem Falle entweder aus West, Südwest oder Nordwest.
Dazu gehört ein weiterer Indikator, der NAO-Index, der das Verhältnis zwischen Azorenhoch und Islandtief beschreibt. Im Zeitraum vom 19. bis 28. November wird der NAO-Index negativ simuliert, was für ein Hoch über Island spricht (Blockadehoch). Zum Dezember erfährt der NAO-Index einen positiven Trend, was für ein Islandtief spricht und somit die Westwetterlage ein Stück relevanter macht. Abwarten ist angesagt. Erst muss der Trog kommen, dann sieht man weiter.
Trog in abgeschwächter Form
Aber auch die Europäer spielen in Sachen Winterwetter nicht wirklich mit. Der Trog kommt zwar zustande, doch in deutlich abgeschwächter Form und sorgt bis zum 27. November für einen Temperaturrückgang auf +1 bis +6 Grad. Das ist der klassisch nasskalte Bereich, bei dem Schnee-, Schneeregen- oder Graupelschauer bis auf tiefere Lagen vorkommen können. Am 28. November kann es mit dem Trogzentrum bei Werten von +0 bis + Grad noch etwas kühler werden und die Schneefallgrenze kurzzeitig bis auf die mittleren Lagen absinken lassen.