Wettertrend Winter 2021/2022: Die atlantische Frontalzone tobt
Auf dem Atlantik entsteht im Januar eine spannende Konstellation aus einem Ansatz der Zonalisierung, einer Blockadeachse und eines Polarwirbelsplits. Wer sich durchsetzt, wird das Wetter bis Mitte Januar dominieren können.
Temperaturen um die +15 Grad-Marke herum schwankend sind in den kommenden Tagen zu erwarten und für die Jahreszeit ungewöhnlich warm und so manch ein Temperaturrekord wird eingestellt werden können. Und nach der starken Bewölkung heute und dem leichten Niederschlag scheint am Silvestertag häufiger die Sonne und es bleibt trocken. Selbst in der Silvesternacht bewegen sich die Temperaturen mit +8 bis +12 Grad in einem ungewöhnlich warmen Spektrum. Am Neujahrstag trübt sich der Sonnenschein nördlich von Baden-Württemberg und Bayern ein, es bleibt aber trocken und für die Jahreszeit zu mild.
Stürmisches Januarwetter
Doch der ruhige Wettercharakter um Silvester ist nur vorübergehender Natur. Von Westen nähert sich ein Sturmtief und beeinflusst im Zeitraum vom 2. bis 4. Januar das Wetter über Deutschland mit kräftigen bis stürmischen Windböen, die über exponierten Lagen und den Küsten von Nord- und Ostsee zu schweren Sturmböen führen können. Dazu gibt es immer wieder Niederschlag, der sich am 4. Januar intensiviert und ergiebig ausfallen kann. Die Temperaturen gehen mit +4 bis +8 Grad in den nasskalten Bereich zurück und bleiben für die Jahreszeit zu mild. Weitere Informationen: Wetter Januar 2022.
Wetterprognose nach dem europäischen Wettermodell: Downstream Development möglich
Wir sind gestern in unserem abendlichen Update einmal näher auf die Entwicklung des Downstream Development eingegangen, dass aus einer Westwetterlage heraus entstehen kann.
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Was ist ein Downstream Development?
Ein Downstream Development kommt bei aktiven Westwindwetterphasen häufiger vor und ist Übersetzt eine stromabwärts-Entwicklung
- welche so auch wortwörtlich genommen werden kann. Vereinfacht ausgedrückt ist der Ablauf zunächst stringent von West nach Ost, wobei die Wellenbewegungen entlang der südlichen Gradienten zunehmen und sich stromabwärts
entwickeln. Das Hochdrucksystem wird zunehmend stärker und weicht nach Westen aus, sodass an seinem östlichen Gradienten eine Hochdruckkeilausbildung nicht mehr stattfinden kann, stattdessen rutschen
die Tiefdrucksysteme von Nordwest nach Südost bis über die Mittelmeerregion ab.
Aktiver Polarwirbel mit Teilwirbelsplit
Auf das Downstream Development kommen wir gleich noch sprechen. Zunächst aber die Betrachtung der Entwicklung der Großwetterlage. Die in der obenstehenden Wetterkarte angedeutete Blockadeachse auf dem Atlantik zieht sich rasch nach Süden zurück und so bricht die atlantische Frontalzone bis zum 7. Januar rasch und zügig nach Europa durch. Innerhalb des Polarwirbels dehnt sich ein Hoch von den Aleuten in Richtung Sibirien aus und baut eine Achsverbindung zwischen dem westlichen Kanada/Alaska und Sibirien auf.
Über Europa setzt sich derweil die atlantische Frontalzone durch und mit Starkwindereignissen ist zu rechnen. Doch handelt es sich nicht um eine 100 Prozent Westwetterlage. Was sich erkennen lässt ist, dass die Tiefdrucksysteme - relativ zügig - über Europa von Nordwest nach Südost abkippen und nicht wie üblich sich über der Barentssee neu formieren. Das sind die Ansätze eines Downstream Development, die zwar nicht den Winter nach Deutschland, Österreich oder die Schweiz bringen, doch erhält es die Chancen für winterliche Wetterereignisse ab den mittleren Lagen mit nasskaltem Wetter über tieferen Lagen. Simuliert werden Tageshöchstwerte, die im Bereich zwischen +2 bis +6 Grad und über dem Nordwesten bis +8 Grad betragen können.
Wettervorhersage nach dem amerikanischen Wettermodell: Blockadeachse oder nicht!
Ein möglicher Wintereinbruch hängt stark davon ab, ob sich auf dem Atlantik eine Blockadeachse aufbauen kann - oder eben nicht. Nach der Wetterprognose der Amerikaner sah das in den letzten 24 Stunden vielversprechend aus, was die Möglichkeiten für den Winter zahlreicher machte.
Nasskalt
Auch in der heutigen Wetterprognose strebt die Blockadeachse auf dem Atlantik zum 4. und 5. Januar nach Norden auf und strebt eine Verbindung mit dem Hoch über den Aleuten an. Dabei handelt es sich um den Ansatz eines Polarwirbelsplits. Der eine aktive Teil des Polarwirbels liegt zwischen der Barentssee und dem östlichen Sibirien und der zweite Teil wütet regelrecht über dem östlichen Kanada.
Über Deutschland hat diese Konstellation einen Temperaturrückgang zur Folge, was die Werte bis zum 6. Januar auf +0 bis +5 Grad in den nasskalten Bereich zurückgehen lässt und Schnee-, Schneeregen- oder Graupelschauer bis auf tiefere Lagen herab möglich macht. Mit Winterwetter ist das aber nicht gleichzusetzen.
Die atlantische Frontalzone tobt
Man muss sich das einmal vorstellen. Der Ansatz eines Polarwirbelsplits entsteht exakt in dem Moment, wo nach 21-monatiger Abstinenz die Westwetterlage versucht, sich wieder einmal durchzusetzen. Zudem geschieht der Splitansatz an einer Stelle, die der atlantische Frontalzone bei Neufundland sozusagen voll eins auf die Nase
gibt. Entsprechend tobt die atlantische Frontalzone bei Neufundland und erreicht einen Kerndruck von 930 hPa.
Der Zusammenbruch
Die Blockadeachse und der Ansatz zu einem Polarwirbelsplit sehen vielversprechend aus, doch sind angesichts eines so mächtigen Tiefdrucksystems nicht in der Lage sich zu behaupten und nach dem 6. Januar geht alles ganz schnell.
Die Hochdruckachse bricht in sich zusammen. Die Blockadeachse auf dem Atlantik kippt zunächst nach Osten - in Richtung Mitteleuropa - ab, während das Hoch über den Aleuten eine Querverbindung in Richtung Alaska aufbaut.
Die Westwetterlage
Und so fehlt das letzte blockierende System auf dem Atlantik und das mächtige Tiefdruckzentrum bei Neufundland bahnt sich ungehemmt seinen Weg in Richtung Europa und erreicht zwischen dem 7. und 8. Januar Skandinavien. Das Azorenhoch verhält passiv und zieht sich nach Süden zurück, während sich innerhalb des Polarwirbels die Hochdruckachse zwischen Alaska/Kanada und Sibirien ausdehnt. Damit sind - zumindest nach der Wetterprognose der Amerikaner - die Würfel zugunsten einer Westwetterlage gefallen.
Stürmische Zeiten
Im Zeitraum vom 7. bis 11. Januar tobt sich die atlantische Frontalzone mit viel Wind, Sturm und zeitweiligen Niederschlägen aus und die Temperaturen sind mit +5 bis +10 Grad für die Jahreszeit deutlich zu warm. Sogenannte Randtiefentwicklungen und Schnellläufersysteme, mit einem erhöhten Potential von unwetterartiger Starkwindereignisse sind nicht auszuschließen.
Auf den Punkt gebracht: Eine Westwetterlage?
Die Fragestellung lassen wir einmal so stehen und es zeigt, wie sich der Wettertrend in den letzten 24 Stunden von der möglichen Blockadeachse verabschiedet und sich der möglichen Zonalisierung zuwendet.
Betrachtet man die Kontrollläufe, so trügt der Eindruck, dass die Zonalisierung ungehindert das Wetter über Deutschland dominieren kann. Warum? Das lässt sich anhand der Temperaturen in 1.400 Meter Höhe erklären, die im Moment mit bis +7 Grad ungewöhnlich warm sind. Bis zum 6. Januar aber gibt es einen Temperatursturz auf -6 bis -8 Grad, was Schnee-, Schneeregen- oder Graupelschauer bis auf tiefere Lagen möglich macht.
Nachfolgend gehört die Wetterprognose der Amerikaner zu den mit Abstand wärmsten Varianten. Der Mittelwert der Kontrollläufe pendelt sich mit -2 bis -5 Grad in dem Bereich ein, der im Vergleich zum vieljährigen Mittelwert von 1961 und 1990 leicht zu mild ist und über Deutschland, Österreich und der Schweiz eine nasskalte Witterung zur Folge hat.
Niederschlagsprognose
Die Niederschlagsprognose der Kontrollläufe ist zwischen dem 3. und 5. Januar erhöht und sinkt nachfolgend in den leicht erhöhten Bereich ab.
Tag | Temperaturspektrum | Temperaturmittelwert |
---|---|---|
5. Januar | -3 bis +8 Grad |
+2 bis +4 Grad |
9. Januar | -4 bis +10 Grad |
+3 bis +5 Grad |
14. Januar | -6 bis +7 Grad |
+2 bis +4 Grad |
Was sich im Tagesverlauf an Veränderungen ergeben hat, erläutern wir heute Abend gegen 20:15 Uhr in einer Aktualisierung der Winterprognose an dieser Stelle.
Update der Wetterprognose von 20:02 Uhr
Regional wurden heute an 24 Messtationen neue Temperaturrekorde aufgestellt und der höchste Wert wurde um 12:00 Uhr über Andernach (Rheinland-Pfalz) mit +16,7 Grad erreicht. Der Tagesmittelwert lag bei +12,6 Grad.
Downstream Development
Die Amerikaner berechnen in ihrer Wetterprognose keine winterliche Wetterentwicklung im klassischen Sinne, doch sind die Prognosen der letzten 24 Stunden bemerkenswert und für die Amerikaner alles andere als typisch.
Die Zonalisierung
Normalerweise sind es die Amerikaner, die gerne als erstes Vorhersage-Modell die nachhaltige Zonalisierung berechnen und diese mit einer gewissen Sturheit verfolgen. Doch das ist dieses Mal (noch) anders gelagert. Vom 4. und 6. Januar wird zwischen einem Hoch über den Aleuten und dem Azorenhoch versucht, eine Hochdruckverbindung aufzubauen und so für einen Polarwirbelsplit zu sorgen. Das Vorhaben misslingt und das Azorenhoch kippt nach Osten ab und zieht sich bis zum 6. Januar weit nach Süden zurück.
Nachfolgend bricht die Zonalisierung durch und sorgt vom 6. bis 8. Januar für einen turbulenten Wettercharakter, was mit einem erhöhten Potential von unwetterartigen Starkwindereignissen einhergehen kann. In der Zwischenzeit dehnt sich zwischen Kanada und Sibirien eine Hochdruckzone aus und bestärkt den die Zonalisierung.
Downstream Development
Gerade aber in dem Moment, wo sich die atlantische Frontalzone auf ihrem Höhepunkt befindet, knickt ein Teil des Tiefdruckzentrums nach Süden ab und löst sich vom Hauptdruckfeld ab, was im klassischen Sinne dem Downstream Development entspricht. Die Temperaturen erreichen am 7. Januar milde +4 bis +8 Grad und sinken bis zum 9. Januar auf +0 bis +5 Grad ab. Nachfolgend stellt sich eine östlich dominierte Grundströmung ein, bei der die Werte bis zum 12. Januar auf -1 bis +4 Grad zurückgehen können.
Das entspricht nach wie vor keinem Winterwetter oder einem Wintereinbruch. Nasskalt trifft es besser, doch erhöhen sich die Chancen auf winterliche Varianten ab den mittleren Lagen oberhalb etwa 400 bis 600 Meter. Sollte sich das Teiltief etwas östlicher absetzen, so könnte man über Winterwetter spekulieren. Da ein Downstream Development aber für sich schon ein komplexer Vorgang ist, heißt es abzuwarten, was tatsächlich daraus wird. Es ist zum aktuellen Stand eine interessante Entwicklung - mehr nicht.
Schwächung des Stratosphärenwirbels
Nein, ein direkter Einfluss auf das Wetter ist weiterhin nicht zu erkennen, doch möchten wir an dieser Stelle einmal über einen QBO-Ost spekulieren, der theoretisch zum Ende der Hochwinterphase in Erscheinung treten sollte (letzte Januardekade). Was in den letzten Tagen interessant zu beobachten ist, dass der Stratosphärenwirbel nach einem Minor-Warming nicht mehr so recht Tritt fassen kann. Normalerweise hat so ein Minor-Warming nur einen geringen Einfluss aus den Stratosphärenwirbel und ist diese Phase beendet - die mehrmals im Winter auftreten kann - gewinnt der Stratosphärenwirbel wieder an Stabilität. Das scheint dieses Mal anders zu laufen und könnte als ein Indiz des QBO-Ost gewertet werden. Das ist zum aktuellen Stand mehr als spekulativ und wird sich in den kommenden Tagen unter Beweis stellen lassen müssen. Die Windgeschwindigkeiten in Stratosphärenhöhe bleiben nach wie vor auf einem ungewöhnlich hohen und positiven (West-Ost) Niveau.
Die Wetterprognose der Europäer und der Kontrollläufe
Schaut man sich die Kontrollläufe an, so ist alles klar. Die Milderung erreicht zur Jahreswende ihren Höhepunkt und nachfolgend sackt das Temperaturniveau in 1.400 Meter Höhe von +7 Grad auf -5 bis -8 Grad ab und pendelt sich vom 6. bis 12. Januar mit -3 bis -5 Grad in einen Bereich ein, der über tieferen Lagen für eine nasskalte Witterung sorgt und den Winter ab den mittleren Lagen optional macht. Mehr scheint in der ersten Januardekade für den Winter nicht drin zu sein. Und dennoch, schaut man sich den Mittelwert aller Kontrollläufe an, so zeigt sich zwischen dem 7. und 10. Januar das Potential eines Downstream Development. Schaun mer mal, was in den kommenden Tagen daraus wird.
Die Wetterprognose der Europäer ist wenig überraschend und favorisiert bis zum 7. Januar die Zonalisierung mit einem optionalen Downstream Development zum 8. Januar. Kräftige Winde mit einem erhöhten Potential von unwetterartigen Starkwindereignissen werden im Zeitraum vom 5. bis 8. Januar wahrscheinlicher.