Wettertrend Winter 2021/2022: Polarwirbelsplit oder Westwetterlage - der Winter am Scheideweg
Stürmische Winde fegen derzeit über Deutschland hinweg und sind das Resultat einer beginnenden Zonalisierung der Großwetterlage. Doch wie wahrscheinlich und nachhaltig ist die Zonalisierung und welche Optionen hat der Winter im Januar?
Ungewöhnlich milde Luftmassen erreichen in den kommenden Tagen Deutschland und mit Temperaturen von +10 bis +15 Grad und örtlich bis +17 Grad können neue Temperaturrekorde aufgestellt werden. Dazu bläst ein kräftiger Wind, der am Dienstag, Donnerstag und Freitag stark böig bis stürmisch auffrischen kann. Mit zeitweiligen Niederschlägen ist zu rechnen, die in ihrer Dauer und Intensität regional unterschiedlich ausfallen können.
Mildes Wetter im Januar
Die milden Luftmassen dominieren das Wetter in den ersten Januartagen, doch kann das hohe Temperaturniveau aus dem Dezember mit +5 bis +10 Grad und örtlich bis +12 Grad nicht gehalten werden. Die Schauer und die Windaktivität lässt am 1. und 2. Januar nach und am Neujahrstag ist verbreitet mit Sonnenschein zu rechnen, bevor am 3. Januar der Wind an Intensität zunimmt und weitere Schauer über Deutschland treibt. Weitere Informationen: Wetter Januar.
Wetterprognose nach dem europäischen Wettermodell: Kippt die Wetterlage?
Im Grunde genommen geht es in den kommenden Tagen um die Frage, ob und für wie lange sich das Atlantikwetter wird durchsetzen können. Handelt es sich um ein Strohfeuer oder um etwas Nachhaltiges, was den Winter bis in den Februar hinein nachhaltig prägen kann. Mit entscheidend ist die Situation auf dem Atlantik und so klar wie es zunächst zugunsten für die Westwetterlage aussah, ist die Situation heute nicht mehr.
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Der Polarwirbel wird in die Zange genommen
Die Wetterprognose der Europäer simuliert zum 5. Januar den Vorstoß eines Hochdrucksystems von den Aleuten aus in den Polarwirbel hinein und zeitgleich wölbt sich das Azorenhoch in Richtung Island nach Norden auf. Beide Hochdrucksysteme versuchen - quer durch den Polarwirbel hindurch - eine Hochdruckzone aufzubauen. Gelingt das, so werden die Karten in Sachen Winterwetter grundsätzlich neu gemischt. Verhält sich hingegen das Azorenhoch passiv, so wird die zonal ausgerichtete Grundströmung das Wetter in der ersten Januarhälfte dominieren können.
Störimpuls
Gestern noch berechneten die Europäer einen nahezu ungebremsten Durchbruch der atlantische Frontalzone. Das sieht heute etwas anders aus. Das Aufstreben des Azorenhochs nach Norden versetzt der atlantische Frontalzone und der dazugehörigen Tiefdruckrinne einen kräftigen Störimpuls. Die Tiefdrucksysteme über Skandinavien neigen nach dieser Prognose dazu, am östlichen Hochdruckgradienten nach Süden auszutrogen und über Deutschland, Österreich und der Schweiz eine nordwestliche Grundströmung einzuleiten.
Der ab den mittleren Lagen optionale Winter
Die Temperaturen erreichen am 4. Januar nasskalte +2 bis +6 Grad und örtlich bis +8 Grad und am 6. Januar sinken die Werte auf -1 bis +4 Grad ab. Schneefall ist bis auf tiefere Lagen möglich und ab den mittleren Lagen kann ab dem 5. Januar mit der Ausbildung einer Schneedecke gerechnet werden.
Völlig gestörte Zirkulation?
Hinter diese Frage gehören eigentlich drei Fragezeichen. Denn es ist vielmehr eine Theorie, die in den letzten Tagen immer wieder einmal angedeutet wurde. Das Hoch wölbt sich nach Norden auf und kippt nachfolgend nach Osten ab und unter bestimmten Voraussetzungen kann sich über Skandinavien ein autarkes Hochdrucksystem ausbilden und an seinem südlichen Gradienten einen Kaltlufttropfen von Ost nach West führen. Dieses Szenario ist zunächst einmal zweitrangig. Wichtiger ist der Kern der Aussage, dass eine nachhaltige Westwetterlage unter diesen Umständen nicht möglich ist. Im Gegenteil - so ein Hoch über Skandinavien ist als eine vollständig gestörte Zirkulation zu bewerten. Abwarten, was passiert.
Wettervorhersage nach dem amerikanischen Wettermodell: Polarwirbelsplit mit Winterwetter
Ein Polarwirbelsplit ist noch kein Garant dafür, dass der Winter über Deutschland, Österreich und der Schweiz Einzug halten wird. So ein Polarwirbelsplit aber ist ein klares Zeichen gegen eine nachhaltige Zonalisierung - zumindest in den meisten Fällen. Und so einen Polarwirbelsplit deutet sich nach der Wetterprognose der Amerikaner an.
Hochdruckachse zwischen den Aleuten und dem europäischen Nordmeer
Was die Europäer nur andeuten, nimmt nach der Wetterprognose der Amerikaner deutlich konkretere Formen an. Den Hochdruckgebieten gelingt bis zum 5. Januar der Zusammenschluss und die Zonalisierung endet, bevor diese richtig an Fahrt aufnehmen konnte.
Winterliche Optionen
Die Hochdruckzone durch den Polarwirbel hindurch erreicht zum 6. Januar ihren Höhepunkt und zu einem nachhaltigen Polarwirbelsplit fehlt noch ein entscheidender Impuls. Dennoch liegt Deutschland am östlichen Rand des Hochdrucksystems und so werden aus nördlichen Richtungen kühlere Luftmassen nach Süden geführt. Die Temperaturen erreichen am 6. Januar -2 bis +4 Grad und Schneefall ist bis auf die tieferen Lagen herab möglich und die Ausbildung einer Schneedecke ab den mittleren Lagen wahrscheinlich.
Erst ein winterliches Geplänkel…
Jetzt wird es knifflig. Die atlantische Frontalzone stemmt sich - mit allem, was zur Verfügung steht - gegen die Blockadeachse auf dem Atlantik und drückt diese im Zeitraum vom 6. bis 7. Januar nach Osten und die Hochdruckverbindung zum Hoch über den Aleuten reißt ab. Diese Lücke nutzt die atlantische Frontalzone und bläst zum Generalangriff
. Das Azorenhoch zieht sich nach Süden zurück und der atlantischen Frontalzone gelingt der Durchbruch nach Skandinavien. Über Deutschland wird es im Zeitraum vom 7. bis 8. Januar milder und ein Wintereinbruch kann nach dieser Prognose infrage gestellt werden. Es handelt sich vielmehr um ein winterliches Geplänkel.
… und nachfolgend ein Wintereinbruch?
Doch so wenig sich die atlantische Frontalzone geschlagen gibt, so verhält es sich mit dem Azorenhoch, das bereits zum 8. Januar nach Norden aufstrebt und erneut versucht, den Kontakt zum Hoch über der Polarregion aufzubauen. Dieses Vorhaben gelingt bis zum 10. Januar und führt zu einem nahezu vollständigen Polarwirbelsplit.
Da sich aber in der Zwischenzeit die atlantische Frontalzone über Skandinavien festgesetzt hat, der Nachschub an Tiefdrucksysteme durch die Blockadeachse auf dem Atlantik jedoch unterbrochen wurde, trogt das Tiefdruckzentrum nach Süden aus und führt kalte Luftmassen polaren Ursprungs nach Deutschland. Sollte diese Wetterentwicklung tatsächlich so stattfinden können, so wäre das als waschechter Wintereinbruch zu bewerten, der darüber hinaus noch gute Chancen hat, in den Hochwinter überzugehen.
Auf den Punkt gebracht: Eine Westwetterlage?
Stürmischer Wind aus westlichen Richtungen und zeitweiliger Niederschlag sind klare Signale einer Westwetterlage, die im Zeitraum vom 27. bis 30. Dezember das Wetter über Deutschland dominieren wird, bevor sich zum Jahreswechsel ein Hochdrucksystem dazwischenschiebt und die atlantische Frontalzone auflaufen lässt. Die Zonalisierung versucht sich zwischen dem 3. und 5. Januar nochmals zu etablieren, doch misslingt das mehr oder weniger.
Und so lässt sich auch heute wieder der nachhaltige Durchbruch der Westwetterlage infrage stellen und die Wahrscheinlichkeit, dass das Ganze zu einem neuerlichen Strohfeuer
führt, ist als hoch zu bewerten. Zudem werden von den Vorhersage-Modellen heute winterliche Optionen und ein Polarwirbelsplit angedeutet, was den Winter zurück ins Spiel bringen kann.
Betrachtet man den Wettertrend der Kontrollläufe, so muss man hinsichtlich eines Flachlandwinters skeptisch bleiben. Zwar haben die kalten Varianten in den letzten 24 Stunden zugenommen und darunter sind auch Lösungen, die den Hochwinter nach Deutschland führen können, doch der Mittelwert der Kontrollläufe berechnet in der Höhe von 1.400 Meter Temperaturen, die zwischen -3 bis -5 Grad schwanken. Für einen Flachlandwinter werden Höhentemperaturen von -5 bis -7 Grad benötigt und für den Winter ab den mittleren Lagen sind -4 bis -6 Grad vonnöten. Und so bestätigt sich auch heute wieder der nasskalte Wettertrend der letzten Tage, bei der ab dem 4. Januar der Winter ab den mittleren Lagen optional werden kann.
Schaut man sich den Mittelwert aller Kontrollläufe einmal genauer an, so erkennt man die Schwachstellen der Zonalisierung. Abwarten!
Tag | Temperaturspektrum | Temperaturmittelwert |
---|---|---|
3. Januar | +6 bis +14 Grad |
+8 bis +10 Grad |
7. Januar | -5 bis +10 Grad |
+2 bis +4 Grad |
12. Januar | -9 bis +11 Grad |
+1 bis +4 Grad |
Ob es zu einer nachhaltigen Zonalisierung kommt, oder ob ein Störimpuls oder gar ein Polarwirbelsplit der Zonalisierung einen Strich durch die Rechnung machen kann, erläutern wir heute Abend gegen 20:15 Uhr in einer Aktualisierung der Winterprognose an dieser Stelle.
Update der Wetterprognose von 20:08 Uhr
Der Hochdruckkeil dehnt sich nach der Wetterprognose der Amerikaner erneut im Zeitraum vom 5. bis 8. Januar von den Aleuten in den Polarwirbel hinein aus, doch im Vergleich zu heute Morgen kippt die Achse in Richtung Sibirien ab und so ergibt sich für das Azorenhoch keine Möglichkeit nach Norden aufzuwölben.
Monstersturm
Das Resultat einer solchen Entwicklung ist eine äußerst aktive Tiefdruckdynamik auf dem Atlantik, die ihren Höhepunkt mit einem Zentraltief über Skandinavien zum 8. Januar erreicht. Der Kerndruck kann bis 940 hPa erreichen und das Tief umfasst einen Bereich, der sich von Island, über England und Deutschland bis über das westliche Russland und der Barentssee erstreckt.
Schwerer Sturm, Orkan möglich
Infolge dieser Tiefdruckaktivität ist vom 3. bis 12. Januar mit einer ganzen Sturmtiefserie zu rechnen, die im Zeitraum vom 7. bis 10. und am 12. Januar zu schweren Sturm und über den Küsten von Nord- und Ostsee zu orkanartigen Winden führen kann.
Im Grunde genommen berechnet die Wetterprognose der Amerikaner heute Abend das, was wir weiter oben einmal angedeutet haben. Gibt es auf dem Atlantik keine Blockadeachse, rauscht die Zonalisierung mit voller Wucht durch und das was die Amerikaner heute Abend berechnen ist in vielerlei Hinsicht bemerkenswert, zumal so ein Sturmtief ein erhebliches Schadpotential zur Folge haben kann.
Minor-Warming in Stratosphärenhöhe
In Stratosphärenhöhe bleibt es unverändert bei einer Entwicklung zu einem Minor-Warming, das am 4. Januar seinen Höhepunkt erfährt und einen zweiten Höhepunkt zum 11. Januar aufbauen kann. Jeweils ist der Ansatz zu einem Major-Warming zu erkennen, die letztliche Umsetzung aber scheitert und so ist zunächst einmal nicht von einer Beeinflussung des Wetters in den unteren Luftschichten auszugehen.
Ein Wintereinbruch in der ersten Januardekade?
Wie aber steht es um einen Polarwirbelsplit, ist der nun vom Tisch, oder wird dieser weiterhin simuliert? Er wird weiterhin berechnet und beginnt nach den Kontrollläufen in den meisten Fällen mit dem 2. Januar und ist bis zum 6. Januar vollzogen. Wir haben einmal die Varianten herausgesucht, die bei einem Polarwirbelsplit (oder einem Ansatz) über Deutschland Winterwetter zur Folge haben.
Voraussetzung hierfür ist - und das lässt sich auf den untenstehenden Wetterkarten gut erkennen - dass auf dem Atlantik die Blockadeachse des Hochdrucksystems vorhanden ist und diese spiegelt sich in Form eines negativen NAO-Index wider. Das ist zum aktuellen Stand aber nur in den wenigsten Berechnungen der Fall. Der NAO-Index wird mehrheitlich positiv berechnet, was auf den Rückschluss auf die Zonalisierung zulässt.
Anders hingegen der AO-Index, der in den meisten Fällen negativ simuliert wird und dabei ein paar deutlich positive wie auch negative Ausreißer vorweisen kann. Eine abschließende Schlussfolgerung ist nicht möglich.
Wetterprognose der Europäer
Betrachtet man die Wettervorhersage der Europäer, so kann man den Ansatz zu einem Polarwirbelsplit am 4. Januar erkennen, doch gelingt es dem Azorenhoch nicht nach Norden aufzukeilen und verhält sich passiv, was nach einer kurzen nasskalten Phase die Zonalisierung zurückkehren lässt. Anders formuliert ist nach den Europäern in der ersten Januardekade nicht mit einer winterlichen Witterung zu rechnen.
Der Mittelwert der Kontrollläufe selbst favorisiert weiterhin eine im Zeitraum vom 4. bis 12. Januar nasskalte Wetterentwicklung, bei der ab den mittleren Lagen der Winter optional werden kann. Soweit der Stand.