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Wetterprognose Winter 2021/2022: Wintereinbruch an Weihnachten?

| M. Hoffmann
Wintereinbruch © Martin Bloch

Der Winter kann in der Zeit vor oder über Weihnachten voll zuschlagen und mit einem Polarwirbelsplit für einen Wintereinbruch sorgen, der seinem Namen gerecht werden kann. Doch zeigen sich in der Wetterentwicklung auch Risiken, die dem Winter zu Weihnachten einen Strich durch die Rechnung machen können.

Milde Aussichten. Bis einschließlich dem 4. Advent bleibt es über Deutschland für die Jahreszeit zu mild. Zu verdanken ist das einem Hochdrucksystem, das sich von oben herab mit warmen Luftmassen auffüllt. Lösen sich zudem am Tage die nächtlichen Nebelfelder auf, kann der ungehemmte Sonnenschein die Temperaturen locker über die +10 Grad-Marke ansteigen lassen.

Wintereinbruch zu Weihnachten mithilfe eines Polarwirbelsplits?

Für die Jahreszeit ist so ein Polarwirbelsplit eigentlich zu früh, doch da - allem voran die Amerikaner - dieses Szenario immer wieder berechnen, ist so ein Polarwirbelsplit - zum aktuellen Stand - eine plausible Wetterentwicklung, der man aber noch ein gesundes Maß an Skepsis entgegenbringen sollte. Entscheidend ist nicht nur die Position des Hochdrucksystems, sondern auch dessen Drang in den Polarwirbel hinein.

Zwingend ein Polarwirbelsplit?

Nein, ein Polarwirbelsplit ist neben einigen anderen Varianten eine mögliche Option der kommenden Großwetterlage - mehr nicht.

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Dass ein angedeuteter Polarwirbelsplit auch in einem Fiasko für alle Freunde des Winterwetters enden kann, wurde von den Europäern ein paar Mal angedeutet. Das ist dann der Fall, wenn sich das Hoch zwar auf den Atlantik verlagert, nachfolgend aber einfach nach Osten abkippt und von einer Hochdruckzone in Richtung der Aleuten nichts mehr wissen will.

Wie so etwas ablaufen kann, haben die Amerikaner heute Nachmittag einmal eindrücklich zur Schau gestellt. Das Hoch kippt über Europa ab und es passiert … nichts. Einfach nichts. Das Wetter bleibt über Weihnachten und darüber hinaus trocken und mit Temperaturen von +0 bis +6 Grad für die Jahreszeit zu mild. Dazu gibt es nach Nebelauflösung viel Sonnenschein.

Trotz der - auch Sicht der Winterfreunde - tollen Wetterkarten der letzten Tage sollte man die milden Varianten immer im Hinterkopf behalten. Es wäre nicht das erste Mal, das sich ein als sicher geglaubter Wintereinbruch plötzlich als das Gegenteil erweist. Wir haben einmal die - richtig - warmen Varianten herausgesucht und miteinander verglichen.

Die warmen Wetterentwicklungen
Wetterprognose einzelnen Kontrollläufen: die warmen Wetterentwicklungen
© www.meteociel.fr

Was die milden Varianten gemeinsam haben

Auffällig ist die Tiefdruckaktivität bei Island, denn diese verhindert, dass sich das Hoch auf dem Atlantik als Blockadehoch positionieren kann. Anders formuliert lässt sich die milde Südwestwetterlage oder die turbulente Zonalisierung mit einer erhöhten Tiefdruckdynamik bei Island definieren.

Wie wahrscheinlich ist eine milde Wetterphase?

Für eine erhöhte Tiefdruckdynamik über Island sollte über dem östlichen Kanada kalte Luft arktischen Ursprungs nach Süden in Richtung Neufundland geführt werden. Denn nur durch diesen Temperaturunterschied kann die Tiefdruckdynamik auf dem Atlantik richtig loslegen.

Betrachtet man die Druckanomalien bis zum 24. Dezember, so wird das Dilemma deutlich, in der das Wetter steckt. Der Kaltluftzustrom ist über dem östlichen Kanada vorhanden, doch vom eigentlichen Polarwirbel ist nicht viel zu erkennen. Hervor sticht zudem das Hoch über Europa, was das Wetter bis Weihnachten dominieren wird. Eine richtige milde West- oder Südwestwetterlage ist weniger wahrscheinlich.

Zudem gibt es noch einen weiteren Indikator, der für ein Tief über Island spricht und das ist der NAO-Index. Ist dieser positiv, so ist ein Tief über Island und ein Hoch über den Azoren gesetzt. Ist der NAO-Index negativ, so befindet sich ein Hoch über Island und ein Tief über den Azoren. Ist der NAO-Index neutral, so deutet das über Europa auf eine Nordwest- oder eine Südwestwetterlage hin. Zum aktuellen Stand wird der NAO-Index im Zeitraum vom 16. bis 27. Dezember überwiegend negativ bis neutral berechnet. Positive Varianten sind kaum vertreten. Das alles zusammen spricht gegen eine Westwetterlage, die im Dezember auf diese Art und Weise nicht zu erwarten ist.

Deutlicher wird der negative NAO-Index in der Gegenüberstellung der Druckanomalien mit dem Mittelwert aller Kontrollläufe. Eine meridionale Grundströmung wird um und nach Weihnachten sehr wahrscheinlich.

Links die Druckanomalien und rechts der Mittelwert aller Kontrollläufe - negativer NAO-Index
Links die Druckanomalien und rechts der Mittelwert aller Kontrollläufe - negativer NAO-Index
© www.meteociel.fr | climatereanalyzer.org

Der Zustand des Polarwirbels

Ist der Polarwirbel aktiv und stabil, so hat die Zonalisierung - also die Westwetterlage - mit ihren Abwandlungen einer Südwest- oder Nordwestwetterlage - die besseren Chancen. Neigt der Polarwirbel an seiner Polarfront aber zu Wellenbewegungen (Rossby-Welle) oder bekommt er es mit Störimpulsen in Form eines Hochdrucksystems zu tun, so wird der Polarwirbel zunehmend instabil und andere - meist meridional verlaufende - Wetterlagen kommen ins Spiel.

Der Zustand des Polarwirbels lässt sich grob in zwei Kategorien einteilen. Einmal der Zustand des Polarwirbels in Stratosphärenhöhe und einmal den Zustand bestimmter Wettersysteme, die sich im Wert des AO-Index widerspiegeln. Ist der AO-Index negativ, so ist - stark vereinfacht - davon auszugehen, dass der Polarwirbel es mit Störeinflüssen zu tun bekommt. Zum aktuellen Stand werden rund 70 Prozent aller Varianten negativ bis neutral simuliert und ja, der Polarwirbel macht zu und um Weihnachten nicht die beste Figur.

Das alleine aber spricht noch nicht für Winterwetter, denn selbst der extremste Polarwirbelsplit nützt nichts, wenn sich die Hochdruckzone über Europa befindet.

Der Zustand des Stratosphärenwirbels

Der Polarwirbel in Stratosphärenhöhe kann bis Weihnachten als stabil bewertet werden. Über Weihnachten kündigt sich ein Minor-Warming an, bei der die Temperaturen binnen weniger Tage von -84 Grad auf -30 Grad ansteigen können. So etwas kommt im Winter häufiger vor und hat auf die unteren Luftschichten keine Auswirkungen.

Anders sieht das aus, wenn der Temperatursprung schneller vonstatten und deutlich in den positiven Bereich geht. In diesem Fall wird man von einem Major-Warming sprechen, dass die unteren Luftschichten deutlich bremsen und den Polarwirbel von oben herab - teils massiv - beeinflussen kann. Übersetzt ist ein Major-Warming eine plötzliche Stratosphärenerwärmung, die häufiger zum Ende des Winters in Erscheinung tritt.

Die aktuellen Berechnungen des Stratosphärenwirbels zeigen ein Minor-Warming, dass sich bis Ende Dezember nicht zu einem Major-Warming weiterentwickeln kann. Von oben herab ist erst einmal nicht mit einem Störimpuls zu rechnen.

Das zeigt sich auch in den Windgeschwindigkeiten, die sich bei einem Major-Warming in die negative Richtung entwickeln (Ost-West-Strömung). Zum aktuellen Stand betragen die Winde in Stratosphärenhöhe +216 km/h und erreichen zum 20. Dezember mit +250 km/h ungewöhnlich hohe Werte, die zum Januar auf +162 km/h absinken. Zum Vergleich: normal wären um die +150 km/h.

Ein wenig wetterwirksames Minor-Warming in Stratosphärenhöhe
Wetterprognose des Stratosphärenwirbels: ein wenig wetterwirksames Minor-Warming in Stratosphärenhöhe
© www.meteociel.fr

Auf den Punkt gebracht: Wie steht es um den Winter?

Man sieht anhand dieser - zugegebenen längeren - Erklärung, was vom Wetter über Weihnachten zu erwarten ist.

Was man nahezu ausschließen kann, ist die westlich orientierte Strömungskomponente, wobei man beim Wetter grundsätzlich nichts ausschließen sollte.

Betrachtet man ausschließlich die Kontrollläufe, so wird in 1.400 Meter Höhe eine Mitteltemperatur von -5 Grad seit einigen Tagen bestätigt. Das hat zur Folge, dass sich ab den mittleren Lagen oberhalb etwa 300 bis 500 Meter Dauerfrost einstellen kann. Über den tieferen Lagen von West- und Nordwestdeutschland hat das leichte Plusgrade zur Folge. Für den Flachlandwinter sind in der Höhe von 1.400 Meter Temperaturen von -5 bis -7 Grad notwendig. Anders formuliert sind die Chancen auf winterliche Temperaturen um Weihnachten herum als hoch einzustufen, doch fehlt zum Flachlandwinter noch etwas.

Dann wäre noch die Sache mit dem Schnee zu klären

Der Störimpuls geht von einem Hochdrucksystem aus, dass - man erkennt das auf den obenstehenden Druckanomalien - Deutschland, Österreich und der Schweiz sehr nahesteht. Und Hochdrucksysteme sind jetzt mehr dafür bekannt für trockenes Wetter zu sorgen. So verwundert es auch nicht, dass die Kontrollläufe einen im Zeitraum vom 14. bis 22. Dezember nahezu komplett trockenen Wettercharakter berechnen. Erst darüber hinaus nehmen die Niederschlagssignale zu.

Wir haben einmal die Varianten der Kontrollläufe herausgesucht, die sowohl für hochwinterliche Temperaturen, als auch für reichlich Schnee sorgen können.

Die richtig kalten Varianten mit viel Schnee an Weihnachten
Wetterprognose des Stratosphärenwirbels: die richtig kalten Varianten mit viel Schnee an Weihnachten
© www.meteociel.fr

Die Temperaturprognose der Kontrollläufe
Tag Temperaturspektrum Temperaturmittelwert
20. Dezember -4 bis
+9 Grad
+2 bis
+6 Grad
24. Dezember -9 bis
+7 Grad
-3 bis
+1 Grad
29. Dezember -8 bis
+6 Grad
-2 bis
+1 Grad

Was berechnen die Vorhersage-Modelle heute Abend?

Die Amerikaner haben wieder zu der Variante eines Polarwirbelsplits zurückgefunden, bei der sich die Polarfront Europa nähert und so den Winter - pünktlich zu Weihnachten - nach Deutschland bringen kann. Die Temperaturen können am 1. Weihnachtsfeiertag zwischen -9 und -2 Grad liegen - wohlgemerkt handelt es sich hierbei um die Tageshöchstwerte!

Bei den Europäern weiß der Winter noch nicht, wo er dran ist. Bis Weihnachten bildet sich auf dem Atlantik das Blockadehoch aus und strebt über Grönland weit in den Polarwirbel hinein. Damit unterscheidet sich die Wetterprognose der Europäer heute Abend grundlegend von der Berechnung von heute Morgen. Doch das Kippmoment des Hochdrucksystems verläuft für den Winter nicht optimal, sie werden aber auch nicht völlig verbaut. Simuliert werden am 24. Dezember Temperaturen von -4 bis +2 Grad und spiegelt in etwa das wider, was der Mittelwert der Kontrollläufe simuliert. Es bleibt spannend.

Links die Amerikaner mit einem Polarwirbelsplit und einem Arctic Outbreak zu Weihnachten und rechts die Europäer mit einer unklaren Position des Hochdrucksystems, bei der sich keine klaren Signale für den Winter ableiten lassen
Links die Amerikaner mit einem Polarwirbelsplit und einem Arctic Outbreak zu Weihnachten und rechts die Europäer mit einer unklaren Position des Hochdrucksystems, bei der sich keine klaren Signale für den Winter ableiten lassen
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