Was sind Kontrollläufe - oder wie man das Wetterchaos vorhersagbar macht
Oft denkt man sich, das kann doch nicht wahr sein, jetzt stimmt die Wettervorhersage schon wieder nicht. In Zeiten, in denen Computer immer leistungsfähiger werden, sollte es doch möglich sein, eine korrekte Wettervorhersage abzugeben.
Doch betrachtet man die verschiedenen Methoden genauer, verzeiht man den Meteorologen ihre vermeintliche Fehlprognose schnell, denn es ist gar nicht so einfach mit der Wettervorhersage. Die Vorhersagen werden unter anderem mit dem Hauptlauf und den Kontrollläufen berechnet. Diese werden durch rechenintensive Differentialgleichungen beschrieben und numerisch berechnet.
Doch worauf basieren diese numerischen Berechnungen?
Gleich vorab, ohne Computer wäre es sehr aufwändig, diese Gleichungen zu lösen. Als Beispiel versuchte der schwedische Astronom Elis Strömgren (1870-1947) numerisch durch das Dreikörperproblem (Berechnung der Planetenbahnen von Kepler und Kopernikus) die Bahn eines Planeten um zwei Sonnen mit gleicher Masse zu berechnen. Er musste dies ohne Computer durchführen und benötigte 57 Mitarbeiter, die 40 Jahre lang rechneten.
1963 veröffentlichte Edward Lorenz, der Wegbegleiter der Chaostheorie, seine Arbeit namens „Deterministische nichtperiodische Strömung“. Sie besagte, dass eine Wettervorhersage über längere Zeitabschnitte unmöglich sei.
Ein anschauliches Beispiel, um sich die Einflüsse kleinster Änderungen bei numerischen Gleichungen vorzustellen, ist die Bahnberechnung der Billardkugel.
Will man die Bahn einer Billardkugel länger als zwei Stößen berechnen, muss man die Gravitation der darumstehenden Menschen mit beachten. Je weiter die Vorhersage in die Zukunft geht, desto ungenauer wird sie.
Dies war James Crutchfield (Chaosforscher) aber noch nicht genug. Er berechnete, dass die Gravitation eines Elektrons (Masse ca. 9,1093 *10^ (-31) kg) am Ende der Milchstraße (ca. 100.000 Lichtjahre entfernt) bei einer Vorhersage von über einer Minute relevant wird.
Man sieht, es ist sehr aufwändig chaotische Systeme vorherzusagen. Theoretisch sind dynamische Prozesse beschreibbar, doch kann man das Ergebnis nicht konkret berechnen. Gründe dafür sind unter anderem die Heisenbergsche Unschärferelation (Quantenphysik) und die Rundung der Zwischenergebnisse bei Computern.
Bei einer langen und aufwändigen Wetterprognose kam Lorenz auf die Idee, die Startbedingungen bei verschieden Läufen durch Werte der vorherigen Läufe zu ersetzen und somit die Rechenzeit zu verkürzen. Doch bekam er dadurch eine komplett andere Vorhersage. Erst vermutete er ein Problem mit dem Computer, doch das Problem war, der Computer rechnete mit sechs Stellen nach dem Komma und gab nur drei aus. Die Ungenauigkeit durch die Rundung der dritten Kommastelle war genug, dass eine ganz andere Prognose zustande kam.
So, nun ein Blick auf die Funktion der Vorhersagemethoden.
Der Hauptlauf
Dieser wird mit Daten gefüttert, die alle 6 Stunden weltweit erfasst werden. Das Raster der Messungen ist kleiner, also auch genauer als das der Kontrollläufe. Die Berechnung ist daher zeitaufwendig und vor allem werden dazu Hochleistungscomputer gebraucht, damit es bei einer Vorhersage bleibt und nicht zu einer Wetternachsage wird.
Die Kontrollläufe
Es gibt verschiedene Durchgänge mit nicht ganz so vielen Daten, doch werden immer wieder die Anfangswerte minimal verändert. Erinnert man sich an die oben geschilderte Problematik, ist es klar, dass dies das Ergebnis verändert.
Ab diesem Zeitpunkt kommen die Meteorologen ins Spiel, die jetzt die verschiedenen Berechnungen der Kontrollläufe und des Hauptlaufes interpretieren und mit ihren Erfahrungen in Einklang bringen.
Die Frage ist, warum braucht man die Kontrollläufe, wenn man einen genaueren Hauptlauf hat. Sie dienen praktisch als Qualitätskontrolle
des Hauptlaufes. Macht dieser gegenüber den Kontrollläufen besonders große Ausreißer, ist die Eintreffwahrscheinlichkeit des Hauptlaufes geringer oder gering einzustufen.
Gehen die Kontrollläufe weit auseinander - was im Winter häufiger der Fall ist - wird das Ganze kniffliger. Das Spektrum kann eine Differenz von bis zu 25 Grad betragen und ab diesem Zeitpunkt ist der Erfahrungsschatz des Meteorologen gefragt, der sicherlich noch weitere Parameter hinzuziehen wird.
Der Schmetterlingseffekt
Kommen wir zum Schluss noch zum Schmetterlingseffekt
, der aus der Nichtlinearen Dynamik
entstammt. Dieser beruht auf der Aussage von Lorenz, dass sich die Anzahl der Möglichkeiten der Veränderung des Wetters alle vier Tage verdoppeln, nach einem Monat das 200-Fache und nach einem Jahr sogar das 2*10^27 Fache.
Deshalb sagt man, ein Flügelschlag eines Schmetterlings kann nach einer bestimmten Zeit an einem anderen Ort einen Tornado auslösen. Der Schmetterlingseffekt ist mehr theoretischer Natur, er bringt es aber mit der Unvorhersehbarkeit der langfristigen Auswirkungen
relativ gut auf den Punkt.