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Winterprognose: Ungewöhnlich warmes Wetter - Kein Winter mehr in diesem Jahr?

| M. Hoffmann
Vorerst kein Winterwetter mehr?

Das Weihnachtstauwetter frisst sich weiter in den Schnee und setzt sich bis über die höheren Lagen durch. Kippt das Strömungsmuster nach Weihnachten noch in Richtung Winter, oder ist dieser erst einmal auf Eis gelegt?

Der Winter zieht sich in den kommenden Tagen bis auf die höheren Lagen zurück und über Weihnachten setzt sich das Tauwetter bis in die höheren Lagen weiter fort.

Für die Jahreszeit viel zu warm

Die Temperaturen pendeln sich von heute bis einschließlich des ersten Weihnachtfeiertages mit +7 bis +12 Grad in einem für die Jahreszeit zu warmen Bereich ein. Über dem Westen und Südwesten können phasenweise bis +16 Grad möglich sein und damit ist klar: Das Wetter der kommenden Tage ist dem Frühling sehr nahe - der Winter verabschiedet sich vorerst. Zu den hohen Temperaturen gibt es zeitweiligen Regen, der sich ab Donnerstagabend intensiviert und bis Freitag nennenswert, ergiebig und regional länger andauernd ausfallen kann. Das kann regional zu ansteigenden Bach- und Flusspegeln führen, doch ist keine Hochwasserlage zu erwarten. Dazu gibt es einen böigen Wind. An diesem Wettercharakter wird sich über Weihnachten zunächst wenig ändern. Mehr dazu in der aktuellen Wetterprognose zum Wetter Weihnachten.

Von Südwesten gelangen ungewöhnlich warme Luftmassen nach Deutschland
Wetterprognose nach dem amerikanischen (li.) und deutschen (re.) Vorhersage-Modell: Keine weiße Weihnachten © www.meteociel.fr

Wetterprognose des europäischen Wettermodells: Displacement des Polarwirbels

Am 27. Dezember berechnet die Wetterprognose der Europäer ein 24 Stunden anhaltende Nordwestwetterlage, die in der Höhe kühlere Luftmassen nach Deutschland führen können. Die Temperaturen gehen mit +0 bis +5 Grad in den nasskalten Bereich zurück und zeitweilige Schauer sind in Form von Schnee-, Schneeregen- oder Graupelschauer möglich. Nachfolgend verändert sich die Großwetterlage bis Silvester auf gravierende Art und Weise.

Hochdruckblock strebt nach Norden

Bereits in der gestrigen Wettervorhersage hatten die Europäer einem Blockadehoch auf dem Atlantik keinen Entwicklungsspielraum geben können. Daran hat sich heute nichts geändert. Was sich aber verändert hat, ist das Verhalten des Hochdrucksystems, das sich von der Mittelmeerregion über Europa nach Norden ausdehnt und zum 29. Dezember eine Hochdruckzone zum Hoch über Russland aufbaut.

Stabile Hochdruckzone führt zum Displacement des Polarwirbel

So schnell kann es gehen. Der aktive Teil des Polarwirbels verlagert sich in Richtung Kanada und Grönland und tobt sich auf dem Atlantik regelrecht aus. Doch ist das Hoch kräftig genug und blockiert die atlantische Frontalzone, bevor diese Europa erreichen kann.

Einer Aktion erfolgt eine Reaktion. Da die atlantische Frontalzone nicht zur Ruhe kommt, intensiviert sich das Hoch bis Silvester und stemmt sich gegen die tobende Front. Deutschland, die Schweiz und Österreich liegen weitgehend im Einflussbereich des Hochdrucksystems und da sich Tiefdruckgebiete gegen und Hochdrucksysteme im Uhrzeigersinn drehen, gelangen in der Höhe aus südlichen Richtungen milde bis warme Luftmassen nach Deutschland.

Die Niederschlagstätigkeit lässt nach dem 27. Dezember nach, und lösen sich die Nebel- und Hochnebelfelder der Nacht auf, kommt am Tage häufiger die Sonne zum Vorschein. Die Temperaturen sinken in den - meist klaren - Nächten auf +3 bis -3 Grad ab und am Tage pendeln sich die Werte auf +4 bis +8 Grad und über dem Westen und Südwesten auf bis +12 Grad ein. Winter geht anders.

Die atlantische Frontalzone strebt in Richtung Deutschland, doch ein Hoch verhindert dieses Vorstoß
Wetterprognose nach dem europäischen Wettermodell: Die atlantische Frontalzone strebt in Richtung Deutschland, doch ein Hoch verhindert diesen Vorstoß © www.meteociel.fr

Wettervorhersage nach dem amerikanischen Wettermodell: Der Winter vorerst chancenlos

Gerade die Wetterprognose der Amerikaner hatte in den letzten Tagen noch eine Variante berechnet, welche zu einer winterlichen Wetterlage hätte führen können. Doch seit 24 Stunden hat sich diese Variante erledigt - das Hoch über Grönland greift nicht mehr großartig in das Wettergeschehen ein.

Hochdruckachse Sibirien - Kanada

Der Blick auf den Polarwirbel lohnt dennoch, denn dort spielt sich eine Wetterentwicklung ab, die in der Wetterprognose der Europäer nur angedeutet wird. Zwischen Sibirien und Kanada dehnt sich nach und nach eine Hochdruckachse aus. Warum das so entscheidend für das Wetter über Deutschland ist?

Kaltluftausbruch über dem östlichen Kanada

Hochdrucksystem drehen sich im Uhrzeigersinn und führen mit einer von Sibirien bis nach Kanada reichenden Hochdruckachse kalte Luftmassen in Richtung Kanada. Dort angekommen, strömen diese über dem östlichen Kanada nach Süden aus und treffen auf den milden Atlantik und fördern die Tiefdruckaktivität der atlantischen Frontalzone. Diese aber wiederum strebt nach Osten und somit nach Deutschland. Wenn sich kein Hoch entgegenstellt, kommt es zu einer windigen und nassen Westwetterlage, bei der unwetterartige Starkwindereignisse zum Thema werden können. Die Temperaturen wären - auch zum Start in den Januar - mit +4 bis +8 Grad für die Jahreszeit zu hoch.

Sollte sich ein Hoch nach Norden aufstellen und der atlantische Frontalzone Paroli bieten, so folgt in den allermeisten Fällen eine Südwestwetterlage nach. Leicht wechselhaftes Wetter wäre bei Temperaturen von +5 bis +10 Grad und örtlich von bis +14 Grad zu erwarten. Ohnehin - der Winter hat in solch einer Konstellation keine Chance.

Der Winter hat in solch einer Konstellation schlechte Karten
Wetterprognose nach dem amerikanischen Wettermodell: Der Winter hat in solch einer Konstellation schlechte Karten © www.meteociel.fr

Auf den Punkt gebracht: Keine Chance für den Winter?

Wer bei uns schon längere Zeit zu Gast ist, der kennt das - in Zeiten der Klimaerhitzung setzt sich - nicht immer, aber zunehmend häufiger - die warme Variante durch. Ergänzend ist hinzuzufügen, dass - wenn es in den letzten Jahren in die zu warme Richtung gekippt ist - dann gleich in die Extreme. Und das, was die Amerikaner da berechnen, ist mit bis +14 Grad ein Extrem. Warum? Ab dem 6. Januar beginnt für gewöhnlich die eigentliche Hochwinterphase.

Die Wahrscheinlichkeiten

Die Wetterprognose der Amerikaner bildet im direkten Vergleich zu den Kontrollläufen mit Abstand die wärmste Variante ab, doch die Kontrollläufe selbst berücksichtigen kaum mehr winterliche Wetterentwicklungen.

Die Temperaturen in 1.400 Meter Höhe sacken am 28. Dezember kurzzeitig auf +0 bis -4 Grad ab und steigen bis zum 5. Januar mit +4 bis +0 Grad wieder an. Damit ein Flachlandwinter in Betracht gezogen werden kann, sollten die Höhentemperaturen im Bereich von -4 bis -6 Grad liegen und das zeigt eindrücklich, wie weit die aktuellen Berechnungen vom Winter entfernt sind.

Nachlassende Niederschlagstätigkeit

Die Niederschlagsaktivität ist bis einschließlich dem 27. Dezember als mäßig hoch zu bewerten und geht nachfolgend in den schwach erhöhten Bereich zurück. Das spricht auf den ersten Blick für eine Hochdruckzone über Mitteleuropa, die im Mittelwert aller Kontrollläufe deutlicher herausgearbeitet wird.

Auflaufende Frontalzone mit milder Südwestwetterlage
Wetterprognose nach dem Mittelwert aller Kontrollläufe: Auflaufende Frontalzone mit milder Südwestwetterlage © www.meteociel.fr

Die Temperaturprognose der Wettermodelle
Tag Temperaturspektrum Temperaturmittelwert
27. Dezember +0 bis
+12 Grad
+6 bis
+8 Grad
31. Dezember -2 bis
+12 Grad
+5 bis
+7 Grad
5. Januar -3 bis
+13 Grad
+4 bis
+6 Grad
Diagramm Temperaturen Januar 2023
Die Wahrscheinlichkeiten der Kontrollläufe Januar 2023 von zu kalt, normal, zu warm im Vergleich zum vieljährigen Mittelwert (1961 bis 1990)

Nächste Aktualisierung

  • 20:15 Uhr: Aktualisierung der Winterprognose an dieser Stelle

Update der Wetterprognose von 20:18 Uhr

Weihnachten verläuft nach der Wetterprognose des deutschen Vorhersage-Modells ungewöhnlich mild und auch nach Weihnachten ist nicht wirklich mit winterlichen Wetterverhältnissen zu rechnen.

Unwetterartige Starkwindereignisse

Der Grund für das unwinterliche Wetter ist der sich regenerierende Polarwirbel, der sich in den letzten Tagen immer wieder abzeichnet. Ein Tief nach dem anderen entsteht so auf dem Atlantik und entsendet nach Weihnachten ein Tief nach dem anderen in Richtung Deutschland, Österreich und der Schweiz. Am 29. Dezember sind unwetterartige Starkwindereignisse nicht auszuschließen.

Entfesselte Frontalzone

Die Wettervorhersage der Amerikaner geht heute Abend in eine fast identische Richtung und berechnet bis zum 29. Dezember eine von Neufundland bis nach Skandinavien gut funktionierende Tiefdruckrinne, die ebenfalls das Potential für unwetterartige Starkwindereignisse aufweist. Die Temperaturen sind - nach beiden Vorhersage-Modellen - mit +4 bis +8 Grad und örtlich bis +12 Grad für die Jahreszeit zu warm.

Kein Wintereinbruch nach Weihnachten - stattdessen ein ansteigendes Potential von unwetterartigen Starkwindereignissen
Wetterprognose nach dem deutschen (li.) und amerikanischen (re.) Wettermodell: Kein Wintereinbruch nach Weihnachten - stattdessen ein ansteigendes Potential von unwetterartigen Starkwindereignissen © www.meteociel.fr

Wie steht es um den Winter?

Die Entfesselung der Frontalzone ist kein gutes Zeichen für Freunde des Winterwetters. Verlängert sich die Zonalisierung nach Weihnachten doch mindestens um weitere sieben Tage.

Schaut man sich den Wettertrend der Amerikaner bis in den Januar hinein an, so agiert der Polarwirbel in Bestform ohne Störungen und kann sich frei entfalten. Das hat sich in den letzten Tagen mit den Randfaktoren bereits gezeigt. Bis zum 6. Januar ändert sich an der westlich orientierten Grundströmung mit Wind, Regen und für die Jahreszeit zu hohen Temperaturen wenig. Schlimmer noch aus Sicht für alle, die auf den Winter hoffen, ist die Simulation eines sich Anfang Januar über Mitteleuropa aufwölbenden Hochdrucksystems, was die atlantische Frontalzone auflaufen und so den Zustrom warmer Luftmassen verstärkt. Temperaturen von +8 bis +12 Grad und über dem Westen von bis +16 Grad sind vom 1. bis 6. Januar zu diskutieren. Eigentlich dann, wenn sich der Hochwinter über Deutschland ausbreiten sollte.

Bis auf Weiters kein Winterwetter
Die Wetterprognose des amerikanischen Vorhersage-Modells: Bis auf Weiteres kein Winterwetter © www.meteociel.fr

Vorerst keine Chance auf den Winter

Das Temperaturspektrum sackt zwischen dem 27. und 28. Dezember kurzzeitig in den nasskalten Bereich ab und kann mancherorts für Schnee-, Schneeregen- oder Graupelschauer sorgen, doch nachfolgend pendelt sich das Temperaturspektrum in 1.400 Meter Höhe auf +5 bis -2 Grad ein. Die kühleren Werte liegen über dem Norden und die milden über dem Süden und zeigen, wie stark das Tauwetter bis in die höheren Lagen durchgreifen kann. Für den Flachlandwinter werden Höhenwerte von -4 bis -6 Grad benötigt und zeigt, wie weit der aktuelle Wettertrend vom Winter entfernt ist.

Die Randfaktoren

Der AO-Index (vereinfacht: Zustand des Polarwirbels) neutralisiert sich bis Januar. Der NAO-Index (Verhältnis von Azorenhoch und Islandtief) neutralisiert sich nicht nur, sondern tendiert bis Januar in die positive Richtung, was als ein klares Signal für die Zonalisierung gewertet werden kann.

Der Polarwirbel in Stratosphärenhöhe zeigt sich bis weit in den Januar hinein ohne Störungen und die Windgeschwindigkeiten intensivieren sich von aktuell +144 km/h bis zum 5. Januar auf +185 km/h. Der Stratosphärenhöhe stabilisiert somit den Wetterprognose in den unteren Luftschichten weiter.

Noch besser - und auf beeindruckende Art und Weise - kann man die Zonalisierung in den Druckanomalien erkennen.

Der Polarwirbel bekommt von oben herab Unterstützung und links zeigen sich die Parameter einer Westwetterlage überdeutlich
Wetterprognose nach dem Mittelwert aller Kontrollläufe: Der Polarwirbel bekommt von oben herab Unterstützung und links zeigen sich die Parameter einer Westwetterlage überdeutlich © www.meteociel.fr |climatereanalyzer.org

Die Winterprognose des Langfristmodells

Abweichungen der Temperaturen Winter gegenüber dem langjährigen Mittelwert von 1961 und 1990 und in Klammern der wärmere Mittelwert (1991-2020)
Monat Tem­peratur Nieder­schlag Auffälligkeit
Dezember 2022 +0,0 bis +0,5 Grad
(-1,0 bis -0,5 Grad)
Trend: zu trocken England, Skandinavien, Osteuropa und Russland zu kalt und zu trocken
Januar 2023 +1,5 bis +2,5 Grad
(+0,1 bis +1,1 Grad)
Trend: zu trocken Ganz Europa zu warm
Februar 2023 +1,5 bis +2,5 Grad
(+0,4 bis +1,6 Grad)
Trend: normal bis etwas zu trocken England und Skandinavien etwas zu nass. Russland, Schweden, Finnland und die östliche Mittelmeerregion extrem zu warm
Diagramm der Temperaturentwicklung Herbst und Winter 2022/2023
Diagramm der Temperaturentwicklung Herbst und Winter 2022/2023

Nachtrag: Wettertrend der Europäer

Die Europäer überraschen nicht wirklich mit einer völlig anderen Entwicklung der Großwetterlage. Auch hier zeichnet sich bis Silvester eine turbulente und überwiegend milde bis nasskalte Wetterentwicklung ab.

Kein Winterwetter möglich
Wetterprognose der Europäer: Kein Winterwetter möglich © www.meteociel.fr

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