November-Wetter: Polarwirbelsplit, Herbststurm, Westwetterlage oder doch die warme Erhaltungsneigung?
Warme Luftmassen werden in dieser Woche aus südlichen Richtungen nach Deutschland geführt, was die Temperaturen mancherorts in den sommerlichen Bereich ansteigen lassen kann. Hält der ungewöhnliche Zustrom warmer Luftmassen auch im November an und wie steht es um den Vollherbst mit Wind, Sturm, Regen und einer nasskalten Witterung?
Ein Tief auf dem Atlantik führt in den kommenden Tagen im Zusammenspiel mit einem Hoch über Mitteleuropa warme und feuchte Luft aus südwestlichen Richtungen nach Deutschland.
Sommerlich warm?
Kräftige Schauer und Gewitter (Gewitterradar) sorgen heute über dem Süden von Deutschland für einen teils turbulenten Wettercharakter. Sind die Schauer über dem Süden abgezogen, so kommt im Verlauf der Woche nach frühmorgendlicher Nebelauflösung häufiger die Sonne zum Vorschein. Zwischendurch können Wolkenfelder vorüberziehen und für gelegentliche Schauer sorgen. Viel an Niederschlag ist nicht zu erwarten. Kräftige Windböen können heute noch die Blätter von den Bäumen wehen, doch ist vom Wind darüber hinaus nicht mehr viel zu erwarten. Die Temperaturen erreichen - verbreitet - Werte zwischen +16 bis +21 Grad und örtlich bis +23 Grad. Scheint die Sonne längere Zeit, so kann mancherorts das Erreichen oder Überschreiten der sommerlichen +25 Grad-Marke nicht ausgeschlossen werden. Mehr dazu in der aktuellen Wetterprognose zum Wetter Oktober 2022.
Die Regenprognose
Die Schauerstaffel mit eingelagerten Gewittern ist heute über dem Süden als nennenswert zu bewerten und wird mancherorts - zumindest kurzzeitig - für einen turbulenten Wettercharakter sorgen können.
Ist die Schauerstaffel durch, kommt in dieser Woche nicht mehr viel an Regen zusammen. Bis einschließlich Samstag werden Regensummen von 0 bis 4 l/m² und südlich der Donau bis 10 l/m² berechnet. Ein weiterer Schwerpunkt lässt sich mit 8 bis 12 l/m² entlang eines Streifens von Mannheim und Würzburg erkennen.
Wie wird das Wetter im November?
Imposant ist die Südwestwetterlage und alles andere als gewöhnlich. Der Oktober hat im Moment eine Abweichung gegenüber dem vieljährigen Mittelwert (61/90) von +3,0 Grad vorzuweisen (91/20: +2,6 Grad). Rechnet man die spätsommerlichen bis sommerlichen Werte der kommenden Tage hinzu, so kann der Oktober am Ende um +3,3 bis +3,6 Grad zu warm ausfallen. Der Rekord stammt mit einer Abweichung von +3,5 Grad aus dem Jahre 2001.
Kalte Luftmassen polaren Ursprungs gelangen auf den Atlantik
Die Wetterprognose der Europäer und auch die der Amerikaner sind sich heute einig. Über dem östlichen Kanada werden im Verlauf dieser Woche erneut kalte Luftmassen polaren Ursprungs nach Süden geführt, was die Tiefdruckdynamik auf dem Atlantik weiter anheizen wird.
Warmstart in den November - sommerlich warm?
Damit erhält das Tief vor Mitteleuropa weitere Energie, um aus südwestlichen Richtungen warme Luftmassen nach Deutschland, Österreich und die Schweiz zu pumpen. Dass sich dieses Muster seit Anfang Oktober immer wieder erneuert, kann man von einer ausgeprägten Erhaltungsneigung sprechen. Simuliert werden für den 2. November Temperaturen von +16 bis +21 Grad und die Wetterprognose der Europäer stellen sogar bis +25 Grad in Aussicht. Wie auch immer - beide Prognosen sind für die Jahreszeit zu warm.
Herbststürme und Graupelschauer?
Doch wo bleibt das klassische Herbstwetter? Betrachtet man noch einmal die Wetterprognose der Europäer genauer, so gelingt es der atlantische Frontalzone sich bis zum 2. November über Skandinavien zu verlagern. Zur gleichen Zeit baut sich über Island bereits ein weiteres Tiefdrucksystem auf, das die Grundströmung auf dem Atlantik auf eine zonale Richtung kippen lassen kann.
Die Westwetterlage
Spielt man dieses Szenario einmal durch, so könnte mit einem zentral agierenden Tiefdruckwirbel über Skandinavien und einem entsprechenden Nachschub an Tiefdrucksystemen auf dem Atlantik so etwas wie eine Tiefdruckrinne entstehen und zieht sich das Hoch über Europa nach Süden zurück, so kann man durchaus eine Westwetterlage ins Spiel bringen - doch sind die Berechnungen der Europäer konservativ.
Die Erhaltungsneigung
Das Hoch über der Mittelmeerregion wird nur kurzzeitig nach Süden gedrückt und dehnt sich bereits zum 3. November erneut nach Norden aus. Die gerade in der Entwicklung befindliche Frontalzone kippt auf dem Atlantik nach Süden ab und verstärkt in Kombination mit dem Hoch erneut den Zufluss warmer Luftmassen aus südwestlichen Richtungen. Besser kann man die Erhaltungsneigung nicht visualisieren und auf den Punkt bringen.
Wie warm kann es werden? Simuliert werden für den 3. und 4. November Tageshöchstwerte von +16 bis +21 Grad und über dem Süden können bis +24 Grad möglich sein. Im Vergleich zum vieljährigen Mittelwert wäre diese Temperaturspanne um +12 bis +16 Grad zu warm.
Wetterprognose der Amerikaner: Durchrauschende Frontalzone und Polarwirbelsplit
Die Amerikaner bringen eine weitere Variante ins Spiel. Das Tiefdruckzentrum kann sich bis zum 4. November über Skandinavien positionieren und drängt das Hoch über Mitteleuropa weit nach Süden, sodass diesem nichts anderes übrig bleibt, als in Richtung Atlantik zu entweichen, um dort ein Blockadehoch zu initialisieren. So wird das mit der Westwetterlage nichts. Doch während sich das zentral agierende Tief über Skandinavien eindreht, dehnt sich von Russland aus ein Hochdrucksystem über der Karasee in Richtung des Polarwirbels aus und nimmt Kontakt zu einem Hoch über Alaska auf.
Polarwirbelsplit
Da sich die Hochdruckzone innerhalb des Polarwirbels im und das Skandinavientief gegen den Uhrzeigersinn dreht, verstärkt sich der Zustrom kalter Luftmassen über dem östlichen Kanada in Richtung Atlantik, was bis zum 8. November eine extreme Konzentration von Tiefdrucksystemen zwischen dem östlichen Kanada, Grönland, Island und dem europäischen Nordmeer zur Folge hat. Der Hochdruckkeil innerhalb des Polarwirbels intensiviert sich derweil.
Hochdruckblase Mitteleuropa
Bedingt durch den Zustrom kalter Luftmassen über dem östlichen Kanada und der daraus folgenden Tiefdruckdynamik, bleibt für ein Blockadehoch auf dem Atlantik kein Platz mehr und so weicht das Hoch kurzerhand nach Europa aus und sorgt im Zusammenspiel mit dem Tiefdrucksysteme über dem Atlantik für die Zufuhr milder Luftmassen aus südwestlichen Richtungen.
Anders formuliert geht die Wetterprognose der Amerikaner in eine völlig andere Richtung und ermöglicht kurzzeitig einen herbstlichen Wettercharakter, der für die zweite November-Dekade eine äußerst spannende und möglicherweise turbulente Wetterphase in Aussicht stellt.
Auf den Punkt gebracht: Wetterwechsel - doch in welche Richtung?
Die Wetterprognose der Europäer bleibt konservativ und simuliert die klassische Erhaltungsneigung. Bei den Amerikanern ist einiges im Umbruch und ermöglicht zumindest herbstliche und windige Wetterphasen. Die Taktung wird höher und könnte bis Mitte November endgültig den Herbst nach Deutschland bringen.
Die Abkühlung
wird abgemildert
Die Kontrollläufe stützen die zu hohe Temperaturentwicklung bis zum 1. November mit einem Maximum am 28. und 29. Oktober. In diesem Zeitraum erreichen die Temperaturen Werte, die im Vergleich zum vieljährigen Mittelwert um bis +12 Grad zu warm ausfallen können. Im Zeitraum vom 1. bis 7. November senkt sich das Temperaturniveau über dem Norden auf eine Differenz von +0 bis +1 Grad in den normalen bis leicht zu milden Bereich ab und bestätigt im Wesentlichen den zunehmend maritimen Einfluss über dem Norden von Deutschland.
Weiter nach Süden aber verzögert sich der Temperaturrückgang bis zum 7. November und führt über dem Westen, Osten und Süden zu einem Überschuss von +1 bis +3 Grad und über dem Süden von bis +4 Grad.
Hochdruckdominiertes Wetter
Die Niederschlagsprognose der Kontrollläufe berechnet einen vom 26. Oktober bis 6. November weitgehend trockenen Wettercharakter, wenngleich über dem Norden die Anzahl der vorüberziehenden Schauer ansteigen kann. Ein Durchbruch in Richtung Herbst oder gar Vollherbst sieht definitiv anders aus. Stattdessen werden Sonne, Wolken und teils zäher Nebel die Hauptrolle spielen können.
Deutlicher zeigt sich die Hochdruckdominanz heute erneut im Mittelwert aller Kontrollläufe, doch sind die Umbaumaßnahmen
innerhalb des Polarwirbels deutlicher zu erkennen, als das noch in den letzten Tagen der Fall war. Das wäre ein Momentum für den Herbst!
Tag | Temperaturspektrum | Temperaturmittelwert |
---|---|---|
30. Oktober | +13 bis +24 Grad |
+17 bis +20 Grad |
3. November | +10 bis +21 Grad |
+14 bis +16 Grad |
8. November | +2 bis +17 Grad |
+9 bis +11 Grad |
Der Wettertrend des Langfristmodells
Das Langfristmodell berechnet für den November 2022 eine Abweichung der Temperaturen gegenüber dem vieljährigen Mittelwert von +1,5 bis +2,5 Grad und im Trend von bis +3,0 Grad im erheblich zu warmen Bereich (91/20: +0,7 bis +2,2 Grad). Die Niederschlagsprognose soll im Vergleich zum vieljährigen Sollwert insbesondere über dem Norden und Süden zu trocken ausfallen.
Blickt man nach Skandinavien - wo das nasskalte Herbstwetter seinen Ursprung haben kann - wird ein Temperaturüberschuss von +2 bis +3 Grad und im Trend von bis +4 Grad simuliert. Da kann man sich schon fragen, woher der (Voll)Herbst denn kommen soll?