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Winterprognose der Langfristmodelle - Ungewöhnliche Temperatursprünge an Land und Wasser

| M. Hoffmann
Welche Auswirkungen haben extreme Temperaturanomalien in der Luft und Wasser auf den Winter? © Martin Bloch

Was ist vom Wetter im Winter zu erwarten? Welche Folgen hat der rekordwarme September und der extrem warme Oktober für den November? Welche Rolle spielt eine meridionale oder zonale Wetterlage für den Winter, was hat das mit dem warmen Nordatlantik auf sich und was berechnen die Langfristmodelle für ein Wetter im Winter 2023/2024?

Die Frage nach dem Kaltwinter

Warmer Herbst, kalter Winter? Wir erhalten viele Anfragen in dieser Form. Wenn der Herbst doch so überproportional warm und bislang auch trocken ist, so muss das im Winter doch ausgeglichen werden können?

Schnee und Wintertage gehen zurück. Die Statistik ist eindeutig. In den vergangenen 20 Jahren waren 70 Prozent der Winter gegenüber dem vieljährigen Mittelwert von 1961 und 1990 zu warm. Durchschnittlich sind die Winter in den vergangenen 30 Jahren um +1,6 Grad wärmer geworden. Die höheren Temperaturen sorgen dafür, dass in den meisten Wintern der Flachlandwinter so gut wie gar nicht mehr in Erscheinung tritt und selbst über den mittleren Lagen seltener wird. Statistisch gesehen gingen die Schneetage in den vergangenen 30 Jahren um 10 Tage zurück. Wenn man so will, schwinden mit jedem Grad Erwärmung die Schneetage um 8,5 Tage.

In den vergangenen 12 Jahren gab es im Übrigen keinen Winter mehr, der zu kalt ausgefallen ist. Und damit nicht genug - von den letzten 24 Monaten waren 3 normal, keiner zu kalt und 21 zu warm. Das ist ein klares Zeichen dafür, dass es in Zeiten der Klimaerhitzung kein Ausgleichsverhalten mehr gibt.

Die Winter werden immer wärmer
Die Winter werden wärmer
© www.mtwetter.de

Ein noch nie dagewesener Temperatursprung im September

Schockierende Temperaturentwicklung im September 2023. Interessant und zugleich schockierend ist die Entwicklung der globalen Septembertemperaturen im Vergleich zum wärmeren Klimamittelwert von 1991 und 2020.

Klar ist, dass sich die Septembermonate in den vergangenen 30 Jahren um rund +0,5 Grad erwärmt haben und das erklärt, warum die Septembermonate im nachfolgenden Vergleich gegenüber dem wärmeren Mittelwert zu kalt ausgefallen sind. Seit 2010 gab es - global betrachtet - keinen zu kalten September mehr. Der September - der über Deutschland so warm wie noch kein anderer September zuvor war - zeigt sich auch global als ein Extrem. Nicht nur ein wenig, sondern deutlich zu warm. Ein regelrechter Temperatursprung

Extreme Temperaturanomalie im September 2023
Extreme Temperaturanomalie im September 2023
© https://climate.copernicus.eu

Ungewöhnliche warme Meeresoberfläche

Warmer Nordatlantik, warmer Winter? Bereits im Oktober letzten Jahres hat sich an der Meeresoberfläche des Nordatlantiks eine ungewöhnliche Temperaturentwicklung beobachten lassen, welche aktuell anhält - Extreme Anomalie auf dem Atlantik - Auswirkungen auf den Winter über Deutschland?).

Die Anomalie der Temperatur der Meeresoberfläche im Vergleich
Die Anomalie der Temperatur der Meeresoberfläche im Vergleich © www.climatereanalyzer.org

Warmer Winter? Kein zwingend kausaler Zusammenhang! Einen kausalen Zusammenhang von einem warmen Nordatlantik und einem warmen Winter über Deutschland lässt sich daraus nicht ableiten. Das Phänomen ist neu und 2022 erstmalig in dieser Form in Erscheinung getreten. Es muss abgewartet werden, wie das Wetter in den kommenden Monaten und Jahren darauf reagieren wird. In der Theorie aber kann man von verstärkter Tiefdruckdynamik zwischen dem östlichen Kanada und Island ausgehen, was auf der Vorderseite einen Hochdruckkeil nach Norden schiebt und so zu einer Südwestanströmung der Luftmassen führt, was sich bereits in den vergangenen Wintern hat häufiger beobachten lassen.

Woher kommen diese Anomalien

Klimapuffer der Meere erschöpft? Dazu zwei Thesen. In der ersten These ist der Puffer der Meere allmählich erschöpft, was die Klimaerhitzung jetzt nicht mehr abmildert, sondern in den kommenden Jahren mit voller Wucht spürbar werden lassen wird. Das kann den Temperatursprung im September erklären.

Vulkan für den Temperatursprung verantwortlich? Wie bereits erwähnt, gab es das in der Geschichte der Meteorologie so nicht und man wird die Ursachen erforschen müssen. Eine zweite These ist der Ausbruch des Unterwasservulkans Hunga Tonga im Januar 2022. Die Eruption war dermaßen heftig, dass der Ausstoß der Gase bis in die Mesosphäre reichte. Die Schwerewellen der Eruption hatten die Erde gleich mehrfach umrundet und man nimmt an, dass diese das Wetter beeinflussen können. Hinsichtlich der Gase aber wurde die Masse auf 0,4 Megatonnen geschätzt. Damit ein merkbarer Einfluss auf das Klima stattfinden kann, bedarf es in etwa 5 Megatonnen. Da fehlt also noch etwas.

Forschungsarbeit notwendig. Um es auf den Punkt zu bringen, wird die Forschung zeigen müssen, was letztlich die Ursache für den Temperatursprung im September war. Anzumerken aber ist, dass die ungewöhnliche Erwärmung der Meeresoberfläche eine andere Ursache hat. Und nein, El-Niño ist es nicht (Wetterphänomen: Welche Auswirkungen hat El-Niño auf den Winter in Deutschland?). Dieses Phänomen war im Oktober letzten Jahres nicht präsent.

Die Winterprognose 2023/24 der Langfristmodelle

Kalter Winter nicht ausgeschlossen. Aufgrund der zunehmend schneller agierenden Erwärmung der Erde, wird ein normaler oder zu kalter Winter zwar weniger wahrscheinlich, doch ist dieser mit einem meridional verlaufenden Strömungsmuster möglich. Bedingung für einen Kaltwinter ist, dass Zirkulation eine absolute Störung annimmt. Dann lässt sich mit einem Blockadehoch auf dem Atlantik ein Arctic Outbreak über Mitteleuropa diskutieren.

Eindeutige Winterprognose des Langfristtrends. Wie immer an dieser Stelle der Hinweis, dass Langfristprognosen einen Trend der Temperaturen und Niederschläge abbilden und keineswegs als Detailprognosen zu verstehen sind.

Langfristwetter nach dem Deutschen Wetterdienst

Winter zu warm und zu nass. Das Jahreszeitenmodell des Deutschen Wetterdienstes (DWD) berechnet den Winter mit einer Abweichung von +1,5 bis +2,5 Grad zu warm. Im Vergleich zum - wärmeren Mittelwert - von 1991 und 2020 liegt die Abweichung zwischen +0,3 bis +1,3 Grad. Die Niederschlagsprognose ist als positiv zu bewerten (zu nass).

Wettertrend nach dem Langfristmodell der NASA

Gute Voraussetzungen für den Hochwinter - Kälteblock über Russland. Das Langfristmodell der NASA berechnet den ersten Wintermonat Dezember 2023 durchwachen und mit einer Anomalie von +0,5 bis +2,0 Grad zu warm. Der Januar 2024 soll ähnlich warm ausfallen können, doch zeigt sich ein über Russland aufbauender Kälteblock, der auch im Februar 2024 Bestand haben kann. Über diesen Regionen - was auch Osteuropa betreffen kann - soll der Winter um -1,0 bis -2,0 Grad zu kalt ausfallen.

Das sind Grundsätzlich gute Voraussetzungen für den Hochwinter über Deutschland. Dennoch - der Januar und der Februar wird über Deutschland mit einer Anomalie von +1 bis +2 Grad und im Februar von bis +3 Grad gegenüber 1961 und 1990 deutlich zu warm simuliert. Im Niederschlagstrend zeichnet sich eine leicht positive Entwicklung ab.

Wetterprognose Winter nach dem CFSv2 Modell

Extreme Temperaturabweichung - Keine Chance für den Winter. Der Winter 2023/24 wird mit einer Abweichung von +2,0 bis +3,0 Grad erheblich zu warm simuliert (91/20: +0,8 bis +1,8 Grad). Keiner der Wintermonate weicht davon sonderlich ab und der Januar wird im Trend sogar um bis +4,0 Grad zu warm simuliert.

Die Niederschlagsleistung ist im Dezember als unauffällig und im Januar und Februar als zu nass zu bewerten. Der Durchbruch der atlantische Frontalzone?

Die Wintervorhersage nach dem europäischen Langfristmodell

Ein zu warmer und etwas zu nasser Winter. Der Winter wird sowohl im Dezember, als auch im Januar und Februar mit einer Abweichung von +1,5 bis +2,5 Grad zu warm berechnet (91/20: +0,3 bis +1,3 Grad). Die Niederschlagsbilanz ist im Vergleich zum vieljährigen Sollwert als normal und im Trend etwas zu nass zu bewerten.

Abweichungen der Temperaturen im Herbst und Winter gegenüber dem langjährigen Mittelwert von 1961 und 1990. In Klammer der Mittelwert von 1991 und 2020
Monat Tem­peratur Nieder­schlag
Dezember 2023 +1,5 bis +3,0 Grad
(+0,5 bis +2,0 Grad)
Trend: normal bis etwas zu nass
Januar 2024 +2,0 bis +4,0 Grad
(+0,6 bis +2,6 Grad)
Trend: zu nass
Februar 2024 +1,5 bis +2,5 Grad
(+0,4 bis +1,4 Grad)
Trend: etwas zu nass
Diagramm der Temperaturentwicklung Winter 2023/2024 vom 22.10.2023
Diagramm der Temperaturentwicklung Winter 2023/2024 vom 22.10.2023

Auf den Punkt gebracht

Deutlich zu warm - kein Kaltwinter. Es überrascht nicht - keines der Vorhersage-Modelle simuliert einen halbwegs normalen Winter, geschweige denn einen Kaltwinter. Ein Vorhersage-Modell berechnet sogar einen erheblich zu warmen Winter, was in Zeiten der Klimaerhitzung auch nicht weiter verwunderlich wäre.

Doch Vorsicht und Skepsis sind bei Langfristprognosen angebracht und sollte sich das meridionale Strömungsmuster im Winter behaupten können, so sind andere Überraschungen möglich. Schaun mer mal.

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