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Wetter Dezember 2021: Mit voller Wucht - der Winter oder die Westwetterlage?

| M. Hoffmann
Welchen Weg schlägt der Winter im Dezember ein? © M. Bloch

Wann kommt der Winter und wann kommt der Schnee? Der Dezember ist aus meteorologischer Sicht der erste Wintermonat, doch der Winter tut sich oftmals noch schwer. Passt die Konstellation der Großwetterlage aber, so kann der Dezember richtig winterlich werden.

Seit einigen Tagen berechnen die Wettermodelle hin und wieder Wetterlagen, die es in Sachen Winter so richtig in sich haben und tatsächlich noch im November den Vollwinter nach Deutschland bringen könnten.

Richtig, die Betonung liegt auf könnten, denn es handelt sich hierbei um extreme Berechnungen, die jeweils für sich eine Plausibilität haben, aber eine geringe Relevanz und damit eine geringere Eintreffwahrscheinlichkeit vorweisen. Gleichwohl sind diese Berechnungen interessant und wir schauen einmal, was an diese Berechnungen dran ist und was das für das Wetter im Dezember bedeuten kann.

Der Polarwirbel

Wenn man wissen möchte, wie das Wetter im Dezember 2021 werden kann, so bedarf das einem Blick auf den Polarwirbel. Warum? Ganz einfach. Die Zonalisierung (die Westwetterlage) feiert mit dem November bereits ihre 20-monatige Abstinenz. Es gilt nun herauszufinden, ob dieses Muster im Winter kippt und so eine westliche Grundströmung zulässt oder ob sich das meridionale Muster wird behaupten können.

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Meridionale Wetterlage

Eine meridionale Wetterlage ist definiert über eine Nord-Süd- und Süd-Nordströmung. Hervorgerufen wird dieses Muster durch eine hohe Wellenbewegung entlang der Polarfront. Eine Westwetterlage hat in diesem Fall keine Chance und wird zumeist auf dem Atlantik blockiert, was über Deutschland, der Schweiz und Österreich eine milde Südwest- bis Südwetterlage zur Folge hat. Verlagert sich das Hoch auf den Atlantik, so gelingt es der atlantische Frontalzone, sich über Skandinavien und der Barentssee zu behaupten und trogt von Nord nach Süd aus. Infolge dieser Grundströmung werden kalte Luftmassen polaren Ursprungs nach Süden geführt und ein Wintereinbruch kann im Dezember in Betracht gezogen werden.

Eine Abwandlung ist die vollständig gestörte Zirkulation, die immer dann zum Tragen kommt, wenn sich ein Hoch über Skandinavien einnisten kann. Im Winter hat das über Deutschland meist hochnebelartige Bewölkung und Dauerfrost zur Folge. Mit Schnee ist in der trockenen Ostluft weniger zu rechnen und meist kommt es zu sog. Kahlfrost.

Die Westwetterlage

Der Polarwirbel strebt im Dezember und Januar seinem Höhepunkt entgegen und wenn die Entwicklung nicht durch ein Major-Warming, QBO-Ost oder Polarwirbelsplit gestört wird, rotiert der Wirbel kräftig von West nach Ost. Ist das der Fall, kommt die Westwetterlage ins Spiel, die mit einem positiven NAO-Index auf sich aufmerksam macht.

Variationen der Westwetterlage ist die warme Südwestwetterlage oder die nasskalte Nordwestströmung. So oder so, wird die Zonalisierung in Gang gesetzt, ist mit einer Vielzahl an Tiefdrucksystemen zu rechnen, die entlang einer stabilen Tiefdruckrinne von Neufundland nach Skandinavien geführt werden und über Deutschland, Österreich und der Schweiz zu einem stark windigen bis stürmischen und sehr abwechslungsreichen Wetter sorgen können. Das ist die eigentlich typische Wetterlage im Dezember.

Spannend wird es, wenn so ein Tief nach Osten abzieht und auf seiner Rückseite kühlere Luftmassen nach Deutschland führt. In diesem Fall sorgt ein Temperatursturz für einen spürbaren Temperaturrückgang und die Schneefallgrenze sinkt für ein paar Tage bis auf die tieferen Lagen ab, bevor das nächste Tief wieder mildere Luftmassen zuführt. Dieser Wechsel von warm auf kalt geschieht zumeist im 7-Tage-Rhythmus.

Welche Wetterentwicklung ist Anfang Dezember möglich?

Herausfinden wollen wir zunächst, wie es um den Polarwirbel bestellt ist. Gibt es Hinweise für die meridionale oder die zonale Grundströmung? Beginnen wollen wir mit der Betrachtung der Stratosphärenhöhe, also dort, wo der Wirbel gewissermaßen fremdgesteuert wird. Je höher die Windgeschwindigkeiten in diesem Bereich sind, desto höher die Wahrscheinlichkeit, dass sich der Polarwirbel in unteren Luftschichten stabilisiert und ein stabiler Polarwirbel hat eine höhere Wahrscheinlichkeit einer zonal verlaufenden Grundströmung.

Die aktuellen Windgeschwindigkeiten betragen +140 km/h und erreichen kurz vor dem Dezember +180 km/h und sinken im Dezember auf +130 km/h ab. Da ist also ordentlich was los. Normalerweise betragen die Windgeschwindigkeiten Anfang Dezember +70 km/h und erreichen erst im Januar eine mittlere Windgeschwindigkeit von +140 km/h. Möchte man das interpretieren, ist bis Dezember mit einer Stabilisierung des Polarwirbels zu rechnen. Welche Wetterlage daraus über Deutschland entsteht, lässt sich nicht ableiten, da aber die Zonalisierung im Spiel ist, wird es im Bereich einer Südwest- bis Nordwestwetterlage liegen - wenig winterlich.

Störeinflüsse im Polarwirbel

In Stratosphärenhöhe sind bis Dezember wenig Störungen ersichtlich. Zwar taucht hin und wieder der Ansatz eines schwachen Minor-Warmings auf, doch sind diese zu vernachlässigen und haben für die Wetterentwicklung in tieferen Lagen überhaupt keine Relevanz.

Anders sieht es in tieferen Luftschichten aus. Hier macht sich im Moment ein Hochdrucksystem innerhalb des Polarwirbels bemerkbar und das ist der zweite - wichtige - Randfaktor. Bildet sich die Hochdruckachse zwischen Kanada und Sibirien aus, gelangen kühle Luftmassen bei Neufundland auf den warmen Atlantik und ein Feuerwerk an Tiefdrucksystemen wird gezündet und die Zonalisierung wird in Gang gesetzt.

Anders sieht es aus, wenn die Hochdruckachse innerhalb des Polarwirbels sich von den Aleuten bis über das europäische Nordmeer verlagert. In diesem Fall wird der Kaltluftzustrom nach Kanada blockiert und geht - meist - über Mitteleuropa nieder. Man nenn diesen Vorgang auch Arctic Outbreak.

Schaut man sich die Druckanomalien an, so sind diese relativ klar strukturiert und man sieht deutlich die Hochdruckzone zwischen Kanada und Sibirien. Wohlgemerkt handelt es sich um Anomalien und je kräftiger die Farben, desto höher der Unterschied zu dem, was normalerweise vorherrschend ist. Jedenfalls lassen die Druckanomalien nur wenig Spielraum für winterliche Wetterverhältnisse Anfang Dezember. Vielmehr spricht das für eine beginnende Zonalisierung.

Links die Berechnung des Polarwirbel in Stratosphärenhöhe, rechts die Druckanomalien
Links die Berechnung des Polarwirbels in Stratosphärenhöhe, rechts die Druckanomalien
© climatereanalyzer.org

Der NAO-Index

Der NAO-Index, also das Verhältnis zwischen Azorenhoch und Islandtief ist ein wichtiger Indikator, wenn es darum geht, die Qualität einer Westwetterlage herauszufinden. Der NAO-Index wird - für den Moment - bis in den Dezember hinein neutral bis mäßig stark negativ berechnet. Da hat es in den letzten Stunden einen Wandel gegeben. Wäre dieser positiv besetzt, so gäbe es an einer Zonalisierung bis zum Dezember keinen Zweifel mehr. So aber bleiben die Unsicherheiten bestehen und nach einer kurzen Westwindphase könnte im Dezember die meridional verlaufende Grundströmung zurückkehren und für Aufregung bei den Freunden des Winterwetters sorgen.

Der AO-Index

Der AO-Index ist - vereinfacht ausgedrückt - ein Abbild des Zustandes des Polarwirbels und der kennt im Dezember zwei Richtungen. Stark positiv oder stark negativ. Eine nachhaltige Stabilisierung des Polarwirbels kann - zumindest zum aktuellen Stand - noch infrage gestellt werden und die eine oder andere Überraschung ist möglich, auch in Sachen Winterwetter mit Schnee bis auf das Flachland herab. Wir haben diese Varianten einmal gegenübergestellt.

Die Westwetterlage (li.): Die atlantische Frontalzone tobt, die Hochdruckaktivität zieht sich zurück. Bei der Nordwestwetterlage (Mi.) zieht sich das Hoch etwas nach Westen über den Atlantik zurück und lässt die atlantische Frontalzone über Mitteleuropa aus nordwestlichen Richtungen kommend abtropfen. Winterlich wird es mit der meridional verlaufenden Nordwetterlage (re.)
Wetterprognose nach einzelnen Kontrollläufen: Die Westwetterlage (li.): Die atlantische Frontalzone tobt, die Hochdruckaktivität zieht sich zurück. Bei der Nordwestwetterlage (Mi.) zieht sich das Hoch etwas nach Westen über den Atlantik zurück und lässt die atlantische Frontalzone über Mitteleuropa aus nordwestlichen Richtungen kommend abtropfen. Winterlich wird es mit der meridional verlaufenden Nordwetterlage (re.)
© www.meteociel.fr

Was die Vorhersage-Modelle berechnen

Die Amerikaner nehmen so langsam Abschied von ihren extremen Berechnungen der letzten Tage und tendieren mit einer hohen Tiefdruckdynamik mehr zu einer Zonalisierung, die eine überwiegend nordwestliche Komponente beinhaltet. Eine nasskalte Nordwestwetterlage ist möglich, was optional winterliche Wetterereignisse ab den mittleren Lagen ermöglicht. Die nachfolgende Wetterkarte hätte Anfang Dezember Temperaturen von +0 bis +6 Grad zur Folge - also exakt das, was in der ersten Dezemberdekade auch zu erwarten wäre.

Die Wetterprognose des europäischen Wettermodells geht in eine ähnliche Richtung und favorisiert die Nordwestwetterlage, die im Übrigen - seit rund 96 Stunden - von den Kontrollläufen gestützt und heute Abend bestätigt werden. Mit dem Winter wird es noch eine Weile dauern, doch gut Ding will Weile haben und eine Nordwestwetterlage wäre im Dezember ein guter Anfang. Ein früher Start in den Winter war noch nie für den selbigen gut!

Die nordwestliche Grundströmung nach dem europäischen Wettermodell (li.), dem amerikanischen Wettermodell (mi.) und nach dem Mittelwert aller Kontrollläufe (re.)
Die nordwestliche Grundströmung nach dem europäischen Wettermodell (li.), dem amerikanischen Wettermodell (mi.) und nach dem Mittelwert aller Kontrollläufe (re.)
© www.meteociel.fr

Wettertrend des Langfristmodells

Das Wetter im Dezember 2021 wird nach der Wetterprognose des Langfristmodells mit einer Abweichung von +1 bis +2 Grad gegenüber dem Mittelwert von 1961 und 1990 zu warm simuliert (91/20: +0,0 bis +1,0 Grad). In der Niederschlagsbilanz wird der Dezember gegenüber seinem Sollwert etwas zu trocken berechnet. Das spricht gegen einen vollständigen Durchbruch der atlantische Frontalzone (Zonalisierung). Soweit der Stand.

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