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Wann kommt der erste Wintereinbruch mit Schnee?

| M. Hoffmann
Der erste Schnee im November?

Es gibt ernstzunehmende Hinweise, dass sich das Wetter im November radikal verändert und unter bestimmten Voraussetzungen zu einer frühwinterlichen Wetterentwicklung mit Schnee bis auf die mittleren Lagen herab führen kann. Was ist da dran und wie wahrscheinlich ist dieser Wetterumschwung?

Warmes Wetter. Es ist Ende Oktober und der Herbst hatte noch nicht allzu viel zu bieten. Bislang war das Herbstwetter im Vergleich zum vieljährigen Mittelwert von 1961 und 1990 um +1,4 Grad deutlich zu warm und das Niederschlagssoll konnte erst zu rund 43 Prozent erfüllt werden. Also nicht nur zu warm, sondern auch zu trocken. Sind damit die Würfel für einen zu warmen Winter schon frühzeitig gefallen?

Wann kommt der erste Schnee?

Von Freunden des Winterwetters bekommen wir in den letzten Tagen immer wieder die Frage gestellt, wann denn mit dem ersten Schnee und einem Wintereinbruch zu rechnen ist. Diese Frage scheint hinsichtlich der Temperaturprognose bis zum Ende der Woche von bis +20 absurd zu sein. Der Winter ist also ganz weit weg - oder doch nicht?

Die meridionale Wetterlage

Trotz der hohen Temperaturen ist die Frage nach dem Schnee berechtigt, denn der November ist der letzte Herbstmonat und entsprechend der Übergangsmonat vom Vollherbst in den Frühwinter. Aus statistischer Sicht ist die letzte Novemberdekade für den ersten Schneefall prädestiniert. Soll der Winter früher losschlagen, bedarf es ganz besonderer Wetterlagen.

Schaut man sich das Strömungsmuster der letzten 19 Monate an, so waren diese meridional geprägt und der jüngste Versuch eine Westwetterlage herbeizuführen, scheiterte kläglich. Warum der (Früh)Winter eine Chance hat? Besondere Wetterlagen entstehen meist aus einer meridionalen Wetterlage heraus. Geht diese in eine vollständig gestörte Zirkulation über, so gibt es - zumindest in der Theorie – Ansätze, bei denen mit Schneefall und winterlichen Bedingungen bis auf mittlere Lagen herab gerechnet werden kann. Einen solchen Ansatz berechneten die Vorhersage-Modelle heute schon einmal. Der Trog über Mitteleuropa ist gut ausgeprägt und geht nach der Wettervorhersage der Amerikaner in eine gestörte Zirkulation über. In Summe aber reicht es - trotz des Optimums - nicht über eine nasskalte Witterung hinaus. Das erklärt auch, warum der erste - nennenswerte - Wintereinbruch aus statistischer Sicht meist erst in der letzten Novemberdekade erfolgen kann.

Der Vollherbst in der ersten Novemberdekade mit frühwinterlichen Ambitionen
Wetterprognose nach dem europäischen (li.) und amerikanischen (re.) Vorhersage-Modell: der Vollherbst in der ersten Novemberdekade mit frühwinterlichen Ambitionen
© www.meteociel.fr

Betrachtung der Randfaktoren

Ja, die Vorhersagen der Wettermodelle gehen aus Sicht der Freunde des Winterwetters in die richtige Richtung, doch sind diese mit einer gewissen Skepsis zu bewerten. Warum? Aus einer meridionalen Nord-Süd-Strömung kann ebenso schnell eine warme Süd-Nord-Strömung werden. Welchen Aufschluss aber geben die Randfaktoren?

NAO- und AO-Index

Der NAO-Index gibt Aufschluss darüber, wie es um das Verhältnis zwischen Islandtief und Azorenhoch bestellt ist. Ist der NAO-Index deutlich positiv, ist eine Westwetterlage zu erwarten. Ist der Index-Wert neutral, so sind meist Nordwest- oder Südwestwetterlagen möglich und ist der NAO-Index negativ besetzt, sind meridionale Großwetterlage und gestörte Zirkulationsmuster wahrscheinlich. Zum aktuellen Stand ist der NAO-Index negativ besetzt und wird es in der ersten November-Dekade auch bleiben. Eine Westwetterlage ist vorerst nicht zu erwarten.

Der AO-Index beschreibt - vereinfacht ausgedrückt - den Zustand des Polarwirbels und da dieser erst in seiner Entstehungsphase ist, verwundert es nicht, dass der AO-Index stark schwankend ist. Daraus lässt sich wenig ableiten

Der Zustand des Polarwirbels in Stratosphärenhöhe

Liegt kein Minor- oder Major-Warming vor, so ist der Polarwirbel bis in die Stratosphäre hinein als stabil zu bewerten. Gerade in der Anfangszeit kommen Störungen des Wirbels zustande. Meist in Form von ausgeprägten Minor-Warmings, die für sich allein keine große Aussagekraft haben, aber in Summe mit anderen Parametern Rückschlüsse zulassen. Zum aktuellen Stand zeichnet sich um den 7. November ein schwaches Minor-Warming in Stratosphärenhöhe ab.

Ein schwaches Minor-Warming in Stratosphärenhöhe
Wetterprognose Polarwirbel in Stratosphärenhöhe: ein schwaches Minor-Warming
© www.meteociel.fr

Der Wind in Stratosphärenhöhe

Normalerweise steigt die Windaktivität in Stratosphärenhöhe von Oktober bis Januar kontinuierlich an. Anfang November liegt die Windgeschwindigkeit bei rund 85 km/h und Mitte Januar bei rund 140 km/h. Die aktuellen Berechnungen jedoch zeigen eine klare Windabschwächung im November auf Geschwindigkeiten von rund 30 km/h. Mit anderen Worten kommt der Polarwirbel nicht so recht in Schwung - das ist für den November nichts Außergewöhnliches, doch in Kombination mit andern Parametern entscheidend.

Die Ausdehnung des arktischen Meereises

Das arktische Eisschild hat in den letzten Jahren besonders gelitten und liegt aktuell in einem Bereich, der am unteren Ende der Durchschnittsskala kratzt. Es sieht also weiterhin nicht gut aus. Für chaotische Wetterlagen ist eine Reduzierung des arktischen Eisschildes zuträglich. Warum? Wasser kann mehr Energie speichern als eine Eisfläche und mehr Energie innerhalb der Polarregion führt zwangsläufig zu mehr Turbulenzen und Turbulenzen sind im Winter eine (zumindest von den Winterfreunden) gern gesehene Entwicklung. Doch ist das nur vorübergehender Natur. Schwindet mit der Klimaerhitzung das Eisschild in der Zukunft vollständig, so beschränkt sich der Polarwirbel auf einen immer kleiner werdenden Radius und irgendwann verliert er seinen Einfluss auf unser Wetter vollständig.

Die Ausdehnung des arktischen Meereises ist besser als in den Vorjahren, doch am unteren Ende des Durchschnittsbereichs
Die Ausdehnung des arktischen Meereises ist besser als in den Vorjahren, doch am unteren Ende des Durchschnittsbereichs
© AWI - meereisportal.de

Die Wahrscheinlichkeiten für einen frühwinterlichen Wetterabschnitt

Die Randfaktoren sprechen für eine Trogwetterlage und zeigen nur geringe Indizien für die sonst vorherrschende Westwetterlage. Entsprechend können sich extreme Wetterbedingungen in der Theorie einstellen und betrachtet man die Kontrollläufe von heute Nachmittag und den Hauptlauf des amerikanischen Wettermodells, so wird eine vollherbstliche Wetterlage in der ersten Novemberdekade bestätigt.

Nasskaltes Wetter mit frühwinterlichen Wettererscheinungen

Einfach mal angenommen die Wetterprognose der Amerikaner setzt sich 1:1 exakt so durch, so wären bspw. am 7. November Tagestemperaturen von +1 bis +6 Grad zu erwarten. Schneefall wäre ab den mittleren Lagen möglich und auch über tieferen Lagen können sich winterliche Wettererscheinungen bemerkbar machen.

Eine meridionale Ausrichtung der Großwetterlage mit frühwinterlichen Wettererscheinungen hat im November gute Erfolgsaussichten
Wetterprognose des amerikanischen Vorhersage-Modells von heute Nachmittag (li.) und dem Mittelwert aller Kontrollläufe (re.): Eine meridionale Ausrichtung der Großwetterlage mit frühwinterlichen Wettererscheinungen hat im November gute Erfolgsaussichten
© www.meteociel.fr

Auf den Punkt gebracht: Der frühe Winter?

Es sieht relativ gut aus, doch bleibt diese Wetterentwicklung in den kommenden Stunden und auch Tage abzuwarten. Nicht selten endet so etwas einfach nur in einer für den November-typischen nasskalten Wetterentwicklung. Aber ein wenig Normalität tut dem Wetter gut und wäre - gerade für den November - schon eine kleine Sensation. Warum? In den letzten 20 Jahren war der November im Vergleich zum Mittelwert von 1961 und 1990 um +1,3 Grad zu warm (91/20: +0,5 Grad zu warm) und die Wahrscheinlichkeit, dass ein November zu kalt ausgefallen ist, lag in den letzten 20 Jahren bei NULL-Prozent (91/20: 25 Prozent)!!!

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