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Der Zustand des Polarwirbels - Ein Frühindikator für den Winter

| M. Hoffmann
Frühwinterliche Wetterverhältnisse © M. Bloch

Der goldene Oktober endet und im November zeigt sich der Herbst zunehmend von seiner nasskalten Seite. Mit verantwortlich für den Zustrom kühlerer Luftmassen ist der instabile Zustand des Polarwirbels. Lässt sich daraus schon etwas für den weiteren Verlauf des Winters ableiten?

Polarwirbelsplit. So nennt sich das Phänomen, das den Freunden des Winterwetters das Herz höher schlagen lässt. Meist kommt es zu diesem Phänomen zum Beginn und zum Ende des Winters. Immer dann, wenn der Polarwirbel mit sinkendem, bzw. steigendem Sonnenstand in Turbulenzen versetzt wird.

Polarwirbelsplit?

Schaut man sich die aktuellen Wetterprognosen der Vorhersage-Modelle an, so springt einem die Wetterkarte vom 3. November geradezu ins Gesicht. Was man erkennt, ist ein schönes Viererfeld mit Tiefdruckzentren über den Aleuten, Karasee/Sibirien, Skandinavien/Barentssee und dem östlichen Kanada/Neufundland. Zwischen den Tiefdruckzentren dehnt sich hoher Luftdruck in den Polarwirbel hinein aus und das ist eine - für den Frühwinter - ganz entscheidende Situation.

Viererfeld des Polarwirbels
Wetterprognose nach dem europäischen (li.) und amerikanischen (re.) Vorhersage-Modell: Viererfeld des Polarwirbels
© www.meteociel.fr

Der Zustand des Polarwirbels

Wir wollen an dieser Stelle einmal nicht darüber berichten, was aus dieser Konstellation für ein Wetter entstehen kann. Wir möchten vielmehr herausfinden, ob es sich um eine nachhaltige Störung, oder um eine langsame, aber stete Intensivierung des Polarwirbels handelt.

In sog. Eiswintern klappt das mit der Stabilisierung des Polarwirbels nicht und ist schon frühzeitig ein Indikator. Zudem kann in diesem Jahr ein QBO-Ost erwartet werden (Umkehrung der West-Ost- in eine Ost-West-Strömung in Stratosphärenhöhe). Schaut man sich die aktuellen Prognosen des Polarwirbels bis zum 10. November an, so zeigt sich ein zweigeteiltes Bild.

Die Amerikaner - die in letzter Zeit forsch mit ungewöhnlichen Wetterlagen sind - setzten dem eines obendrauf und berechnen in der zweiten Novemberdekade einen Polarwirbelsplit. Doch bevor Winterfans jetzt Herzrasen bekommen - der Polarwirbelsplit ist an der falschen Stelle und geht von einem Hoch über Mitteleuropa aus. Deutschland, Österreich und die Schweiz liegen im warmen Zustrom der Luftmassen, was schnell zu ungewöhnlich hohen Temperaturen führen kann.

In dieser Deutlichkeit gibt es einen Polarwirbelsplit zum Beginn der Wintersaison selten. Und genauso ist diese Wetterprognose auch einzustufen. Möglich ja, wahrscheinlich nein. Es zeigt jedoch sehr eindrucksvoll, wohin die Reise des Polarwirbels gehen kann.

Der Polarwirbel will sich stabilisieren, doch keilt ein Hochdrucksystem in den Wirbel vor und führt zu einer Dipolausbildung (Polarwirbelsplit)
Wetterprognose nach dem amerikanischen Vorhersage-Modell: Der Polarwirbel will sich stabilisieren (li.), doch keilt ein Hochdrucksystem in den Wirbel vor und führt zu einer Dipolausbildung (Polarwirbelsplit; re.)
© www.meteociel.fr

Windgeschwindigkeiten in Stratosphärenhöhe - Minor-Warming

Um herauszufinden, was da im Polarwirbel los ist, lohnt sich ein Blick auf die Windgeschwindigkeit in Stratosphärenhöhe. Normalerweise beträgt die Windgeschwindigkeit Anfang November rund +85 km/h. Aktuell wird bis zum 3. November eine Windgeschwindigkeit von +36 km/h simuliert. Ist der Wert bspw. negativ, so handelt es sich um eine Windumkehr auf Ost-West, was in diesem Winter noch interessant werden könnte.

Bis Mitte November explodiert die Windgeschwindigkeit regelrecht und erreicht mit +144 km/h Spitzenwerte, die weit über dem liegen, was im November normal ist. Diese Werte werden typischerweise erst im Januar erreicht, wenn der Polarwirbel seine Hochphase hat. Das spricht klar für eine Stabilisierung des Polarwirbels und es spricht eben für eine beginnende Zonalisierung und einem Ende des meridionalen Strömungsverlaufs. Man wird sehen, was tatsächlich daraus wird.

Kommen wir noch kurz zum Minor-Warming. Das wird zwischen dem 3. und 6. November berechnet, also in den Zeitraum, wo in Stratosphärenhöhe die Windgeschwindigkeiten unterdurchschnittlich sind. Im Zeitraum vom 6. bis 13. November aber beginnt sich in Stratosphärenhöhe der Wirbel zu stabilisieren und das Minor-Warming schwächt sich zügig ab. Das erklärt die zunehmenden Windgeschwindigkeiten. Zudem liegt das Zentrum über dem europäischen Nordmeer, was über dieser Region ein Tiefdruckzentrum vermuten lässt. Ein Indikator der Westwetterlage.

Ein schwaches Minor-Warming agiert als Störimpuls des Polarwirbels, doch regeneriert dieses sich zügig
Wetterprognose nach dem amerikanischen Vorhersage-Modell: Ein schwaches Minor-Warming agiert als Störimpuls des Polarwirbels (li.), doch regeneriert dieses sich zügig (re.)
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Winterfreunde - Geduld!

Wir bekommen derzeit viele Anfragen, ob denn nun der Winter kommen mag. Die Antwort ist einfach. Das Wetter befindet sich mitten im Herbst und muss mit dem Vollherbst erst noch in eine nasskalte Phase übergehen. Das mit dem Winter dauert eben noch etwas und kann sich bei einer Wiederbelebung der zonal verlaufenden Westwetterlage noch ein ganzes Stück verzögern. Sollte sich der Polarwirbel aber nicht stabilisieren können, so kann über den ersten - ernstzunehmenden Wintergruß - in der letzten Novemberdekade spekuliert werden.

Woran man eine Zonalisierung erkennen kann? Achten Sie auf den Kaltluftzustrom über dem östlichen Kanada. Der ist meist für eine hohe Tiefdruckaktivität auf dem Atlantik verantwortlich und wird dieses Konstrukt erst einmal in Gang gesetzt, so hält sich die Grundströmung für 7 bis 14 Tage und kommt es zu einer Erhaltungsneigung, so ist das ein eindeutiges Signal für einen Mildwinter. Anders formuliert könnten die Würfel in diesem Winter schon frühzeitig fallen.

Die Wiederbelebung der Westwetterlage?
Wetterprognose nach dem Mittelwert aller Kontrollläufe: die Wiederbelebung der Westwetterlage?
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