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Wetterprognose: Bricht der Polarwirbel zusammen?

| M. Hoffmann
Wann kommt der Frühling?

Der Frühling dreht in den kommenden Tagen voll auf und ermöglicht mancherorts frühsommerliche Temperaturen. Doch das Strömungsmuster befindet sich im Wandel und wird über Ostern für die eine oder andere Überraschung sorgen können. Aber auch darüber hinaus zeigt sich keine Stabilisierung der Großwetterlage, was mit dem Zustand des Polarwirbels zusammenhängt, der derzeit alles andere als eine gute Figur macht.

Aprilwetter dominiert derzeit das Wettergeschehen über Deutschland. Von Schnee- und Graupelschauern, bis hin zu kurzen Gewittern und stürmischen Windböen und Dauerregen war in den letzten Tagen alles dabei, was das Wetter am möglichen Erscheinungen aufbieten kann.

Frühling

In der Karwoche kommt noch ein Temperatursprung hinzu und lässt die Temperaturen bis zur Wochenmitte auf +20 Grad und örtlich bis +23 Grad hochschnellen. Gibt es in der Nacht auf Montag noch Frost von -4 bis +2 Grad, so spielt der Frost in der Karwoche keine Rolle mehr. Doch kurz vor Ostern kommt die Großwetterlage erneut ins Wanken und führt aus nördlichen Richtungen kühlere Luftmassen nach Deutschland, die Schweiz und Österreich. Mehr dazu in der aktuellen Wetterprognose zum Wetter Ostern.

Wetterumschwung über Ostern
Wetterprognose nach dem europäischen (li.) und amerikanischen (re.) Vorhersage-Modell: Wetterumschwung über Ostern © www.meteociel.fr

Nach Ostern der Frühling?

Hängt die Temperaturentwicklung über Ostern noch von der exakten Hochdruckposition ab, so ist im Zeitraum nach dem Osterfest für die weitere Wetterentwicklung nur wenig Spielraum gegeben. Maßgeblich hängt das vom Zustand des Polarwirbels ab, auf den wir heute einmal näher eingehen möchten.

Final-Warming in Stratosphärenhöhe

Interessant ist ein Major-Warming in Stratosphärenhöhe, das am 15. März berechnet wurde, am 20. März eintrat und bis Anfang April den Polarwirbel ordentlich schwächte. Mit einem meridionalen Strömungsmuster gelangten so die kalten Luftmassen nach Deutschland und sorgten für einen markanten Wetterwechsel.

Aktuell betragen die Windgeschwindigkeiten in Stratosphärenhöhe rund -40 km/h. Das negative Vorzeichen bedeutet, dass sich die Winde von Ost nach West bewegen und damit in die entgegengesetzte Richtung, wie sich die unteren Luftschichten des Polarwirbels drehen. Die Schwächung des Polarwirbels setzt sich unentwegt fort und da sich der Stratosphärenwirbel nicht mehr erholen (positiv) kann, spricht man von einem Final-Warming, was das Ende des winterlichen Polarwirbels besiegelt.

Turbulenzen

Dem Polarwirbel wird weiterhin die Stabilität entzogen und so beginnt dieser in den kommenden Tagen regelrecht auseinanderzufliegen. Das Strömungsmuster entlang der Polarfront schlägt hohe Wellen und beginnt - unter bestimmten Voraussetzungen - zu mäandrieren (Verschlungen).

Im Detail wird es in der weiteren Wetterentwicklungen darauf ankommen, ob sich ein Hoch oder ein Tief über Deutschland wird positionieren können, doch ist man von den Details noch weit entfernt. Interessanter ist für den Moment, was mit dem Polarwirbel passiert und besonders beeindruckend ist heute die Wetterprognose der Europäer.

Ein völlig desolater Polarwirbel
Wetterprognose nach dem europäischen Wettermodell: Ein völlig desolater Polarwirbel © www.meteociel.fr

Wetter mit Überraschungseffekt

Schaut man sich die obenstehenden Wetterkarten genauer an, so erkennt man, wie weit das Hoch nach Norden - in den Polarwirbel hinein - aufkeilt und den Polarwirbel gleich in mehrere Cluster aufteilt. Eine wirkliche Struktur ist nicht mehr vorhanden.

Das Hoch aber, das keilt - direkt - über Deutschland nach Norden auf und das wird die Wetterprognose der kommenden Tage vor gewisse Herausforderungen stellen. Warum? Verlagert sich das Hoch nur einen Tick nach Osten, so ist ein ruhiges, trockenes und auch warmes Wetter zu erwarten.

Verlagert sich das Hoch aber nach Westen, so entsteht eine meridional verlaufende Nordströmung und die Kaltluftzunge würde das Wetter über Deutschland mit Tageshöchstwerten von +5 bis +10 Grad beeinflussen können. Schauer wären dann wieder als Schnee- und Graupelschauer zu erwarten.

Es gibt aber noch eine Abwandlung, bei der sich das Hochdruckzentrum über Skandinavien positioniert und zu einer vollständig gestörten Zirkulation führen kann. Zwar wird auf diese Art und Weise ein Kaltluftvorstoß aus nördlichen Richtungen blockiert, doch werden diese über Umwege aus östlichen Richtungen nach Deutschland geführt. Anders formuliert: wenig frühlingshaft.

Man sieht, dass es im Wettertrend knapp zugehen wird. Wir haben die extremeren Varianten zur Verdeutlichung einmal gegenübergestellt.

Zwischen Frühsommer und kalten Nordwinden
Wetterprognose nach ausgesuchten Kontrollläufen: Zwischen Frühsommer und kalten Nordwinden © www.meteociel.fr

Die gemäßigte Variante

Die Wetterprognose der Amerikaner ist heute gemäßigter und berechnet den Vorstoß des Hochdrucksystems nach Ostern über England und Island. Das leitet über Deutschland den Zustrom kalter Luftmassen aus nördlichen Richtungen ein, doch fehlt es dem Hoch an Stabilität und kippt mit seiner Achse nach Osten ab.

Das bringt kurzzeitig eine westlich dominierende Grundströmung ins Spiel, doch ist auch diese nicht nachhaltig, da es dem Polarwirbel wiederum an Stabilität fehlt und so kippt das Muster zum 22. April erneut und dieses Mal verliert der Polarwirbel nur weiter an Stabilität, sondern büßt auch seine Struktur ein. Wenn man so möchte, ist der Wettertrend beider Vorhersage-Modell ähnlich, jedoch mit einem zeitlichen Versatz von rund 4 Tagen behaftet.

Der Polarwirbel bekommt auch nach dieser Vorhersage Probleme mit seiner Stabilität
Wetterprognose nach dem amerikanischen Wettermodell: Der Polarwirbel bekommt auch nach dieser Vorhersage Probleme mit seiner Stabilität © www.meteociel.fr

Auf den Punkt gebracht: Der Frühling muss warten

Nicht falsch verstehen. Passen die Rahmenbedingungen, so kann das mit dem Frühling rasant und nachhaltig gehen und ja, es zeigen sich in den Kontrollläufen einige Varianten, die bereits sommerliche Temperaturen jenseits der +25 Grad möglich machen könnten, doch geht es hier um Wahrscheinlichkeiten und der instabile Polarwirbel trägt nicht gerade dazu bei, dass über Deutschland, Österreich und der Schweiz eine stabile und nachhaltige Großwetterlage zu erwarten ist.

Unterstützung bekommt diese These von den Kontrollläufen, die das Maximum der Temperaturen für den 13. April berechnen. Nachfolgend sinkt das Temperaturspektrum auf normales bis leicht erhöhtes Niveau ab und zeigt nach dem 20. April ein breites Spektrum an Möglichkeiten. Mehrheitlich aber - und das ist der entscheidende Punkt - ist kein nachhaltiger Durchbruch des Frühlings zu erkennen. Vielmehr verweilt der Mittelwert in einem Bereich, der für den April so typisch ist.

Die Niederschlagsprognose ist um den 15. April über dem Süden und Osten kurzzeitig erhöht, sonst ist bis zum 20. April nur mit einer sehr geringen Niederschlagsleistung zu rechnen, die nachfolgend in den leicht erhöhten Bereich ansteigt. Das spricht im Wesentlichen für ein Hoch, dass sich nicht über, dafür aber in der Nähre von Deutschland befindet. Deutlicher zeigt sich das im Mittelwert aller Kontrollläufe, die nach wie vor eine nordwestliche Grundströmung favorisieren.

Eine tiefe Delle im Strömungsmuster
Wetterprognose nach dem Mittelwert aller Kontrollläufe: Eine tiefe Delle im Strömungsmuster © www.meteociel.fr

Die Temperaturprognose der Kontrollläufe
Tag Temperatur­spektrum Temperatur­mittelwert
16. April +4 bis
+18 Grad
+11 bis
+13 Grad
20. April +5 bis
+22 Grad
+13 bis
+15 Grad
25. April +5 bis
+26 Grad
+12 bis
+15 Grad
Diagramm Temperaturen April 2022
Die Wahrscheinlichkeiten der Kontrollläufe April 2022 von zu kalt, normal, zu warm im Vergleich zum vieljährigen Mittelwert (1961 bis 1990)

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