Wettertrend: Dem Frühling ist noch nicht zu trauen
Die stürmisch und turbulente Wetterphase endet in den kommenden Tagen und ein Hochdrucksystem dehnt sich in Richtung Europa aus. Gleichzeitig findet innerhalb des Polarwirbels eine Umstrukturierung statt, was einem frühlingshaften Ansatz einen ordentlichen Dämpfer verpassen kann.
Turbulentes Wetter. Am Donnerstag überquert eine markante Kaltfront Deutschland von Nordwest nach Südost und sorgt neben kräftigen Schauer auf für kurze Graupelgewitter. Am Freitag sind mithilfe der Höhenkälte weitere Schauer zu erwarten, die bis auf tiefere Lagen herab als Schnee-, Schneeregen- oder Graupelschauer niedergehen können.
FrühlingsluftAb dem Wochenende setzt sich über Deutschland ein Hochdrucksystem durch und sorgt bis zum Start in den März für reichlich Sonnenschein und einen trockenen Wettercharakter. Die Temperaturen sinken in den klaren Nächten auf -4 bis +2 Grad ab und steigen am Tage auf +8 bis +12 Grad an. Mancherorts können bis +14 Grad erwartet werden. Mehr dazu in der aktuellen Wetterprognose zum Wetter März 2022.
Frühlingsdurch- oder Kaltlufteinbruch?
Der Durchbruch des Frühlings passt in der ersten März-Hälfte noch nicht so recht ins Programm. Der Polarwirbel zeigt erste Schwächen und kann für eine überraschende Wende sorgen. Da ist vieles labil und wenig stabil.
Deutlicher zeigt sich das in den Vorhersage-Modellen zum 3. März. Das Hoch liegt westlich von Europa und je weiter das Hoch sich auf den Atlantik verlagert, desto höher die Wahrscheinlichkeit, dass sich aus einer frühlingshaft milden Wetterlage eine meridional verlaufende Grundströmung ergibt, bei der kühlere Luftmassen aus nördlichen Richtungen nach Deutschland strömen können. Wir haben diese Varianten einmal gegenübergestellt, um das Schema zu verdeutlichen.
Was macht der Polarwirbel?
Das ist die entscheidende Frage. Denn der Zustand des Polarwirbels entscheidet letztlich darüber, wie hoch die Wellenbewegung entlang der Polarfront ist.
Der Zustand des Polarwirbels
Nach Durchsicht aller Kontrollläufe hat in den letzten 72 Stunden die Anzahl der Varianten zugenommen, die einen instabilen Polarwirbel berechnen. In manchen dieser Varianten zeigt sich auf ein auffälliger Hang hin zu einem Polarwirbelsplit. Und so lange diese Varianten existieren, sollte man mit dem Gebrauch des Wortes Frühling
noch vorsichtig sein.
Der Zustand des Polarwirbels hängt auch von seinen Aktivitätszentren ab und in den letzten Tagen berechneten die Vorhersage-Modelle immer wieder eine Verschiebung der Zentren. Das eine über Kanada und Grönland und das Zweite über der Barentssee und Karasee. Dazwischen kann sich eine Lücke ausbilden, die das Hoch über Alaska dazu nutzen könnte, eine Hochdruckzone - quer durch den Polarwirbel - in Richtung Europa aufzubauen. In diesem Fall handelt es sich um einen waschechten Polarwirbelsplit. Um aber den Umbau des Polarwirbels besser zu verstehen, hilft die Gegenüberstellung der Druckanomalien vom 27. Februar und vom 5. März
Die Randfaktoren
Was man in den Druckanomalien feststellen kann, dass sich die atlantische Frontalzone weiter abschwächt und durch den hohen Luftdruck nach Norden drücken lässt. Gleichzeitig regeneriert sich die Hochdruckzone zwischen Kanada und Sibirien nicht mehr und zeigt Tendenzen zu einem abkippen in Richtung Grönland, was letztlich zu einer Instabilität des Polarwirbels führen kann. Bis zum 5. März aber sind keine gravierenden Umwälzungen zu erkennen, was zunächst einmal auf den Erhalt der westlichen Grundströmung hindeutet.
Der Zustand des Polarwirbels lässt sich - vereinfacht ausgedrückt - auch aus dem AO-Index ableiten. Der AO-Index war in den letzten Tagen deutlich positiv bewertet und bleibt es auch heute noch. Ein weiteres Indiz für eine hohe Wellenbewegung entlang der Polarfront wäre ein negativer bis neutraler NAO-Index, der das Verhältnis von Azorenhoch und Islandtief widerspiegelt. Der NAO-Index ist Anfang März deutlich positiv bewertet und sinkt zum 6. März in den neutralen Bereich ab.
Fasst man diese beiden Randfaktoren zusammen, so ist das noch nichts Bewegendes. Eine Andeutung, mehr nicht. Vielmehr spricht das zunächst noch für den Erhalt der westlichen Strömungskomponente, bei der Deutschland, Österreich und die Schweiz auch in den Einflussbereich der Hochdruckzone gelangen kann (s.o. die Gegenüberstellung der Druckanomalien).
Major-Warming?
Dass der Polarwirbel in der ersten März-Hälfte in ordentliche Schwingung versetzt werden kann, hängt mitunter auch vom Zustand des Stratosphärenwirbels ab. Zum aktuellen Stand entwickelt sich ein kräftiges Minor-Warming, dass das Zeug zu einem Major-Warming hat. Doch wird das für den Moment nur angedeutet. Damit der Stratosphärenwirbel tatsächlich Einfluss auf die darunter liegenden Luftschichten nehmen kann, muss es zu einer Windumkehr kommen, die durch ein negatives Vorzeichen definiert wird. Aktuell betragen die Windgeschwindigkeiten in Stratosphärenhöhe +260 km/h, was für die Jahreszeit ungewöhnlich hoch ist. Üblich sind rund +70 km/h. Zum 5. März gehen die Winde in Stratosphärenhöhe kurzzeitig auf +90 km/h zurück, steigen aber zum 10. März wieder auf +170 km/h an. Möglich ist die Entwicklung eines Major-Warmings und sollte in den kommenden Tagen weiter beobachtet werden, doch wahrscheinlich ist eine Abschwächung des Polarwirbels von oben herab (noch) nicht.
Auf den Punkt gebracht: Hochdruckdominanz
Ob frühlingshaft warmes oder der gemäßigt kühles Wetter vorherrschen wird, hängt also von der Hochdruckposition ab.
Geht es nach dem Mittelwert aller Kontrollläufen, so ist ein breites Spektrum an Entwicklungen gegen, bei der auch kältere Varianten eine Rolle spielen können. Die Temperaturen in 1.400 Meter Höhe lassen vom 1. bis 10. März mit einem Mittelwert von -1 bis -4 Grad nicht gerade den Durchbruch des Frühlings erwarten. Der Spätwinter aber, der ist noch weniger wahrscheinlich. Vielmehr bestätigt sich der Wettertrend der letzten Tage, bei der sich die Temperaturen über tieferen Lagen in der ersten Märzdekade in einen für die Jahreszeit etwas zu warmen Bereich einpendeln können.
Eine nur Schwache Niederschlagsprognose
Dass aber ein Hoch die Hauptrolle spielen kann, zeigt sich in der Niederschlagsprognose, die in der ersten März-Dekade nur schwach ausgeprägt ist.
Tag | Temperaturspektrum | Temperaturmittelwert |
---|---|---|
1. März | +1 bis +11 Grad |
+5 bis +7 Grad |
5. März | -1 bis +13 Grad |
+6 bis +8 Grad |
10. März | +1 bis +16 Grad |
+7 bis +9 Grad |
Kurzer Nachtrag von heute Nachmittag
Wie auf Bestellung
zeigt die Wetterprognose der Amerikaner, von welch entscheidender Bedeutung die Hochdruckposition ist und wie schnell das mit der Instabilität des Polarwirbels vonstattengehen kann. Bereits zum 2. März verlagert sich das Hoch weiter nach Westen und keilt nach Norden in Richtung Island auf. An seiner östlichen Flanke werden mit +5 bis +10 Grad kühlere Luftmassen nach Deutschland, Österreich und der Schweiz geführt.
Vom 4. bis 8. März dehnt sich das Hoch auf dem Atlantik immer weiter nach Norden aus und initialisiert eine stark meridional verlaufende Grundströmung, bei der ein Arctic Outbreak eine Rolle spielen kann. Die Tageswerte können mit +0 bis +5 Grad in den nasskalten Bereich absinken und so für einen typischen Wettercharakter im März sorgen. Die Wetterprognose der Amerikaner ist nicht für bare Münze
zu nehmen, da wird sich in den kommenden Stunden noch viel verändern, die Berechnungen aber zeigen, welches Potential in der Wetterentwicklung derzeit steckt.