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Wetter Weihnachten: Sorgt die absolut gestörte Zirkulation für ein weißes Weihnachtsfest?

| M. Hoffmann
Schnee an Weihnachten? © Martin Bloch

Zwölf Jahre ist es her, als eine ungewöhnliche Großwetterlage an Weihnachten über Deutschland für ungewöhnlich heftigen Schneefall sorgte. Und in diesem Jahr baut sich ebenfalls eine ungewöhnliche Wetterlage auf. Doch ob es für Schnee an Heiligabend reicht, hängt einzig und allein von einer Hochdruckposition ab.

Die Großwetterlage verändert sich in den kommenden Tagen, wenn sich ein Hochdrucksystem von Skandinavien in Richtung Grönland verlagert. Das Hoch über Skandinavien blockt die atlantische Frontalzone vollständig ab und führt die Luftmassen aus östlichen Richtungen nach Deutschland. Normalerweise weht der Wind im Dezember von West nach Ost und da das um 180 Grad gedreht wird, spricht man von einer gestörten Zirkulation.

Wenn sich das Hoch in Richtung Grönland positioniert, wird die atlantische Frontalzone nicht nur blockiert, sondern vollständig und nachhaltig außer Kraft gesetzt. Demzufolge definiert man diese Entwicklung als absolut gestörte Zirkulation. Soweit die Grundlagen.

Absolut gestörte Zirkulation

Bereits zum 5. Dezember hat sich das Hoch über Grönland etabliert und beginnt damit den Polarwirbel nach Osten - in Richtung Sibirien, Kara- und Barentssee zu drängen. Was folgt, ist eine Verschiebung des Polarwirbels, das sog. Displacement. Das Hoch über Grönland aber bringt die Tiefdruckdynamik auf dem Atlantik vollständig zum Erliegen. Mit anderen Worten formuliert: eine außergewöhnlich und bewundernswerte Wetterentwicklung, die man nicht so oft zu Gesicht bekommt und weil diese so ungewöhnlich ist, muss es im Jahr 2022 doch mit weißen Weihnachten klappen?

Das Hoch positioniert sich über Grönland und sorgt für eine absolut gestörte Zirkulation
Wetterprognose nach dem europäischen (li.) und amerikanischen (re.) Vorhersage-Modell: Das Hoch positioniert sich über Grönland und sorgt für eine absolut gestörte Zirkulation © www.meteociel.fr

Die milde bis warme Wetterentwicklung

Wir blicken heute Abend einmal weit in die Zukunft und schauen uns den möglichen Wettertrend bis Weihnachten an. Welche Großwetterlage wird dominierend sein? Denn das kann schon frühzeitig die Weichen für das Weihnachtswetter stellen.

Beginnen wollen wir mit der milden bis warmen Wetterentwicklung, die auch bei einer absolut gestörten Zirkulation möglich ist. Das passiert dann, wenn sich das Hoch von Grönland entweder einen Tick in Richtung europäisches Nordmeer oder etwas weiter in Richtung der Karasee ausdehnt. Ein Trog mit kalten Luftmassen arktischen Ursprungs wird unterbunden und da sich Hochdrucksysteme im Uhrzeigersinn drehen, wird der Kaltluftvorstoß auf den Atlantik - und damit westlich von Europa - nach Süden abgeleitet. Und da sich Tiefdrucksysteme gegen den Uhrzeigersinn drehen, gelangen aus südlichen bis südwestlichen Richtungen milde Luftmassen nach Deutschland. Die zweite Dezember-Dekade wäre mit Tageswerten von +5 bis +10 Grad und mit etwas Sonnenschein bis +12 Grad als unwinterlich zu klassifizieren.

Der Boden kann nicht auskühlen und bei einem möglichen Temperatursturz kurz vor Weihnachten würde viel Energie darauf verwendet werden, um die Luftmassen auszukühlen. Meist endet das - wenn überhaupt - in einem nasskalten Geplänkel.

Liegt der Trog zu weit westlich, so stellt sich über Deutschland eine südwestlich dominierte Grundströmung ein, was weiße Weihnachten wenig wahrscheinlich macht
Wetterprognose nach ausgesuchten Kontrollläufen zum 17. Dezember: Liegt der Trog zu weit westlich, so stellt sich über Deutschland eine südwestlich dominierte Grundströmung ein, was weiße Weihnachten wenig wahrscheinlich macht © www.meteociel.fr

Tiefwinterlich mit viel Schnee bis Weihnachten

Eine tiefwinterliche Wetterlage kann sich bis Weihnachten dann einstellen, wenn das Hoch über Grönland an Ort und Stelle verweilt und sich maximal ist Richtung Kanada etwas ausdehnen kann. Denn nur so bleibt auf der anderen Seite über Skandinavien genügend Spielraum, um den Arctic Outbreak nach Süden zu dirigieren. Gelingt das, so rauschen die kalten Luftmassen direkt bis an die Alpen und schwappen nachfolgend über die Mittelmeerregion.

Dort angekommen, wird durch den Luftmassengegensatz ein Mittelmeertief initialisiert, das durch seine Drehrichtung gegen den Uhrzeigersinn wie ein Ansaugmotor auf die kalten Luftmassen polaren Ursprungs wirkt. Hat sich diese Konstellation erst einmal etabliert, bleibt sie auch für eine Weile.

Weiße Weihnachten sind dann möglich. Warum? Ganz einfach. Die Luftmassen kühlen am Tage auf -0 bis -7 Grad ab und können in den Nächten unter die -10 Grad-Marke absinken. Es kühlt also ordentlich aus und da die kalten Luftmassen tiefdruckdominiert sind, ist mit zeitweiligem Schneefall und der Ausbildung einer Schneedecke zu rechnen. Selbst wenn es kurz vor Weihnachten milder werden sollte, so gilt es erst einmal die schweren kalten Luftmassen abzutransportieren und dafür sind für gewöhnlich mehrere Anläufe der atlantische Frontalzone vonnöten. Und da diese mit der absolut gestörten Zirkulation ohnehin schon außer Kraft gesetzt ist, wird das ein Ding der Unmöglichkeit.

Interessanterweise berechnen beide Vorhersage-Modelle heute Abend eine Wetterlage, die der Definition eines Vollwinters entspricht. Der Winter kommt nicht nur, er bleibt und festigt sich in der Vorweihnachtszeit.

Eisige Luftmassen und zeitweiliger Schneefall

Die Wetterprognose der Europäer berechnet bis zum 11. Dezember einen Temperaturrückgang auf +2 bis -4 Grad. Die Amerikaner sind mit -0 bis -8 Grad bedeutend kälter. Bis zum 17. Dezember pendeln sich die Tageshöchstwerte auf -2 bis -6 Grad ein und sinken in den Nächten auf -8 bis -12 Grad ab und bei Aufklaren und über Schnee können sich die Tiefstwerte der -20 Grad-Marke nähern. Das zeigt, welches Potential in der kommenden Wetterlage steckt.

Links die winterliche Wetterentwicklung der Europäer und rechts die tiefwinterliche Prognose der Amerikaner
Links die winterliche Wetterentwicklung der Europäer und rechts die tiefwinterliche Prognose der Amerikaner © www.meteociel.fr

Was lässt sich über das Wetter an Weihnachten sagen?

Abwarten. Für den Moment bleibt nichts anderes übrig. Mit der absolut gestörten Zirkulation sind die Voraussetzungen für weiße Weihnachten so gut wir seit zwölf Jahren nicht mehr, doch kann die Hochdruckachse dem Winter noch einen Strich durch die Rechnung machen.

Die Kontrollläufe berechnen bis zum 17. Dezember über dem Norden von Deutschland Temperaturen in 1.400 Meter Höhe von -4 bis -7 Grad und über dem Süden von -2 bis -4 Grad. Das kann über dem Norden gerade so für Schneefall bis auf tiefere Lagen herab reichen, während sich der Winter über dem Süden nur bis auf die mittleren Lagen oberhalb etwa 600 bis 800 Meter vorwagt. Im Vergleich zu den letzten 12 Stunden sind die Kontrollläufe etwas kühler geworden, während die Prognose-Modelle weiterhin die mit Abstand kältesten Varianten berechnen. Spannende Angelegenheit also.

Schaut man sich den Mittelwert aller Kontrollläufe genauer an, so erkennt man aber neben der absolut gestörten Zirkulation auch eine Mehrheit eines Arctic Outbreaks in der Vorweihnachtszeit. Schaun mer mal, was daraus wird.

Ein Minor-Warming, dass sich nicht zu einem Major-Warming weiterentwickeln kann
Ein Minor-Warming, dass sich nicht zu einem Major-Warming weiterentwickeln kann © www.meteociel.fr

© Bild - Martin Bloch

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