Wettertrend: Kaltluftbecken über Kanada und Grönland - Winter über Deutschland ohne Chance?
Winterliche Wettererscheinungen sind noch bis zum Wochenende möglich, doch dann setzt sich eine Wetterentwicklung in Gang, die den Winter über Deutschland zum Rückzug zwingt und den Entwicklungsspielraum für unwetterartige oder ungewöhnliche Wetterentwicklungen größer werden lässt.
Das Wetter der kommenden Tage wird abwechslungsreicher und sorgt insbesondere über dem Süden für etwas Schneefall, der ab den mittleren Lagen zur Ausbildung einer Schneedecke verhelfen kann, während über tieferen Lagen zwar auch Schnee oder Schneeregen möglich ist, doch ist zum einen nicht viel zu erwarten und zum anderen bleibt es für winterliche Verhältnisse mit Temperaturen von +4 bis +0 Grad zu mild, respektive nasskalt.
Randtiefentwicklungen und unwetterartige Starkwindereignisse Anfang Februar
Bereits am Sonntag und Montag beginnt ein Tief über Skandinavien damit, sich nach Süden auszudehnen, doch scheitert ein Trogvorhaben an einem nachrückenden Hochdrucksystem. Die Gradienten verdichten sich über Deutschland und lösen stürmische Winde aus, die Anfang Februar für turbulentes Wetter sorgen können. Auch sind sog. Randtiefentwicklungen möglich, was über exponierten Lagen und den Küstenregionen zu schweren Sturmböen oder orkanartigen Windböen führen kann. Der Wind führt zeitweiligen Niederschlag über Deutschland hinweg und die Temperaturen steigen bis zum 3. Februar auf nasskalte +2 bis +6 Grad an. Mehr dazu in der aktuellen Wetterprognose zum Wetter Februar.
Kein Winter - stattdessen eine neuerliche Westwetterlage?
Schaut man sich die obenstehenden Wetterkarten einmal genauer ab, so erkennt man die Dynamik, die sich auf dem Atlantik aufbaut. Wenn da jetzt nicht ein Hoch eingreift, ist es nur eine Frage der Zeit, bis sich auf dem Atlantik eine sog. Tiefdruckrinne aufbauen und so eine zonal agierende Westwetterlage initialisieren kann.
Kaltluftklops über Kanada und Grönland
Kommen wir zu etwas, was wir in den letzten Tagen immer nur kurz erwähnt hatten. Die Wetterprognose der Europäer berechnet heute eindrücklich, welche Wetterlage aus so einer Kaltluftansammlung hervorgehen kann.
Der Kaltluftsee erstreckt sich bis zum 4. Februar zwischen dem östlichen Kanada, Grönland, Island bis nach Skandinavien. Einem Hoch bleibt da kein Spielraum, um sich nach Norden auszudehnen. Stattdessen wird das Azorenhoch weiter nach Süden zurückgedrängt und es entsteht auf dem Atlantik eine regelrechte Tiefdruckautobahn.
Randtiefentwicklungen und Schnellläufersysteme
Gleich vorweg - mit winterlichen Wetterereignissen ist nach der Wetterprognose der Europäer Anfang Februar nicht zu rechnen. Stattdessen stellt sich eine aktiv-dynamische Westwetterlage mit nordwestlicher Ausprägung ein. Das Potential unwetterartiger Starkwindereignisse bleibt bis zum 5. Februar über Deutschland, Österreich und der Schweiz erhalten. Hinzu kommt zeitweiliger Niederschlag, der bei Temperaturen von +4 bis +8 Grad bis auf die höheren Lagen in Regen übergeht. Mithilfe der starken Durchmischung ist mit kräftigem Tauwetter zu rechnen.
Gewaltige Ansammlung kalter Luftmassen über Kanada bis über das europäische Nordmeer
Die Wetterprognose der Amerikaner geht in den ersten Februar-Tagen in eine fast identische Richtung, wie die Europäer, doch gibt es einen kleinen Unterschied, mit gravierenden Auswirkungen für das Wetter über Deutschland.
Ruhiges und warmes Hochdruckwetter
Der Kaltluftklops dreht im Bereich von Kanada und Grönland regelrecht durch und fördert ein Tiefdrucksystem zutage, das im Minimum einen Kerndruck von bis 935 hPa erreichen kann. Damit ist klar, dass der Schwerpunkt der atlantische Frontalzone auf dem Atlantik verweilen und das Azorenhoch nicht nach Süden, sondern nach Osten - und damit in Richtung Deutschland, der Schweiz und Österreich - drückt.
Das Hoch erreicht Deutschland zum 3. Februar. Die Wind- und Niederschlagstätigkeit lässt nach und die Sonnenscheindauer nimmt zu. Bis zum 7. Februar dehnt sich das Hoch weiter in Richtung Skandinavien aus und lässt die Tiefdruckdynamik auf dem Atlantik auflaufen. Die Grundströmung dreht auf südwestliche Richtungen und die Temperaturen steigen mit +7 bis +12 Grad in einen für die Jahreszeit zu warmen Bereich an. Auf andere Art formuliert ist das Temperaturspektrum näher am Frühling, als am Winter orientiert.
Displacement des Polarwirbels
Schaut man sich die nachfolgenden Wetterkarten an, so erkennt man das Schema, welches wir seit ein paar Tagen beschreiben. Die Hochdruckzone dehnt sich nicht nur nach Norden aus, sie geht auch gleich eine Verbindung zum Kontinentalhoch über Sibirien ein, das seinerseits den Schulterschluss zu einem Hoch über Alaska sucht. Der Polarwirbel wird in seinem Wirkungsradius stark eingeschränkt, bleibt in seiner Funktion aber intakt - ein Displacement des Polarwirbels.
Auf den Punkt gebracht: Und der Winter?
Solange sich auf dem Atlantik kein Hochdruckkeil nach Norden aufstellen und so die Dynamik der Frontalzone unterbinden kann, solange ist auch nicht mit winterlichen Wetterverhältnissen bis auf das Flachland herab zu rechnen. Die Ausnahme wäre noch eine weit nach Norden verschobene Hochdruckallianz, danach sieht es für den Moment aber nicht aus.
Frühzeitiges Ende des Winters?
Die Frage haben wir gestern schon gestellt und leiten die Antwort heute vom Mittelwert aller Kontrollläufe ab. Der Mittelwert der Temperaturen in 1.400 Meter Höhe schwankt im Zeitraum vom 26. bis 29. Januar über dem Süden zwischen -6 bis -8 Grad und über dem Osten, Norden und Westen zwischen -5 bis -7 Grad, was winterliche Wettererscheinungen bis auf tiefere Lagen herab möglich macht. Im Zeitraum vom 30. Januar bis 3. Februar steigen die Höhenwerte auf -4 bis -6 Grad an und erhalten über den tieferen Lagen eine nasskalte Witterung, bei der ab den mittleren Lagen oberhalb etwa 500 bis 700 Meter mit winterlichen Witterungsbedingungen zu rechnen ist. Im Zeitraum vom 3. bis 9. Februar steigt das Niveau der Höhentemperaturen auf +0 bis -3 Grad an.
Zum Vergleich: für den Flachlandwinter werden zum Ende der ersten Februar-Dekade Höhenwerte von -6 bis -8 Grad benötigt. Für mittlere Lagen von 400 bis 600 Meter reichen -4 bis -6 Grad aus. Das zeigt recht eindrücklich, wie die Chancen auf den Vollwinter im Februar stehen. Immerhin - die frühlingshaft anmutende Hochdruckzone der Amerikaner bildet im Vergleich zu den Kontrollläufen die mit Abstand wärmste Variante ab - möglich ja, wahrscheinlich nein. Sollte sich aber so eine Südwestwetterlage tatsächlich einstellen können, so könnte man den Fokus auf einen Rekordwinter der besonderen Art richten. Schaun mer mal!
Tag | Temperaturspektrum | Temperaturmittelwert |
---|---|---|
31. Januar | -1 bis +8 Grad |
+2 bis +6 Grad |
4. Februar | +0 bis +10 Grad |
+4 bis +6 Grad |
9. Februar | -5 bis +13 Grad |
+4 bis +6 Grad |
Nächste Aktualisierung
- 20:15 Uhr: Aktualisierung der Wettervorhersage Wetter Winter an dieser Stelle
Update der Wetterprognose von 20:16 Uhr
Steigen wir heute Abend gleich in den für Freunde des Winterwetters
spannenden Teil ein. Wir hatten heute Nachmittag kurz erläutert, warum das Displacement der Amerikaner mit einer frühlingshaft ähnlichen Wetterentwicklung zu den warmen Ausreißern gehört und wenig wahrscheinlich ist. Erläutert hatten wir zudem, wie es mit dem Winter über Deutschland - trotz eines Displacement des Polarwirbels - funktionieren kann. Und auf ebendiese Variante ist die Wetterprognose der Amerikaner heute Abend näher eingegangen - wenn man so will, ist das eine 180-Grad-Wende.
Hoch keilt nach Norden auf
Die atlantische Frontalzone ist zwar Anfang Februar kompakt, doch kann diese nicht verhindern, dass ein Hoch von den Azoren aus nach Norden aufstrebt und den Kontakt zum Polarhoch aufnimmt. Dieses Hoch ist zugleich die Schlüsselszene und eine möglich winterliche Wetterentwicklung funktioniert nur, wenn sich das Hoch westlich von Deutschland nach Norden aufstellt.
Ostwetterlage mit Dauerfrost und zeitweiligem Schneefall
Im Zeitraum vom 3. bis 4. Februar dehnt sich das Hoch über England immer weiter nach Norden aus und erreicht zum 4. Februar Skandinavien. Zum 5. Februar kippt die Hochdruckachse nach Osten ab und geht eine Hochdruckverbindung zum Kontinentalhoch ein. Am südlichen Gradienten wird ein Trog abgekoppelt, was fortan als Kaltlufttropfen agiert und langsam in Richtung Deutschland, Österreich und die Schweiz zieht.
Die Temperaturen erreichen am 3. Februar über dem Nordwesten bis +8 Grad und über dem Südosten bis +0 Grad. Am 7. Februar sind Höchstwerte von +0 bis -6 Grad möglich. Hinzu kommt bei einem strammen Ostwind gelegentlich leichter Schneefall.
Major-Warming in Stratosphärenhöhe
Das Phänomen eines Major-Warmings in Stratosphärenhöhe zeichnet sich seit rund 14 Tagen ab und wurde von den Vorhersage-Modellen gut erfasst. Das Resultat daraus ist eine von oben herab wirkende Schwächung des Polarwirbels in den unteren Luftschichten und so lange sich das Phänomen nicht in den unteren Luftschichten durchgesetzt hat, ist mit einer gewissen Sprunghaftigkeit
in den Vorhersage-Modellen zu rechnen. Das erklärt bspw. die 180-Grad-Wende der Amerikaner, wenngleich das Ergebnis eines Displacement des Polarwirbels gleich geblieben ist.
Das Major-Warming hat heute Nachmittag seinen ersten Höhepunkt erreicht und ein zweiter folgt zum Wochenende nach. Bis zum 10. Februar ist vom eigentlichen Stratosphärenwirbel nicht mehr viel übrig. Ob es aber bei einem Warming bleibt, oder ob sich ein Major-Warming daraus ergeben kann, hängt mit der Windumkehr in Stratosphärenhöhe zusammen und die ist mit positiven, bzw. negativen Vorzeichen definiert. Aktuell betragen die Windgeschwindigkeiten +122 km/h und sinken bis zum 28. Januar auf +36 km/h ab.
Im Februar aber pendelt sich die Geschwindigkeit auf +90 km/h ein. Definitionsgemäß kein Major-Warming, sondern ein kräftiges Warming, das durchaus das Potential hat, die unteren Luftschichten - und damit den Polarwirbel - zu beeinflussen. Das muss man einfach abwarten.
Was noch möglich ist
Das Displacement ist neben einer aktiv zonalen Wetterphase das Maß der Dinge. Es gibt aber auch Abwandlungen dieser Varianten. Eine davon ist die Ausdehnung eines Polarhochs, was ebenfalls einem Warming in Stratosphärenhöhe geschuldet ist. Die atlantische Frontalzone wäre in diesem Fall zwar aktiv, jedoch wäre diese weit nach Süden verschoben, was Deutschland noch in den Einflussbereich winterlicher Kaltluftmassen bringen könnte (s. Variante 1)
Daneben zählt der Polarwirbelsplit noch zu den Favoriten, wenngleich Deutschland zumeist auf der warmen bis milden Seite des Splits liegt (Variante 2). Zum Abschluss noch die Segmentierung des Polarwirbels in unterschiedliche Teilbereiche (Variante 3). In jedem Fall geht es dem Polarwirbel in allen drei Varianten nicht sonderlich gut.
Was wahrscheinlich ist
Das Warming in Stratosphärenhöhe bleibt bis auf Weiteres hypothetischer Natur. Zwar sollten die Vorhersage-Modelle in den kommenden Tagen relevante Daten bekommen, doch die Schwankungsbreite wird noch für zwei bis sechs Tage anhaltend bleiben. Und so lange das der Fall ist, bleibt eine nasskalte Witterung mit einer im Februar bis auf die höheren mittleren Lagen ansteigenden Schneefallgrenze eine sehr wahrscheinliche Wetterentwicklung.
Warum? Der Kaltluftsee zwischen Kanada und Grönland ist überragend und nur ein aufkeilendes Hoch in einer optimalen Position, kann über Deutschland, Österreich und der Schweiz zu einer winterlichen Wetterlage führen. Und jetzt die Frage an die Freunde des Winterwetters
- wie oft kommt es vor, dass aus Sicht des Winters alles optimal verläuft? Schaun mer mal, was die kommenden Tage so alles bringen werden.
Die Wetterprognose der Europäer jedenfalls berechnen heute Abend einen Polarwirbelsplit, der bis zum 3. Februar vollzogen werden kann. Doch verläuft der Split aus Sicht des Winters an falscher Stelle und Deutschland bleibt im Einflussbereich der heftig wütenden Frontalzone. Unwetterartige Starkwindereignisse wären bei +10 Grad zu erwarten. Was man heute Abend aber hervorragend sehen kann, dass die Auswirkungen des Warmings so langsam in den Berechnungen der unteren Luftschichten ankommt. Spannend in vielerlei Hinsicht.