Was ist ein Major-Warming?
Die sog. Plötzliche Stratosphärenerwärmung oder auch Major-Warming genannt, gehört zu den Phänomenen und Randfaktoren, welche den Winter nachhaltig und nicht selten brachial beeinflussen können. Eine eingefahrene - meist milde - Westwetterlage kann schlagartig auf kaltes Winterwetter umschlagen.
Alle Jahre kommt das Unwort
des Winters zum Zuge: das Major-Warming in Stratosphärenhöhe. Warum Unwort
? Weil die meisten Wetterexperten
das Phänomen falsch interpretieren und schon ein Minor-Warming als einen totalen Zusammenbruch des Polarwirbels interpretieren.
Nein, ein Major-Warming ist ein markantes Wetterereignis und tritt etwa alle 1 bis 3 Jahre auf. Es beginnt immer mit einem Minor-Warming. Ein Minor-Warming kommt im Verlauf des Winters häufiger vor und hat nur selten Einfluss auf den Polarwirbel und dessen Struktur. Deshalb ist die Unterscheidung und die Erkennung zwischen Minor- und Major-Warming wichtig. Da viele von Ihnen sich eine ausführlichere Definition des Minor- und Major-Warming gewünscht haben, gehen wir an dieser Stelle kurz näher darauf ein.
Zu Beginn kommt es immer zu einem Minor-Warming, dies spielt sich in der Stratosphäre zwischen dem Nordpol und dem 60. Breitengrad ab. Wenn in diesem Sektor in mindesten vier aufeinander folgenden Tagen die Temperaturen am Nordpol wärmer als am 60 Breitengrad sind, so sind die Bedingungen für ein Minor-Warming erfüllt.
Um die Bedingungen für ein Major-Warming zu erfüllen, muss der Temperatursprung während der Minor-Phase mindestens 50 Grad betragen, sowie ein Vorzeichenwechsel der Temperaturdifferenz 90./60. Breitengrad und des gemittelten Windes entlang des 60. Breitengrades (Zonalwind, normal West-Ostausrichtung) in der Stratosphäre eintreten.
Tritt das Major-Warming ein, so stellt die Zonalwindumkehr eine in der Stratosphäre gestörte Zirkulation dar. An Stelle des stratosphärischen Polarwirbels positioniert sich (zumindest vorübergehend) ein Stratosphärenhoch.
Interessant ist der Ablauf: die Erwärmung triggert abwärtsgerichtet innerhalb der Stratosphäre, so dass die Erwärmung (temperature wave) von oben nach unten wirkt.
Die Auswirkungen eines Major-Warming auf das Wetter
Das Minor-Warming kommt relativ häufig vor, während das Major-Warming in etwa alle 1-3 Jahre zu beobachten ist - letztmalig in seiner ausgeprägten finalen Form im Februar 2018, etwas schwächer im Dezember 2018. Eine gute Animation vom Warming 2012/13 gibt es auf der Seite der NASA.
Was sind die Folgen daraus? Etwa 3 bis 7 Tage später wirkt sich das Warming auf die unteren Luftschichten aus. In der Regel führt ein Major Warming zur Störung oder gar zum Zusammenbruch des troposphärischen Polarwirbels (500 hPa), der für unser Wetter auf der Nordhalbkugel im Winter interessant ist.
Die Folgen
Sollte sich ein Minor-Warming zu einem Major-Warming in Stratosphärenhöhe weiterentwickeln, so bleibt das nicht ohne Auswirkungen für die unteren Luftschichten. Da keine Temperaturgegensätze in der Höhe mehr vorhanden sind, brechen die zonalen Winde in sich zusammen. Anders formuliert existiert der Polarjet nicht mehr. In Folge zeigte sich in der Vergangenheit auch eine Häufung vom Zusammenbruch der westlichen Winde über Mitteleuropa und nachfolgend war der Weg für die sehr kalte Polar- oder Kontinentalluft nach Mitteleuropa frei. Sehr häufig berechneten die Wettermodelle den Umschwung sehr spät, wie bspw. im Februar 2018. Zuvor waren die Prognosen mit milden Aussichten noch eingefahren.
Nicht selten positioniert sich bei einem Major-Warming im Bereich zwischen Grönland, Island und Skandinavien ein Hochdruckgebiet und sorgt mit einer von Ost nach West verlaufenden Grundströmung auch in tiefer gelegenen Luftschichten für eine gestörte Zirkulation. Hält dieses Phänomen längere Zeit an, so wird es mit fortschreitender Zeit für den Polarwirbel immer schwerer, sich zu stabilisieren. Gelingt dies nicht, spricht man von einem frühzeitigen Final-Warming, was auch noch weite Teile des Frühjahrs und des Sommers beeinflussen kann. Je nach Struktur können sich über Frühlingsmonate von März bis Mai häufiger Hochdrucksysteme über dem skandinavischen Raum bilden und die Zirkulationsstruktur nachhaltig stören.
Anders formuliert: Im Winter führt ein Major-Warming häufiger zu kaltem Wetter (aber nicht zwingend), im Frühjahr allerdings sorgt der steigende Sonnenstand mit Hilfe des Hochdrucksystems nicht selten für trockenes und auch warmes Wetter.
3D Modellierung des Major-Warming mit anschließendem Final-Warming
Kaltes Wetter durch ein Major-Warming?
Nein, keinesfalls lassen sich so pauschal Rückschlüsse daraus ziehen. Ein Major-Warming aber erhöht die Chancen auf eine gestörte Zirkulation in Form von meridionalen Nord-Süd/Süd-Nord, oder Ostwetterlagen, bei der sich das sibirische Hochdrucksystem weit nach Westen ausdehnen kann.
Beispiele:
Übersicht vergangener Major-Warming und die Auswirkungen auf das Wetter über Deutschland
Monat | Ereignis | Temperaturabweichung |
---|---|---|
Dezember 2018 | Verschiebung | Dezember, Januar und Februar zu mild |
Februar 2018 | Polarwirbelsplit | Februar und März zu kalt |
Januar 2013 | Polarwirbelsplit | Januar normal, Februar und März zu kalt |
Januar 2012 | Verschiebung | Januar zu warm, Februar zu kalt, März zu warm |
Januar 2010 | Verschiebung | Januar und Februar zu kalt, März normal |
Januar 2009 | Polarwirbelsplit | Januar zu kalt, Februar normal |
Februar 2008 | Verschiebung | Februar zu warm, März und April normal |
Februar 2007 | Verschiebung | Zu warm |
Januar 2006 | Verschiebung | Januar, Februar und März zu kalt |
Januar 2004 | Verschiebung | Januar und März normal, Februar zu warm |
Januar 2003 | Verschiebung | Januar normal, Februar zu kalt |
Februar 2002 | Verschiebung | Zu warm |
Dezember 2001 | Verschiebung | Dezember zu kalt |
Februar 2001 | Verschiebung | Zu warm |
Februar 1999 | Polarwirbelsplit | Februar normal |
Dezember 1998 | Verschiebung | Dezember normal, Winter zu warm |
Januar 1991 | Polarwirbelsplit | Februar zu kalt |
Februar 1989 | Polarwirbelsplit | Zu warm |
März 1988 | Polarwirbelsplit | März zu kalt |
Dezember 1987 | Polarwirbelsplit | Dezember und März zu kalt, Januar und Februar zu warm |
Januar 1987 | Verschiebung | Januar, Februar und März zu kalt |
Dezember 1985 | Polarwirbelsplit | Dezember zu warm, Januar normal, Februar und März zu kalt |
Februar 1984 | Verschiebung | Februar, März und April zu kalt |
Dezember 1981 | Verschiebung | Dezember, Januar und Februar zu kalt |
Februar 1981 | Verschiebung | Februar zu kalt, März zu warm |
Dezember 1980 | Verschiebung | Dezember, Januar und Februar zu kalt |
Februar 1980 | Verschiebung | Februar zu warm, März zu kalt |
Februar 1979 | Polarwirbelsplit | Februar zu kalt, März normal, April zu kalt |
Datenquelle: www.meteo.physik.uni-muenchen.de