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Wo Rauch ist, ist auch (irgendwo) ein Feuer

| C. Dirks
Wo Rauch ist, ist auch (irgendwo) ein Feuer

Lebt der Mensch in einer spätrömischen Dekadenz - Erkennt er die Ursache und Wirkung seines Handelns allumfassend und wohin soll das führen? Die gute Nachricht - der Mensch hat es selbst in der Hand. Die schlechte Nachricht - viel Zeit bleibt nicht mehr.

Allzu menschlich …

Wenn wir den Geruch von Rauch vernehmen, wissen wir instinktiv: Es brennt! Elektrisiert springen wir hoch, noch schneller als unsere Beine uns tragen, schießen uns reumütig die Gedanken an den immer noch nicht gekauften Feuerlöscher, an den möglichen Standort eines Wassereimers oder die Frage: Wo ist eigentlich das Telefon schon wieder abgeblieben? durch den Kopf. Nach Sichtung aller Räumlichkeiten lassen wir uns wieder merklich unaufgeregter als noch wenige Momente zuvor in den Sessel zurückfallen und denken beruhigt: Hier ist alles in Ordnung! Der Gedanke, dass in diesem Augenblick jemand anderem eventuell die Hütte abfackelt, mündet darin, dass es wahrscheinlich morgen in der Zeitung stehen wird. Schatz, gibt es im Baumarkt Feuerlöscher?Musst du einmal fragen.Was gibt’s eigentlich im Fernsehen?

Allzu täglich …

Während des Einkaufens fällt mein Blick von den Regalen gerne auch einmal in die Einkaufswagen der Mitlaufenden im Markt. Zu einem großen Teil schillern die erlegten Artikel in den buntesten Farben, mit z.T. irreführenden Produktnamen, die nicht in jedem Fall sofort auf deren wahren Inhalt schließen lassen, dafür aber trendy klingen. Nun gut, die Geschmäcker sind verschieden und so findet jeder das, von dem er meint, dass es für ihn notwendig sei.
Es gibt grundlegende Bedürfnisse, derer wir uns nicht erwehren können (z.B. Hunger und Durst), aber über welchen Bedarf wir diese decken, DAS können wir entscheiden (z.B. Wasser oder koffeinhaltige Limonade). Und diese Entscheidungsfreiheit geht sogar noch weiter: Sollte ich mich für Wasser entschieden haben, so kann ich auch hier wieder wählen zwischen einem möglichst regionalen Anbieter, der in Glasflaschen abfüllt oder der trendy-Wassermarke eines Nahrungsmittel-Giganten, der in weit entlegenen, umwelt- wie auch geopolitisch fragwürdigen Gebieten, Wasser abpumpt, in Plastikflaschen abfüllt, um es am anderen Ende der Welt zu versilbern, damit sich Aktionäre über eine reichhaltige Dividende freuen und die dort einheimische Bevölkerung mit kontinuierlich sinkendem Grundwasserspiegel und den (nur für sie) daraus resultierenden Folgen zurücklässt (Bottled Life, 2012). Dort brennt es im übertragenden Sinne auch, ohne aber, dass wir hier den Rauch wahrnehmen.

Und der Blick in viele Einkaufswagen (um den begonnenen Bogen wieder aufzunehmen) lässt nichts Gutes erahnen. Hauptsächlich in Kunststoff abgepackte, industriell gefertigte und damit hochgradig denaturierte Lebens-Mittel (für Interessierte: Sebastian Lege: Die Tricks der Lebensmittelindustrie), die entweder einer Massentierhaltung entspringen oder aber denen (billig zu produzierende) Grundprodukte (Soja, Palmöl) zugrunde liegen, die fernab vom Verbrauchsort auf Flächen, auf denen einmal der für das Klima lebensnotwendige Regenwald stand, hergestellt werden. Verödete Gebiete, denen zuvor Grundwasser abgepumpt worden ist, damit wir uns in mannigfaltigen Geschmacksrichtungen erfrischen können (verwüstete, zerstört zurückgelassene Landschaften, die den dort ansässigen Bauern ganz einfach per Dekret weggenommen worden sind, damit wir für unser gutes Gewissen hier ausreichend Lithium für die Akkus der hochgepriesenen E-Mobilität haben (was nicht unbedingt an diese Stelle gehört, aber eben eine weitere Facette desselben, sich auf sehr unterschiedliche Weisen darstellenden Problems beschreiben soll)).
Der Tag, an dem der Mensch die natürlichen Rohstoffe verbraucht hat, für die die Erde ein Jahr benötigt, sie wachsen zu lassen, liegt jedes Jahr früher. Im Jahre 2021 ist dieser Tag der 29. Juli (Stichwort Erdüberlastungstag)!
Zum anderen steigen in dem prosperierenden Teil der Erde die Zahlen der zivilisationsbedingten Krankheiten von Jahr zu Jahr. Der Zusammenhang ist derart evident, dass dieser nicht weiter kommentiert werden muss.

Hüpfen … aber überall

Natürlich ist es gut, dass die Jugend, die als nachfolgende Generation noch mehr von den Folgen des Klimawandels betroffen sein wird, auf die Straße geht (nach dem Unterricht wäre allerdings besser). Gut wäre es aber auch darauf zu pochen, dass medienwirksam auch einmal vor dem Sitz der brasilianischen Regierung*, vor dem Capitol in Washington, auf dem Roten Platz in Moskau, dem Tian’anmen-Platz in Peking und dem indischen Regierungssitz in Neu-Delhi getanzt wird, um z.B. den Neubau unzähliger Kohlekraftwerke zu thematisieren. Und zwar nicht nur durch hüpfende Kinder und Jugendliche, sondern auch von offizieller Seite. Was nützen Pariser Abkommen etc., wenn sie nur auf dem Papier stehen? Wo sind die gewählten Volksvertreter, die den Nutzen des Volkes mehren und Schaden von ihm abwenden sollen?

Hinweis
* Milch/Milchpulver ist in vielen Produkten Haupt-Bestandteil. Die milchproduzierenden Bauern müssen die Milch ihrer (hochgezüchteten) Hochleistungskühe an Molkereien verkaufen, die ihrerseits den Preis diktieren. Dieser Preis ist teils unter dem, was ein Landwirt benötigt, um zumindest kostendeckend wirtschaften zu können. Dieser Preis wird von den Molkereien, besonders den tonangebenden europäischen Großmolkereien, so niedrig gehalten, um auf dem Weltmarkt konkurrenzfähig zu sein. So hat man sich z.B. in China einen Markt für Milchprodukte erschlossen, den es dort kulturbedingt eigentlich nie gab. Um dafür möglichst viel Milch möglichst kostengünstig und konkurrenzfähig produzieren zu können, wird dem Futter für die Tiere Soja beigemischt. Soja bindet als Schmetterlingsblütler Stickstoff, enthält viel Eiweiß und damit Aminosäuren, die beim Abbau den Stickstoff wieder freisetzen. Soja wird weltweit als Viehfutter-Zusatz genutzt und zu einem Großteil im Regenwald des Amazonas angebaut, der dazu täglich Stück für Stück – jede Minute ca. vier Fußballfelder (Stand Juni 2021) - durch Brandrodung weichen muss. Dass dieser Regenwald als Lunge der Welt fungiert und notwendig zur Erhaltung des Klimas in seiner bisherigen Ausgestaltung ist, ist bekannt. Da Soja viel Stickstoff enthält, steigt der Stickstoffgehalt der Gülle in den Ställen der Bauern zusätzlich zum Stickstoffgehalt der eigentlichen Gülle (Gras-, Silofütterung).

Zu viel Gülle belastet das Grundwasser mit Nitrat und entweicht aus dem Boden als Lachgas, das um ein Vielfaches klimawirksamer ist als CO2 (Das System Milch, Andreas Pichler, 2016) – dieses Thema mag sich für den einen oder anderen vielleicht etwas aus- bis abschweifend ausnehmen, zeigt aber, in welchen Zusammenhängen wir zukünftig denken müssen, um zumindest einen kleinen Teil zur Achtung und damit Bewahrung der natürlichen Ressourcen beizutragen. Denn die Folgen z.B. für einen vermehrten Hochwasserschutz, Denaturierung von intensiv genutzten Flächen, Grundwasserschutz werden nicht die Großkonzerne tragen, sondern wir, ganz abgesehen von umweltbedingten und sozialen Folgen für die nächste Generation. Dass dadurch auch der regionalen Milchproduktion, ganz gleich, ob hier oder in Afrika, der existenzsichernde Boden entzogen wird – weil eben aus Sicht des Preises nicht konkurrenzfähig, sollte an dieser Stelle auch nicht vernachlässigt werden (Stichwort: Stärkung regionaler Märkte).

Von nichts kommt nichts …

Aber mindestens ebenso wichtig ist es auch, dass wir uns der Tatsache bewusst werden, dass wir, Sie und ich, durch unseren Konsum entscheiden, was in den Regalen liegt und wie produziert wird.
Muss es wirklich täglich das günstige, abgepackte Fleisch aus dem Discounter sein, das nur Tierqual, erhöhte Nitratbelastung der Böden mach sich zieht und auch aus der Perspektive einer gesunden Ernährung gar nicht gut ist? Mahlzeit!
Muss es das günstigste Gemüse sein, das schändlichste Arbeitsbedingungen und Umweltbelastungen zur Folge hat … und zu einem Großteil in Regionen Europas angebaut wird, in denen das Wasser schon knapp ist (die Antwort auf die Frage, womit denn dort überhaupt gegossen wird, ist recht unappetitlich)?
Müssen es unbedingt exotische Obstsorten sein, wobei der Apfel (stellvertretend für regionale Obstsorten) überaus gesund und vielfältig ist?
Wo liegt die wahre Motivation, nach dem Weihnachtsessen frische Erdbeeren zu kredenzen? Ich bin mir der Tatsache bewusst, dass viele Familien mit jedem Cent rechnen müssen und mit Sorgen daran denken, ihre Kleinen satt zu bekommen. Aber der Gedanke an frisch zubereitetes Essen steht nicht im Widerspruch zum eventuell nicht so prall gefüllten Geldbeutel … vom gesundheitlichen Nutzen einmal ganz abgesehen. Oftmals sind industriell gefertigte Produkte sogar teurer als das selbst zubereitete Essen. Die Motivation, den abgepackten Lebensmitteln den Vorrang zu geben, lässt sich in einigen Fällen (dies bitte ohne Wertung und Pauschalisierung verstehen) in dem Namen, der diese Produktart geprägt hat, wiederfinden: Convenience-Produkte … und Convenience heißt übersetzt Annehmlichkeit
Es ist eben die eigene Entscheidung, was auf den Tisch kommt und damit ist es auch unsere Entscheidung, was in den Regalen der Märkte liegt. Denn … sollte ein Artikel sich als Ladenhüter erweisen, wird sich niemand als die Industrie selbst schneller Gedanken darüber machen, diesen Artikel aus dem Sortiment zu nehmen.

Wir sind es …

Darauf zu hoffen, dass andere uns die Entscheidung abnehmen, dazu haben wir vielleicht die Zeit nicht mehr, wenn ich an die Zunahme und Vehemenz der unwetterartigen Ereignisse der vergangenen Jahre weltweit, der Änderung der globalen Temperatur, das Abschmelzen der Polkappen im Sommer und Gletscher etc. auf der klimageprägten Seite der Betrachtung denke. Wenn ich mir dann aus der Perspektive der belebten Natur z.B. das Artensterben der Insekten vor Augen halte, dann ist es für mich kein Grund zur Freude, dass nach einer Autobahnfahrt im Sommer die Windschutzscheibe nicht mehr so gepunktet ist wie in den Tagen meiner Kindheit (50 Jahre her …). Aber dass der Apfel, der letztendlich aus einer von einer Biene/einem Insekt bestäubten Blüte eines Apfelbaums entstanden ist, immer teurer wird … woher kommt es wohl? Monokulturen, intensive Landwirtschaft, Spritzmittel sind nicht Insekten-förderlich und dem Bodenleben bekommt dies auch nicht.
Dies gilt auch für die Textil- und Bekleidungsindustrie, die ihrerseits zu einem Großteil des CO2-Ausstoßes beiträgt. Und auch hier gibt es heutzutage viele Möglichkeiten, natur- und auch sozialverträgliche, sprich faire Alternativen zu finden, weder teurer noch unschicker.

Vor allem unsere Kinder werden dies alles wahrscheinlich in einem noch ausgeprägteren Maße erleben, wobei ich mir die Veränderungen der Lebensgrundlage wie auch deren soziale Folgen nicht wirklich vor Augen führen möchte.
Und …, auch wenn der anthropogene Anteil an der Änderung des Klimas prozentual vielleicht nicht exakt quantifizierbar ist (über dieses Argument freuen sich die Leugner dieses Wandels bestimmt, dies aber nur aus dem Grunde, als dass sie es, vielleicht willkürlich, falsch deuten), so sind Veränderungen seit einiger Zeit objektiv festzustellen. Ja, natürlich, Klimawandel gehört zur Erdgeschichte (denken wir an die Schneeball-Erde von vor hunderten Millionen Jahren und sehen, welch‘ (eigentlich) wunderbares Paradies sich daraus entwickelt hat mit einer unbeschreiblichen Vielfalt an Fauna und Flora, in der jede Lebensform nicht nur seine Berechtigung, sondern auch Bedeutung für das Ganze hat (ausgenommen die Spezies Mensch) oder ganz simpel: Einfach nur zutiefst beeindruckend ist. Aber es ist nachweisbar, dass unsere Lebensweise diesen Wandel zumindest beschleunigt und für eine immer größer werdende Zahl an Menschen zu, vorsichtig ausgedrückt, großen Problemen führt und damit zwangsläufig zu noch größeren Problemen führen wird.
Wie viele Menschen flitzen wegen eines ersten, vorsichtigen Anzeichens einer Erkältung zum Arzt, damit diese sich nicht auswächst (was ja bei einer Erkältung auch nicht soooo schlimm wäre – gutes Training für das Immunsystem!). Nun lässt sich aber schon des Öfteren ein kräftiger werdender Husten des Klimas vernehmen. Und die Anamnese erweist sich zusehends als schlüssig, dass da etwas nicht stimmt. Und die Vermutung einer Ursache der Erderwärmung, zumindest eines begünstigenden Begleitumstandes durch anthropogene Einflüsse konkretisiert sich. Aber … so richtig scheint sich nichts zu tun: Es wird ideologisiert, instrumentalisiert und es wird darauf gewartet, dass der große Wurf, DER Plan zur Lösung auf den Markt kommt. Kommt aber nicht, da zu viele Einzelinteressen, fehlende Sachkenntnis, Komfort-Zone, fehlende Bereitschaft, der Gedanke, einmal die Lösung im Denken zu verankern, Unsicherheit, Angst auf unterschiedlichsten Ebenen existieren und dem entgegenstehen. Auch wenn das ganze Unterfangen zwar komplex ist, so ist es aber eben doch auch schon als bedrohlich zu bewerten (denn der Kaskaden-Effekt einer stetigen Erwärmung potenziert die unmittelbaren Folgen auf unterschiedlichsten Ebenen ja noch).
Wirtschaft und Politik (in der Reihenfolge) werden wahrscheinlich nichts unternehmen, das keinen monetären Nutzen/Wiederwahl bringt. An wem bleibt es also hängen? An jedem Einzelnen. Mit seiner Entscheidung für oder gegen etwas. Wir leben in einem Informationszeitalter sondergleichen. Nutzen wir diese Kapazitäten nicht für Schminktipps in den Sozialen Medien, sondern informieren uns über das, was vielleicht einmal ziemlich wichtig werden könnte und bei uns anfängt. Ein bewusstes Konsumverhalten wäre da schon einmal ein Anfang. Vergeuden wir die verbleibende Zeit nicht damit, Argumente nur zu bestätigen oder zu widerlegen und uns allein dadurch auf der verantwortungsvollen Seite zu wähnen, sondern beherzigen die Tatsache, dass wir in diesem Fall wohl nicht die Chance haben, zig Versuch-und-Irrtum-Möglichkeiten durchzuexerzieren, denn sonst könnte es geschehen, dass die eine Seite dann nicht mehr die Möglichkeit hat, einzugestehen, dass die andere recht hatte …
Nicht, dass folgende Anekdote zur bitteren Wahrheit wird: Treffen sich die Erde und ein weiterer Planet: Fragt der andere: Erde, wie geht es dir?Na ja, so richtig gut geht es mir nicht.Was hast du denn?Ich hab‘ Mensch!Ach du, das geht bald wieder vorüber!

Es geht mir mit diesen Zeilen nicht um den belehrenden pädagogischen Zeigefinger, denn für den Lerneffekt ist ein selbst erlebtes schlechtes Beispiel immer sinnvoller als eine gute Lehre. Aber in Anbetracht der zunehmenden Antworten der Natur auf das, was sich mit der Erwärmung der Erdatmosphäre in direkte Verbindung setzen lässt, ist es aus meiner Sicht nicht zielführend, endlose akademische Diskussionen zu führen, ob die Erderwärmung nun menschengemacht oder durch einen immer wiederkehrenden Rhythmus motiviert ist (wir befinden uns aktuell in einer Warmzeit eines Eiszeitalters; wikipedia). Sie ist da, messbar.
Es ist daran, Bewusstsein zu entwickeln, Bewusstsein dafür, dass mein persönliches Handeln, meine individuellen Entscheidungen Ursachen darstellen, die ihrerseits Wirkungen haben. Unsere Kinder vertrauen uns blind, dass wir das Richtige tun. Wir müssen uns dieser Verantwortung bewusst werden.
Wir allein entscheiden durch unser Konsumverhalten, durch unsere Lebensgewohnheiten, wie wir mit der Erde und mit uns umgehen. Die Natur zeigt uns zunehmend, dass wir dabei sind, den Bogen zu überspannen.
Sollte die Sehne dieses Bogens reißen, dann haben wir solch ein schlechtes Beispiel. Und im Nachhinein haben es dann alle wieder gewusst, wo die Gründe dafür gelegen haben ... Aber, ob wir dann noch eine Möglichkeit haben, es in einem zweiten Versuch besser zu machen? Stellen wir uns diese Frage und schauen dabei in die Augen unserer Kinder …

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