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Langfristprognose: Was ist vom Winter 2023/24 noch zu erwarten?

| M. Hoffmann
Wie steht es um den Winter 2023/24 © Martin Bloch

Eine spannende Wetterentwicklung zeichnet sich im Moment ab, bei der noch immer nicht klar ist, ob die Großwetterlage in Richtung Hochwinter oder in den Frühling abkippt. Entscheidend ist ein Polarhoch und der Polarwirbel über Skandinavien. Kommt es zu einer hochwinterlichen Wetterentwicklung, so ist auch im Februar (Spätwinter) mit Winter zu rechnen. Was ist alles möglich und welchen Rückschluss lassen die Langfristprognosen zu?

Die Grundlage

Klar ist, dass sich bis Ende der zweiten Januardekade ein Hochdrucksystem in den Polarwirbel hinein ausdehnen kann. Somit kann man als ersten Punkt schon einmal festhalten: Der Polarwirbel wird Probleme mit seiner Stabilität bekommen.

Ob das Hoch letztlich zu einem Polarwirbelsplit führen wird oder nicht, bleibt abzuwarten. Klar ist, dass sich der Hauptcluster des Polarwirbels zu diesem Zeitpunkt über Skandinavien befindet und so lässt sich Punkt zwei fixieren. Ein Skandinavientief hat im Zusammenspiel mit dem Polarhoch ein hohes Potential nach Süden auszutrogen. Ein Arctic Outbreak kommt somit in den Bereich des Möglichen. Damit ist auch Punkt drei fixiert - Die Grundlage für eine hochwinterliche Wetterentwicklung war schon lange nicht mehr so gut wie jetzt. Punkt 4 - und damit der Unsicherheitsfaktor - ist die hohe Eigendynamik des Skandinavientiefs. Je mehr dieses sich eindreht, desto wahrscheinlicher ist es, dass die kalten Luftmassen nicht bis an die Alpen geführt werden können.

Die Entwicklung der Großwetterlage bis zum 18. Januar
Die Entwicklung der Großwetterlage bis zum 16. Januar © www.meteociel.fr

Der Winter, aus dem der Hochwinter entspringen kann

Klar ist mit Punkt fünf auch, dass es auf viele kleine Details ankommen wird. Man erkennt es bereits in der oben stehenden Wetterprognose der Vorhersage-Modelle, wie übereinstimmend die Großwetterlage simuliert wird, wie groß jedoch die Unterschiede in den Details sind.

Was also passiert, wenn es zu einem Polarwirbelsplit kommt, welcher den Polarwirbel massiv schwächen und nachhaltig beeinflussen kann? Welche Wetterentwicklungen sind möglich, die auch im letzten Wintermonat - dem Februar - noch Bestand haben können?

Vollständig gestörte Zirkulation

In einer möglichen Variante schließt sich die Hochdruckzone zwischen dem westlichen Kanada und Alaska in Richtung Sibirien. Damit werden kalte Luftmassen polaren Ursprungs nach Kanada geführt und befeuern die atlantische Frontalzone. Das Blockadehoch auf dem Atlantik verlagert sich in der Zwischenzeit weiter in Richtung Skandinavien und blockiert die atlantische Frontalzone nachhaltig.

Deutschland, Österreich und die Schweiz gelangen in den Einflussbereich des südlichen Hochdruckgradienten und da sich Hochdrucksysteme im Uhrzeigersinn drehen, werden aus östlichen Richtungen kalte Luftmassen in Richtung Mitteleuropa geführt. Die Temperaturen können im Dauerfrostbereich verweilen. Da die Luftmasse jedoch Hochdruckdominiert ist, ist nicht mit nennenswertem Niederschlag - respektive Schneefall - zu rechnen. Diese Wetterlage ist ideal, um eine möglich vorhandene Schneedecke für längere Zeit zu konservieren. Zudem kommt es mit einem Abstrahleffekt (Albedo-Effekt) zur lokalen Kälteproduktion, die sich dank eines schwachgradientigen Umfeldes längere Zeit halten und regenerieren kann.

Die vollständig gestörte Zirkulation
Die vollständig gestörte Zirkulation © www.meteociel.fr

Die Regenerierung des Polarwirbels und der atlantische Frontalzone

Gerne hätten wir an dieser Stelle noch andere winterliche Varianten präsentiert, doch die Kontrollläufe berechnen kaum welche und das zeigt, wohin der Wettertrend Ende Januar und Anfang Februar geht.

Hochdruckzone zwischen Alaska und Sibirien

Der alles entscheidende Baustein, ist die Hochdruckzone zwischen Alaska und Sibirien. Kommt diese zustande, wird der Winter ein schweres Spiel haben und wer schon längere Zeit bei uns zu Gast ist, der weiß, dass die Kontrollläufe eine solche Hochdruckzone in den vergangenen Tagen favorisiert haben. Hier noch einmal die Gegenüberstellung der Kontrollläufe samt der Druckanomalien bis zum 20. Januar.

Die Hochdruckzone zwischen Alaska und Sibirien
Die Hochdruckzone zwischen Alaska und Sibirien © www.meteociel.fr || climatereanalyzer.org

Zonale Ausprägung - Westwindwetter

Diese Hochdruckzone ist im übrigen ein Frühindikator eines Warmwinters. Warum? Stellt sich diese Grundströmung ein, so erhält diese sich von selbst. Man spricht von einer ausgeprägten Erhaltungsneigung. Dass sich Hochdrucksysteme im Uhrzeigersinn drehen, werden die Tiefdruckgebiete vom östlichen Kanada in Richtung Grönland, dem europäischen Nordmeer, über Skandinavien und der Barentssee nach Osten abgeleitet und kehren durch die Grundströmung über den Nordpol wieder zurück in Richtung östliches Kanada. Sollte sich diese Großwetterlage über mehrere Tage erstrecken, so stabilisiert diese sich und ist als äußerst nachhaltig zu bewerten. Die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass dieses Muster auch noch den Februar wird prägen können.

Daraus resultierend stabilisiert sich nicht nur der Polarwirbel, sondern durch den unentwegten Zustrom kalter Luftmassen in Richtung Kanada wird auch die atlantische Frontalzone regeneriert. Das bedeutet, dass die Tiefdrucksysteme sich zwischen Grönland und Island zentralisieren und infolgedessen das Wetter über Deutschland, Österreich und der Schweiz beeinflussen können. Der Wind kommt überwiegend aus westlichen bis südwestlichen Richtungen und führt milde bis warme Luftmassen nach Mitteleuropa. Der Winter hat auf diese Art und Weise kaum mehr eine Chance. Im Gegenteil - die Großwetterlage ist deutlich näher am Frühling, als am Hochwinter dran. Die Kontrollläufe bestätigen mehrheitlich eine solche Ausprägung der Großwetterlage und wir haben einmal die markantesten Berechnungen der Kontrollläufe gegenübergestellt.

Eine West- bis Südwestwetterlage mit viel Wind, Regen und milden Luftmassen
Wetterprognose nach ausgesuchten Kontrollläufen: Eine West- bis Südwestwetterlage mit viel Wind, Regen und milden Luftmassen © www.meteociel.fr

Die Winterprognose 2023/24 der Langfristmodelle

Folgen die Langfristmodelle einem Wintertrend, der zu warm, normal oder gar zu kalt ausfallen wird? Wie immer an dieser Stelle der Hinweis, dass Langfristprognosen einen Trend der Temperaturen und Niederschläge abbilden und keineswegs als Detailprognosen zu verstehen sind.

Wirft man noch einen schnellen Blick auf den Dezember, so war dieser im Vergleich zum Mittelwert von 1961 und 1990 mit einer Anomalie von +3,22 Grad extrem zu warm (91/20: +2,22 Grad). Der Januar begann ungewöhnlich warm, doch hat sich der Überschuss von über +6 Grad durch die kalten Luftmassen aktuell auf +2,5 Grad reduzieren können.

Unter dem Strich ist der Winter zum 10. Januar im Vergleich zum vieljährigen Mittelwert von 1961 und 1990 um rund +3,1 Grad extrem zu warm (91/20: +1,9 Grad). Klar ist, dass wenn jetzt nicht der Hochwinter allmählich einsetzt, der Winter 2023/24 mit einer sehr hohen Wahrscheinlichkeit deutlich bis extrem zu warm ausfallen wird.

Wettertrend nach dem Langfristmodell der NASA

Das Langfristmodell der NASA berechnet den Winter gegenüber 1961 und 1990 in Summe um +1,5 bis +2,5 Grad deutlich zu warm. Im Vergleich zum wärmeren Mittelwert von 1991 und 2020 liegt die Differenz bei +0,3 bis +1,3 Grad. Damit hat sich die Langfristprognose der NASA um +0,5 Grad nach oben korrigiert. Die Niederschlagsprognose ist als zu nass einzustufen.

Wetterprognose Winter nach dem CFSv2 Modell

Der Winter 2023/24 wird mit einer Abweichung von +1,8 bis +2,8 Grad deutlich bis erheblich zu warm simuliert (91/20: +0,6 bis +1,6 Grad). Die Langfristprognose des CFSv2 Modells hat sich seit dem Sommer kaum verändert.

Die Niederschlagsleistung war von Dezember bis Februar stets zu nass bewertet und daran hat sich bis heute nichts verändert. Der Winter wird mit einer hohen Wahrscheinlichkeit zu nass ausfallen können. Noch ein Merkmal - auch der Februar wird deutlich zu nass simuliert, was für die Regeneration der Frontalzone spricht.

Der Winter nach dem europäischen Langfristmodell

Der Winter wird mit einer Anomalie von +1,5 bis +2,5 Grad zu warm simuliert (91/20: +0,3 bis +1,3 Grad). Im Vergleich zu den vergangenen Monaten, wurde die Prognose leicht nach oben korrigiert. Die Niederschlagsbilanz wird im Januar und Februar als deutlich zu nass bewertet. Der Rückschluss auf einen deutlich zu nassen Winter mit einer aktiven Frontalzone lässt sich auch hier ziehen.

Auf den Punkt gebracht

Als Freund des Winterwetters mag man gerne in die Tischkante beißen. Und ja, als Winterliebhaber hat man es in Zeiten der Klimaerhitzung besonders schwer. Gibt es denn noch einen Hoffnungsschimmer wie ein Major-Warming in Stratosphärenhöhe? Ja, den gibt es, jedoch mit Einschränkungen.

Zum 16. Januar zeichnet sich ein weiteren kräftiges Minor-Warming in Stratosphärenhöhe ab. Jedoch kann sich das Phänomen - wie in den vergangenen Tagen auch - nicht zu einem Major-Warming weiterentwickeln. Die Windgeschwindigkeiten sacken kurzzeitig auf bis +17 km/h ab und verfehlen damit eine Windumkehr in Stratosphärenhöhe. Ab dem 20. Januar stabilisiert sich der Stratosphärenwirbel mit Windgeschwindigkeiten von +104 km/h. Im Hinblick auf den Februar wird sich der Polarwirbel von oben herab noch verstärken können und so spricht derzeit vieles für eine Milderung. Schaun mer mal.

Wer den Winter mag, der sollte den möglichen Schneefall und eine winterähnliche Witterung der kommenden Tage genießen.

Ein weiteres Warming in Stratosphärenhöhe, jedoch mit nachfolgender Stabilisierung
Ein weiteres Warming in Stratosphärenhöhe, jedoch mit nachfolgender Stabilisierung © www.meteociel.fr

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