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Der Föhn als Wetterphänomen - wild und warm

| V. Sattler
Der Alpenföhn

Wer sich einmal im Winterhalbjahr in der Nähe der Alpen aufgehalten hat, bemerkte bestimmt an manchen Tagen die für die Jahreszeit hohen Temperaturen. Dieses Phänomen, was besonders über der Alpenregion ausgeprägt ist, hat ausnahmsweise nichts mit dem Klimawandel zu tun, sondern nennt sich Föhn oder speziell Alpenföhn.

Die einen freuen sich über die warmen Temperaturwerte und gute Sicht in den Alpen, während andere sich mit Kopfschmerzen abfinden müssen.

Doch hat es auch weitreichende Konsequenzen für die dort lebende Bevölkerung. Ohne die warmen Föhn-Tage wäre zum Beispiel der Anbau in den Alpenregionen nicht so ertragreich. Durch die warmen Winde ist es selbst in höheren Tallagen möglich, Landwirtschaft zu betreiben.

Der Föhn bringt nicht nur Vorteile für die betroffenen Regionen. Durch diese Wetterlage, können sehr hohe Windgeschwindigkeiten entstehen, die zu Waldschäden, Trockenheit und erhöhte Brandgefahr führen können.

Selbst in der Luftfahrt ist der Föhn ein Thema. Segelflieger nutzen die entstehenden Aufwinde (Leewinde), auf die wir später noch einmal zu sprechen kommen. In der zivilen Luftfahrt hingegen sind die Folgen des Föhns eher unerwünscht. Durch die Föhnwetterlage muss der Pilot mit erhöhten Turbulenzen über den Alpen rechnen.

Die Geschichte des Föhns

Schon seit mehreren hundert Jahren beschäftigen sich die Menschen mit diesem Ereignis. Es gehört zu den am längsten erforschten Gebieten der alpinen Meteorologie. Ein kleiner historischer Überblick zeigt, dass es nicht immer so gut erklärbar war wie heute.

Der Schweizer Meteorologe Wild vermutete den Ursprung der warmen Luft in der Sahara. Seine These wurde von den Geologen Escher und Linth gestützt. Ein damals führender deutscher Meteorologe und Physiker Heinrich Wilhelm Dove ging davon aus, dass der Ursprung des Föhns in Westindien, der Karibik zu finden ist. Er begründete seine These mit seiner zuvor entworfenen Zwei-Strömungstheorie.

Im Jahre 1866 wurde die thermodynamische Theorie des Föhns von J. Hann publiziert. Diese, bis heute aktuelle Theorie, wurde erst von Hann´s Fachkollegen anerkannt, als er den Föhn über Grönland nachweisen konnte. Nach diesem Beweis war es klar, dass er seinen Ursprung nicht in der subtropischen Warmluft hatte.

Die Arten des Föhns:

  • Das klassische Bild der Typus 1 oder Schweizer Föhntypus
  • Der Typus 2 oder auch österreichischer Föhntypus genannt
Auf der einen Seite klatscht der Regen gegen die Berge
Auf der einen Seite klatscht der Regen gegen die Berge

Betrachten wir den Typus 1 einmal näher. Ganz grundlegend entsteht ein Südföhn (z.B. im Allgäu zu betrachten), in dem sich auf der südlichen Alpenseite (Luv genannt) ein Tief anstaut. Das Wasser kondensiert und regnet sich auf der Luv-Seite aus. Die aufsteigende Luft kühlt sich erst mit ca. 1 °C pro 100 m, dann mit 0,5 °C pro 100 m ab. Oben entsteht eine Föhnmauer, die die Wolken abhält. Auf der Nordseite der Alpen (Lee-Seite) fällt die trockene Luft Richtung Boden, dabei erwärmt sie sich genauso, wie sich die Luft auf der Luv-Seite abgekühlt hat. Die Luft auf der Lee-Seite ist besonders trocken und warm. Dabei entstehen auch häufig die sogenannten Föhnfische. Dies sind Wolken der Art Altocumulus lenticularis und haben einer linsenartige Form. Diese Form bekommen die Wolken, durch die starken Winde, die durch den Föhn entstehen.

Der Typus 2 des Föhns tritt häufig über den österreichischen Alpen auf. Der Unterschied zum Typus 1 liegt darin, dass es auf der Nordseite in über 50 % der Fälle keinen Niederschlag gibt.

Häufig treten beide Arten des Föhns auf, in diesem Fall ist der Typus 2 meistens ausschlaggebend.

Auf der anderen Seite scheint die Sonne
Auf der anderen Seite scheint die Sonne

Kommen wir nun zu der Luftströmung auf der Luv-Seite (Nordseite). Wie funktioniert das Absinken der warmen Luft? Dazu gibt es verschiedene Erklärungen:

  • Die erste Erklärung ist die Vertikale Aspirationstheorie von Streff-Becker (1931). Diese einfach erklärt besagt, dass Höhenströmungen über kälterer Luft diese durch turbulente Erosionen verdrängt. Dadurch gelangt die warme Höhenluft allmählich nach unten. Diese Idee hatte bereits 1870 der Schweizer Meteorologe Wild.
  • Die zweite Erklärung nennt sich horizontale Aspirationstheorie. Das näherkommende Tief saugt die bodennahe Luft ab, dadurch zeigt das Druckgefälle nach Norden.
  • Die dritte Leewellentheorie von Lyra 1940 und Queney 1948 beschreibt eine Gebirgsüberströmung. Durch das Absinken auf der Lee-Seite (Südseite), wird eine Reaktion erzwungen, die eine Auslenkung aus dem Gleichgewichtszustand zufolge hat. Diese Theorie nennt man auch erzwungenes leeseitiges absinken.
  • Eine weitere Theorie ist die Wasserfalltheorie nach Rossmann 1950. Dort geht man davon aus, dass die Luft in der Föhnmauer kälter ist, wie die auf der Lee-Seite und somit eine höhere Dichte hat. Daraus folgt eine Abwärtsbeschleunigung auf der Luv-Seite.
  • Die fünfte Theorie dazu nennt sich Solenoid-Theorie nach Frey 1944. In dieser Überlegung nimmt Frey an, dass sich im Gebirgsraum ein Isobares (Zustände ändern sich doch der Druck bleibt konstant) und ein Isotropes (dies bedeutet, dass die Änderung Richtungsunabhängig ist) Solenoidfeld aufbaut. Das Resultat daraus ist der Aufbau einer beschleunigten Strömung nach dem Zirkulationsgesetz.
  • Die letzte nennt sich hydraulische Theorie und stammt aus dem Jahr 1953 von Schweizer. Darin beschreibt er die Strömungsmuster wie die des Wassers vor einem Wehr. Dadurch entsteht eine schießende Strömung mit der Möglichkeit eines hydraulischen Sprungs.

Die Leewellen

Dies sind einige der früheren Theorien, doch nun blicken wir auf ein weiteres Phänomen des Föhns, die Leewellen. Dazu eine kleine Geschichte.

Am 17. März 1933 wurde über dem Hischgertal in Schlesien eine linsenförmige Wolke entdeckt (dort Moazagotl genannt), die sich trotz hoher Windgeschwindigkeiten nicht bewegte. In der Nähe dieses Tals war ein Segelflugplatz. Auch die Piloten wunderten sich über diese Wolke. Eine Regel bei den Segelfliegern besagt, dass man maximal die doppelte Hanghöhe mit einem Segelflieger aufsteigen kann.

Lee-Wolken
Lee-Wolken

Doch eines Tages beobachtete Hirth ein Segelflugzeug, dass sich in unglaublicher Höhe befand. Hirth startete gleich einen Segelflug um zu testen, was es damit auf sich hat. Nun stiegen beide Piloten auf ca. 1400 m.

Diese ungewöhnliche Höhe hatten sie der Leewolke zu verdanken. Doch war es nicht klar, was passierte war. Wolf Hirth zog die richtige Schlussfolgerung und ging davon aus, dass die Aufwinde von den Mittelgebirgen kamen.

Am 25. Mai1937 war es so weit, es erschien eine Leewolke während eines Segelwettkampfes und es wurden Daten von 22 Flugzeugen und insgesamt 66 Flugstunden gesammelt.

Am 14. September 1937 startete Küttler erneut einen Testflug um zu erkunden, ob sich die Wellenstruktur bis zur Tropopause (Grenzfläche der Erdatmosphäre in 6-18 km Höhe) erstreckt. Dabei segelte er auf der Vorderseite der Wolke auf unglaubliche 7000 m Höhe, doch musste er den Flug wegen Kälte und mangelndem Sauerstoff abbrechen. Er führte aber einen Meteographen mit sich und registrierte Höhe, Feuchtigkeit, Aufstiegsgeschwindigkeit und Temperatur. Das Resultat des waghalsigen Fluges war, dass sich das Leewellensystem bis zur Troposphäre erstreckt. Verblüffender Weise versetzt ein kleines Gebirge mit einer Länge von 25 km und 1,5 km Höhe die Troposphäre in Schwingungen.

Föhnprognose

Nun blicken wir weiter auf die verschiedenen Vorhersage- und Erforschungsmethoden des Föhns. Sie haben bestimmt schon einmal gehört, dass in der Wettervorhersage mit numerischen Wetterprognosemodellen gearbeitet wird. Durch die numerischen Berechnungen gelingt es die meteorologischen Erscheinungen in den Gebirgen konkreter darzustellen.

Die immer häufigeren Flugzeugmessungen eröffneten nie dagewesene Möglichkeiten. 1982 ergab sich ein neuer Forschungsschwerpunkt während des internationale meteorologische alpinen Experiments.

Eines der daraus resultierenden Erkenntnisse ist, dass der Föhn nicht nur die Alpenkämme überströmt, sondern die Alpen auch durchströmt. Das bedeutet, dass auch die Passstraßen in den Alpen auch einen Einfluss auf das Geschehen des Föhns haben.

Durch die schnelle Weiterentwicklung der numerischen Modellierung und der Ergebnisse von Fernerkundung, ist es möglich, weitere offene Fragen der Föhnforschung zu beantworten.

Zum Beispiel:
Welche Rolle spielen Pässe (gaps) quer zum Alpenkamm? Die Vermutung war, dass sie der kalten Luv-Luft erlauben auf die Lee-Seite zu strömen.

Die Versuche dazu wurden während des MAP (Mesoscale alpine Programme) im Rheintal durchgeführt und bestätigten diese räumliche Verteilung des Föhns.

Dies war nur ein kurzer Einblick in das Thema des Föhns, noch heute gibt es viele offene Fragen. Zum Beispiel die kleinflächige Verteilung in den Alpen oder das Verhalten in anderen Gebirgsregionen der Welt. Die fortlaufende Weiterentwicklung der Technik öffnet ständig weitere Türen bei der Erklärung dieses Wetterphänomens.

In einem zweiten Teil stelle ich die Folgen vom Zusammenbruch des Föhns dar.

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