Das Wetter im Juni: Frühlingsfrische oder Sommerluft?
Kommt der große Knall im Mai und sorgt bis in den Juni für eine kühle und regnerische Witterung, oder setzt sich der Sommer mit Sonnenschein und trockenem Wetter durch?
Schwül-heiß. Die ersten Unwetter der Woche sind durch und ein kräftiges Gewitter brachte gestern mit 41,2 l/m² über Neuenahr, Bad-Ahrweiler (Rheinland-Pfalz) die höchste Regensumme des Tages. Heute ziehen die letzten Schauer über Brandenburg und Sachsen ab und am Mittwoch ist ein weiterer Sommertag zu erwarten. Die Temperaturen erreichen mit viel Sonnenschein +22 bis +26 Grad und über dem Süden örtlich bis +30 Grad.
Hochsommerlich heiß mit nachfolgenden Unwettern
Ab Donnerstag werden feucht-warme und labile Luftmassen nach Deutschland geführt. Mit Temperaturen von +24 bis +28 Grad und über dem Süden örtlich bis +33 Grad kann es unangenehm schwül werden. Zudem steigt ab Donnerstagnachmittag das lokale Schauer- und Gewitterrisiko an und kann am Freitag etwa nördlich einer Linie von Köln und Dresden zu mit Blitz- und Hagelschlag, stürmischen Windböen und Platzregen zu schweren Unwettern führen. Das regionale Auftreten von Tornados ist am Abend über Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern, sowie über dem nördlichen Brandenburg nicht auszuschließen. Mehr dazu in der aktuellen Wetterprognose zum Wetter Mai 2022.
Wie wird das Wetter im Juni 2022?
Die Vorhersage-Modelle berechneten in den letzten Tagen immer wieder einen Kaltlufteinbruch in der letzten Mai-Dekade, der bis Anfang Juni das Wetter über Deutschland, Österreich und der Schweiz hätte dominieren können.
Meridional verlaufende Struktur
Der eigentliche Kaltlufteinbruch sollte zum 21./22. Mai stattfinden. Bei diesen Varianten keilte jeweils ein Hoch auf dem Atlantik nach Norden auf und an seiner Ostflanke trogte ein Tief über Skandinavien nach Süden aus. Doch ist so eine Wetterlage durch eine hohe Wellenbewegung entlang der Polarfront geprägt und eine nur geringe Verschiebung der Amplituden hätte einen komplett anderen Wettercharakter zur Folge. Aus diesem Grund muss auch die andere Variante einer meridionalen Wetterlage besprochen werden - die Süd-Nord-Strömung.
Verzögerung der kühlen Luftmassen
Das erste Indiz, dass an der These des ausbleibenden Kaltluftzustroms etwas dran sein kann, zeigt sich in der Verzögerung der Kaltluftmassen. Bspw. berechnet die Wetterprognose der Amerikaner am 25. Mai Tageshöchstwerte von +22 bis +26 Grad und über dem Osten bis +30 Grad. Der kühlste Tag wird mit +14 bis +18 Grad für den 26. Mai in Aussicht gestellt, während am 27. Mai mit +17 bis +23 Grad typische Werte zu erwarten sind. Das ist weit von dem entfernt, was noch vor ein paar Tagen simuliert wurde und hat mit einem Kaltlufteinbruch nur noch wenig gemeinsam.
Anders die Wettervorhersage der Europäer. Ein Tiefdrucksystem beginnt am 21. Mai von Island und dem europäischen Nordmeer aus nach Süden auszutrogen und streift in diesem Prozess Deutschland. Aus nordwestlichen Richtungen werden kühle Luftmassen zugeführt und die Temperaturen sacken vom 23. Mai mit +18 bis +24 Grad und über dem Süden bis +26 Grad bis zum 25. Mai auf +10 bis +15 Grad regelrecht ab.
Unbeständiges Wetter
Besser kann man es nicht auf den Punkt bringen. Die Vorhersage-Modelle zeigen es deutlich, wie sehr die kommende Wetterlage von der Position eines Hochdrucksystems abhängig ist. Abhängig davon ist auch die Niederschlagsprognose, doch zeigt es sich schon auf den obenstehenden Wetterkarten - das Hoch kann nicht mehr allumfassend das Wettergeschehen über Deutschland dominieren und wird Störeinflüsse zulassen müssen.
Und so sind bis zum 27. Mai immer wieder Niederschläge - meist in Form von Schauern und Gewittern zu erwarten, die in ihrer Intensität regional unterschiedlich ausfallen können. Es wird aber auch Regionen mit keinem, bzw. nur sehr wenig Niederschlag geben können. Die nachfolgende Niederschlagsprognose ist nicht 1:1 zu übernehmen, da wird es in den kommenden Tagen noch zahlreiche Veränderungen ergeben. Es zeigt aber die Niederschlagsschwerpunkte, die mit der jeweiligen Hochdruckposition möglich sind. Deutlich tritt auch der Niederschlagsschwerpunkt der Unwetterfront zum Ende der Woche entlang der Linie von Köln und Berlin hervor.
Kühles Juniwetter?
Doch aufgeschoben ist nicht aufgehoben. Wie steht es den Juni, ein unterkühlter oder ein sommerlicher Start? Um das herauszufinden, lohnt ein Blick auf den Atlantik. Genauer gesagt auf das Verhältnis zwischen dem Azorenhoch und einem Islandtief. Abgebildet wird dieses Verhältnis im sog. NAO-Index. Ist dieser negativ besetzt, befindet sich über Island ein Hoch und über den Azoren ein Tief. Ist der NAO-Index positiv, so befindet sich über Island ein Tief und über den Azoren ein Hoch.
Damit aber kalte Luftmassen im Juni durch eine meridionale Grundströmung von Nord nach Süd geführt werden könne, bedarf es das Hoch auf dem Atlantik, dass sich von den Azoren bis nach Grönland auf dem Atlantik als Blockadehoch etabliert, was sich in einem negativen NAO-Index abbildet. Zum aktuellen Stand wird der NAO-Index neutral bis leicht positiv simuliert. Das spricht nicht für ein stringentes, von Nord nach Süd verlaufendes Muster. Neutral bedeutet in diesem Fall, dass eine kühle Nordwest- oder warme und gewitterträchtige Südwestwetterlage am wahrscheinlichsten sind.
Deutlicher wird das, wenn man die Druckanomalien mit dem Mittelwert aller Kontrollläufe bis zum Start in den Juni hinein genauer anschaut. Wahrscheinlicher ist die Südwestwetterlage.
Auf den Punkt gebracht: Frühlingsfrische oder Sommerluft?
Der mögliche Kaltlufteinbruch wird in der letzten Mai-Dekade verzögert berechnet und in manchen Simulationen in ist dieser nur noch in einer sehr abgeschwächten Form zu erkennen. Zudem entsteht auf dem Atlantik eine Konstellation, die gegen einen nachhaltigen Kaltlufteinbruch spricht.
Was wahrscheinlich ist
Doch blieben die Unsicherheiten auch heute noch bestehen und letztlich hängt alles davon ab, wie sich das Hochdrucksystem positionieren und die Amplituden steuern wird. Der Wettertrend der Kontrollläufe ist sehr deutlich.
Ein Temperatursturz ist vom 21. bis 22. Mai über dem Norden von Deutschland zu erwarten, der das Temperaturniveau von einem sommerlichen auf ein für den Mai typischen Charakter zurechtstutzt. Über dem Rest von Deutschland ist zwar auch mit einem - durchaus markanten - Temperaturrückgang zu rechnen, doch pendeln sich die Temperaturen bis in den Juni in einem Bereich ein, der im Vergleich zum vieljährigen Mittelwert von 1961 und 1990 mit einer Differenz von +1 bis +3 Grad zu warm ist. Zum Vergleich: das Temperaturniveau der kommenden Tage ist im Gegensatz zum vieljährigen Mittelwert um +6 bis +12 Grad zu warm!
Keine stabile Wetterlage
Großartige Niederschlagsmengen werden von den Kontrollläufen nicht berechnet. Der Mittelwert schwankt bis in den Juni zwischen 5 und 20 l/m² und örtlich bis 30 l/m². Das lässt den Rückschluss auf eine erhöhte Schauerneigung zu, die sich bis in den Juni hinein behaupten kann. Anders formuliert: durchwachsen und für die Jahreszeit zu warm.
Tag | Temperaturspektrum | Temperaturmittelwert |
---|---|---|
23. Mai | +15 bis +31 Grad |
+10 bis +23 Grad |
27. Mai | +14 bis +28 Grad |
+20 bis +22 Grad |
1. Juni | +11 bis +32 Grad |
+20 bis +22 Grad |
Wettertrend des Langfristmodells
Das CFSv2 Modell berechnet das Wetter im Juni mit einer Abweichung von +1,0 bis +2,0 Grad gegenüber dem langjährigen Mittelwert von 1961 und 1990 zu warm (91/20: +0,0 bis +1,0 Grad). Die Niederschlagsbilanz ist gegenüber dem langjährigen Sollwert über dem Osten und Süden deutlich zu trocken und über dem Norden und Westen zu trocken. Ein Hochdrucksystem wird nach dem Langfristmodell eine gewichtige Rolle im Juni spielen können.