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Wetteraussichten - Wildes und mildes oder ruhiges und kaltes Dezemberwetter?

| M. Hoffmann

Turbulente Vorgänge entlang der Polarfront fordern ihren Tribut und werden auch über Deutschland zu teils chaotischen und bemerkenswerten Vorgängen führen können. Bleibt das Wetter bis Dezember so sprunghaft, oder kippt die Grundströmung bis Nikolaus in eine eindeutige Richtung? Ein Hoch über Alaska lässt einen ersten Rückschluss auf das Wetter in der ersten Dezemberdekade zu.

Ein Hoch über Alaska kann das Wetter im Dezember über Deutschland nachhaltig beeinflussen © Martin Bloch
Ein Hoch über Alaska kann das Wetter im Dezember über Deutschland nachhaltig beeinflussen © Martin Bloch

Mit Schneefall ist ab heute Nachmittag über dem südlichen Baden-Württemberg und Bayern zu rechnen, welcher in der Nacht auf Freitag anhält und sich weiter nach Osten entwickeln kann. So wird sich etwa südlich einer Linie von Stuttgart und München eine nennenswerte Schneedecke – teils bis auf tiefere Lagen herab – ausbilden können (Schneeprognose). Der Schneefall intensiviert sich in Richtung der Alpen und kann regional unwetterartig ausfallen. Weiter nach Norden passiert heute – mit Ausnahme von ein paar Schnee-, Schneeregen- oder Graupelschauern über Teilen von Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern – nicht viel, und die Temperaturen pendeln sich zwischen +0 bis +6 Grad ein.

Windiges Wetter und ein Temperatursprung in Richtung Frühling

Bereits zum 13. November hat sich in den Prognose-Modellen der Temperatursprung für den 24. November abgezeichnet, welcher so auch vonstattengehen wird. Am Sonntag und Montag werden über Deutschland verbreitet +12 bis +16 Grad und am Montag örtlich sogar bis +18 Grad möglich sein. Damit bewegen sich die Temperaturen im frühlingshaft warmen Bereich, und die möglicherweise vorhandene Schneedecke wird rasch dahin gerafft. Begleitet wird der neuerliche Wetterwechsel von einem stark böigen Wind aus südwestlichen Richtungen, welcher über exponierten Lagen auch zu stürmischen Winden führen kann. Am Sonntag ist über der Nordhälfte mit Regen zu rechnen, während am Montag ein Niederschlagsband Deutschland von Nordwest nach Südost überquert und so für einen unbeständigen Wettercharakter sorgen kann. Wer es genauer wissen möchte – Wetter November.

Die Schneeprognose bis einschließlich Freitag
Die Schneeprognose bis einschließlich Freitag © wxcharts.com

Wettervorhersage des europäischen Wettermodells: Hochdruckzone und ein Kaltlufttropfen

Die Wetterprognose der Europäer hatte bis vor Kurzem noch eine Zonalisierung im Programm, bei der eine Westwetterlage das Wetter im Dezember mit einer windigen und unbeständigen Witterung hätte dominieren können. Winterwetter wäre in diesem Fall zunächst nicht zu erwarten gewesen. Doch hat sich das Muster in den vergangenen 24 Stunden geändert, und der Grund ist erneut eine Hochdruckzone, welche an ungewöhnlicher Stelle nach Norden strebt und so die Frontalzone zu blockieren vermag.

Aufbau der Hochdruckzone

Die Warmluftzufuhr bricht zur Mitte der kommenden Woche in sich zusammen, und ein Tiefdruckausläufer drückt sich mit seinem Kern zwischen dem europäischen Nordmeer und Skandinavien nach Osten durch. Rückseitig stößt ein Hochdruckkeil über England in Richtung Skandinavien vor und beginnt damit, die Frontalzone auf dem Atlantik zu blockieren.

Durch die Aktion des Hochdruckkeils trogt das kleinräumige Tief über Skandinavien nach Süden aus und etabliert über Polen einen Kaltlufttropfen. Dieser Störimpuls wird von der Hochdruckzone bis Anfang Dezember abgekapselt und in ein Höhentief umgewandelt.

Kaltlufttropfen verlagert sich über Deutschland

Da sich Hochdrucksysteme im Uhrzeigersinn drehen, wird der Kaltlufttropfen weiter nach Westen geführt und erreicht mit seinem Kern Anfang Dezember die Alpen, während sich die Hochdruckzone über Skandinavien weiter nach Osten ausdehnen kann.

Über Deutschland, Österreich und der Schweiz stellt sich in den ersten Dezembertagen eine zu Nebel- und Hochnebel neigende Wetterlage ein. Der Wind kommt böig aus östlichen Richtungen, und die Temperaturen pendeln sich auf +0 bis +5 Grad ein. In den kurzen sonnigen Momenten sind bis zu +7 Grad möglich.

Ob Schnee Anfang Dezember eine Rolle spielen wird, bleibt abzuwarten. Prinzipiell ist der Kaltlufttropfen zu schwach, doch können sich mancherorts ein paar Schneeflocken lösen und zu Boden rieseln.

Ein schwacher Kaltlufttropfen stört die Entwicklung einer stabilen Hochdruckzone über Mitteleuropa
Wetterprognose nach dem europäischen Wettermodell: Ein schwacher Kaltlufttropfen stört die Entwicklung einer stabilen Hochdruckzone über Mitteleuropa © www.meteociel.fr || wxcharts.com

Wetterprognose des amerikanischen Wettermodells: Warmes und nasses Wetter

Während die Europäer an einer gestörten Zirkulation samt Kaltlufttropfen festhalten, simulieren die Amerikaner heute einen weiteren Umbruch der Großwetterlage, was im Dezember die gesamte Grundströmung auf den Kopf stellen könnte.

Hochdruckblase ohne Störung

Der erste Unterschied zeigt sich in der Ausgestaltung der Hochdruckzone, welche sich nicht westlich, sondern direkt über Mitteleuropa ausbildet und bis zum 1. Dezember einen Kern zwischen Deutschland, Österreich und der Schweiz positionieren kann. Von einem Kaltlufttropfen ist nichts zu erkennen. Dafür schiebt die atlantische Frontalzone im Zusammenspiel mit dem Hoch warme Luftmassen nach Mitteleuropa, was am 1. Dezember über Deutschland zu einer Temperaturspanne von +8 bis +12 Grad führen kann.

Hochdruckzone zwischen Alaska und Sibirien wird zum Wegweiser

Dem Hoch über Mitteleuropa fehlt es in der Vorhersage der Amerikaner an Substanz und flacht zum 3. Dezember über dem Süden ab und geht in das Azorenhoch über, welches sich seinerseits passiv verhält. Entscheidend für die Entwicklung im Dezember aber ist ein ganz anderes Hoch, welches sich im Bereich von Alaska bewegt und zum 4. Dezember eine Querverbindung zu einem Kontinentalhoch über Sibirien aufbauen kann.

Frontalzone wird stärker - Hochdruckzone flacht ab

Diese Hochdruckverbindung sorgt durch ihre Drehbewegung im Uhrzeigersinn für einen markanten Ausbruch des Polarwirbels in Richtung Kanada. Ein weiterer Schwall kalter Luft trifft bei Neufundland auf den Atlantik und damit sind alle Zutaten für eine explosionsartige Entwicklung der atlantischen Frontalzone vorhanden. Die Tiefdruckdynamik stabilisiert sich bis zum 5. Dezember und ein Tief nach dem anderen überquert Deutschland. Bei einem windigen und nassen Wettercharakter pendeln sich die Temperaturen bis zum 6. Dezember (Nikolaus) auf +8 bis +12 Grad ein. Mit anderen Worten formuliert - die Westwetterlage.

Eine turbulente, windige, nasse und vergleichsweise warme Wetterentwicklung im Dezember
Die Wetterprognose des amerikanischen: Eine turbulente, windige, nasse und vergleichsweise warme Wetterentwicklung im Dezember © www.meteociel.fr || wxcharts.com

Auf den Punkt gebracht: Wildes und mildes oder ruhiges und kaltes Dezemberwetter?

Die Hop oder Top Entwicklung bleibt auch am vierten Tag in Folge erhalten. Angemerkt sei dabei, dass die Amerikaner gerne die Frontalzone berechnen und darin auch ihre Stärke liegt. Die Europäer kommen erfahrungsgemäß besser mit gestörten Zirkulationen zurecht. Einerlei – es bleibt zunächst einmal dabei, dass bis Dezember vorerst nicht mehr mit einer winterlichen Witterung gerechnet werden kann. Der Kaltlufttropfen könnte im weiteren Verlauf die Bedingungen für eine winterliche Wetterentwicklung im Dezember verbessern. Sollte sich hingegen die Frontalzone mit einem zonalen Verlauf der Grundströmung durchsetzen, wäre vom Winter bis Mitte Dezember wenig zu erwarten. Insofern ist die kommende Wetterentwicklung im Hinblick auf den Winter von großer Bedeutung.

Das erwartbare Wetter

Die kalten Varianten haben sich in den Kontrollläufen behaupten können, sind jedoch in ihrer Anzahl weiter minimiert worden. Die Temperaturanomalie schießt zum 25. November auf bis zu +14 Grad hoch und sinkt vom 26. November bis 6. Dezember auf +1 bis +2 Grad in den zu warmen Bereich ab. Der Mittelwert in der Höhe schwankt zwischen +0 und +2 Grad. Für den Flachlandwinter wären Anfang Dezember Höhenwerte von -6 bis -8 Grad eine Grundvoraussetzung, während für mittlere Lagen -4 bis -6 Grad ausreichend wären. Das unterstreicht deutlich, wie weit der Winter in den ersten Dezembertagen von Deutschland entfernt ist.

Die Niederschlagssignale – und das ist das Interessante – sind im Zeitraum vom 28. November bis 3. Dezember schwacher und darüber hinaus mäßiger Ausprägung. Eine Hochdruckzone ist Anfang Dezember möglich, während über dem Süden der maritime Einfluss zunehmend wahrscheinlicher wird – nasskaltes Dezemberwetter. Schaun mer mal.

Der Winter bleibt zwar ab dem mittleren Lagen optional, doch wird eine nasskalte Witterung bis Dezember zunehmend wahrscheinlicher
Die Wetterprognose nach dem Mittelwert aller Kontrollläufe: Der Winter bleibt zwar ab dem mittleren Lagen optional, doch wird eine nasskalte Witterung bis Dezember zunehmend wahrscheinlicher © www.meteociel.fr

Die Temperaturprognose der Wettermodelle
Tag Temperatur­spektrum Temperatur­mittelwert
27. November +2 bis
+13 Grad
+7 bis
+10 Grad
1. Dezember -2 bis
+15 Grad
+6 bis
+8 Grad
6. Dezember -5 bis
+12 Grad
+5 bis
+7 Grad
Diagramm Temperaturen November 2024
Die Wahrscheinlichkeiten der Kontrollläufe November 2024 von zu kalt, normal, zu warm im Vergleich zum vieljährigen Mittelwert (1961 bis 1990)

Nächste Aktualisierung

  • 20:30 Uhr: Was sich im Tagesverlauf alles verändert hat, klären wir heute Abend in einer kurzen Aktualisierung der Dezemberprognose an dieser Stelle.

Update der Wetterprognose von 20:31 Uhr

Wir wollen heute Abend einmal die Entwicklung innerhalb des Polarwirbels genauer analysieren, da diese für das Wetter im Dezember von entscheidender Bedeutung sein können.

Welche Hinweise ergeben sich für eine zonal verlaufende Großwetterlage?

Das ist der Punkt. Nach Monaten der Abstinenz kann ein reaktiver Polarwirbel die Frontalzone ordentlich befeuern und auf diese Art und Weise der zonal verlaufenden Grundströmung zum Comeback verhelfen. Ist diese dann erst einmal in Gang gesetzt, bleibt sie mit einem strammen Wind aus westlichen Richtungen, warmen Temperaturen und einem abwechslungsreichen Wettercharakter für mindestens 7 bis 14 Tage für das Wetter dominierend. Manches Mal auch deutlich länger. Kommt es zur Erhaltungsneigung des Systems, kann die Westwetterlage auch für den gesamten Winter prägend sein.

Worauf kommt es an? Die Struktur des Polarwirbels ist ausschlaggebend. Dehnt sich beispielsweise zwischen Alaska und Sibirien eine Hochdruckzone aus, so sind das für den Winter über Deutschland, der Schweiz und Österreich äußerst ungünstige Voraussetzungen. Wir haben das einmal gegenübergestellt.

Die Grundlagen einer zonal verlaufenden Grundströmung
Wettervorhersage nach ausgesuchten Kontrollläufen: Die Grundlagen einer zonal verlaufenden Grundströmung © wxcharts.com

Die Erhaltungsneigung

Warum diese Konstellation für den Winter im Dezember so ungünstig ist, zeigt sich auf den obenstehenden Wetterkarten. Der Verbund der Hochdruckgebiete befördert durch ihre Drehrichtung im Uhrzeigersinn die polaren Luftmassen in Richtung Kanada und Grönland, welche dann bei Neufundland auf den Atlantik treffen.

Dort angekommen, befeuert die kalte Luftmasse die Frontalzone, welche mit ihren Ausläufern über den Süden Skandinaviens strebt. Bildet sich über Skandinavien im Nachgang noch ein zentral steuerndes Tief aus, so ist die Westwetterlage - mitsamt einer aktiven Tiefdruckrinne auf dem Atlantik - perfekt.

Die Erhaltungsneigung kommt so zustande, dass sich die Tiefdrucksysteme immer wieder in das System einreihen und so die Hochdruckzone weiter stabilisieren und sich die Großwetterlage immer wieder von Neuem entwickeln kann.

Wie wahrscheinlich ist dieser Ansatz?

Dazu mal ein Blick auf den Mittelwert aller Kontrollläufe des europäischen und amerikanischen Wettermodells für den 6. Dezember sowie den Druckanomalien für den 1. Dezember. Das oben beschriebene Muster ist in allen drei Übersichten deutlich zu erkennen.

Der Mittelwert der Kontrollläufe des jeweiligen Vorhersage-Modells und die Druckanomalien zeigen den Ansatz einer zonal verlaufenden Großwetterlage
Der Mittelwert der Kontrollläufe des jeweiligen Vorhersage-Modells und die Druckanomalien zeigen den Ansatz einer zonal verlaufenden Großwetterlage © www.meteociel.fr

Daran erkennt man frühzeitig einen Supermildwinter!

Sollte sich diese Wetterlage exakt so einstellen, so war das in der Vergangenheit ein frühzeitiger und sehr wichtiger Indikator sogenannter Supermildwinter, bei denen es nur sehr wenig bis gar keinen Schnee gab.

Aber noch ist es nicht soweit. Die Westwetterlage wurde in diesem Jahr schon so oft in Aussicht gestellt und dann doch wieder verworfen. Zudem gibt es in dieser Wintersaison den QBO-Ost mit einem sich destabilisierenden Polarwirbel (Langfristprognose und Wintertrend: Sorgt ein QBO-Ost und der schwächere Golfstrom für einen schneereichen Winter?), sodass Freunde des Winterwetters die Hoffnung auf einen schneereichen Winter nicht frühzeitig aufgeben sollten.

Was berechnen die Vorhersage-Modelle aktuell?

Wenig Winterliches. Die Europäer favorisieren den Kaltlufttropfen, die Amerikaner eine hohe Wellenbewegung entlang der Polarfront, bei der Deutschland überwiegend in einer warmen Anströmung der Luftmassen liegt. Schaun mer mal, was sich in den kommenden Tagen so alles ergibt.

Der Ansatz der Zonalisierung - Deutschland zwischen einem Kaltlufttropfen und einer warmen Südwestwetterlage
Wetterprognose nach den Vorhersage-Modellen: Der Ansatz der Zonalisierung - Deutschland zwischen einem Kaltlufttropfen und einer warmen Südwestwetterlage © www.meteociel.fr

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