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Winterprognose: Die Zweifel an einer Westwetterlage mehren sich

| M. Hoffmann

Ein Wetterumschwung sorgt bis zum Wochenende für einen markanten Temperatursprung. Hervorgerufen wird dieser durch eine Südwestanströmung der Luftmassen, welche ohne Weiteres in eine Westwetterlage übergehen und den Winter bis auf Weiteres auf Eis legen könnte. Doch mehren sich die Zweifel an einer Westwetterlage.

Polarwirbel trifft auf Kontinentalhoch - Winterliche Überraschungen Anfang Februar möglich oder unmöglich?
Polarwirbel trifft auf Kontinentalhoch - Winterliche Überraschungen Anfang Februar möglich oder unmöglich?

In einem gradientenschwachen Wetterumfeld wechseln sich bis Mitte der Woche Sonne, Wolken und dichte Nebelfelder ab (Wolkenradar). Mit nennenswertem Niederschlag ist nicht zu rechnen, jedoch lassen sich entlang der Küsten sowie bei dichtem Nebel Nebelnässe, Sprühregen oder Schneegriesel nicht ausschließen. Die Temperaturen schwanken in den Regionen mit Nebel um den Gefrierpunkt und können mithilfe der Sonne in Richtung der +5-Grad-Marke streben. In den Nächten kühlt es auf -5 bis +0 Grad ab. Über Schnee können bis -8 Grad möglich sein.

Wetterwechsel mit markantem Temperatursprung

Ab Mittwochabend zieht von Südwesten Niederschlag auf, welcher Deutschland in der Nacht auf Deutschland überquert und zum Nachmittag bereits nach Osten abgezogen ist. Das Tief führt spürbar wärmere Luftmassen nach Deutschland, was die Temperaturen bis Donnerstag auf +3 bis +6 Grad und über dem äußersten Westen und Südwesten auf bis zu +10 Grad ansteigen lassen kann. Mit einsetzendem Niederschlag kann mit Schnee, Schneeregen, Eisregen oder gefrierendem Regen gerechnet werden. Rasch geht der Niederschlag jedoch in Regen über, was Glätte zu einem temporären Zustand macht. Zum Wochenende klingt die Niederschlagsneigung von Süden ab, die Wolkendecke bekommt vermehrt Lücken, und die sonnigen Momente nehmen zu. Der Zustrom warmer Luftmassen hält an und sorgt bis Samstag mit Höchstwerten von bis zu +14 Grad für einen regelrechten Temperatursprung. Wer es genauer wissen möchte – Wetter Januar.

Zum Ende der Woche kommt es zu einem markanten Temperatursprung
Wetterprognose der Vorhersage-Modelle: Zum Ende der Woche kommt es zu einem markanten Temperatursprung © www.meteociel.fr

Wettervorhersage des europäischen Wettermodells: Keine alltägliche Wetterentwicklung

Die Wetterprognose der Europäer zeigt heute etwas, das sich in den vergangenen Tagen bereits abzeichnete und eine nachhaltig agierende Zonalisierung infrage stellen lässt.

Deutschland zwischen Kontinentalhoch und Polarwirbel

Wäre das Kontinentalhoch nicht so allumfassend, könnte man über eine nachhaltige Zonalisierung mitsamt einer gut funktionierenden Tiefdruckrinne auf dem Atlantik diskutieren. Doch das Kontinentalhoch ist vorhanden und blockiert die Frontalzone - direkt über Deutschland. Was folgt, ist die warme Südanströmung der Luftmassen zum kommenden Wochenende.

Darüber hinaus strebt das Hoch weiter in den Polarwirbel hinein vor und versucht bis zum 29. Januar eine Querverbindung zu den Aleuten aufzubauen. Es deutet sich ein Ansatz eines Polarwirbelsplits bzw. ein Displacement des Polarwirbels an. Deutschland, die Schweiz und Österreich liegen jedoch weiterhin in der vergleichsweise warmen Anströmung der Luftmassen.

Hochdruckblase über Europa - Ostwetterlage?

Der Cluster des Polarwirbels über Kanada und Grönland verstärkt seine Bemühungen, sich bis nach Mitteleuropa durchzusetzen, doch ein Keil des Azorenhochs schiebt sich dazwischen und etabliert Anfang Februar ein autark agierendes Hochdrucksystem über Europa. Deutschland kann durchaus in den Einflussbereich der südlichen Hochdruckgradienten gelangen, was eine Ostwetterlage zur Folge hätte. Kein Winterwetter, aber eben auch keine Westwetterlage!

Kein Winterwetter - jedoch hat die Westwetterlage mit einer gestörten Zirkulation auch keine Chance mehr
Die Wettervorhersage des europäischen Wettermodells: Kein Winterwetter - jedoch hat die Westwetterlage mit einer gestörten Zirkulation auch keine Chance mehr © www.meteociel.fr || wxcharts.com

Wetterprognose des amerikanischen Wettermodells: Das seltsame Konstrukt einer Westwetterlage

Wer bei uns schon eine Weile zu Gast ist, weiß, dass wir die berechnete Westwetterlage der Vorhersage-Modelle gerne mit einem gesunden Maß an Skepsis bewerten. Diese treten seit 2012 zunehmend seltener in Erscheinung. Markant ist das auffällige Ausbleiben der für Mitteleuropa normalen Westwetterlage seit 2018. Seitdem werden Westwetterlagen zwar immer wieder simuliert, doch können sie sich nur noch selten durchsetzen.

Polarwirbelsplit und blockierendes Hoch

Aktuell simulieren die Vorhersage-Modelle zwar mit dem Wirbel über Kanada und Grönland den Grundsatz einer zonal verlaufenden Strömung, doch auf der gegenüberliegenden Seite entsteht ein Konterpart in Form eines mächtigen Hochdrucksystems. Deutschland liegt zwischen den Fronten, und die Resultate lassen zwar den Rückschluss auf eine Westwetterlage zu, doch passt das Konstrukt überhaupt nicht zu einer nachhaltig agierenden Zonalisierung.

Dem Kontinentalhoch gelingt es laut der Wetterprognose der Amerikaner, zum 27. Januar einen Polarwirbelsplit oder ein Displacement (Verschiebung) herbeizuführen. Der Polarwirbel dreht sich über Kanada und Grönland ein und schiebt mithilfe einer Südwestwetterlage auf seiner Vorderseite ungewöhnlich warme Luftmassen nach Norden.

Gestörte Zirkulation

Dass dieses Konstrukt nicht für eine Zonalisierung geeignet ist, zeigt sich im weiteren Verlauf. Der Wirbel über Kanada und Grönland wird derart eingeklemmt, dass zum 30. Januar ein gigantischer Cluster über dem östlichen Kanada entsteht. Auf seiner Vorderseite lässt dieser einen Keil des Azorenhochs regelrecht nach Norden schießen. Dieser Hochdruckkeil geht zum 1. Februar eine Querverbindung zur Hochdruckzone über Sibirien ein und etabliert über Deutschland, Österreich und der Schweiz ein sonderbares Konstrukt mit einem abgekoppelten Cluster des Polarwirbels, welcher vom Hoch von Ost nach West gedrückt wird. Das ist das Gegenteil einer Westwetterlage, und man spricht in der Meteorologie von einer gestörten Zirkulation.

Der Winter im Februar

Abwarten. Zumindest folgen die Amerikaner der These von vor ein paar Tagen, wonach es um die Stabilität des Polarwirbels alles andere als gut bestellt ist. Abwarten vor allem deshalb, weil der Winter über Osteuropa ebenfalls weit hinter seinen Möglichkeiten zurückliegt – woher soll die Kälte also kommen? So pendeln sich die Temperaturen mit +0 bis +5 Grad Anfang Februar im nasskalten Bereich ein, und der leichte Niederschlag kann ab den mittleren Lagen in Schnee übergehen. Kein Winter, aber auch keine Westwetterlage!

Die Zonalisierung verpufft mit einem Polarwirbelsplit regelrecht
Wetterprognose des amerikanischen Wettermodells: Die Zonalisierung verpufft mit einem Polarwirbelsplit regelrecht © www.meteociel.fr || wxcharts.com

Auf den Punkt gebracht: Die Zonalisierung kann infrage gestellt werden

Die Umstellung der Großwetterlage erfolgt zur zweiten Wochenhälfte und wird mit einem Temperatursprung die Werte verbreitet weit über die +10-Grad-Marke hinaus ansteigen lassen. Der Grund hierfür liegt klar in der reaktiven Frontalzone, die auf ihrer Vorderseite die warmen Luftmassen nach Norden schiebt. Wenn man so will, der Beginn einer Westwetterlage. Die aktuellen Berechnungen lassen jedoch an einer nachhaltig agierenden Zonalisierung zweifeln und bringen für Anfang Februar mit einem schwachen Polarwirbel noch andere Varianten ins Spiel. Ob der Winter dabei eine Rolle spielen kann, bleibt abzuwarten.

Welches Wetter wahrscheinlich ist

Abwarten auch deshalb, da das Gesamtkonstrukt für einen plötzlichen Durchbruch des Winters nicht stimmig ist. Der Cluster über Kanada und Grönland ist eine Hausnummer, die man nicht so ohne Weiteres ignorieren kann.

Immerhin reagieren auch die Kontrollläufe auf die These von vor ein paar Tagen, dass eine durchgreifende Westwetterlage mit Skepsis zu bewerten ist. Das Temperaturmaximum wird mit einer Anomalie von bis zu +8 Grad zum 25. Januar simuliert und sinkt bis zum 28. Januar auf eine Anomalie von bis zu +3 Grad ab. Der Temperatursprung in Richtung Frühling kommt, ist jedoch nur vorübergehend. Anfang Februar pendelt sich der Mittelwert der Temperaturprognose der Kontrollläufe in einen Bereich ein, welcher der Jahreszeit entspricht.

Die Temperaturen in 1.400 Meter Höhe liegen vom 1. bis 4. Februar zwischen -2 und -4 Grad. Für den Flachlandwinter sind -6 bis -8 Grad Anfang Februar eine Grundvoraussetzung, während für die mittleren Lagen -4 bis -6 Grad ausreichend sind. Ja, der Winter ist ein ganzes Stück weit von Deutschland entfernt, dennoch kam es in den Kontrollläufen in den vergangenen 24 Stunden zu einer Korrektur, was den Winter ab den mittleren Lagen wieder optional macht. Schaun mer mal, was aus der Westwetterlage in den kommenden Stunden tatsächlich wird.

Kein Winterwetter möglich
Die Wetterprognose nach dem Mittelwert aller Kontrollläufe: Kein Winterwetter möglich © www.meteociel.fr

Die Temperaturprognose der Wettermodelle
Tag Temperatur­spektrum Temperatur­mittelwert
26. Januar +2 bis
+12 Grad
+7 bis
+9 Grad
30. Januar +1 bis
+13 Grad
+5 bis
+7 Grad
4. Februar -3 bis
+11 Grad
+4 bis
+6 Grad
Diagramm Temperaturen Februar 2025
Die Wahrscheinlichkeiten der Kontrollläufe Februar 2025 von zu kalt, normal, zu warm im Vergleich zum vieljährigen Mittelwert (1961 bis 1990)

Nächste Aktualisierung

  • 20:15 Uhr: Aktualisierung der Winterprognose an dieser Stelle

Update der Wetterprognose von 20:05 Uhr

Die Prognosen der Vorhersagemodelle haben im Tagesverlauf immer wieder die Variante eines Polarwirbelsplits bzw. eines Displacements des Polarwirbels in ihren Berechnungen berücksichtigt.

Warum die Unterscheidung zwischen Displacement und Polarwirbelsplit? Bei einem Displacement verschiebt sich der Polarwirbel lediglich, bleibt in seiner Grundstruktur jedoch intakt. Bei einem Polarwirbelsplit kapselt sich ein Teil des Polarwirbels ab. Zwar ist das in diesem Fall nicht viel, doch hat es zur Folge, dass die Hochdruckzone innerhalb des Polarwirbels mit einer gegensätzlichen Strömung agieren kann.

Auf den ersten Blick sind die Unterschiede klein, die Auswirkungen können jedoch erheblich sein. Wir haben das Prinzip einmal gegenübergestellt.

Der Unterschied zwischen einem Polarwirbelsplit und einem Displacement
Die Wetterprognose nach dem amerikanischen Wettermodell und ausgesuchten Kontrollläufen: Der Unterschied zwischen einem Polarwirbelsplit und einem Displacement © www.meteociel.fr

Winterwetter nur unter ganz bestimmten Voraussetzungen möglich

Wer bei uns schon längere Zeit zu Gast ist, weiß, dass die Grundlagen mit einem Polarwirbelcluster zwischen Skandinavien, der Barents- und Karasee im Hinblick auf den Winter besonders bedeutsam sind. Die aktuelle Konstellation mit einem genau umgekehrten Muster ist jedoch nur unter ganz bestimmten Voraussetzungen für den Winter geeignet.

Dem Winter gelingt der Durchbruch nur, wenn der Cluster zwischen Kanada und Grönland in seiner Entwicklung gestört wird und das ist mit einem Polarwirbelsplit deutlich wahrscheinlicher, als bei einem Displacement.. Das kann auf vielfältige Weise geschehen. In den meisten Fällen bildet sich jedoch ein Hochdrucksystem über Skandinavien aus und blockiert die atlantische Frontalzone. Also ja, eine Westwetterlage kann dadurch unterbunden werden, noch bevor sie sich richtig etablieren kann.

Das Hoch über Skandinavien blockiert nicht nur die Frontalzone, sondern leitet mit seiner Drehrichtung im Uhrzeigersinn eine östlich orientierte Grundströmung ein und sorgt so für ein gestörtes Zirkulationsmuster.

Ostwetterlagen sind jedoch nicht gerade für großartige Niederschlagsmengen bekannt und führen in den meisten Fällen zu Hochnebel, Nebel und Temperaturen, die um den Gefrierpunkt schwanken können. Mit anderen Worten: Kahlfrost. Schnee gibt es nur mit einem Kaltlufttropfen. Wir haben die Varianten einmal gegenübergestellt.

Vollständig gestörte Zirkulation mit Advehierung kalter Luftmassen aus östlichen Richtungen
Wetterprognose nach ausgesuchten Kontrollläufen: Vollständig gestörte Zirkulation mit Advehierung kalter Luftmassen aus östlichen Richtungen © www.meteociel.fr

Zusammenfassung: Wenig Spielraum für den Winter

Im Resümee des Tages zeigt sich, dass der Winter zwar einen schweren Stand hat, sich jedoch unter bestimmten Voraussetzungen doch noch durchsetzen kann. Die höhere Wahrscheinlichkeit gilt dabei zunächst einmal für die mittleren und höheren Lagen. Warum nicht für die tieferen Lagen? Dagegen spricht die kommende Warmluftzufuhr. Für einen Flachlandwinter geht viel Kälteenergie verloren und wird – auch unter optimalen Bedingungen – wohl auf eine nasskalte Variante hinauslaufen.

Das zeigt sich auch in der Temperaturprognose der Kontrollläufe in 1.400 Meter Höhe, die sich in den ersten Februartagen auf ein Niveau von -2 bis -4 Grad einpendeln. Zum Vergleich: Für den Flachlandwinter sind Anfang Februar Höhenwerte zwischen -6 und -8 Grad eine Grundvoraussetzung. Für mittlere Lagen reichen -4 bis -6 Grad aus.

Die Randfaktoren, wie der NAO- und AO-Index, bleiben bis auf Weiteres positiv besetzt, zeigen jedoch Ende Januar und Anfang Februar eine zunehmende Spreizung, was auf die unsichere Entwicklung des Polarwirbels hindeutet. Konkret lässt sich das erst in den kommenden Tagen analysieren, wenn es tatsächlich Varianten gibt, die in den negativen Bereich abrutschen. Mit anderen Worten formuliert: Da ist was im Busch. Mehr nicht.

Interessant ist auch heute wieder die Clusterbildung. Neun mögliche Varianten wurden simuliert. Vor rund einer Woche lag das Verhältnis zwischen Blocking und Zonalisierung bei 3 zu 6, jetzt ist es 5 zu 4. Ein Blocking wird im Februar wahrscheinlicher als ein Durchrauschen der Westwetterlage. Wobei – und das sei an dieser Stelle ausdrücklich vermerkt – ein Blocking nicht mit Winterwetter gleichzusetzen ist. Es verhindert lediglich die Westwetterlage!

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