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Winteraussichten - Reaktiver Polarwirbel oder doch die Dipolausbildung - der Winter am Scheideweg

| M. Hoffmann

Vom Winter war bis zu seiner Halbzeit nicht viel zu sehen, und er hat in seiner zweiten Hälfte noch einiges aufzuholen. Gelingt ihm das mit einem sich abschwächenden Polarwirbel, oder droht das Ganze in eine völlig andere Richtung zu kippen?

Umstellung der Großwetterlage - gelingt dem Winter noch der Sprung nach Deutschland? © Martin Bloch
Umstellung der Großwetterlage - gelingt dem Winter noch der Sprung nach Deutschland? © Martin Bloch

Eine schwache Störung löst sich heute über Deutschland allmählich auf, und von Süden setzt sich hoher Luftdruck durch. So bekommt man über dem Süden die Sonne im Tagesverlauf häufiger zu sehen. Weiter nach Norden schieben sich noch Wolken- und Hochnebelfelder vor die Sonne, und mancherorts können auch zähe Nebelfelder den Sonnenschein eintrüben. Mit Niederschlag ist bei Temperaturen von +2 bis +6 Grad und an den Küsten bis +8 Grad nicht zu rechnen.

Dichter Nebel und ungehemmter Sonnenschein

Bis in die kommende Woche hinein dominiert das Hoch mit einer gradientenschwachen Wetterlage das Wetter über Deutschland. Bei kaum wahrnehmbaren Windbewegungen aus unterschiedlichen Richtungen kommt die Luftmasse zur Ruhe, und es können sich in der Nacht zähe Nebelfelder ausbilden, welche sich tagsüber mancherorts nicht mehr auflösen werden. Ist das der Fall, kann neben Nebelnässe auch mit leichtem Sprühregen oder Schneegriesel gerechnet werden. Die Temperaturen schwanken um den Gefrierpunkt, was Glätte nicht ausschließt. Löst sich der Nebel auf, kommt die Sonne zum Vorschein und kann von einem nahezu blauen Himmel auf Deutschland herabscheinen. Die Temperaturen pendeln sich auf +0 bis +5 Grad ein. In den Nächten sinken die Werte auf -5 bis +0 Grad ab. Frostfrei können die Nächte entlang der Küsten von Nord- und Ostsee verlaufen. Wer es genauer wissen möchte – Wetter Januar.

Schwachgradientige Wetterentwicklung - Sonne und Nebel, verbreitet trocken
Wetterprognose der Vorhersage-Modelle: Schwachgradientige Wetterentwicklung - Sonne und Nebel, verbreitet trocken © www.meteociel.fr

Wettervorhersage des europäischen Wettermodells: Polarwirbel wird weit nach Süden gedrückt

Wir haben die Schlüsselszene für die kommende Wetterentwicklung oben markiert. Unscheinbar schiebt sich zum 22. Januar ein Hochdruckkeil in Richtung Island und setzt innerhalb des Polarwirbels einen Impuls ab. Die Dipolausbildung lässt sich bereits andeutungsweise erkennen.

Dipolausbildung mit Ansatz zum Polarwirbelsplit

Nach der Wetterprognose der Europäer bleibt das Hoch nicht über Island, sondern dehnt sich bis zum 26. Januar weiter in Richtung Nordpol aus. Sowohl das Hoch über Europa als auch das Hoch über Alaska versuchen, eine Querverbindung aufzubauen. Was folgt, ist eine klassische Dipolausbildung des Polarwirbels mit einem Cluster über Kanada und Grönland und einem weiteren über Sibirien. Sollte das Hoch zwischen diesen Clustern kräftiger werden, käme es zu einem Polarwirbelsplit – dazu reicht es nach den aktuellen Berechnungen jedoch nicht.

Kuriose Wetterlage

Stattdessen muss der Cluster über Kanada und Grönland weit nach Süden übergreifen, um der Rotationsbewegung des Hochdrucksystems zu entgehen, und erreicht mit seinen Ausläufern England und Frankreich. Tiefdrucksysteme drehen sich gegen den Uhrzeigersinn, und so gelangen Deutschland, Österreich und die Schweiz zunächst in eine vergleichsweise warme Südwestanströmung. Die Wind- und Niederschlagsaktivität nimmt bei Temperaturen von +5 bis +10 Grad zu.

Würde sich mit der südlichen Verlagerung des Clusters – und der damit einhergehenden Schwächung – ein Hochdruckkeil des Azorenhochs nach Norden ausdehnen und den Kontakt zum Hoch über der Polarregion suchen, könnte der Cluster rückwärts über Mitteleuropa nach Süden austrogen. Winterwetter wäre so – zumindest in der Theorie – möglich.

Nasskaltes Wetter

So ist es aber nicht – zumindest nicht nach der Prognose der Europäer. Die Tiefdruckdynamik gewinnt an Intensität und schiebt vom 26. Januar bis Anfang Februar einen Tiefdruckausläufer nach dem anderen in Richtung Mitteleuropa. Wenn man so will, eine zonal verlaufende Struktur. Über Deutschland hat das Temperaturen von +4 bis +8 Grad und phasenweise bis zu +10 Grad zur Folge. Zieht ein Tief nach Osten ab, können kurzzeitig auch +0 bis +5 Grad möglich sein. Der Niederschlag ist überwiegend in flüssiger Form zu erwarten und geht erst ab den höheren mittleren Lagen allmählich in Schnee über.

Kein Winterwetter, dafür eine kuriose und in Phasen auch turbulente Wetterentwicklung
Die Wettervorhersage des europäischen Wettermodells: Kein Winterwetter, dafür eine kuriose und in Phasen auch turbulente Wetterentwicklung © www.meteociel.fr || wxcharts.com

Wetterprognose des amerikanischen Wettermodells: Polarwirbel dreht voll auf

Berechneten die Amerikaner in den vergangenen Tagen immer wieder winterliche Ansätze, so ist heute nichts mehr davon zu erkennen. Wenn man so will, eine Wende um 180 Grad. Verwunderlich ist das jedoch nicht, denn wie bereits gestern in der Wetterprognose Februar 2025 näher erläutert, sprechen die Randfaktoren nicht für winterliche Wetterverhältnisse.

Reaktiver Polarwirbel

Das Hoch über Island strebt – anders als nach der Prognose der Europäer – nicht in Richtung der Polarregion, und so kommt es auch nur im Ansatz zu einer Dipolausbildung. Der Cluster über Kanada und Grönland schiebt das Hoch zügig – über Europa und Skandinavien – nach Osten weg, und so können sich die zwei Cluster wieder zu einem verbünden. Da der über Kanada der kräftigere ist, wird dieser auch maßgeblich das Wetter über Mitteleuropa beeinflussen können.

Was folgt, ist eine beeindruckende Intensität der Wiedervereinigung der Cluster, die mit Extremwindereignissen über Nordeuropa hinwegziehen können. Über Deutschland, Österreich und der Schweiz bildet sich eine Hochdruckzone aus, welche sich von den Azoren bis weit über das westliche Russland erstreckt.

Erheblich zu warmes Wetter

Was folgt, ist etwas, was Freunde des Winterwetters fürchten. Die Reaktivierung des Wirbels drückt in Kombination mit der Hochdruckzone ungewöhnlich warme Luftmassen nach Mitteleuropa, was die Temperaturen zum 26. Januar auf +5 bis +10 Grad und bis zum 29. Januar auf +6 bis +12 Grad und über dem Südwesten auf bis zu +14 Grad ansteigen lassen kann. Weit weg vom Winter – und der Hochwinter ist noch nicht einmal im Ansatz zu erkennen.

Eine im Vergleich zu gestern 180-Grad-Wende - der reaktive Polarwirbel
Wetterprognose des amerikanischen Wettermodells: Eine im Vergleich zu gestern 180-Grad-Wende - der reaktive Polarwirbel © www.meteociel.fr || wxcharts.com

Auf den Punkt gebracht: Umstellung der Großwetterlage

Das Hoch dominiert das Wetter noch bis zum 20. Januar, und nachfolgend stellt sich die Großwetterlage erwartungsgemäß um. Eine Schlüsselszene spielt dabei ein Hoch über Island und die Dipolausbildung des Polarwirbels. Die Prognosemodelle zeigen heute Varianten, die verdeutlichen, was im Hinblick auf eine winterliche Wetterentwicklung alles schiefgehen kann.

Welches Wetter wahrscheinlich ist

Jetzt ist es jedoch so, dass nach einer eingefahrenen Wetterlage ein Wetterwechsel genauer beobachtet werden muss. Warum? Die Vorhersagemodelle neigen gerne dazu, Zonalisierung ins Spiel zu bringen, die aber seit 2012 seltener und seit 2018 nur noch sporadisch in Erscheinung tritt. Auch in den vergangenen Monaten wurde immer wieder die Westwetterlage simuliert und nachfolgend verworfen. Insofern gilt es, Berechnungen – wie die der Amerikaner – mit einem gesunden Maß an Skepsis zu bewerten. So verwundert es auch nicht, dass die Wetterprognose der Amerikaner im Vergleich zu den Kontrollläufen die mit Abstand wärmste Variante berechnet. Möglich ja, wahrscheinlich nein.

Die Temperaturprognose der Kontrollläufe berechnet in der Höhe von 1.400 Metern einen Mittelwert, der im Zeitraum vom 23. Januar bis 1. Februar im Bereich von -1 bis -4 Grad schwankt. Für einen Flachlandwinter sind Anfang Februar Höhenwerte von -6 bis -8 Grad eine Grundvoraussetzung. Für die mittleren Lagen reichen -4 bis -6 Grad aus. Das unterstreicht einmal mehr die wenig winterliche Wetterentwicklung – nasskalt über tieferen Lagen, bei der der Winter lediglich ab den höheren mittleren Lagen optional wird. Aufgrund der Umstellung der Großwetterlage gibt es für die kommenden 72 Stunden noch ein größerer Spielraum in den Berechnungen der Vorhersage-Modelle zu erwarten - in Stein gemeißelt ist noch nichts.

Deutliche Verschiebungen
Die Wetterprognose nach dem Mittelwert aller Kontrollläufe: Deutliche Verschiebungen © www.meteociel.fr

Die Temperaturprognose der Wettermodelle
Tag Temperatur­spektrum Temperatur­mittelwert
22. Januar +2 bis
+7 Grad
+3 bis
+5 Grad
26. Januar -3 bis
+7 Grad
+2 bis
+4 Grad
31. Januar -6 bis
+9 Grad
+2 bis
+4 Grad
Diagramm Temperaturen Februar 2025
Die Wahrscheinlichkeiten der Kontrollläufe Februar 2025 von zu kalt, normal, zu warm im Vergleich zum vieljährigen Mittelwert (1961 bis 1990)

Nächste Aktualisierung

  • 20:15 Uhr: Aktualisierung der Winterprognose an dieser Stelle

Update der Wetterprognose von 20:20 Uhr

Das Grundschema der Europäer und des amerikanischen Wettermodells hat sich heute Abend nicht wesentlich verändert. Die Dipolausbildung des Polarwirbels steht ab dem 23. Januar weiterhin im Vordergrund. Entscheidend wird sein, welche Stärke das Hoch innerhalb des Polarwirbels erreicht.

Nach den Europäern reicht der Störimpuls des Hochdrucksystems aus, um den gesamten Polarwirbel in Unruhe zu versetzen. In den nachfolgenden Wetterkarten erkennt man erneut den Ansatz eines Polarwirbelsplits.

Optionaler Winter über Deutschland

Zwar verläuft die Hochdruckachse im Hinblick auf den Winter an einer nicht ganz optimalen Position, doch verliert das Hoch seine Achse über die Mittelmeerregion, sodass die Frontalzone nach Mitteleuropa übergreifen kann. Anders als noch heute Nachmittag kommt der Wirbel etwas weiter nach Osten voran und kann ab dem 24. Januar an seiner Rückseite kühlere Luftmassen nach Deutschland führen. Die Temperaturen erreichen am 23. Januar +4 bis +8 Grad, über dem Südwesten sogar bis +10 Grad, und sinken bis zum 25. Januar unter zunehmender Niederschlagsaktivität auf +3 bis +6 Grad. Bis zum 27. Januar fallen die Temperaturen auf +0 bis +5 Grad und bewegen sich damit in den nasskalten Bereich. Der Winter wird ab den mittleren Lagen wieder optional.

Dipolausbildung mit Ansatz zum Polarwirbelsplit
Wetterprognose nach dem europäischen Wettermodell: Dipolausbildung mit Ansatz zum Polarwirbelsplit © www.meteociel.fr

Kaltluft strömt weiter nach Süden aus

Die Prognose der Amerikaner ähnelt zwar stark der Variante von heute Mittag, doch zeigen sich Unterschiede im Detail: Der Wirbel bleibt geclustert. Die Dipolausbildung verhindert zunächst, dass die Cluster zueinanderfinden und so den Polarwirbel weiter befeuern können.

Der aktiv-dynamische Cluster über Kanada und Grönland gibt den Ton an und versucht, das Hoch am südlichen Gradienten zu unterwandern. Das gelingt auch, jedoch im Vergleich zu heute Nachmittag deutlich südlicher. Dadurch gelangen kalte Luftmassen bis an die Alpen, was die Temperaturen vom 25. Januar mit +5 bis +10 Grad bis zum 28. Januar auf +2 bis +6 Grad zurückgehen lässt. Zwar kein Winterwetter, jedoch weit entfernt von Maximalwerten bis +14 Grad, welche heute Nachmittag noch berechnet wurden.

Störung des Polarwirbels mit einer weit nach Süden übergreifenden Frontalzone des Clusters über Kanada und Grönland
Wetterprognose dem amerikanischen Wettermodell: Störung des Polarwirbels mit einer weit nach Süden übergreifenden Frontalzone des Clusters über Kanada und Grönland © www.meteociel.fr

Zusammenfassung: Ein wenig Spielraum für den Winter

Die Prognosemodelle nähern sich den Wettertrends der Kontrollläufe allmählich an. Nasskaltes Wetter über tieferen Lagen mit winterlichen Optionen ab den mittleren Lagen. Zudem wird die Dipolausbildung gestützt, was im weiteren Verlauf noch zu interessanten Entwicklungen führen kann. Gestützt wird ebenfalls der Wetterwechsel zum 23. Januar.

Ansonsten bleibt vorerst alles wie gehabt – mit einer Ausnahme: Interessant ist die zunehmende Spreizung im AO- und NAO-Index. Beide Werte sind zwar im Mittelwert bis Februar positiv bewertet, doch zeigt sich eine zunehmende Anzahl an negativen, teils deutlich negativen Varianten. Abwarten.

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