Wetterkrimi: Unwetterartige Neuschneemengen, Kaltlufttropfen und der Hochwinter
Eine turbulente und phasenweise chaotische Wetterentwicklung ist in der kommenden Woche über Deutschland mit einer sich auftuenden Luftmassengrenze zu erwarten. Unwetterartige Neuschneemengen lassen sich mancherorts nicht ausschließen. Doch was ist mit dem Winter los – geht das Auf und Ab der Temperaturen so weiter, oder gelingt dem Winter der nachhaltige Durchbruch zum Hochwinter?
Der Samstag verläuft zunächst noch ruhig, doch der anfängliche Sonnenschein lässt sich durch hohe Schichtbewölkung eintrüben und schwindet im Tagesverlauf durch aufziehende Bewölkung gänzlich (Wolkenradar). Der schwache Wind dreht auf südliche Richtungen und frischt zum Abend auf. Noch in der ersten Nachthälfte setzt über dem Südwesten Schneefall ein, welcher sich am Sonntag nach Nordosten ausbreitet. Der Schneefall gehört zu einer Vorderseitenanströmung eines Tiefdrucksystems, das ungewöhnlich warme Luftmassen nach Deutschland führt und die Temperaturen bis Montag auf +10 bis +15 Grad und örtlich sogar noch darüber hinaus in den frühlingshaften Bereich ansteigen lassen kann. Der anfängliche Schnee geht rasch in Schneeregen und Regen über und kann in der Übergangsphase auf dem teils gefrorenen Boden für erhebliche Glätte sorgen (Warnlagenbericht).
Chaotisches Wetter: Luftmassengrenze baut sich über Deutschland auf
Am Dienstag zieht das Tief über Deutschland hinweg und leitet den Zustrom kühlerer Luftmassen nach Deutschland ein. Doch auf dem Atlantik entsteht bereits die nächste Tiefdruckentwicklung und schiebt sich am Mittwoch unter den Kaltluftzustrom – eine Randtiefentwicklung. Diese drückt sich nach den aktuellen Prognosen der Vorhersagemodelle nördlich der Alpen nach Osten und führt ab Mittwoch südlich einer Linie von Köln und Berlin mit +8 bis +12 Grad erneut warme Luftmassen nach Deutschland. Weiter nach Norden schwanken die Temperaturen um den Gefrierpunkt. Die Herausforderung dieser Wetterlage liegt darin, die Luftmassengrenze zu bestimmen – denn entlang der Luftmassengrenze ist mit ergiebigem Niederschlag zu rechnen, welcher teils als Schnee, teils aber auch als Regen und nach Süden bis auf die höheren Lagen als Regen niedergeht. Zum aktuellen Stand ist die Luftmassengrenze noch ein variables Konstrukt. Wer es genauer wissen möchte – Wetter Januar.
Wetterprognose nach dem europäischen Wettermodell: Eine Hochdruckzone und der Hochwinter
Die teils unwetterartigen Neuschneemengen sind nach der Wetterprognose der Europäer in den obenstehenden Wetterkarten durchaus beachtlich. Doch muss man wissen, dass die Schneeprognose der Europäer nicht zu den besten gehört. Zieht man rund 30 Prozent ab, passt es einigermaßen – dennoch bleiben diese Werte für manche Regionen beachtlich.
Hochdruckaufbau
Der Cluster des Polarwirbels zieht zum 11. Januar ab und macht den Weg für ein Hoch über dem Atlantik frei. Dieses Hoch dehnt sich bis Mitte Januar auf einen Bereich zwischen Island, England, Skandinavien und Deutschland aus, wobei Deutschland, Österreich und die Schweiz am östlichen und südlichen Hochdruckgradienten liegen. Zudem bildet diese Entwicklung der Großwetterlage eine gestörte Zirkulation ab. Der NAO-Index ist negativ, und die atlantische Frontalzone hat keine Chance mehr, sich in Richtung Mitteleuropa zu entwickeln.
Mit der Hochdruckposition stellt sich über Deutschland eine östliche Grundströmung ein, was die Temperaturen am Tag auf -2 bis +2 Grad einpendeln lässt. Über den Regionen mit Schnee können die Tageswerte mit -5 bis 0 Grad zu Dauerfrost führen und die teils tiefwinterliche Schneedecke bis Mitte Januar erhalten. In den Nächten sinken die Tiefstwerte auf -6 bis 0 Grad ab. Bei Aufklaren und über Schnee können sogar bis -12 Grad möglich sein.
Weitreichende Folgen für den Hochwinter
Von hoher Bedeutung ist somit, wo die Luftmassengrenze verläuft, und das macht die kommende Wetterentwicklung äußerst spannend und hat im Hinblick auf den Hochwinter weitreichende Folgen. Warum das so ist? Ganz einfach: Sollte das Hoch weiter nördlich verweilen und Deutschland in eine konservierende Ostströmung bringen, kühlen die Luftmassen weiter aus. Die Hochdruckposition ist für den weiteren Verlauf des Winters als günstig zu bewerten, da ein Abdriften in Richtung Polarwirbel eine durchaus plausible Variante ist und ein Wegbereiter für einen weiteren Vorstoß polarer Luftmassen sein kann.
Wettertrend des amerikanischen Wettermodells: Keine durchgreifende Milderung - stattdessen Kaltlufttropfen und eine im Ansatz hochwinterliche Wetterentwicklung
Die Sprunghaftigkeit der Vorhersage-Modelle bleibt erhalten. Keine der Prognosen hat eine Konsistenz von mehr als 12 Stunden. Das ist bemerkenswert, doch wer bei uns bereits eine Weile zu Gast ist, weiß, dass dies etwas Erwartbares ist.
Kaltlufttropfen und der Hochwinter
Die Vorhersage der Europäer deutet es lediglich an, der Wettertrend der Amerikaner zeigt es deutlicher. Zunächst einmal ist die Entwicklung der Großwetterlage sehr ähnlich der des europäischen Wettermodells - jedoch schnürt das Hoch in seiner Ostwärtsbewegung zum 10. Januar den Trog ab und wandelt den übriggebliebenen Teil in einen Kaltlufttropfen um, welcher sich zwischen dem 11. und 14. Januar in Richtung Deutschland, der Schweiz und Österreich verlagert.
Schneechaos nicht auszuschließen
Abwarten - gleich in vielerlei Hinsicht, und das, was folgt, ist eine Momentaufnahme aus den Berechnungen des amerikanischen Wettermodells, welches sich mit der aktuellen Sprunghaftigkeit bis heute Abend noch verändern kann. Die Prognosen zeigen, was möglich, doch nicht unbedingt, was wahrscheinlich ist.
Einerlei - der Kaltlufttropfen verweilt zwischen dem 11. und 15. Januar über Deutschland und schneit regelrecht ab, was über ganz Deutschland zu teils unwetterartigen Neuschneemengen führen kann. Die Temperaturen erreichen am 11. Januar Höchstwerte von -4 bis +2 Grad, am 15. Januar von -6 bis -2 Grad und am 17. Januar von -9 bis +2 Grad. Die höheren Werte sind entlang der Küsten und die tieferen über dem südlichen Baden-Württemberg und Bayern möglich.
In den Nächten sinken die Werte auf -3 bis -9 Grad und bei Aufklaren und über Schnee können bis -19 Grad erzielt werden. Eine insgesamt hochwinterliche Wetterentwicklung.
Auf den Punkt gebracht: Kleine Unterschiede, große Wirkung
So ist es und so bleibt es auch nach 96 Stunden. Zum einen ist die Sprunghaftigkeit in den Prognosemodellen weiterhin sehr hoch, und zum anderen sind es kleine Details - wie zum Beispiel die Randtiefentwicklung kommender Woche - die einen großen Einfluss auf die Wetterentwicklung haben kann. Insgesamt sind die Vorhersagemodelle im Vergleich zu gestern Abend wieder ein deutliches Stück kälter geworden und bringen den Hochwinter zurück ins Spiel.
Welches Wetter wahrscheinlich ist
Aber nicht nur die Prognosemodelle haben sich nach unten korrigiert, auch die Kontrollläufe sind - zumindest etwas - kälter geworden. Die Temperaturen in 1.400 Meter Höhe schwanken nördlich einer Linie von Köln und Berlin vom 7. bis 15. Januar zwischen -5 und -7 Grad. Also exakt der Bereich, der für einen Flachlandwinter eine absolute Voraussetzung ist. Sozusagen eine knappe Kiste
. Für mittlere Lagen reichen -3 bis -5 Grad aus.
Weiter nach Süden machen sich die Randtiefentwicklungen bemerkbar, und das Spektrum der Temperaturen in 1.400 Meter Höhe schwankt am 7. Januar von bis +5 Grad bis zum 12. Januar von -8 Grad. Im direkten Vergleich zu den Kontrollläufen bilden die Amerikaner und die Europäer die kälteren Varianten ab.
Mit zunehmendem Hochdruck - und dieser wird von den Kontrollläufen bis zum 15. Januar bestätigt - steigt die Chance auf Dauerfrost - auch über dem Süden an. Es scheint im Moment so, als ob sich die Kontrollläufe den Hauptläufen der Vorhersagemodelle anpassen. Schaun mer mal, was im Tagesverlauf daraus wird.
Tag | Temperaturspektrum | Temperaturmittelwert |
---|---|---|
10. Januar | -2 bis +11 Grad |
+4 bis +7 Grad |
14. Januar | -8 bis +7 Grad |
-1 bis +2 Grad |
19. Januar | -8 bis +13 Grad |
+2 bis +4 Grad |
Update der Wetterprognose von 20:20 Uhr
Ab heute Nacht entwickelt sich über Deutschland eine nicht alltägliche Wetterlage, die einige Kuriositäten mit sich bringt. Zunächst der Niederschlag der Nacht und vom Sonntag, der wie eine Schneewalze nach Nordosten zieht. Jedoch führt ein böiger Wind warme Luftmassen nach Norden, was den Schnee rasch in Regen verwandelt und die temporäre Schneedecke abtauen lässt. In der Zwischenphase kann Glätte entstehen (Warnlagenbericht). Zum Start in die neue Woche sind frühlingshafte Temperaturen von bis zu +15 Grad und örtlich sogar mehr möglich.
Ab Dienstag kehren polare Luftmassen nach Deutschland zurück, und die Schauer gehen wieder als Schnee- oder Graupelschauer nieder. Ab Mitte der Woche sorgt ein Randtief für eine Luftmassengrenze über Deutschland mit teils unwetterartigem Schneefall. Also ja, das Wetter hat einiges zu bieten.
Hochwinter - oder?
Die obenstehenden Wetterkarten zeigen einen markanten Wetterwechsel, der bis Ende der kommenden Woche eine winterliche Wetterentwicklung teils bis auf tiefere Lagen herab möglich machen kann. Der Trigger – und damit im Hinblick auf den Hochwinter alles entscheidende Merkmal – ist das Hoch. Bleibt es westlich, bekommt der Winter eine Chance. Verlagert sich das Hoch nach Osten, passiert nicht viel. Verlagert sich das Hoch über Osteuropa, gerät Deutschland in den Einflussbereich einer warmen Südanströmung. Und verlagert sich das Hoch weiter nach Norden – über Skandinavien – kommt eine hochwinterliche Ostwetterlage ins Spiel. In allen Varianten jedoch spielt das Hoch die Hauptrolle.
Interessant ist heute Abend die Prognose der Europäer, die im Prinzip alle Varianten gleichermaßen abbildet. Erst das Hoch über Skandinavien (12. bis 17. Januar), nachfolgend über Ost- (18. Januar) und zum 19. Januar über Mitteleuropa. Entscheidend für den Hochwinter wird die Qualität der Schneedecke sein. Nach den aktuellen Berechnungen schwanken die Temperaturen vom 8. Januar an überwiegend um den Gefrierpunkt und können in den Nächten auf +0 bis -8 Grad absinken. Bei einem negativen Taupunkt sublimiert die Schneedecke vor sich hin.
Zusammenfassung: Launisches Winterwetter
Launisch bringt es auch heute wieder gut auf den Punkt. Noch immer ist nicht klar, ob es zum Hochwinter oder Winterwetter reichen wird. Temperaturen um die Nullgradmarke schwankend sind jetzt nicht das, was man sich unter Winterwetter vorstellt. Aber ja, mit einer passenden Schneedecke und einem Hoch mitsamt negativem Taupunkt kann unter Umständen ein perfektes Winterwetter zustande kommen – ist halt eine knappe Kiste
.
Randfaktoren - Beginnt der Winter erst?
In der Theorie – und das wurde seit Oktober schon mehrfach erwähnt – soll der QBO für ein Major-Warming in Stratosphärenhöhe sorgen. Der Zeitpunkt hierfür war zwischen dem 15. Dezember und 15. Januar angesetzt. Am 22. Dezember ist der QBO in seine Ostphase übergegangen. Seitdem kommt es in Stratosphärenhöhe zu kräftigen Warming-Erscheinungen, welche jedoch nie über ein Minor-Warming hinauskommen. Also ja, zwischen Theorie und Praxis gibt es eben diesen Unterschied.
Nichtsdestotrotz hat sich der Ansatz zu einem Major-Warming immer wieder gezeigt. Und nochmals ja – heute Abend ist es soweit: Die ersten Berechnungen bestätigen ein Major-Warming zum 15. Januar mitsamt Windumkehr entlang des 60. Breitengrades. Kommt es tatsächlich zu einem Major-Warming, so wird der Polarwirbel von oben herab massiv geschwächt, und neben einem Displacement kommt auch ein Polarwirbelsplit oder ein völliger Zusammenbruch des Polarwirbels ins Spiel. Spannender kann es für Freunde des Winterwetters
nicht mehr werden – vorausgesetzt, die Realität folgt der Theorie ;-)