Winterprognose: Ein Kaltlufttropfen, ein Polarwirbelsplit und der Winter über Deutschland
Ein Hoch über Alaska - weit weg von Deutschland - könnte den entscheidenden Impuls für eine West- oder Winterwetterlage setzen. Es spielen zwar noch andere Parameter eine Rolle, doch dieses Hoch kann den Polarwirbel entweder stabilisieren, oder auseinanderdriften lassen und zu zum ersten Polarwirbelsplit der Saison führen. Was ist möglich und was davon ist wahrscheinlich?
Deutschland liegt in den kommenden Tagen im Einflussbereich einer hohen Wellenbewegung entlang der Polarfront, was gestern Abend und in der Nacht über dem Süden Deutschlands noch einiges an Schnee hinterlassen hat (Schneehöhen Deutschland). Am Wochenende kehrt sich das Ganze dann um – aus dem Wellental wird ein Wellenberg und lässt die Temperaturen bei einem weiterhin unbeständigen und windigen Wettercharakter bis zum Montag auf +12 bis +16 Grad und über dem Südwesten bis +18 Grad und mehr ansteigen, was dann frühlingshaft warm ist.
Die nächste Abkühlung
Zur Wochenmitte erreicht auch schon der nächste Tiefdruckausläufer Deutschland, was den ruppigen und über exponierte Lagen und die Küsten von Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern auch stürmischen Wind bringt, ihn jedoch auf westliche bis nordwestliche Richtungen drehen lässt. Die Temperaturen sinken bei einem unbeständigen Wettercharakter auf +5 bis +10 Grad ab. In den sonnigen Momenten können bis zu +12 Grad möglich sein. Wer es genauer wissen möchte – Wetter November.
Wetterprognose nach dem europäischen Wettermodell: Keine Westwetterlage - Chance für den Winter?
Wir hatten in der gestrigen Prognose für das Wetter im Dezember im abendlichen Update ausführlicher über das Muster einer Westwetterlage berichtet, dieses jedoch auch infrage gestellt, da in diesem Winter der QBO-Ost kommen und den Polarwirbel in seiner Intensität schwächen sowie so für Turbulenzen sorgen wird. Zudem ist die Westwetterlage in den vergangenen Jahren nur noch selten und in diesem Jahr so gut wie gar nicht in Erscheinung getreten.
Warum nach der Prognose der Europäer keine Westwetterlage möglich ist
Schaut man sich die obenstehenden Wetterprognosen an, so erkennt man den Ansatz – oder vielmehr die Grundlage – einer Westwetterlage mit der Hochdruckzone zwischen Alaska und Sibirien, welche durch ihre Drehrichtung im Uhrzeigersinn die Aktivität des Polarwirbels weiter in Richtung Kanada und Grönland verlagern kann. Doch bevor dieser Prozess so richtig in Gang gesetzt werden kann, meldet sich das Kontinentalhoch zu Wort und drängt sich mit einem Keil in Richtung Ostsibirien vor. Damit kippt die Hochdruckachse und die Verbindung zum Hoch über Alaska wird unterbrochen.
Chancen auf Winterwetter?
Nein, nicht unmittelbar, doch sorgt die abkippende Hochdruckachse für eine gewaltige Störung des Polarwirbels, welcher im weiteren Verlauf mit weiteren Hochdruckeinschüben zunehmende Stabilitätsprobleme bekommt, was dann prompt wieder eine hohe Wellenbewegung entlang der Polarfront zur Folge hat. Und ja, damit wäre eine Westwetterlage nicht mehr möglich. Stattdessen erhält sich ein meridional verlaufendes Muster, und mit einer entsprechenden Hochdruckposition ließe sich auch wieder über den Winter spekulieren. So weit ist es im Moment aber noch nicht. Vielmehr ist bei Werten von +4 bis +8 Grad eine mehr nasskalte Witterung zu erwarten.
Wettervorhersage nach dem amerikanischen Wettermodell: Kaltlufttropfen und der Winter
Aber nicht nur die Europäer verwerfen die Zonalisierung, auch die Amerikaner haben heute Nachmittag zwar einen anderen, aber dennoch interessanten Ansatz im Hinblick auf den Winter zu bieten.
Der Trigger ist auch hier das Kontinentalhoch über Sibirien, welches sich jedoch nicht bis über das östliche Sibirien ausdehnt, sondern viel lieber eine Querverbindung zu einem Hochdruckkeil des Azorenhochs eingeht - ja, richtig gelesen - genau in die andere Richtung. Denn auch das lässt die Hochdruckachse auf längere Sicht hin kippen und das in einer für den Winter noch besseren Position. Doch der Reihe nach.
Hochdruckblase und Kaltlufttropfen
Im Umstellungsprozess bildet sich Anfang Dezember eine Hochdruckzone aus, welche sich von den Azoren bis weit nach Russland hinein entwickeln kann. Am zunächst östlichen und später entlang des südlichen Hochdruckgradienten wird ein Störimpuls eingeschlossen und agiert im Dezember als Kaltlufttropfen oder auch Höhentief. Durch die Drehbewegung des Hochdrucksystems im Uhrzeigersinn wird der Kaltlufttropfen bis zum 2. Dezember über die Alpen geführt. Die Temperaturen erreichen am 1. Dezember +0 bis +5 Grad und am 3. Dezember -1 bis +5 Grad. Hinzu kommt geringfügiger Niederschlag, welcher ab den mittleren Lagen als Schnee niedergehen und für die Ausbildung einer Schneedecke dienlich sein kann.
Blockadehoch Atlantik - Polarwirbelsplit
Während sich der Kaltlufttropfen über Mitteleuropa eindreht, dehnt sich auf dem Atlantik ein weiteres Hochdruckgebilde weit nach Norden aus und geht seinerseits eine Querverbindung zum Hoch über Alaska - und damit quer durch den Polarwirbel hindurch - ein. So kann sich bis zum 2. Dezember bereits ein Polarwirbelsplit ergeben und da sich über Deutschland bereits eine Störung befindet, wäre es für den Trog über Skandinavien ein Leichtes, sich bis an die Alpen zu entwickeln.
Schneefall und winterliche Wetterverhältnisse
Die Temperaturen sacken bis zum 6. Dezember (Nikolaus) weiter ab und pendeln sich mit -7 bis +2 Grad verbreitet im Dauerfrostbereich ein. Der Niederschlag geht in Schnee über und kann - abseits der Küstenregionen - für winterliche Wetterverhältnisse bis auf tiefere Lagen herab sorgen. Der Flachlandwinter kommt ins Spiel.
Auf den Punkt gebracht: Hop oder Top - zwischen Frontalzone und Kaltlufttropfen
Das Hop-oder-Top-Resümee besteht bereits den fünften Tag in Folge, und auch heute zeigt sich eindrücklich, dass entweder die Frontalzone regeneriert und durchbricht oder sich die hohe Wellenbewegung entlang der Polarfront erhält. Das ist bei weitem noch keine ausgemachte Sache. Die Schwankungsbreite ist hoch, doch hängt alles von der Entwicklung der Hochdruckzone zwischen Alaska und Sibirien ab. Aus meteorologischer Sicht eine spannende Zeit.
Welches Wetter wahrscheinlich ist
Dieses Hop-oder-Top-Prinzip bildet sich auch in den Kontrollläufen ab. Das Temperaturspektrum schwankt in 1.400 Meter Anfang Dezember zwischen +10 und -8 Grad. Der Mittelwert bewegt sich zwischen +1 und +3 Grad. Damit der Flachlandwinter möglich wird, sollten die Höhenwerte zwischen -6 und -8 Grad und für die mittleren Lagen zwischen -4 und -6 Grad liegen. Damit ist der Winter ein ganzes Stück weit entfernt, und eine nasskalte Witterung (Schauer, Wind, Temperaturen von +4 bis +8 Grad) ist und bleibt auch heute eine sehr wahrscheinliche Wetterentwicklung. Der Mittelwert aller Kontrollläufe will sich zudem (noch) nicht so recht von der Zonalisierung lösen. Schaun mer mal.
Tag | Temperaturspektrum | Temperaturmittelwert |
---|---|---|
28. November | +1 bis +13 Grad |
+6 bis +8 Grad |
2. Dezember | -1 bis +12 Grad |
+5 bis +7 Grad |
7. Dezember | -5 bis +12 Grad |
+5 bis +7 Grad |
Nächste Aktualisierung
- 20:15 Uhr: Aktualisierung der Winterprognose an dieser Stelle
Update der Wetterprognose von 20:19 Uhr
Im gestrigen Update sind wir einmal näher auf das Wesen der zonalen Grundströmung eingegangen. Heute folgt eine andere Betrachtung auf den Polarwirbel. Wie müssen sich die Systeme positionieren, wenn sich bis Nikolaus (6. Dezember) der Winter über Deutschland einstellen soll?
Gestörter Polarwirbel, Polarwirbelsplit
Fangen wir gleich mit dem Hauptmerkmal einer möglichen winterlichen Wetterentwicklung an. Während bei einer Zonalisierung der Polarwirbel durch eine Hochdruckzone zwischen Alaska und dem östlichen Sibirien sachte in Richtung Mitteleuropa nach Süden geschoben wird, sind die winterlichen Varianten brachial und stören den Polarwirbel mit direkten Hochdruckeinschüben nachhaltig.
Diese Störungen bringen den Polarwirbel außer Takt, und da sich noch nichts stabilisiert hat, kommt auch eine große Menge an Unruhe ins Spiel. Die Polarfront wird in Schwingung versetzt und löst die Meridionalisierung der Grundströmung aus (Nord-Süd; Süd-Nord). Intensivieren sich die Hochdrucksysteme weiter, so kann es zwischen dem Azorenhoch und dem Hoch über Alaska auch zu einer Querverbindung - quer durch den Polarwirbel hindurch - kommen. Dieser Vorgang teilt den Polarwirbel in zwei Cluster, und man spricht von einem Polarwirbelsplit. Die Wetterprognose der Amerikaner berechnen heute Abend einen Polarwirbelsplit bis zum 6. Dezember.
Ein Polarwirbelsplit ist jedoch nicht immer ein Split an gleicher Stelle - wir haben die Varianten einmal gegenübergestellt.
Die gestörte Zirkulation
Kurz noch etwas zum Polarwirbelsplit - man sieht auf den obenstehenden Wetterkarten, dass ein Split zwar die Bedingungen für Winterwetter über Deutschland, Österreich und der Schweiz erhöht, diese jedoch kein zwingendes Resultat sein müssen. Entscheidend ist, wo und wie die Hochdrucksysteme über den Polarwirbel ziehen.
Kommen wir zur gestörten Zirkulation, welche sich in drei Kategorien einteilen lässt. Normal
gestört (Hoch Mitteleuropa/Skandinavien), vollständig gestört (Hoch Skandinavien/Island) oder absolut gestört (Hoch Island/Grönland, Kanada). Alle drei Varianten haben eines gemeinsam - sie hindern die Frontalzone daran, nach Mitteleuropa durchzubrechen und da dies die eigentlich normale Grundströmung ist, spricht man von einer gestörten Zirkulation.
Und ja, die gestörten Zirkulationen sind im Hinblick auf eine winterliche Wetterlage deutlich interessanter, als ein Polarwirbelsplit. Warum? Die gestörten Zirkulationen sind langwieriger und können die Strömung von Grund auf verändern, während ein Polarwirbelsplit - abseits von Hochwinter - meist eine vorübergehende, jedoch beeindruckende Erscheinung ist.
Zusammenfassung
Das Wetter bleibt zunächst einmal unbeständig und bis in den Dezember hinein zu warm, wenngleich sich die Werte mehr dem nasskalten Bereich zuwenden. Dazu weht ein böiger Wind aus südwestlichen bis nordwestlichen Richtungen. Nachfolgend kommt die Hop oder Top Entwicklung ins Spiel, welche entweder die Frontalzone durchrauschen lässt, oder aber den Polarwirbel in Schwingung versetzen wird.
Interessant ist heute Abend erneut die Feststellung, dass nach der Vorhersage beider Vorhersage-Modelle der Polarwirbel Anfang Dezember keine gute Figur mehr macht und man von einer Zonalisierung allmählich abrücken kann. Damit ist eine winterliche Witterung keineswegs gesetzt, aber die Rahmenbedingungen sind deutlich günstiger zu bewerten.
Das Ganze hat noch nichts mit dem in diesem Winter zu erwartenden QBO-Ost zu tun, da der Stratosphärenwirbel - bis auf ein Minor-Warming - noch keine ungewöhnlichen Merkmale zeigt. Kommt der QBO-Ost, wird sich das zunächst einmal mit einem Major-Warming und einer markanten Abschwächung des Stratosphärenwirbels bemerkbar machen können. Schaun mer mal.