Wettertrend: Polarwirbel in Not - tiefwinterliche Wetterverhältnisse oder Frühlingswetter?
Eine ungewöhnliche Großwetterlage baut sich bis Mitte Februar auf und befördert warme Luftmassen nach Mitteleuropa. Nachfolgend mehren sich die Zeichen einer Umstrukturierung des Polarwirbels, was die Großwetterlage sowohl in Richtung Frühling, als auch Winter kippen lassen kann.

Angetrieben durch Tiefdrucksysteme werden in den kommenden Tagen mit einer strammen Südwestströmung ungewöhnlich warme Luftmassen nach Deutschland geführt. Die Temperaturen erreichen über dem Süden phasenweise bis +18 Grad, sonst sind +8 bis +12 Grad und örtlich bis +14 Grad möglich. Frischer bleibt es mit +5 bis +10 Grad über dem Nordosten.
Unbeständiges Wetter
Die Tiefdruckdynamik über Deutschland besteht zumeist aus Tiefdruckausläufern, welche zu einem Wechselspiel aus Sonne, Wolken und zeitweiligem - mancherorts nennenswerten - Niederschlag sorgen können. Der Niederschlagsschwerpunkt liegt voraussichtlich westlich einer Linie von Stuttgart und Hamburg. Deutlich weniger Niederschlag ist östlich einer Linie vom Bodensee - Nürnberg - Berlin zu erwarten. Mehr dazu: Wetter Februar.

Wetterprognose des europäischen Vorhersage-Modells: Die 180-Grad-Wende - Winterwetter nicht ausgeschlossen
Schaut man sich die oben stehenden Wetterkarten noch einmal an, so sieht die kommende Entwicklung im Hinblick auf den Winter nicht gut aus. Das Kontinentalhoch strebt weit in den Polarwirbel hinein vor und geht eine Querverbindung zum Hoch über Alaska ein.
Das hat einen sich zwischen Kanada und Grönland eindrehenden Polarwirbel zur Folge, welcher auf seiner Vorderseite die Tiefdruckausläufer der Frontalzone in Richtung Mitteleuropa entsendet. Dort aber laufen die Tiefdruckgebiete auf die Blockade des Kontinentalhochs auf und befördern mit ihrer Vorderseitenanströmung die ungewöhnlich warmen Luftmassen nach Deutschland, Österreich und die Schweiz.
Die Großwetterlage kippt - in Richtung Winter?
Sollte sich diese Hochdruckzone behaupten können, so hat diese über einen längeren Zeitraum hinweg Bestand und der Winter kann als Supermildwinter resümiert werden.
Die Wetterprognose der Europäer aber bietet - dank des Major-Warmings in Stratosphärenhöhe - noch eine andere Lösung an, welche sich binnen weniger Stunden ergibt und für die Sprunghaftigkeit spricht. Die Hochdruckzone zwischen dem Kontinentalhoch kann sich nicht stabilisieren. Der Grund ist das Azorenhoch, welches seinen Anspruch auf eine Querverbindung zum Hoch über Alaska geltend macht.
Blockadehoch auf dem Atlantik - Arctic Outbreak?
Die Hochdruckzone auf dem Atlantik baut sich von Süden auf und stabilisiert sich vom 16. bis 19. Februar. Die atlantische Frontalzone wird vollständig blockiert und erreicht Europa nicht mehr. Die Grundströmung meridionalisiert und ein zweiter Teil des Polarwirbels dehnt sich von Skandinavien nach Süden aus.
Ob dieser Cluster des Polarwirbels dann Deutschland aber auch erreichen kann, bleibt abzuwarten. Die Chancen auf Winterwetter über Deutschland verbessern sich mit diesem Hochdruckaufbau und dem daraus folgendem Polarwirbelsplit jedoch fundamental.

Wetterprognose des amerikanischen Wettermodells: Frühlings- statt Winterwetter
Was alles - trotz optimaler Rahmenbedingungen - in Bezug auf Winter alles schieflaufen kann, zeigt heute erneut die Wetterprognose der Amerikaner.
Dem Kontinentalhoch gelingt es nicht, den passenden Impuls in Richtung Alaska zu setzen und so zentralisiert sich die Hochdruckdynamik im Bereich der Kara- und Barentssee und zieht sich über das westliche Russland bis nach Mitteleuropa und den Azoren hinunter. Die Folge hieraus ist, dass es zu einem missglückten Polarwirbelsplit in Form eines Displacements kommt.
Das Zentrum des Polarwirbels dreht sich zwischen Kanada und Alaska ein und verhindert ein Aufkeilen des Azorenhochs. Das Blockadehoch kommt nicht zustande, stattdessen eine für die Jahreszeit zu warme Vorderseitenanströmung aus südwestlichen Richtungen, welche mit Temperaturen von +6 bis +12 Grad und phasenweise von bis +14 Grad näher dran am Frühling als am Winter sind.

Auf den Punkt gebracht: Welche Optionen hat der Winter noch?
Die Prognose-Modelle sind eindrucksvoll und zeigen, in welch unterschiedliche Richtungen die kommende Wetterentwicklung gehen kann. Ausschlaggebend ist das Major-Warming in Stratosphärenhöhe - entscheidend aber wird sein, wie sich die unteren Luftmassen davon beeindrucken lassen. Auf andere Art formuliert - kommt es zu einem Polarwirbelsplit, oder einem Displacement?
Was wahrscheinlich ist
Der Mittelwert aller Kontrollläufe favorisiert bis zum 17. Februar die Ausdehnung der Hochdruckachse zwischen dem Kontinentalhoch und dem Hoch über Alaska. Der Polarwirbel zentralisiert sich im Bereich zwischen Kanada und Grönland - das ist nach wie vor suboptimal für den Winter und lässt eine winterliche Witterung bis zum 17. Februar nahezu ausschließen.
Schaut man weiter in die Zukunft, so stabilisiert sich die Hochdruckachse zwischen Sibirien und Kanada/Alaska - auch das ist alles andere als optimal für den Winter, da durch die Drehbewegung der Hochdruckzone im Uhrzeigersinn die kalten Luftmassen über das östliche Kanada geführt werden und dort die atlantische Frontalzone immer wieder von Neuem befeuern können.
Die Schlüsselrolle kommt also dem Azorenhoch zugute. Keilt es über dem Atlantik in Richtung Grönland auf und positioniert sich als Blockadehoch, oder aber kippt es nach Osten ab? Abwarten!
Da ist also noch vieles möglich. Schaut man sich den Mittelwert der Temperaturen in 1.500 Meter Höhe an, so steigt dieser zum 15. Februar auf ein Spektrum zwischen +2 und +5 Grad an (Vorderseitenanströmung) und sinkt ab dem 19. Februar auf -3 bis -5 Grad ab. Das reicht nicht für den Flachlandwinter, für den in der zweiten Februar-Hälfte Höhenwerte von -7 bis -9 Grad eine Grundvoraussetzung ist. Für mittlere Lagen sind -4 bis -7 Grad ausreichend und das unterstreicht noch einmal, dass Winterwetter unter den aktuellen Bedingungen so nicht zu erwarten ist. Lediglich das Major-Warming in Stratosphärenhöhe kann noch einmal alles auf den Kopf stellen - und ja, es gibt eine zunehmende Anzahl an deutlich kälteren Varianten, während die Amerikaner erneut die mit Abstand wärmste Entwicklung berechnen. Schaun mer mal.

Tag | Temperaturspektrum | Temperaturmittelwert |
---|---|---|
15. Februar | +3 bis +15 Grad |
+7 bis +10 Grad |
19. Februar | -2 bis +15 Grad |
+4 bis +6 Grad |
24. Februar | -2 bis +14 Grad |
+5 bis +7 Grad |

Nachtrag von heute Nachmittag
Die Berechnungen der Amerikaner von heute Nachmittag sind da und unterstreichen eindrücklich, was mit einer Sprunghaftigkeit bei einem Major-Warming in Stratosphärenhöhe gemeint ist. Von einem Displacement ist nichts mehr zu erkennen. Stattdessen kann sich bis zum 20. Februar ein Blockadehoch auf dem Atlantik ausbilden und die kalten Luftmassen aus nördlichen Richtungen nach Süden führen.
Mithilfe eines Arctic Outbreaks sinken die Temperaturen über Deutschland auf -3 bis +3 Grad ab und ermöglichen über tieferen Lagen eine nasskalte und ab den tieferen mittleren Lagen eine winterliche Wetterentwicklung. So schnell kann es gehen - doch wird in den kommenden Stunden noch mit weiteren Sprüngen zu rechnen sein.

Nächste Aktualisierung
- 20:15 Uhr: Aktualisierung der Winterprognose an dieser Stelle
Update der Wetterprognose von 20:19 Uhr
Die Sprunghaftigkeit der Vorhersage-Modelle nimmt um den Zeitraum vom 15. bis 21. Februar zu und liegt exakt in dem Zeitraum, wo mit einem Major-Warming in Stratosphärenhöhe diese Sprünge auch zu erwarten sind.
Interessant ist heute Abend, dass die Variante mit einem Blockadehoch auf dem Atlantik - samt Ansatz zu einem Polarwirbelsplit - in der Wetterprognose der Amerikaner Bestand hat. Eine nasskalte Witterung hat mit einer winterlichen Wetterentwicklung ab den mittleren Lagen Potential.

Major-Warming in Stratosphärenhöhe
Das Warming in Stratosphärenhöhe beginnt in diesem Moment und wird zum 15. Februar einen ersten und zum 23. Februar einen zweiten Höhepunkt erreichen. Die Temperaturen steigen von -80 auf bis -4 Grad an und lösen somit ein Major-Warming aus.
Die Windgeschwindigkeiten in Stratosphärenhöhe betragen aktuell noch +134 km/h und sinken bis zum 16. Februar auf +0 km/h ab. Zum 17. Februar dreht die Windrichtung mit bis -30 km/h auf Ost-West und dreht sich in der Höhe in eine entgegengesetzte Richtung, als das in den unteren Luftschichten der Fall ist.
Der Polarwirbel wird von oben herab massiv gestört und wird entweder zu einem Displacement, einem Polarwirbelsplit oder zu einem geclusterten (mäandrierenden) Verhalten neigen.

Die Randfaktoren
Damit ein Blockadehoch - wie es die Amerikaner auf den Atlantik berechnen - zustande kommen kann, muss der NAO-Index (Verhältnis Islandtief zu Azorenhoch) zwangsläufig negativ werden. Zwar hat sich heute Abend eine breitere Streuung zwischen negativen und positiven Varianten ergeben, doch bleibt der Mittelwert neutral. Das ist und bleibt im Hinblick auf den Winter kein eindeutiges Signal.
Dass der Polarwirbel aber Probleme mit der Stabilität bekommen wird, spiegelt sich heute Abend mit einem deutlich negativen AO-Index wider. Das allein aber ist kein Garant für Winterwetter. Wir haben einmal die extremst warmen und kalten Varianten der Kontrollläufe gegenübergestellt.

Wetterprognose der Europäer: Hochdruckzone Mitteleuropa
Die Wetterprognose der Europäer vollzieht heute Abend eine 180-Grad-Wende und favorisiert einen missglückten Polarwirbelsplit samt Hochdruckzone über Mitteleuropa und warmer Luftanströmung aus südwestlichen Richtungen. Schaun mer mal, was die kommenden Tage so bringen werden.
