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Wetterprognose: Polarwirbel in Unruhe - Winter-Top oder Winter-Flop?

| M. Hoffmann

Die Großwetterlage stellt sich in den kommenden Stunden um und aus nördlichen Richtungen gelangen kalte Luftmassen polaren Ursprungs nach Deutschland. Entscheidend, ob darüber hinaus der Hochwinter oder eine Milderung wird, ist das Verhalten und die Positionierung eines Hochdrucksystems.

Welche Richtung schlägt der Winter ein?
Welche Richtung schlägt der Winter ein?

Etwas Schneefall wird es am Wochenende über dem Norden und Süden zu bestaunen geben, wobei die Schneefallgrenze über dem Süden heute noch bei 700 Meter und am Sonntag zwischen 200 und 400 Meter schwankt. Nennenswert ist der Schneefall heute noch über dem Norden und am Sonntag südlich der Donau. Die Temperaturen sind rückläufig und können heute bereits nördlich einer Linie von Bremen und Berlin kaum mehr positive Werte annehmen. Bis Sonntagnachmittag erreicht die kühle Luftmasse mit -1 bis +2 Grad auch den Süden, wobei es über dem Südwesten mit bis +4 Grad noch milder bleiben kann.

Kaltstart in die neue Woche

Die Zufuhr kalter Luftmassen polaren Ursprungs erreicht unter Hochdruckeinfluss am Dienstag ihren vorläufigen Höhepunkt. Mit viel Sonnenschein und einer trockenen Witterung sind Höchstwerte von -8 bis -2 Grad und an den Küsten von bis +2 Grad möglich. In den Nächten sinken die Temperaturen auf -8 bis -2 Grad ab und bei klarem Sternenhimmel können über einer Schneedecke bis zu -15 Grad möglich sein. Ab der Wochenmitte schwächt sich der Frost etwas ab, doch verweilen das Temperaturniveau in einem winterlichen Spektrum. Mehr dazu: Wetter Januar.

Die Entwicklung der Großwetterlage und die Schneeprognose bis zum 11. Januar
Die Entwicklung der Großwetterlage und die Schneeprognose bis zum 11. Januar © wxcharts.com

Wetterprognose nach dem europäischen Wettermodell: Kein Winterwetter

Die Wetterprognose der Europäer berechnet heute das, was in den vergangenen Tagen stets als These vorgestellt wurde und der erhobene Zeigefinger für alle Freunde des Winterwetters war. Kurzum: Die Vorhersage der Europäer stellt die kommende Wetterentwicklung auf den Kopf.

Polarwirbel stabilisiert sich

Das Hoch westlich von Europa sollte ursprünglich nach Westen ausweichen und nachfolgend über Grönland weit in den Polarwirbel hinein streben. Nachfolgend hätte sich der Polarwirbel weiter destabilisiert sollen und ein Polarwirbelsplit wäre im Ansatz zu diskutieren gewesen. Doch bereits gestern nahmen die Europäer Abstand von einem Polarwirbelsplit und konzentrierten das Hoch mehr über Island und Grönland. Davon ist heute nicht mehr viel übrig geblieben.

Anstatt sich das Hoch nach Westen zurückzieht, gelingt dem Hoch der Aufbau einer Hochdruckachse in Richtung Mittelmeerregion. Wer bei uns schon längere Zeit zu Gast ist, der wird sich noch an diese These vor rund vier Tagen erinnern können, dass dem Hoch im Prinzip nur diese zwei Möglichkeiten bleiben. Ein Blockadehoch auf dem Atlantik hat ein hohes Winterpotential. Ein Hoch über Europa aber blockt alles ab und wer auf den Winter wartet, der wartet weiter.

Für die Jahreszeit zu warm

Die Temperaturen steigen in der zweiten Wochenhälfte weiter an und können bis zum 13. Januar Tageshöchstwerte von +4 bis +8 Grad ermöglichen. Da es sich um eine hochdruckdominierte Wetterlage handelt, können Schnee-, Nebel- und Hochnebelfelder die Temperaturen auch an der Null-Grad-Marke halten und durch einen geringen Taupunkt die Schneedecke konservieren, wobei durch Sublimation die Schneedecke insgesamt rückläufig sein wird. Vom Winter oder Hochwinter ist in den aktuellen Prognosen kaum mehr etwas zu sehen.

Winterlicher Ansatz zum Beginn der zweiten Januar-Hälfte

Das Hoch aber kann sich nicht über Mitteleuropa behaupten, zieht sich weit nach Süden zurück und strebt von den Azoren wieder nach Norden auf. Tiefdrucksysteme der Frontalzone können sich über Skandinavien ansammeln und mithilfe einer meridionalen Grundströmung nach Süden austrogen. Abwarten, auch im Hinblick auf die Positionierung des Hochdrucksystems.

Die Großwetterlage wird mit einem Hoch über Europa auf den Kopf gestellt - kein Hochwinter, kein Polarwirbelsplit, lediglich ein winterlicher Ansatz zum Beginn der zweiten Januar-Hälfte
Wetterprognose nach dem europäischen Wettermodell: Die Großwetterlage wird mit einem Hoch über Europa auf den Kopf gestellt - kein Hochwinter, kein Polarwirbelsplit, lediglich ein winterlicher Ansatz zum Beginn der zweiten Januar-Hälfte © www.meteociel.fr || wxcharts.com

Wettervorhersage nach dem amerikanischen Wettermodell: Ein winterlicher Kurs

Aber nicht nur die Europäer zucken, auch die Amerikaner bringen eine Variante ins Spiel, welche den Vorstoß polarer Luftmassen verzögern kann. Die Schlüsselszene spielt sich mit dem Verhalten des Hochdrucksystems nach wie vor um den 12. Januar ab.

Gestörter Polarwirbel

Auch die Amerikaner berechnen die Achsausbildung zum 12. Januar in Richtung der Mittelmeerregion. Doch splittet sich das Hoch in zwei Cluster auf. Der eine Cluster entschwindet über das Mittelmeer und wird für die Wetterentwicklung im weiteren Verlauf bedeutungslos. Der zweite Cluster verlagert sich über den Atlantik und strebt bis zum 14. Januar über Grönland und dem östlichen Kanada weit in den Polarwirbel hinein vor. Das verzögert einen Durchbruch des Hochwinters bis Mitte Januar. Die Höchsttemperaturen schwanken am 12. Januar zwischen -2 bis +4 Grad und steigen bis zum 15. Januar mit +2 bis +6 Grad in den nasskalten Bereich an.

Ansatz eines Polarwirbelsplits

Im Zeitraum vom 15. bis 17. Januar dehnt sich das Hochdruckkonstrukt weiter in den Polarwirbel hinein aus und geht zum 17. Januar eine Querverbindung zum Hoch über Alaska ein. Der Ansatz eines Polarwirbelsplits ist auch heute zu erkennen. Das Strömungsmuster meridionalisiert und der Teil des Polarwirbels über Skandinavien dehnt sich weit nach Süden - bis über die Mittelmeerregion aus.

Winterliche Wetterverhältnisse

Die Temperaturen sinken bis zum 18. Januar auf -2 bis +2 Grad ab. Da die Großwetterlage tiefdruckdominiert ist, kann mit zeitweiligem Schneefall und der Ausbildung einer Schneedecke ab den tieferen mittleren Lagen gerechnet werden. Mit einer Verzögerung stellen sich über Deutschland, Österreich und der Schweiz dann doch noch winterliche Wetterverhältnisse ein. Wie lange diese andauert, kann nach dieser Prognose nicht abgeschätzt werden. Zunächst muss dieser Prozess gestartet werden, dann sieht man weiter.

Verzögerung in der winterlichen Wetterentwicklung - Polarwirbelsplit verzögert sich
Wetterprognose nach dem amerikanischen Wettermodell: Polarwirbel in Unruhe - ein Polarwirbelsplit ist möglich. Über Deutschland verbreitet winterliche Wetterverhältnisse © www.meteociel.fr || wxcharts.com

Auf den Punkt gebracht: Möglichkeit von (hoch)winterlichen Wetterlagen

Das Resümee hat sich in den vergangenen 288 Stunden (12 Tage) nicht verändert. Noch immer ist nicht klar, in welche Richtung die Großwetterlage um den 12. Januar herum kippen wird. Der 12. Januar ist und bleibt ein Schlüsselzeitraum für die weitere Wetterentwicklung, bei der auch eine Milderung eine Rolle spielen kann. Diese Möglichkeit sollte man in den kommenden Tagen stets im Hinterkopf behalten.

Welche Wetterentwicklung wahrscheinlich ist

Doch nicht immer, was möglich ist, ist auch wahrscheinlich. Die Amerikaner waren mit der Prognose von heute Morgen im Vergleich zu den Kontrollläufen noch eine der wärmeren Varianten. Heute Nachmittag sind die Amerikaner wieder voll auf Winterkurs. Also ja, die kommende Wetterentwicklung ist eine Aktion, welche Reaktionen hervorrufen wird und mit weiteren Veränderungen ist in den kommenden Stunden zu rechnen. Auch bei den Europäern, welche die mit Abstand wärmste Variante simulierten.

Doch was ist wahrscheinlich? Die Temperaturen in 1.500 Meter Höhe gehen bis zum 8. Januar auf bis -12 Grad zurück und steigen zum 12. Januar auf +2 Grad an (Inversionswetterlage) und sinken bis zum 20. Januar auf -4 bis -7 Grad ab. Für den Flachlandwinter aber sind Höhenwerte von -5 bis -7 Grad eine Grundvoraussetzung und das unterstreicht einmal mehr, wie knapp das mit dem Flachlandwinter wird. Oberhalb von etwa 400 bis 600 Meter aber hat der Winter eine vielversprechende Chance, sich in der zweiten Januar-Dekade festzusetzen.

Im Hinblick aber auf den Hochwinter kommen den Kontrollläufen jedoch zunehmende Zweifel auf und der gestrige Zonalisierungstrend setzt sich heute fort. Der Hauptstrom dreht innerhalb des Polarwirbels und befördert die kalten Luftmassen nach Kanada und lösen dort die Regenerierung der atlantische Frontalzone aus. Wir haben den Mittelwert der Kontrollläufe von heute Nachmittag mit den aktuellen Berechnungen des amerikanischen Wettermodells gegenübergestellt. Schaun mer mal.

Die Kontrollläufe berechnen auch heute wieder eine zunehmende Zonalisierung zum Ende der zweiten Januar-Dekade. Die Amerikaner berechnen heute Nachmittag wieder einen winterlichen bis hochwinterlichen Kurs - samt Polarwirbelsplit
Wetterprognose nach dem Mittelwert aller Kontrollläufe: Die Kontrollläufe berechnen auch heute wieder eine zunehmende Zonalisierung zum Ende der zweiten Januar-Dekade. Die Amerikaner berechnen heute Nachmittag wieder einen winterlichen bis hochwinterlichen Kurs - samt Polarwirbelsplit © www.meteociel.fr

Die Temperaturprognose der Wettermodelle
Tag Temperaturspektrum Temperaturmittelwert
12. Januar -3 bis
+5 Grad
-0 bis
+2 Grad
16. Januar -5 bis
+8 Grad
-1 bis
+1 Grad
21. Januar -10 bis
+11 Grad
+0 bis
+2 Grad
Diagramm Temperaturen Januar 2024
Die Wahrscheinlichkeiten der Kontrollläufe Januar 2024 von zu kalt, normal, zu warm im Vergleich zum vieljährigen Mittelwert (1961 bis 1990)

Nächste Aktualisierung

  • 20:15 Uhr: Aktualisierung der Winterprognose an dieser Stelle

Update der Wetterprognose von 20:21 Uhr

Ob und wie sich der Winter samt Hochwinter über Deutschland durchsetzen kann oder nicht, zeigt sich heute Abend noch einmal deutlicher. Entweder dem Hoch gelingt es, sich über Grönland in den Polarwirbel hinein zu entwickeln und diesen massiv zu schwächen, oder das Hoch selbst schwächt sich ab und entschwindet nach Süden.

Die Position des Hochdrucksystems ist von entscheidender Bedeutung

Wie klein und fein die Unterschiede sein können, zeigt sich heute Abend in der Gegenüberstellung der Prognosen bis zum 14. Januar, wobei der 12. Januar nach wie vor die Schlüsselszene sein wird. Nach der Wetterprognosedes deutschen Vorhersage-Modells entwickelt sich das Hoch vollständig in Richtung Island und Grönland und agiert gegenüber der atlantische Frontalzone als Blockadehoch. Schaut man genauer hin, so wird die atlantische Frontalzone vollständig außer Gefecht gesetzt, was einer absolut gestörten Zirkulation entspricht.

Auf der anderen Seite trogt der Rest des Polarwirbels von Skandinavien weit nach Süden aus und leitet eine hochwinterliche Wetterphase mit Schnee, Eis und Frost über Deutschland ein.

Das Hoch verlagert sich nach Westen und drängt sich dem Polarwirbel auf
Das Hoch verlagert sich nach Westen und drängt sich dem Polarwirbel auf © wxcharts.com

Viele kleine Details werden entscheidend sein

Nach der Wetterprognose der Amerikaner und der Europäer verzögert sich die Verlagerung des Hochdrucksystems nach Grönland, findet aber bis zum 15. Januar ebenfalls statt. Doch passt die auf den Atlantik ausgerichtete Hochdruckachse nicht, was die kalten Luftmassen polaren Ursprungs in Richtung England zieht.

Schneesturm, Kälteschock oder eine durchgreifende Milderung

Bei England angekommen, initialisiert die kalte Luft ein mächtiges Tiefdrucksystem. Zudem ist am südlichen Tiefdruckgradienten die Ausbildung von Randtiefentwicklungen nicht ausgeschlossen. Infolge daraus ergibt sich eine Art Südwestwetterlage, mithilfe derer feucht-warme auf arktische Polarluftmassen treffen. Von einer Grenzwetterlage, einem Schneesturm und ergiebigem Regenwetter ist genau genommen alles möglich und hängt von der exakten Positionierung der Wettersysteme ab.

Geht es nach der aktuellen Wetterprognose der Amerikaner, so sind bis zum am 16. Januar Tageshöchstwerte von -2 bis +2 Grad, am 19. Januar von -4 Grad über dem Norden und +6 Grad über dem Süden und am 21. Januar von -6 bis -0 Grad möglich. Dazu kräftiger Schneefall/Regen und eine ordentliche Portion Wind.

Eine turbulente bis chaotische Wetterentwicklung mit einem hohen Potential unwetterartiger Wetterereignisse
Eine turbulente bis chaotische Wetterentwicklung mit einem hohen Potential unwetterartiger Wetterereignisse © www.meteociel.fr|| wxcharts.com

Die Wetterprognose des europäischen Wettermodells

Im Vergleich zu heute Morgen, gab es bei den Europäern heute Abend eine kleine Korrektur, wenn auch nicht für den von Freunden des Winterwetters erhofften Ergebnis. Das Hoch dehnt sich nach Westen aus und strebt weit in den Polarwirbel hinein vor, sodass sich Mitte Januar die Option für einen Polarwirbelsplit ergibt. Dem Winter aber gelingt nicht der Sprung nach Deutschland und der Grund ist so simpel wie einfach. Das Hoch konzentriert sich keine 24 Stunden nach dem Split über Alaska und Kanada und geht nachfolgend eine Querverbindung zum Kontinentalhoch ein.

Zonalisierung?

Nein, so weit ist es dann doch nicht. Schaut man aber genauer hin, so kann man den Ansatz hierfür erkennen. Der Teil des Polarwirbels über Skandinavien kommt einfach nicht weit genug nach Süden voran, sodass Deutschland, Österreich und die Schweiz im Einflussbereich des südlichen Gradienten verbleiben und das bedeutet in diesem Fall eine Windanströmung aus westlichen Richtungen.

Die Temperaturen erreichen mit +0 bis +6 Grad überwiegend nasskalte Werte. Und da die Großwetterlage bis zum 16. Januar überwiegend hochdruckdominiert ist, ist auch nicht mit großartigen Niederschlagsmengen zu rechnen.

Trotz Polarwirbelsplit - weder Winter noch Hochwinter - nasskalt trifft es besser
Trotz Polarwirbelsplit - weder Winter noch Hochwinter - nasskalt trifft es besser © www.meteociel.fr

Zusammenfassung: Winterwetter

Die Kontrollläufe bleiben im Hinblick auf den Winter auf Kurs. Die Amerikaner und die Europäer bilden nach wie vor die milderen Varianten ab. Doch ob es für den Flachlandwinter unterhalb etwa 300 bis 500 Meter reicht, bleibt abzuwarten. Das ist und bleibt eine knappe Kiste.

Die Randfaktoren

Sowohl der AO-, als auch der NAO-Index sind im Moment negativ bewertet und werden das noch bis zum 16. Januar bleiben. Nachfolgend zeichnet sich bei beiden Werten eine positive Entwicklungstendenz ab, was zunächst einmal als Fürsprecher für eine Stabilisierung des Polarwirbels und den Abbau des Blockadehochs auf dem Atlantik zu bewerten ist. Sollten die Werte in den kommenden Tagen deutlich positiv ausfallen, ist die Rückkehr einer zonal geprägten Westwetterlage anzunehmen.

Warming in Stratosphärenhöhe

Der Polarwirbel hat sein erstes kräftiges Minor-Warming hinter sich gebracht und die Auswirkungen auf die unteren Luftschichten sind nicht erkennbar. Die Windgeschwindigkeiten bleiben mit rund +54 km/h auf einem positiven Niveau. Ab dem 15. Januar kommt es zu einem weiteren - kräftigeren - Warming, was die Windgeschwindigkeiten auf bis +20 km/h reduziert. Das ist zwar noch immer kein Major-Warming, doch ist das Potential hierfür unverkennbar. Es ist also fraglich, ob sich der Polarwirbel in der letzten Januar-Dekade nachhaltig erholen wird. Es bleibt spannend.

Ein zweites Warming in Stratosphärenhöhe bahnt sich an
Ein Warming in Stratosphärenhöhe bahnt sich an © www.meteociel.fr

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