Zum Hauptinhalt springen

Winterprognose: Wie wahrscheinlich ist eine Verlängerung des Winterwetters?

| M. Hoffmann

Passend zum 1. Advent hat sich über Deutschland eine winterliche Wetterlage eingestellt und vielerorts lässt sich eine Schneedecke bestaunen. Zum Beginn der neuen Woche erreicht die atlantische Frontalzone Deutschland, doch ob sich eine Milderung samt Tauwetter bis auf höhere Lagen durchsetzen kann, hängt auch von einem Blockadehoch über Russland ab.

Winterwunderland über Deutschland - wie lange aber kann sich der Winter noch halten? © Martin Bloch
Winterwunderland über Deutschland - wie lange aber kann sich der Winter noch halten? © Martin Bloch

Südlich einer Linie vom Bodensee und Dresden flöckelt es heute noch etwas. Der Schneefall kann in Richtung des Bayerischen Waldes und der Alpen nennenswert ausfallen, lässt im Tagesverlauf aber allmählich nach. Von Westen lockert die Bewölkung auf und mit kurzen sonnigen Momenten kann gerechnet werden. Die Sonne setzt sich auch am 1. Advent insbesondere entlang eines Streifens von Bremen und dem Bayerischen Wald, sowie über weite Teile von Baden-Württemberg, Bayern, dem Saarland und dem südlichen Rheinland-Pfalz durch. Die Temperaturen schwanken um den Gefrierpunkt und können über dem Süden mit bis -6 Grad für einen Wintertag, wie aus dem Bilderbuch sorgen.

Chaotische Witterungsbedingungen und Tauwetter - Die atlantische Frontalzone dehnt sich nach Deutschland aus

Es gibt noch ein paar offene Fragen, doch dehnt sich nach den gängigsten Vorhersage-Modellen zum Start in die neue Woche ein Ausläufer der atlantische Frontalzone nach Deutschland aus. Im Vergleich zu den vergangenen Tagen aber nimmt das Tief eine nördlichere Zugbahn und setzt sich mit seinem Zentrum in der Nacht auf Mittwoch über Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern fest. Das Tief advehiert auf seiner Vorderseite warme Luftmassen und führt diese bis zum Nikolaus nach Deutschland. Der Niederschlag geht am Montag bei Werten um den Gefrierpunkt schwankend noch als Schnee nieder, doch mischt sich zum Nachmittag über dem Westen bereits Regen mit unter. Am Dienstag schreitet die Milderung nach Osten voran und sorgt bis Mittwoch auch über den östlichen Landesteilen mit +2 bis +6 Grad für eine spürbare Milderung. Der Niederschlag geht unterhalb etwa 400 bis 700 Meter in Regen über, wobei in der Übergangsphase auch mit Schneeregen, Eisregen und gefr. Regen gerechnet werden kann. Teils chaotische Straßenverhältnisse sind zu erwarten. Mehr dazu der aktuellen Wetterprognose zum Wetter Dezember.

Von Westen setzt Tauwetter ein
Die Schneeprognose der Vorhersage-Modelle: Von Westen setzt Tauwetter ein © www.meteociel.fr

Wie durchgreifend ist die Milderung?

Man sieht auf der oben stehenden Schneeprognose gut, wie sich die Schneedecke über den westlichen Landesteilen verändert und bis Donnerstag rückläufig ist. Die Schneedecke über dem Süden und auch über dem Osten wird die erste Milderung samt Tauwetter noch überstehen können. Entscheidend ist also, ob sich die Milderung weiter intensiviert (Durchbruch der atlantischen Frontalzone), oder ob sich über Skandinavien ein Hochdruckkeil wird durchsetzen können. Und dann ist noch der Polarwirbel, der in den vergangenen Tagen eine Schwachstelle aufwies - der Winter ist also nicht ganz ohne Chancen.

Kalte schwere Luft und vorhandene Schneedecke

Eine nachhaltige Milderung ist immer dann infrage zu stellen, wenn es sich um ein einzelnes Tief mit einer gradientenschwachen Struktur handelt. Es fehlt an der Durchmischung der Luftmassen. Zudem ist kalte Luft schwer und setzt sich in den unteren Luftschichten fest. Eine vorhandene Schneedecke entzieht der milden Luft zudem die Energie und so bedarf es bei einer ordentlichen Schneedecke und Frost meist mehr als ein Tiefdruckgebiet, um für eine nachhaltige Milderung zu sorgen. Ansonsten ist die Milderung nur vorübergehend und unter bestimmten Voraussetzungen über manchen Regionen auch ein echter Schneebringer. Schauen wir uns einmal die Großwetterlage bis zum Ende der kommenden Woche an.

Die Entwicklung der Großwetterlage bis zum 9. Dezember - eine Milderung ist wahrscheinlich
Die Wetterprognose der Vorhersage-Modelle bis zum 9. Dezember: Eine Milderung ist wahrscheinlich © www.meteociel.fr

These: die Erhaltungsneigung des Winters

Wir möchten an dieser Stelle die gestrige These noch einmal aufgreifen, da die Europäer diese gestern Abend stützen und auch die Deutschen lassen mit ihrer aktuellen Vorhersage eine mögliche Verlängerung des Winterwetters nicht ausschließen. Der erste Schwung der Frontalzone verpufft und nach der Wetterprognose aller drei Vorhersage-Modelle werden die atlantischen Tiefdrucksysteme bei England durch einen Hochdruckblock über dem westlichen Russland blockiert. Auf diesen Hochdruckblock wird es ankommen.

Gestörte Zirkulation

Geht es nach der Wettervorhersage des deutschen Vorhersage-Modells, dehnt sich der Hochdruckblock weit nach Westen aus und zentralisiert sich zwischen der Karasee, Barentssee und Skandinavien. Die Frontalzone wird bereits bei Island blockiert und kann Mitteleuropa nicht mehr erreichen. In einem gradientenschwachen Umfeld kommt die Luft aus östlichen Richtungen. Eine vorhandene Schneedecke kann in diesem Fall noch bis zum 10. Dezember - und unter bestimmten Voraussetzungen auch darüber hinaus - konserviert werden. Die Temperaturprognose des deutschen Vorhersage-Modells berechnet für den 9. Dezember über dem Westen Tageshöchstwerte von +0 bis +5 Grad (über dem Südwesten bis +10 Grad) und östlich einer Linie von Bremen und München ist bei Werten von -2 bis +0 Grad mit Dauerfrost zu rechnen.

Polarwirbelsplit? Hoher Luftdruck greift in den Polarwirbel ein

Nicht ganz ohne Spannung ist auch die Wetterprognose der Europäer, welche das Hoch weit in den Polarwirbel hinein wirken lassen und im Ansatz einen Polarwirbelsplit simulieren.

Der Unterschied zu der Prognose des deutschen Vorhersage-Modells aber liegt in der Positionierung der Frontalzone, die näher an Mitteleuropa heranrückt und die Hochdruckzone nach Osten verschiebt. Deutschland, Österreich und die Schweiz liegen so - dauerhaft - in einer südlichen Anströmung der Luftmassen, die bis zum 12. Dezember die Hochdruckzone weiter schwächt. Die Milderung ist somit nicht vorübergehend, sondern mit dem steten Anrennen der Frontalzone gegen das Hoch nachhaltig.

Wind, Sturm, Regen und Tauwetter bis auf höhere Lagen

Ab dem 12. Dezember hat die Frontalzone das Hoch so weit abschwächen können, dass der Durchbruch nach Mitteleuropa gelingt. Der Wind intensiviert sich und kann zu stürmischen und über höheren Lagen für schwere Sturmböen sorgen. Die Temperaturen steigen auf +6 bis +12 Grad an und können über dem Westen und Südwesten bis +14 Grad ermöglichen. Durchgreifender kann Tauwetter bis auf die höheren Lagen nicht sein.

Frontalzone erreicht Deutschland - nachhaltige Milderung bis auf höhere Lagen
Wetterprognose nach den Vorhersagemodellen bis zum 12. Dezember: Frontalzone erreicht Deutschland - nachhaltige Milderung bis auf höhere Lagen © www.meteociel.fr

Auf den Punkt gebracht: nachhaltige Milderung und Tauwetter?

Der Wettertrend der vergangenen Tage hinsichtlich einer durchgreifenden Milderung hat sich heute in wesentlichen Teilen bestätigt. Einzig die Position des Hochdrucksystems über Skandinavien und dem westlichen Russland kann die kommende Entwicklung der Großwetterlage noch in eine andere Richtung drehen.

Welches Wetter zu erwarten ist

Schaut man sich aber den Wettertrend der Kontrollläufe an, so ist die Milderung nahezu gesetzt und die kalten - winterlichen - Varianten sind im Vergleich zu den vergangenen 24 Stunden klar rückläufig. Die Temperaturen in 1.500 Meter Höhe schwanken über dem Norden vom 4. bis 8. Dezember zwischen -3 und -5 Grad und über dem Rest von Deutschland zwischen +1 und -4 Grad. Vom 7. bis 17. Dezember schwanken die Höhenwerte zwischen +0 bis +2 Grad, was über tieferen Lagen ein Temperaturspektrum von +2 bis +6 Grad zur Folge hat. Also ja, der nasskalte Witterungstrend findet heute - trotz gewisser Unsicherheiten - eine Bestätigung. Schauen mer mal.

Die atlantische Frontalzone rückt näher an Deutschland heran und sorgt für Tauwetter bis auf höhere Lagen
Wettertrend nach dem Mittelwert aller Kontrollläufe: Die atlantische Frontalzone rückt näher an Deutschland heran und sorgt für Tauwetter bis auf höhere Lagen © www.meteociel.fr

Die Temperaturprognose der Wettermodelle
Tag Temperatur­spektrum Temperatur­mittelwert
8. Dezember -6 bis
+10 Grad
+1 bis
+3 Grad
12. Dezember -9 bis
+11 Grad
+2 bis
+4 Grad
17. Dezember -4 bis
+12 Grad
+3 bis
+5 Grad
Diagramm Temperaturen Dezember 2023
Die Wahrscheinlichkeiten der Kontrollläufe Dezember 2023 von zu kalt, normal, zu warm im Vergleich zum vieljährigen Mittelwert (1961 bis 1990)

Nächste Aktualisierung

  • 20:15 Uhr: Aktualisierung der Winterprognose an dieser Stelle

Update der Wetterprognose von 20:15 Uhr

Die Amerikaner berechnen heute Abend eine klare Milderung im Verlauf der kommenden Woche, was die Temperaturen bis Freitag über dem Weste auf bis +10 Grad und über dem Osten auf bis +2 bis +4 Grad ansteigen lassen kann. Der Schnee über tieferen Lagen siecht allmählich dahin. Hinzukommt zeitweiliger Niederschlag, welcher das Tauwetter über dem Westen bis auf die höheren Lagen bringt.

Tauwetter mit Fragezeichen

Die Wetterprognose des deutschen Vorhersage-Modells folgt der des amerikanischen Wettermodells nicht. Der Grund ist die unterschiedliche Positionierung der atlantischen Frontalzone. Deutlicher wird das auf der nachfolgenden Gegenüberstellung bis zum 10. Dezember. Nach der Prognose der Deutschen verbleibt Mitteleuropa noch im gradientenschwachen Bereich. Die Durchmischung fehlt und die bodennahe Grundströmung erfolgt aus östlichen Richtungen. Infolge daraus kann die üppige Schneedecke über dem Süden und Teile vom Osten und Norden bis zum 10. Dezember konserviert werden.

Eine durchgreifende Milderung ist nicht gesetzt - entscheidend wird die Dynamik der atlantische Frontalzone sein
Eine durchgreifende Milderung ist nicht gesetzt - entscheidend wird die Dynamik der atlantische Frontalzone sein © wxcharts.com

Kontinentalhoch gegen Frontalzone

Seit Tagen zeichnet sich dieser Konflikt der beiden - mächtigen - Systeme ab. Die aktuelle Hochdruckzone zwischen Grönland und dem europäischen Nordmeer verlagert sich in Richtung der Barentssee und nachfolgend über die Karasee. Bis zum 7. Dezember geht die Hochdruckzone in das Kontinentalhoch über Russland über. Das ermöglicht auf dem Atlantik die Regeneration der atlantische Frontalzone, doch blockiert das Kontinentalhoch die Frontalzone und entscheidend wird letzten Endes die Positionierung der beiden Wettersysteme sein.

Um die Problematik einmal zu verdeutlichen, haben wir die Druckanomalien und den Mittelwert aller Kontrollläufe bis zum 12. Dezember gegenübergestellt. Schnell wird klar, in welchem Verhältnis diese sich gegenüberstehen und in den meisten Fällen liegen Deutschland, Österreich und die Schweiz zwischen den Fronten. Da sich Tiefdrucksysteme gegen und Hochdrucksysteme im Uhrzeigersinn drehen, ist eine südliche Anströmung der Luftmassen die logische Konsequenz, was eine nasskalte Witterung bis Mitte Dezember so wahrscheinlich macht. Rückt das Hoch aber nur einen Tick weiter nach Westen vor, so bleibt eine winterliche Witterung - zumindest über den östlichen und südlichen Landesteilen erhalten. Mit anderen Worten formuliert, ist die erweiterte Wetterprognose derzeit alles andere als einfach. Im Zweifel aber setzt sich häufiger die milde Luftmasse durch.

Deutschland zwischen den Fronten - geringfügige Verschiebungen sind entscheidend zwischen nachhaltigem Tauwetter oder einer Erhaltungsneigung, was den Winter über den östlichen Landesteilen bis Mitte Dezember erhalten kann
Wetterprognose vom Mittelwert aller Kontrollläufe und den Druckanomalien bis zum 12. Dezember Deutschland zwischen den Fronten - geringfügige Verschiebungen sind entscheidend zwischen nachhaltigem Tauwetter oder einer Erhaltungsneigung, was den Winter über den östlichen Landesteilen bis Mitte Dezember erhalten kann © www.meteociel.fr

Pattsituation

Der Wettertrend der Europäer bestätigt bis zum 10. Dezember zunächst die Pattsituation.

Nachfolgend gewinnt die atlantische Frontalzone an Dynamik und drängt das Kontinentalhoch in Richtung Kasachstan zurück. So wird der Weg nach Mitteleuropa frei. Was sich auf den nachfolgenden Wetterkarten aber auch erkennen lässt, ist die hohe Wellenbewegung entlang der Polarfront, was eine absolute Westwetterlage wenig wahrscheinlich macht. Vielmehr ist daraus ein Auf und Ab der Temperaturen zu erwarten. Alles in allem aber bleibt es bei Werten von +4 bis +8 Grad bei einer nasskalten Witterung. Schaun mer mal.

Eine nasskalte Witterung mit zunehmenden Einfluss der atlantische Frontalzone
Die Wetterprognose nach dem europäischen Wettermodell: Eine nasskalte Witterung mit zunehmendem Einfluss der atlantische Frontalzone © www.meteociel.fr || wxcharts.com

Unterstützen
Sie uns!
Ihnen gefallen unsere Wettervorhersagen? Wir freuen uns über einen freiwilligen Geldbetrag in einer von Ihnen gewünschten Höhe.
Betrag wählen