Kuriose Wetterlage: Unwetterartiger Dauerschneefall oder durchgreifender Milderung?
Über Deutschland stellt sich mit einem Kaltlufttropfen eine kuriose und nicht alltägliche Wetterlage ein. Das Überraschungspotential hinsichtlich des zu erwartenden Schneefalls und Regens sind möglich, teils chaotisch, teils unwetterartig. Entscheidend für eine Einwinterung
aber ist das Verhalten zwischen dem Kaltlufttropfen und einem Blockadehoch auf dem Atlantik.
Gelegentliche Schnee-, Schneeregen oder Graupelschauer sind heute in einem breiten Streifen zwischen Niedersachsen und Bayern zu erwarten. Mancherorts können die Schauer kräftiger ausfallen und von Gewittern begleitet werden. Zum Start in die neue Woche erreicht die Schneefront eines Kaltlufttropfens Deutschland und sorgt bis Mittwoch immer wieder für Niederschlagsereignisse, die bei Temperaturen um den Gefrierpunkt schwankend bis auf tiefere Lagen als Schnee niedergehen können. Die Witterung ist bis Mitte der Woche über tieferen Lagen als nasskalt und ab den mittleren Lagen oberhalb etwa 400 bis 600 Meter als winterlich zu bewerten.
Die Wetterentwicklung bis Dezember - Zwischen Milderung und kräftigem Schneefall
Der Kaltlufttropfen dreht sich in der zweiten Wochenhälfte über Mitteleuropa ein und provoziert an seinem südlichen Gradienten ein Randtief, welches milde Luft aus der Mittelmeerregion der kalten Polarluft zuführt. Deutschland liegt in der südwestlichen Anströmung der Luftmassen und es wird viel davon abhängen, wie sich die Fronten zueinander positionieren werden. Wenige hundert Kilometer sind entscheidend, ob es markant milder, oder ob es reichlich Schnee geben wird. Manch ein Modell berechnet den Niederschlag bei Temperaturen von +2 bis +6 Grad bis in auf die mittleren Lagen als Regen, die Europäer hingegen berechnen kräftigen Schneefall - teils unwetterartig. Abwarten - voraussichtlich fällt die Entscheidung erst im sog. Nowcast-Bereich. Mehr dazu der aktuellen Wetterprognose zum Wetter November.
Vollwinter mit viel Schnee - oder doch nur nasskaltes Geplänkel?
Die Überschrift von vor 48 Stunden ist auch heute noch gültig. Und ja, die Europäer sind mit ihrer Schneeprognose im Moment außer Rand und Band. Mit der aktuellen Wetterentwicklung ist das zwar plausibel, doch wahrscheinlicher ist in den ersten Dezember-Tagen eine Milderung, als unwetterartiger Dauerschneefall mit der Ausbildung einer Schneedecke über dem Flachland von bis zu 40 cm. Ein gesundes Maß an Skepsis ist angebracht.
Eine ungewöhnliche Wetterlage
Der Kaltlufttropfen spielt sein eigenes Spiel. Eingebettet in einer Hochdruckzone, wabert dieser über Mitteleuropa umher und zieht mithilfe der Temperaturgegensätze seine Energie aus dem System. Schlagartig können sich kleinräumige Veränderungen ergeben, welche die Vorhersage-Modelle so nicht abbilden können.
Interessant ist, dass die Europäer mit den gestörten Zirkulationen - was der abgekapselte Kaltlufttropfen über Deutschland definitiv ist - besser als die Amerikaner zurechtkommen. Relativierend aber ist die fast übereinstimmende Schneeprognose der Amerikaner und die des deutschen Vorhersage-Modells mit einer abnehmenden Schneedecke.
Mit Veränderungen ist für den Zeitraum bis zum 3. Dezember in den kommenden Stunden definitiv zu rechnen - der Wettertrend aber, der geht klar in die nasskalte Richtung.
Wetterprognose der Europäer: Tiefwinterliche Wetteraussichten
Die Wettervorhersage der Europäer lässt Deutschland im weiteren Verlauf regelrecht einwintern. Der Grund ist, dass es dem Kaltlufttropfen gelingt, sich gegen die Hochdruckzone über Skandinavien durchzusetzen und Kontakt zum Polarwirbel aufzubauen. Entscheidend aber ist, dass sich das Hoch auf den Atlantik zurückzieht und sich im Bereich der Azoren und Grönland als Blockadehoch auf dem Atlantik positioniert.
Arctic Outbreak und unwetterartiger Schneefall bis auf tiefere Lagen herab
Wir sind keine großen Freunde von Superlativen, aber das, was die Europäer berechnen, ist schlichtweg eine absolut kuriose Wetterentwicklung, welche sämtlichen Superlative erfüllt. Das Problem - es handelt sich lediglich um Simulationen und ob diese exakt so eintreffen werden, wird sich in den kommenden Stunden zeigen.
Jedenfalls wird mithilfe des Blockadehochs auf dem Atlantik eine meridionale Grundströmung initialisiert. Das für das Wetter über Europa bestimmende System ist der Teil des Polarwirbels, der sich - dank des Kaltlufttropfens - über Skandinavien positioniert hat. Da sich Hochdrucksysteme im und Tiefdrucksysteme gegen den Uhrzeigersinn drehen, wird im Zeitraum vom 3. bis 6. Dezember (Nikolaus) die Nordwetterlage erneuert. Kalte Luftmassen arktischen Ursprungs werden nach Deutschland, Österreich und die Schweiz geführt und da bereits eine imposante Schneedecke vorhanden ist, rauscht die polare Luftmasse ungehindert bis an die Alpen.
Lake-Effekt über den Küsten - Kräftiger Schneefall und Dauerfrost - tiefwinterliche Wetterverhältnisse
Die Luftmassen über Deutschland ist bis zum 6. Dezember tiefdruckdominiert und dank der Höhenkälte entsprechend instabiler Schichtung. Das führt zu wiederholtem Schneefall unterschiedlichster Intensität und Dauer. Auch ein sog. Lake-Effect ist denkbar. Die kalte Polarluft streicht über die warme Nord- und Ostsee und nimmt temporär die feucht-warme Luftmasse auf, die sich über Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern mit kräftigem Dauerschneefall entladen - Ein solcher Snowsquall
ist ungewöhnlich, kommt aber vor.
Wettertrend der Amerikaner - Milderung über den höheren Lagen - Inversionswetterlage möglich
Gegensätzlicher können die Prognosen nicht sein. Doch der Wettertrend der Amerikaner zeigt, was passiert, wenn sich das Hoch auf dem Atlantik nicht als Blockadehoch aufstellen kann. Da platzt der Traum der Freunde der kalten Jahreszeit
vom Vollwinter, noch bevor er überhaupt begonnen hat. Doch gibt es mit einer Inversionswetterlage dann doch noch eine Chance, eine möglich vorhandene Schneedecke zu konservieren.
Und das geht so. Der Kaltlufttropfen zieht sich nach Norden zurück und nimmt Kontakt zum Polarwirbel auf. Bereits bis zum 4. Dezember verlagert sich dieses Tiefdruckkonstrukt über die Barentssee und zieht zum 6. Dezember über die Karasee ab. Der Einfluss auf das Wetter über Deutschland ist nicht mehr gegeben. Stattdessen rückt das Hoch auf dem Atlantik nach und legt sich quer über Mitteleuropa. Die atlantische Frontalzone läuft voll auf die Hochdruckzone auf und in Kombination der beiden Wettersysteme werden - in der Höhe - warme Luftmassen aus südwestlichen Richtungen nach Deutschland geführt.
Das Hoch aber sorgt für eine schwachgradientige Wetterentwicklung. Die Dynamik fehlt und damit auch die Durchmischung der Luftmassen. Eine Inversionswetterlage ist möglich, bei der die Temperaturen in 1.500 Meter auf bis +5 Grad ansteigen und über tieferen Lagen zwischen +2 bis +6 Grad schwanken können. Liegt Schnee, so konserviert dieser die Kälte - kommt Nebel oder Hochnebel hinzu, so kann die Kälte vor Ort produziert werden, was über manchen Regionen Dauerfrost ermöglichen kann.
Auf den Punkt gebracht: zwischen Hochwinter und Milderung
Unterschiedlicher können die Wetterprognosen nicht ausfallen und bestätigt die hohe Variabilität der Wetterentwicklung der vergangenen Tage. Abwarten, was der Kaltlufttropfen im Verlauf der kommenden Woche zustande bringt. Anschließend wird man sehen, welche Richtung der Winter einschlagen wird.
Welches Wetter zu erwarten ist
Der Vergleich zwischen dem Hauptlauf der Amerikaner und der Kontrollläufe ist vielsagend. Die Amerikaner bilden - in der Höhe - die mit Abstand wärmste Wetterentwicklung ab. Möglich ja, wahrscheinlich nein. Die Europäer bilden in der Temperaturprognose zwar den Mittelwert der Kontrollläufe ab, sind aber in der Schneeprognose ein deutlicher Ausreißer.
Orientiert man sich an der Temperaturentwicklung in 1.500 Meter Höhe, so liegt diese am 1. Dezember bei +4 Grad, pendelt sich nachfolgend bis zum 4. Dezember auf -6 Grad ein und steigt bis zum 10. Dezember auf +1 Grad an. Für den Flachlandwinter sind Anfang Dezember -7 bis -9 Grad und für Winterwetter ab den mittleren Lagen -4 bis -7 Grad ausreichend. Das unterstreicht den nasskalten Wettertrend der vergangenen Tage und im direkten Vergleich ist die Temperaturprognose der Kontrollläufe heute sogar noch etwas nach oben korrigiert worden. Schaun mer mal.
Tag | Temperaturspektrum | Temperaturmittelwert |
---|---|---|
2. Dezember | -5 bis +7 Grad |
+2 bis +4 Grad |
6. Dezember | -4 bis +9 Grad |
+1 bis +3 Grad |
11. Dezember | -8 bis +14 Grad |
+3 bis +5 Grad |
Nachtrag von heute Nachmittag
In aller Kürze - die Amerikaner bestätigen heute Nachmittag die Hochdruckzone zwischen den Azoren, Skandinavien und Russland. Im Unterschied aber zu heute Morgen liegen Deutschland, Österreich und die Schweiz am östlichen Hochdruckgradienten, was kühle, bis kalte Luftmassen aus Nordost nach Mitteleuropa führt. Die Konservierung einer Schneedecke bleibt somit optional.
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