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Wetterprognose: Wintersturm oder doch eine Fortführung der milden Witterung?

| M. Hoffmann
Schafft der Winter den Sprung im Januar noch nach Deutschland? © Martin Bloch

Extrem warme Luftmassen werden aus südwestlichen Richtungen nach Deutschland geführt und lassen die Temperaturen zum Jahreswechsel in Rekordhöhe steigen. Was aber ist mit dem Winter - kann der noch was?

Aus südwestlichen Richtungen gelangen in den kommenden Stunden ungewöhnlich warme Luftmassen nach Deutschland, was die Temperaturen bis Silvester und Neujahr auf +12 bis +16 Grad und örtlich bis +20 Grad ansteigen lassen kann. So warm war es in Deutschland zum Jahreswechsel noch nie seit Beginn der Wetteraufzeichnungen von 1881 und der alte Rekord aus dem Jahre 2021 wird exakt 12 Monate später bereits kassiert. Selbst in der Neujahrsnacht sind die Temperaturen mit +10 bis +15 Grad ungewöhnlich hoch. Lediglich über den Regionen südlich der Donau kann es mit +5 bis +10 Grad frischer werden.

Viel Wind und zeitweiliger Niederschlag

Eine kräftige Südwestströmung führt die warmen Luftmassen nach Deutschland, was über den exponierten Lagen der Nordhälfte und über den Küstenregionen von Nord- und Ostsee bis einschließlich dem 1. Januar immer wieder zu stürmischen Windböen führen kann. Insbesondere über den Hochlagen und den Küsten sind schwere Sturmböen nicht ausgeschlossen. Über der Südhälfte schwächt sich der Wind ab. Mit zeitweiligem Niederschlag ist zu rechnen, der am Freitag und in der Nacht auf Samstag noch in der Fläche auftritt, sich aber von Silvester bis zum 2. Januar mehr über den Norden verlagert, während über dem Süden sonnige Momente möglich sein können. Mehr dazu in der aktuellen Wetterprognose zum Wetter Januar.

Für die Jahreszeit ungewöhnlich warmes Wetter
Wetterprognose nach dem deutschen (li.), amerikanischen (mi.) und europäischen (re.) Wettermodell: Für die Jahreszeit ungewöhnlich warmes Wetter © www.meteociel.fr

Kein Winter bis zum 6. Januar

Ist bis 6. Januar kein Winter, folgt auch keiner mehr dahinter - in Zeiten der Klimaerhitzung ist das wohl ein zunehmend zwingendes Resultat, was sich einem kurzen Überblick im Zeitraum von 1981 und 2021 in 80 Prozent der Fälle bestätigt hat.

Schon gewusst?
Bis zum 18. Dezember war der Dezember im Vergleich zum Klimamittelwert von 1961 und 1990 um -2,5 Grad zu kalt. Aktuell beträgt die Differenz exakt +0,0 Grad. Am Ende wird der Dezember 2022 um rund +1,5 Grad zu warm ausfallen können (91/20: +0,5 Grad)

Ist vom Winter noch was zu erwarten?

Die Antwort lautet: schaun mer mal. Zum einen lassen sich keine Prognosen aus einer Statistik ableiten - lediglich Wahrscheinlichkeiten, wie z.B., dass die Winter in Zeiten der Klimaerhitzung zunehmend wärmer und Temperaturrekorde in immer kürzeren Zeitabständen einkassiert werden. Das aber ist eine Binsenweisheit und keine meteorologische Herausforderung. Interessanter wird es, bestimmte Muster zu erkennen. Beispielsweise, woran sich ein Mildwinter anhand der Grundströmung des Polarwirbels ableiten lässt und welche Phänomene in diesen Zeiten dann doch noch zu Winterwetter führen können. Insofern wird das Wetter - und damit auch der Winter - immer wieder für Überraschungen gut sein. Vorerst aber ist bis zum 6. Januar - nach allen Prognosen der Vorhersage-Modelle - keine winterliche Wetterentwicklung zu erkennen.

Zwischen trockenem, mildem, ruhigem und turbulent-stürmischen Wetter
Wetterprognose nach dem europäischen (li.) und amerikanischen (re.) Wettermodell: Zwischen trockenem, mildem, ruhigem und turbulent-stürmischen Wetter © www.meteociel.fr

Das Muster innerhalb des Polarwirbels ist entscheidend

Beide Vorhersage-Modelle sind sich bis zum 6. Januar in ihrer Prognose sehr ähnlich. Die Hochdruckzone zwischen Kanada und Sibirien kommt zustande, die kalte Luft wird nach Kanada transferiert und über dem östlichen Kanada nach Süden abgeleitet. Dort trifft die kalte Luft auf den warmen Atlantik und befeuert die atlantische Frontalzone. Diese wiederum dreht ihre Runden entweder bis über das europäische Nordmeer oder bis nach Skandinavien. Spannung verspricht dann lediglich nur noch die Frage, wie weit die atlantische Frontalzone nach Osten vorankommen wird. Doch kommt es - auch dieses Mal - auf die Feinheiten an.

Einer Aktion folgt immer eine Reaktion

Während die atlantische Frontalzone nach der Wetterprognose der Europäer schwach und lustlos erscheint, ist diese nach der Vorhersage der Amerikaner deutlich kräftiger ausgeprägt und kann bis zum 6. Januar einen Teil des Polarwirbels bis über die Barentssee verlagern.

Blockadehoch auf dem Atlantik

Spielt man das Szenario durch, so wagt sich die Frontalzone mit ihrem Zentrum weit nach Osten vor - zu weit. Was auf diese Aktion folgt, ist eine unmittelbare Reaktion über Kanada, wo sich hoher Luftdruck ausdehnen und über Neufundland Kontakt zum Azorenhoch aufnehmen kann. Schlagartig bricht die Tiefdruckrinne auf dem Atlantik zusammen und der Tiefdruckwirbel zwischen dem europäischen Nordmeer und Skandinavien beginnt sich einzudrehen.

Arctic Outbreak über Deutschland

Aber nicht nur das. Der Tiefdruckwirbel kommt nicht mehr weiter nach Osten voran - der Grund ist die Hochdruckzone auf dem Atlantik, die durch ihre Drehbewegung im Uhrzeigersinn den Tiefdruckwirbel dazu zwingt, nach Süden auszutrogen. Dieser Prozess wird nach der Wetterprognose der Amerikaner zum 8. Januar eingeleitet und endet zum 10. Januar mit einem gemäßigten Arctic Outbreak über Deutschland.

Wintersturm?

Sturm ja, ob aber ein Wintersturm (Blizzard) daraus entspringt, wird man abwarten müssen. Die Temperaturen werden für den 8. Januar im Bereich von +6 bis +12 Grad und für den 10. Januar von +5 bis -3 Grad simuliert. Das Potential ist da, die kalten Luftmassen auch, doch muss zunächst einmal viel Energie drauf verwendet werden, die warmen Luftmassen aus dem Weg zu räumen. Da verpufft der größte Teil des Arctic Outbreaks. Zudem müssen die kalten Luftmassen über die warme Nord- und Ostsee geführt werden, was Winterwetter über der Nordhälfte - trotz eines Arctic Outbreaks - wenig wahrscheinlich macht.

Interessant aber ist der winterliche Ansatz in der Wettervorhersage der Amerikaner dennoch, da sich der Trog weit nach Süden vorwagt und über der Mittelmeerregion ein weiteres Tiefdrucksystem wird initialisieren können. Das könnte für die Nachhaltigkeit des Winters noch von entscheidender Bedeutung sein.

Eine ab den mittleren Lagen winterliche Wetterentwicklung
Wetterprognose nach dem amerikanischen Wettermodell: Eine ab den mittleren Lagen winterliche Wetterentwicklung © www.meteociel.fr

Auf den Punkt gebracht: Wetterwechsel

Ja, die Wetterprognose der Amerikaner zeigt, wie es mit dem Winter - doch noch klappen kann. Auch wenn dafür eine abenteuerliche Konstellation notwendig ist und sich der Winter nur über den südlichen Landesteilen bis auf das Flachland vorwagen kann. Es ist also als ein Lichtblick für alle Freunde des Winterwetters zu verstehen - mehr nicht!

Die Kontrollläufe berechnen bis zum 9. Januar im weitesten Sinne eine Fortführung der für die Jahreszeit zu warmen Temperaturentwicklung. So liegen die Temperaturen in 1.400 Meter Höhe bspw. am 8. Januar zwischen +2 und -2 Grad. Damit der Flachlandwinter möglich wird, sollten die Höhenwerte im Bereich von -4 und -6 Grad liegen. Dieser Wettertrend der Kontrollläufe ist also alles andere als winterlich. Im Vergleich zu den letzten 48 Stunden aber sind die Kontrollläufe insgesamt kühler geworden und sprechen sich zunehmend für einen Wetterwechsel aus, der sich ab dem 2. Januar über Deutschland vollziehen und mehr den Weg in die nasskalte Richtung weist.

Aus warm Südwest wird nasskalt West- bis Nordwest?
Wetterprognose nach dem Mittelwert aller Kontrollläufe: Aus warm Südwest, wird nasskalt West- bis Nordwest? © www.meteociel.fr

Die Temperaturprognose der Wettermodelle
Tag Temperaturspektrum Temperaturmittelwert
3. Januar +3 bis
+11 Grad
+5 bis
+9 Grad
7. Januar -1 bis
+12 Grad
+5 bis
+7 Grad
12. Januar -3 bis
+10 Grad
+3 bis
+5 Grad
Diagramm Temperaturen Januar 2023
Die Wahrscheinlichkeiten der Kontrollläufe Januar 2023 von zu kalt, normal, zu warm im Vergleich zum vieljährigen Mittelwert (1961 bis 1990)

Nächste Aktualisierung

  • 20:15 Uhr: Aktualisierung der Winterprognose an dieser Stelle

© Bild - Martin Bloch

Update der Wetterprognose von 20:09 Uhr

Auch heute Abend bleibt eine winterliche Wetterentwicklung bis zum 6. Januar nahezu auszuschließen. Die Vorhersage-Modelle lassen ab dem 3. Januar eine Hochdruckblase über Europa ausdehnen, die nach und nach für ruhiges und trockenes Wetter sorgt.

Was folgt, sind teils klare Nächte und die Ausbildung von Nebelfeldern, die sich am Tage nur zögerlich auflösen. Die Temperaturen gehen mit +4 bis +8 Grad etwas zurück und können über dem Westen mit Sonnenschein bis +10 Grad ermöglichen, während es über dem Nordosten mit +2 bis +5 Grad nasskalt werden kann.

Vorerst nichts winterliches
Wetterprognose nach dem deutschen (li.) und amerikanischen (re.) Wettermodell: Vorerst nichts winterliches © www.meteociel.fr

Die Chancen für den Winter

Zunächst einmal das, was zu erwarten war. Das abenteuerliche Konstrukt der Amerikaner von heute Morgen hat sich im Tagesverlauf nicht bestätigt. Interessant ist der Ansatz von heute Abend trotzdem, auch wenn dieser nicht unmittelbar eine winterliche Wetterlage zur Folge hat.

Nordwest-Wetterlage

Der Hochdruckkeil auf dem Atlantik dehnt sich im Bereich der Azoren bis über die Barentssee nach Norden aus. Der Hochdruckkeil lässt die atlantische Frontalzone zum 10. Januar vollständig auflaufen und führt über Deutschland kurzzeitig kühlere Luftmassen nach Süden, was die Temperaturen mit +2 bis +6 Grad und örtlich bis +8 Grad in den nasskalten Bereich absinken lassen kann. Schnee-, Schneeregen- oder Graupelschauer wären ab den mittleren Lagen zu diskutieren.

Blockadehoch

Interessant ist die Wetterprognose der Amerikaner von heute Abend auch deshalb, da die Option des Blockadehochs bestehen bleibt. Spielt man die Szenarien durch, so kann mit einer anderen Positionierung der Blockadeachse auch winterliche Varianten zustande kommen. Sicher - für den Moment sind diese Lösungen mehr hypothetischer Natur - doch handelt es sich hierbei um einen Wetterwechsel, der mit dem 2. Januar beginnt und noch in unterschiedliche Richtungen gehen kann und da spielt auch der Winter eine Rolle.

Mit dem Hoch an der richtigen Stelle, kann es auch mit dem Winter über Deutschland was werden
Mit dem Hoch an der richtigen Stelle, kann es auch mit dem Winter über Deutschland was werden © www.meteociel.fr

Instabil werdender Polarwirbel: Die Randfaktoren

Solange der Polarwirbel - wie aktuell - sich in Bestform befindet, so lange wird der Winter über Deutschland eine nur untergeordnete Rolle spielen können. Das Hauptaugenmerk aller Freunde des Winterwetters also liegt auf dem Polarwirbel und dessen weitere Entwicklung.

Ein Indikator für einen schwächer werdenden Polarwirbel ist der sog. AO-Index, der im Moment leicht positiv und ab dem 3. Januar zunehmend negativ besetzt ist. Die Hochphase des Polarwirbels könnte mit dem Jahreswechsel bereits erreicht sein. Was aber für den Moment gegen einen Wintereinbruch über Deutschland spricht, ist der positive NAO-Index (Verhältnis Azorenhoch zu Islandtief). Dieser sollte für den Winter idealerweise negativ besetzt sein.

Plötzliche Stratosphärenerwärmung

Ein weiterer Indikator für den zukünftigen Zustand des Polarwirbels ist die Entwicklung in der Stratosphärenhöhe und hier zeichnet sich seit Tagen ein kräftiges Minor-Warming mit Potential für ein Major-Warming ab. Tritt dieses ein, beginnen sich die oberen Luftschichten in entgegengesetzte Richtung zu drehen, wie es die unteren Luftschichten machen. Was folgt, sind in einem Zeitversatz von 3 bis 7 Tagen massive Verwerfungen des Polarwirbels, die zwar nicht zwingend winterliche Wetterverhältnisse über Deutschland zur Folge habe, doch die Grundvoraussetzungen hierfür verbessern.

Für den Moment bleibt es noch bei einem Minor-Warming - doch der Ansatz zu einem Major-Warming ist unverkennbar.

Ein kräftiges Minor-Warming mit Potential zu einem Major-Warming
Ein kräftiges Minor-Warming mit Potential zu einem Major-Warming © www.meteociel.fr

Fazit: vorerst unwinterlich

Dabei bleibt es. Zwar kommt in den Kontrollläufen so langsam Bewegung ins Spiel, doch nach den Wahrscheinlichkeiten bleibt es bis zum 13. Januar für die Jahreszeit zu warm, mit einem lediglich sich normalisierendem Temperaturniveau, was allenfalls den Winter ab den mittleren Lagen optional werden lassen kann. Alles andere fällt in die Kategorie Grundrauschen.

Nachtrag: Wettervorhersage nach dem europäischen Wettermodell

Die Wetterprognose der Europäer bleibt ihrer unwinterlichen Linie der letzten Tage treu. Über der Mittelmeerregion baut sich ein Hoch auf und lässt die Frontalzone auflaufen. Stabil im Gerüst und unwinterlich im Ergebnis.

Eine weiterhin unwinterliche Wetterentwicklung
Wetterprognose nach dem europäischen Wettermodell: Eine weiterhin unwinterliche Wetterentwicklung © www.meteociel.fr

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