Wetteraussichten Deutschland: Bringt ein Polarwirbelsplit alles durcheinander?

Der Zustrom kalter Luftmassen intensiviert sich über dem östlichen Kanada und führt zu einer imposanten und beeindrucken hohen Tiefdruckdynamik auf dem Atlantik. Andernorts keilen derweil Hochdrucksysteme in den Polarwirbel hinein vor und sorgen so für eine zunehmend spannende Wetterentwicklung.
Ein Hoch - angetrieben durch eine ungewöhnlich hohe Tiefdruckaktivität auf dem Atlantik - positioniert sich zum kommenden Wochenende direkt über Deutschland. Ein Vorankommen der atlantischen Frontalzone nach Mitteleuropa kann in der Kurzfristprognose somit ausgeschlossen werden, dennoch gibt es Störimpulse, die für Abwechslung sorgen können.
Tiefdruckausläufer und ein Kaltlufttropfen
Die erste Störung erreicht Deutschland heute Nachmittag und wird in der Nacht auf Mittwoch und auch tagsüber über der Südhälfte, sowie über den Küsten der Nordsee für zeitweiligen und örtlich länger andauernden Niederschlag sorgen können. Am Donnerstag zieht noch am Vormittag das Tief nach Südosten ab und von Westen setzt sich hoher Luftdruck über Deutschland durch. Bei einem Mix aus Sonne, Nebel und Hochnebel bleibt es trocken. Erreichen die Temperaturen heute +14 bis +18 Grad und über dem Südwesten bis +20 Grad, so pendeln sich die Werte darüber hinaus auf +12 bis +14 Grad ein. Mit einer längeren Sonnenscheindauer können bis +16 Grad und über den Regionen mit Dauernebel bis +10 Grad möglich sein. In den klaren Nächten sinken die Werte auf +4 bis +8 Grad ab und können mancherorts mit bis -1 Grad für Frost sorgen. Inwieweit ein schwacher Kaltlufttropfen über den südlichen Alpen Einfluss auf das Wetter über Deutschland nehmen kann, bleibt abzuwarten. Mehr dazu in der aktuellen Wetterprognose zum Wetter November.

Die Regenprognose
Im Schwerpunkt über dem Saarland, dem südlichen Teil von Rheinland-Pfalz, Hessen, Baden-Württemberg und dem nördlichen Bayern ist am Mittwoch mit einem Niederschlagsvolumen von 5 bis 10 l/m² und örtlich bis 18 l/m² mit nennenswertem Regen zu rechnen, der sich in der Nacht auf Donnerstag in Richtung der Alpen zurückziehen kann. Über den Küsten von Niedersachsen und Schleswig-Holstein sind zeitweilige Schauer möglich, über dem restlichen Deutschland bleibt es bis Sonntag mit 0 bis 4 l/m² weitgehend trocken.
Kleinräumiger Kaltlufttropfen
Noch einmal ein Blick auf die obenstehenden Wetterkarten. Mit einem Pfeil ist ein kleinräumiges Höhentief markiert, das unter bestimmten Voraussetzungen Deutschland erreichen kann. Ist das der Fall, so kann am Samstag und Sonntag über den Alpen, dem Südwesten und später auch über dem Westen mit etwas Regen gerechnet werden. Ob das aber so kommen wird, bleibt abzuwarten, da die Vorhersage-Modelle den Kaltlufttropfen unterschiedlich interpretieren.

Die Wettervorhersage der Europäer: Blockadehoch
Der Polarwirbel zeigt nach der Wetterprognose der Europäer über dem östlichen Kanada eine ungewöhnlich hohe Aktivität, was für das Wetter über Deutschland, Österreich und der Schweiz nicht ohne Folgen bleiben wird.
Ungewöhnlich heftige Aktivität
Der Hochdruckblock über Deutschland bleibt bis zum 14. November erhalten und sorgt für den Fortbestand einer ruhigen und zu Nebel neigenden Witterung. Im Zeitraum vom 15. bis 17. November aber kommt Bewegung ins Spiel. Von Alaska aus strebt ein Hochdruckkeil in den Polarwirbel hinein vor, scheitert jedoch am Versuch eine Querverbindung zum Hoch über Europa aufzubauen und driftet nach Osten - in Richtung Kanada - ab. Da sich Hochdrucksysteme im Uhrzeigersinn drehen, werden kalte Luftmassen polaren Ursprungs über Kanada geführt und konzentrieren sich im Bereich vor Neufundland, was die Aktivität der atlantische Frontalzone sprunghaft ansteigen lässt.
Bis zum 18. November intensiviert sich die Tiefdruckdynamik auf dem Atlantik weiter und da diese sich gegen den Uhrzeigersinn drehen, werden unentwegt kalte Luftmassen nach Kanada geführt. Was folgt ist ein Muster der Erhaltungsneigung, da sich beide Systeme aufeinander abstimmen. Das Hoch über Europa zieht sich etwas nach Osten zurück und positioniert sich im Bereich von Osteuropa bis über das westliche Russland. Deutschland liegt am westlichen Hochdruckgradienten, während die atlantische Frontalzone versucht nach Osten voranzukommen.
Zunehmend wechselhaftes Wetter
Deutschland wird nach im Zeitraum nach dem 15. November immer wieder von Tiefdrucksystemen gestreift, was zu einem mit Schauern durchsetzen Wettercharakter führen wird. Die Temperaturen erreichen am 15. November noch +14 bis +16 Grad und örtlich bis +18 Grad und sinken bis zum 18. November auf +8 bis +14 Grad ab. Wenn man so will, ein Ansatz für einen Wetterwechsel, der sich aber erst in der letzten November-Dekade zur Geltung kommen kann.

Die Wetterprognose der Amerikaner: Der Ansatz zum Polarwirbelsplit
Die Wettervorhersage der Europäer hatten gestern eine Variante im Programm, die mit etwas Fantasie zu einem Polarwirbelsplitt hätte führen können. Heute findet man diese Variante in den Berechnungen der Amerikaner.
Das Hoch über Europa strebt nach Norden auf
Während sich die Tiefdruckdynamik bis zum 13. November auf dem Atlantik weiter Intensiviert, dehnt sich das Hoch über Europa weiter nach Norden aus und erstreckt sich bis zum 14. November im Bereich der östlichen Mittelmeerregion über Osteuropa bis nach Skandinavien.
Vom westlichen Kanada und Alaska aus, strebt ein weiterer Hochdruckkeil in Richtung des Polarwirbels vor und tatsächlich gelingt es beiden Hochdrucksystemen zum 15. November eine Querverbindung herzustellen und auf diese Art und Weise einen Polarwirbelsplit herbeizuführen.
Polarwirbelsplit an der falschen Stelle
Da die Hochdruckachse über Osteuropa nach Norden strebt, bleiben Deutschland, Österreich und die Schweiz im Einflussbereich des westlichen Hochdruckgradienten und da diese sich im Uhrzeigersinn drehen, werden aus südlichen Richtungen warme Luftmassen nach Deutschland geführt. Aber nicht nur das, mithilfe der atlantische Frontalzone (dreht sich gegen den Uhrzeigersinn), verstärkt sich die Zufuhr warmer Luftmassen aus südlichen Richtungen. Die Temperaturen erreichen bspw. am 15. November (!) +14 bis +18 Grad und mancherorts werden bis +20 Grad ins Spiel gebracht. Im Zeitraum vom 16. bis 17. November gehen die Werte mit +12 bis +16 Grad nur langsam zurück. Im Vergleich zum vieljährigen Mittelwert, sind diese Temperaturen um +7 bis +12 Grad und phasenweise bis +14 Grad zu warm. Für Freunde der kalten Witterung
findet der Polarwirbelsplit an der falschen Stelle
statt.
Zusammenbruch der Hochdruckachse hat den Vollherbst zur Folge
Doch längeren Bestand hat die Hochdruckachse innerhalb des Polarwirbels nicht und löst sich bis zum 18. November auf. Ab diesem Zeitraum schlägt die Stunde der atlantischen Frontalzone. Bedingt durch das Fehlen der Hochdruckblockade über Europa gibt es kein Halten mehr und die ersten Tiefdruckausläufer erreichen Deutschland zum 18. November und es gelingt zwischen Neufundland und Skandinavien sogar der Aufbau einer funktionierenden Tiefdruckrinne.
Zonalisierung mit Wind, Sturm und Regen
Da ist sie wieder, die Westwetterlage, die in den letzten Monaten immer wieder einmal berechnet und dann doch wieder verworfen wurde. Heute nun ein neuer Anlauf, der zumindest nach der Wettervorhersage der Amerikaner vielversprechend aussieht. Entlang der Tiefdruckrinne werden in relativ kurzen Abständen kräftige Tiefdrucksysteme nach Deutschland geführt, die vom 18. bis 23. November mit Sturm, Wind und kräftigen Regengüssen für einen turbulenten Wettercharakter sorgen können.
Zonalisierung? Polarwirbelsplit!
Doch immer, wenn die Zonalisierung ins Spiel gebracht wird, lohnt sich ein Blick auf deren Nachhaltigkeit und geht es nach der Prognose der Amerikaner, so ist diese alles andere als nachhaltig und dient lediglich dazu, eine neue Großwetterlage einzuleiten. Ab dem 21. November beginnt sich ein Hoch von den Aleuten aus in den Polarwirbel hinein vorzuarbeiten und dehnt sich bis zum 23. November bis über das europäische Nordmeer aus. Das stört, bzw. zerstört die Tiefdruckrinne auf dem Atlantik und es zeichnet sich innerhalb kurzer Zeit ein weiterer Polarwirbelsplit ab.
Deutschland, die Schweiz und Österreich liegen in diesem Fall in einer Mischwetterzone und vieles wird davon abhängen, wie weit das Hoch sich vom europäischen Nordmeer aus nach Süden ausdehnen kann. Dennoch sinken die Werte bis zum 20. November auf +5 bis +10 Grad ab und mit einer entsprechenden Niederschlagsintensität können Schnee-, Schneeregen- oder Graupelschauer möglich sein.

Auf den Punkt gebracht: Hochdruckblock mit interessanten Ansätzen
Die Großwetterlage bleibt über Deutschland bis zum 15. November hochdruckdominiert, daran führt zunächst kein Weg vorbei. Eine Veränderung der Großwetterlage wird aber nur dann möglich sein, wenn sich der tiefe Luftdruck entweder in Richtung Skandinavien oder über die Barents- und Karasee verlagern und der Kaltluftzustrom über dem östlichen Kanada unterbunden werden kann.
Das aber ist kein leichtes Unterfangen und es bedarf einiger Anstrengungen, um das eingefahrene Strömungsmuster aus dem Oktober zu beenden. Geht es nach dem Mittelwert der Kontrollläufe, so bleibt der Schwerpunkt der Tiefdruckaktivität im Bereich von Neufundland und Island erhalten - ein positiver NAO-Index also. Und so lange das der Fall ist, geraten Deutschland, Österreich und die Schweiz immer wieder von Neuem (Erhaltungsneigung) in den Zustrom milder bis warmer Luftmassen aus südwestlichen Richtungen. Simuliert wird im Zeitraum vom 9. bis 16. November ein Temperaturüberschuss, der im Vergleich zum vieljährigen Mittelwert um +4 bis +8 Grad und phasenweise um bis +10 Grad zu warm ausfallen kann. Ab dem 17. November gehen die Temperaturen zurück und pendeln sich bis zum 24. November auf ein Niveau ein, das mit einer Differenz von +1 bis +3 Grad noch immer zu warm ausfallen kann.
AO-Index wird negativ
Doch wie steht es um den Polarwirbel- gibt es Anzeichen für eine Veränderung der Großwetterlage, die vielleicht von einer anderen Richtung aus initialisiert werden kann? Ja, die gibt es - ein Indikator für den Zustand des Polarwirbels ist der sog. AO-Index und der wird für den Zeitraum vom 17. November an negativ simuliert. Wenn man so will, ist da für die letzte Novemberdekade etwas im Busch
, was man in den kommenden Tagen weiter im Auge behalten sollte.
Abschwächung der Winde in Stratosphärenhöhe
Auch interessant ist die Windentwicklung in Stratosphärenhöhe entlang des 60. Breitengrades von derzeit +160 km/h bis zum 22. November auf +72 km/h. Im Grunde genommen nichts Bewegendes, doch mit dem negativ werdenden AO-Index sind das ernstzunehmende Anzeichen eines nachhaltig schwächeren Polarwirbels, der sich entweder an einer Stelle intensiviert (Displacement), oder sich splitten lässt. Abwarten, was aus dieser These in den nächsten Tagen wird.
Die Niederschlagsprognose
In der Regenprognose kam in den letzten Stunden etwas Bewegung ins Spiel. Mit Ausnahme vom 9. November ist bis zum 16. November mit einem verbreitet trockenen Wettercharakter zu rechnen. Nachfolgend steigt die Niederschlagsprognose bis zum 24. November in einen leicht bis mäßig erhöhten Bereich an, was auf eine Ausdehnung der atlantische Frontalzone in Richtung Europa zurückzuführen ist.

Tag | Temperaturspektrum | Temperaturmittelwert |
---|---|---|
14. November | +11 bis +18 Grad |
+11 bis +14 Grad |
18. November | +4 bis +16 Grad |
+9 bis +11 Grad |
23. November | +2 bis +14 Grad |
+7 bis +9 Grad |

Die Winter-Prognose des Langfristmodells
Monat | Temperatur | Niederschlag | Auffälligkeit |
---|---|---|---|
September 2022 | +0,1 Grad (-0,4 Grad) |
zu nass | - |
Oktober 2022 | +3,53 Grad (+3,13 Grad) |
deutlich zu trocken | Rekordwarm |
November 2022 | +2,0 bis +3,0 Grad (+1,1 bis +2,1 Grad) |
Trend: erheblich zu trocken | Extrem positive Temperaturanomalie über Skandinavien |
Dezember 2022 | +1,5 bis +2,5 Grad (+0,5 bis +1,5 Grad) |
Trend: normal bis leicht zu trocken | Ungewöhnliche Abweichung der Temperaturen über Skandinavien |
Januar 2023 | +1,5 bis +2,5 Grad (+0,1 bis +1,1 Grad) |
Trend: etwas zu trocken | - |
Februar 2023 | +1,0 bis +2,5 Grad (+0,1 bis +1,4 Grad) |
Trend: normal bis etwas zu trocken | Trockenheit über Nordwegen (Hoch) |
