Wettertrend: Trotz instabilen Polarwirbels - ungewöhnliche Wärme im November möglich

Der Polarwirbel neigt in seiner Entstehungsphase gerne einmal zu turbulenten Ausschweifungen, was die Wetterentwicklung rasch in eine andere Richtung entwickeln lassen kann. Doch was sich derzeit auf dem Atlantik abspielt, lässt einen nur noch geringen Interpretationsspielraum zu.
Kalte Luftmassen polaren Ursprungs strömen über dem östlichen Kanada ungebremst nach Süden aus und sorgen auf dem Atlantik für eine anhaltend hohe Tiefdruckdynamik. Die atlantische Frontalzone rückt im Wochenverlauf weiter nach Osten vor und beginnt zunehmend das Wetter über Deutschland zu beeinflussen.
Kräftiger bis stürmischer Wind und teils turbulentes Wetter
Insbesondere der Norden von Deutschland wird von den Tiefdruckausläufern gestreift, was über Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern heute, am Mittwoch, Freitag und Samstag immer wieder zu stürmischen Windböen führen kann, die im Schwerpunkt über den Küstenregionen in Erscheinung treten können (Windprognose). Weiter nach Süden schwächt sich der Wind ab, kann aber phasenweise böig auffrischen. Starke bis wechselnder Bewölkung runden den unbeständigen Wettercharakter ab und die Temperaturen sinken von heute mit +14 bis +18 Grad und örtlich bis +20 Grad im Wochenverlauf auf +10 bis +14 Grad und örtlich auf bis +8 Grad ab. Klart es in den Nächten auf, ist Frost von bis -2 Grad möglich. Mehr dazu in der aktuellen Wetterprognose zum Wetter November 2022.

Die Regenprognose
Bei den Tiefdruckausläufern handelt es sich hauptsächlich um kleinräumige Wetterereignisse, die zum Ende der Woche verstärkt Regengebiete über Deutschland hinwegziehen lassen. Nennenswert ist der Niederschlag mit 5 bis 10 l/m² heute lediglich über dem Südwesten und am Freitag mit 2 bis 6 l/m² südlich einer Linie vom Saarland und München, sowie entlang der Nordseeküste.
Interessant wird es am Samstag und in der Nacht auf Sonntag, wenn eine kleine, aber kräftige Störung Deutschland erreicht und im Schwerpunkt über Nordrhein-Westfalen für Regensummen von 8 bis 15 l/m² und örtlich bis 20 l/m² sorgen kann. Kumuliert man die Werte bis einschließlich Sonntag, so sind westlich der Linie von Hamburg und Stuttgart, sowie über dem südlichen Baden-Württemberg und Bayern Regensummen von 5 bis 10 l/m² und örtlich bis 20 l/m² möglich. Weiter nach Osten ist mit 0 bis 5 l/m² von einer deutlich geringeren Niederschlagsausbeute auszugehen.

Der Polarwirbel wird zum Taktgeber
Vom Polarwirbelsplit bis zu einem Displacement des selbigen war in den letzten Tagen alles in den Berechnungen der Vorhersage-Modelle vertreten. Das führte - je nach Wettermodell - zu größeren Sprüngen, die vor allem eines bedeuten: Die Großwetterlage befindet sich in einem Prozess der Umstrukturierung.
Die Wettervorhersage der Europäer: Ein Displacement des Polarwirbels
Die Tiefdruckaktivität auf dem Atlantik lässt nach der Wetterprognose der Europäer nicht nach. Im Gegenteil - ein Hoch über den Aleuten kippt zum 8. November in Richtung Alaska ab und breitet sich über dem westlichen Kanada aus. Da sich Hochdrucksysteme im Uhrzeigersinn drehen, wird der Zustrom kalter Luftmassen polaren Ursprungs über dem östlichen Kanada noch verstärkt, was der atlantische Frontalzone zugutekommt.
Hochdruckaufbau
Durch den nicht enden wollenden Kaltluftzustrom, werden die Tiefdrucksysteme an Ort und Stelle gebunden und können sich nicht weiter nach Osten - bspw. in Richtung Skandinavien ausdehnen. Damit fehlt einer Zonalisierung (Westwetterlage) die Grundlage und anstatt sich über Mitteleuropa ein wildes Novemberwetter einstellen kann, dehnt sich von Süden ein Hochdrucksystem nach Norden aus.
Verschobener Polarwirbel
Das Hochdrucksystem gewinnt an Kraft und positioniert sich bis zum 9. November über Deutschland, der Schweiz und Österreich. Bis zum 11. November keilt das Hoch weiter nach Norden aus und erstreckt sich von Afrika über Mitteleuropa bis über die Barentssee und Teile der Karasee. Der Polarwirbel wird sozusagen in die Zange
genommen, neigt aber - zumindest nach dem Wettertrend der Europäer - nicht mehr zu einem Splitverhalten. Stattdessen findet eine Verschiebung statt.
Ungewöhnlich warme Luftmassen
Für Deutschland hat das unmittelbare Konsequenzen. Die Niederschlagstätigkeit lässt ab dem 7. November nach und lösen sich die zäher werdenden Nebelfelder auf, so scheint am Tage häufiger die Sonne, was die Temperaturen bis zum 10. November auf +10 bis +15 Grad und über dem Westen und Südwesten auf bis +18 Grad ansteigen lassen kann. Hält sich der Nebel längere Zeit, ist bei Werten von +5 bis +10 Grad Schluss und in den klaren Nächten kann mit leichtem Frost gerechnet werden.

Die Amerikaner: Ein Displacement mit Ansatz zum Polarwirbelsplit
Die Amerikaner schwenken um und berechnen heute einen Ansatz, der dem der Europäer fast identisch ist.
Hochdruckeinschübe in den Polarwirbel
Während zum 8. November ein Hoch von den Aleuten aus in den Polarwirbel hinein strebt, ist es von der anderen Seite ein Hochdruckkeil, der von Osteuropa und dem westlichen Russland nach Norden drückt. Zum 11. November wird eine Querverbindung zwischen den beiden Hochdrucksystemen angedeutet. Ein Polarwirbelsplit ist damit nicht vom Tisch, doch kippt das Hoch über den Aleuten rasch über Alaska und Kanada nach Osten ab und befeuert mit seiner Drehrichtung den Kaltluftzustrom über dem östlichen Kanada, was wiederum der Frontalzone einheizt
und über Mitteleuropa ein Hochdrucksystem nach Norden aufstreben lässt.
Zu warm für den November
Was folgt, ist eine über Deutschland ab dem 7. November nachlassende Niederschlagstätigkeit und lösen sich die Nebelfelder der Nacht auf, so ist am Tage häufiger mit Sonnenschein zu rechnen. Die Temperaturen steigen mit einer kräftigen Südwestströmung weiter an und können bis zum 11. November Werte von +14 bis +18 Grad erreichen und mancherorts nochmals spätsommerliche +20 Grad ermöglichen.
Der Ansatz einer Zonalisierung
Da der Kaltluftzustrom über dem östlichen Kanada im weiteren Verlauf nicht abreißt, sondern sich nach der Wetterprognose der Amerikaner bis zum 16. November weiter verstärken kann, wird sich an der grundlegenden Wetterlage vorerst wenig verändern. Bis Mitte November ist mit einem weitgehend trockenen und für die Jahreszeit erheblich zu warmem Wetter zu rechnen.
Was sich aber verändert, ist die atlantische Frontalzone, die weiter an Dynamik und Intensität hinzugewinnen und sich bis zum 15. November von Neufundland über Island bis über das europäische Nordmeer erstrecken kann. In Teilen gelingt auch eine Positionierung bis über Skandinavien. Dieser Vorgang verschiebt die Parameter und die Hochdrucksysteme werden in die Defensive gedrängt. Dennoch blockiert ein Hochdruckkeil zwischen der Barentssee und Karasee die Frontalzone. Nach dieser Prognose ist es aber nur eine Frage der Zeit, bis die Zonalisierung durchbricht und über Deutschland, Österreich und der Schweiz für einen windigen bis stürmischen und nassen Wettercharakter sorgen kann. Abwarten!

Auf den Punkt gebracht: Ein deutlich zu warmer Wettertrend
Die Überschrift hat in Abwandlungen seit rund einer Woche Bestand und wird heute auf eindrucksvolle Art und Weise von den Vorhersage-Modellen bestätigt.
Bestätigt wird der für die Jahreszeit deutlich zu warme Wettertrend auch von den Kontrollläufen. Liegt das Temperaturspektrum vom 4. bis 7. November in einem Bereich, der für den November als typisch eingestuft werden kann, so steigt das Temperaturniveau vom 7. bis 15. November in einen Bereich an, der im Vergleich zum vieljährigen Mittelwert um +2 bis +4 Grad und über dem Süden bis +6 Grad erheblich zu warm ausfallen kann. Normale oder gar zu kalte Varianten sind fast gänzlich aus den Berechnungen verschwunden, was eine hochdruckdominierte Südwestanströmung der Luftmassen zunehmend wahrscheinlicher macht. Mit Schneefall oder winterlichen Bedingungen ist vorerst nicht zu rechnen und selbst in 1.500 Meter Höhe schwanken die Werte mit +8 bis +12 Grad in einem viel zu warmen Bereich.
Die Niederschlagsprognose
Aber nicht nur die Temperaturen haben in den Kontrollläufen eine Korrektur erfahren, auch die Niederschlagsprognose wurde deutlich zurückgerechnet. Lediglich vom 4. bis 5. November ist noch so etwas wie nennenswerter Niederschlag zu erkennen. Verbreitet aber ist bis zum 16. November mit einer trockenen Witterung zu rechnen.

Tag | Temperaturspektrum | Temperaturmittelwert |
---|---|---|
7. November | +9 bis +17 Grad |
+11 bis +13 Grad |
11. November | +8 bis +19 Grad |
+12 bis +14 Grad |
16. November | +5 bis +15 Grad |
+9 bis +11 Grad |

Die Winter-Prognose des Langfristmodells
Beeindruckend ist der Wettertrend des Langfristmodells, welches schon seit Wochen das Wetter im November erheblich zu warm berechnet. Dabei war das keine ausgemachte Sache, denn bis vor kurzem hatten die Vorhersage-Modelle kältere Varianten in ihren Berechnungen berücksichtigt. Doch immer, wenn sich eine Entscheidung zwischen einer zu kalten oder zu warmen Wetterentwicklung ankündigt, setzt sich in Zeiten der Klimaerhitzung zunehmend die warme Variante durch. So auch dieses Mal. Das Langfristmodell berechnet aktuell eine Temperaturanomalie von +2,0 bis +3,0 Grad (91/20: +1,2 bis +2,2 Grad) und über den östlichen Landesteilen wird sogar eine Anomalie von bis +4,0 Grad simuliert.
Der Dezember wird mit einer Differenz von +1,0 bis +2,0 Grad über ganz Deutschland zu warm berechnet (91/20: +0,0 bis +1,0 Grad). Über Skandinavien beträgt die Abweichung im Trend sogar bis +4,0 Grad.
Der Januar 2023 wird mit einer Abweichung von +1,0 bis +2,0 Grad - und im Trend von bis +2,5 Grad - ebenfalls deutlich zu warm (91/20: -0,4 bis +1,1 Grad) simuliert.
Für den Februar 2023 berechnet das Langfristmodell eine Temperaturanomalie von +1,5 bis +3,0 Grad im deutlich zu warmen Bereich (91/20: +0,4 bis +1,9 Grad). Am Ende soll der Winter mit einer Abweichung von +1,5 bis +2,5 Grad (91/20: +0,3 bis +1,3 Grad) deutlich zu warm ausfallen können.
Die Niederschlagsprognose für den November fällt - wie für den Dezember - deutlich negativ und damit zu trocken aus, was den Rückschluss auf eine Hochdruckdominanz zulässt. Interessant ist der Blick auf Nordeuropa, das über weite Teile von Norwegen einen positiven Niederschlagstrend berechnet. Möchte man das interpretieren, läuft die atlantische Frontalzone auch im November und Dezember auf das Hoch auf und sorgt möglicherweise für einen Fortbestand der Südwestwetterlage. Der Januar wird normal bis leicht zu trocken und der Februar etwas zu nass simuliert. Ein Ausgleich der Dürre aus dem Frühjahr (Sollerfüllung: 64 Prozent) und Sommer (Sollerfüllung: 59 Prozent), sowie der Fortsetzung der trockenen Witterung im Oktober (Sollerfüllung: 86 Prozent) wird nach dem Wettertrend des Langfristmodells im Winter so nicht stattfinden können, denn dieser müsste überproportional und erheblich zu nass ausfallen, um noch irgendwie für einen Ausgleich sorgen zu können. Schaun mer mal.