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Wetteraussichten Winter 2021/2022: Vollherbst oder einfach nur Herbst?

| M. Hoffmann
Welches Wetter folgt dem Sturm Anfang November nach?

Ein Sturm nähert sich im November vom Atlantik kommend Deutschland und wird für mehr Wolken, mehr Niederschlag, Wind und zurückgehende Temperaturen sorgen können. Doch bevor der Vollherbst so richtig im Schwung kommt, verändert ein Störimpuls innerhalb des Polarwirbels die Grundströmung und kann für eine grundlegende Veränderung des Wetters sorgen.

Ruhiges Herbstwetter. Das Wetter fällt bis einschließlich Sonntag mit einem Mix aus Sonne, Wolken und Nebel und zum Sonntag mit etwas Regen, gemäßigt aus. Ungewöhnlich ist die stramme Südwestströmung, die warme Luftassen nach Deutschland führt und die Temperaturen auf +14 bis +18 Grad und örtlich auf bis +20 Grad ansteigen lassen kann. Löst sich der Nebel nur zögerlich auf, kann es mit +10 bis +15 Grad kühler bleiben.

Wildes Novemberwetter

Die atlantische Frontalzone positioniert sich in den ersten Novembertagen zwischen dem europäischen Nordmeer, Skandinavien, England und Deutschland. Deutschland liegt dabei nicht inmitten des Trogvorgangs, sondern am östlichen Gradienten, was gemäßigt milde Luftmassen nach Deutschland führt. Im Vergleich zum Oktober aber handelt es sich mit Temperaturen vom +6 bis +12 Grad um einen markanten Temperaturrückgang. Dazu gibt es viele Wolken und gelegentliche Schauer, die in ihrer Intensität regional sehr unterschiedlich ausfallen können. Kurze Gewitter sind möglich und mit entsprechende Intensität sind Graupelgewitter nicht auszuschließen. Der Wind frischt stark böig aus südwestlichen bis westlichen Richtungen kommend auf und kann über exponierten Lagen und den Küsten von Nord- und Ostsee zu schweren Sturmböen führen. Details hängen nach wie vor von der exakten Positionierung des Sturmtiefs ab. Mehr dazu: Wetter November.

Die atlantische Frontalzone nähert sich mit einem Trog Deutschland
Wetterprognose nach dem europäischen Vorhersage-Modell: Die atlantische Frontalzone nähert sich mit einem Trog Deutschland
© www.meteociel.fr

Wettervorhersage nach dem europäischen Wettermodell: Polarwirbelsplit im Ansatz

Ein Polarwirbelsplit lässt Freunde des Winterwetters immer aufhorchen. Bedeutet das doch meist eine turbulente Wetterphase, bei der es zu der einen oder anderen Überraschung kommen kann. Entscheidend, ob die Überraschung weißer Natur, hängt jedoch von der Struktur des Splits ab.

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Der Keiltreiber

Der Trog erreicht zum 3. November seinen Höhepunkt und driftet nachfolgend nach Osten ab. Ein Ableger bleibt in Richtung der Mittelmeerregion erhalten und verhindert so, dass ein Hoch auf dem Atlantik rasch nach Mitteleuropa übersetzen kann. Die Temperaturen sind und bleiben mit +5 bis +10 Grad relativ frisch und in den Nächten ist bis zum 5. November mit Frost zu rechnen.

Kommen wir zum Polarwirbel. Bis zum 5. November erstreckt sich von Kanada aus ein Hochdruckkeil in Richtung der Aleuten und dem östlichen Sibirien und teilt dem Polarwirbel in zwei Zentren auf. Das ist für einen Frühwinter über Europa kontraproduktiv. Warum? Hochdrucksysteme drehen sich im Uhrzeigersinn und befördern kalte Luftmassen über das östliche Kanada nach Süden in Richtung Neufundland. Das stärkt die atlantische Frontalzone und das gesamte Konstrukt drumherum. Über kurz oder lang muss die Zonalisierung - die Westwetterlage - in Betracht gezogen werden, da sich der Kreislauf aus Kaltluftzustrom Neufundland und der hohen Aktivität der atlantischen Frontalzone mit Ziel Europa immer wieder erneuert und irgendwann die meridionale Grundstruktur wird auflösen können.

Mildes Herbstwetter

Deutlicher sieht man den Ansatz der Zonalisierung zum 6. November. Das Azorenhoch flacht ab und legt sich über Mitteleuropa, gleichzeitig dreht die atlantische Frontalzone voll auf und erstreckt sich in einem Bereich von Neufundland bis über die Barentssee und der Karasee. Anders formuliert befindet sich der aktive Teil des Polarwirbels im Zentrum über Nordeuropa und da sich Tiefdrucksysteme gegen den Uhrzeigersinn drehen, kommt der Wind aus westlichen Richtungen. Die Temperaturen können bis zum 7. November auf +6 bis +12 Grad und mit Sonnenschein bis +14 Grad erreichen.

Bei einem Mix aus Sonne und Wolken können sich gelegentliche Schauer untermischen und mancherorts sorgen zähe Nebelfelder für getrübtes Wetter.

Die Achse innerhalb es Polarwirbels verändert sich und lässt über Mitteleuropa keinen Vollherbst zu
Wetterprognose nach dem europäischen Vorhersage-Modell: Die Achse innerhalb es Polarwirbels verändert sich und lässt über Mitteleuropa keinen Vollherbst zu
© www.meteociel.fr

Wetterprognose nach dem amerikanischen Wettermodell: Herbstliche Hochdruckdominanz

Der Trog wirbelt in den ersten Novembertagen über Deutschland hinweg, doch fehlt ihm die Durchschlagskraft, um das Wetter nachhaltig zu verändern. Der Grund hierfür liegt aber ganz woanders, als man vermuten mag.

Polarwirbel geschwächt

Schaut man sich den Polarwirbel zum 3. November an, so fällt einem sofort das Viererfeld der Tiefdrucksysteme auf. Der Polarwirbel trogt über dem östlichen Kanada, Europa, Sibirien und über den Aleuten nach Süden aus. Das ist entlang der Polarfront einiges los und eigentlich - ja eigentlich - ein Garant für eine turbulente Wetterphase, die über kurz oder lang auch zonale Bedingungen annehmen kann.

Zentralisierung des Polarwirbels

Doch der Trog über Europa, der sein Zentraltief über dem europäischen Nordmeer hat, wirkt wie ein Motor auf den Polarwirbel und intensiviert sich bis zum 5. November weiter. Intensivieren bedeutet in diesem Fall, dass die südlichen Ausschweifungen beendet werden und sich der Polarwirbel auf seinen Kern konzentriert.

Störimpuls innerhalb des Polarwirbels

Zum 6. November strebt ein Hochdrucksystem von Kanada aus in den Polarwirbel hinein und baut bis über das östliche Sibirien eine Hochdruckzone aus. Dieser Vorgang führt zu einem Kaltluftzustrom über dem östlichen Kanada und wird über dem Atlantik für eine weitere Tiefdruckaktivität sorgen. So bleibt für das Azorenhoch ein nur geringer Spielraum, um sich nach Norden aufzuwölben und der atlantischen Frontalzone etwas entgegenzusetzen.

Warme Luft aus südwestlichen Richtungen

Und so bestätigt die Wetterprognose des amerikanischen Wettermodells die gestrige Vorhersage. Die Wetteraktivität auf dem Atlantik gewinnt an Intensität und lässt das Azorenhoch nach Osten abkippen. Zum 5. November dehnt sich das Azorenhoch nach Deutschland aus und bleibt bis zum 11. November dominierend. Im Verbund mit der hohen Wetteraktivität auf dem Atlantik werden aus südwestlichen Richtungen warme Luftmassen nach Deutschland, Österreich und der Schweiz geführt. Erreichen die Temperaturen am 5. November noch +5 bis +10 Grad und örtlich bis +12 Grad, so sind am 7. November +8 bis +14 Grad und am 11. November zwischen +10 bis +15 Grad und örtlich bis +18 Grad möglich. Immer vorausgesetzt, dass die Sonne scheint. Erweist sich der Nebel als zäh, so ist spätestens an der +10 Grad-Marke Schluss. In den klaren Nächten kann mit Frost gerechnet werden.

Eine Veränderung innerhalb des Polarwirbels (li.) erhöht die Wetteraktivität auf dem Atlantik und schiebt das Azorenhoch über Europa (re.)
Wetterprognose nach dem amerikanischen Wettermodell: Eine Veränderung innerhalb des Polarwirbels (li.) erhöht die Wetteraktivität auf dem Atlantik und schiebt das Azorenhoch über Europa (re.)
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Auf den Punkt gebracht: Erst nasskalt, dann herbstlich

Der Zeitraum vom 3. bis 5. November wird mit hoher Wahrscheinlichkeit nasskalt verlaufen und über manchen Regionen für ein paar Graupelschauer sorgen können, was für den November nichts Außergewöhnliches ist. Auch ein schwächelnder Polarwirbel ist im November - gerade in der Entstehungsphase - nichts Ungewöhnliches. Und dass die Achse innerhalb des Polarwirbels kippt und die Tiefdruckdynamik auf dem Atlantik anheizt, ist im November ebenfalls nichts Überraschendes.

Gewöhnlich ungewöhnlich

Doch trotz aller Normalisierungstendenzen in der Grundströmung passt das Muster nicht zu dem, was in den letzten 19 Monaten vorherrschend war - die meridional verlaufende Grundströmung. Ob diese sich abflacht und damit der Zonalisierung das Spielfeld überlässt, bleibt abzuwarten und zum aktuellen Stand zu hinterfragen.

Hinterfragen ist gut und berechtigt, da die Kontrollläufe nicht mitziehen und die Wetterprognosen der Amerikaner und Europäer bilden die wärmsten Varianten ab. Anders formuliert ist eine milde bis warme Hochdruckwetterlage möglich, doch zum aktuellen Stand wenig wahrscheinlich. Der Temperaturüberschuss aus dem Oktober endet mit dem Monatswechsel und die Temperaturen sacken um rund 10 Grad ab. Dieses Niveau hält sich bis zum 13. November, was über Lagen oberhalb etwa 1.000 bis 1.300 Meter den Winter einziehen lassen kann. In Lagen darunter pendeln sich die Werte auf Jahreszeit-typische +5 bis +10 Grad und mit Sonnenschein auf bis +12 Grad ein. Betrachtet man den Mittelwert aller Kontrollläufe, so verbleibt das Azorenhoch auf dem Atlantik und zusammen mit der hohen Tiefdruckaktivität auf dem Atlantik, ergibt sich eine Nordwestwetterlage.

Die Chancen auf Schneefall

Am 6. November liegt die Wahrscheinlichkeit für etwas Schneefall über dem Norden bei 0 Prozent. Über den Mittelgebirgen bei 10 bis 20 Prozent und über den Hochlagen bei 40 Prozent. Südlich der Linie vom Schwarzwald und Dresden - je nach Höhenlage - bei 5 bis 30 Prozent und über dem Bayerischen Wald bei 30 bis 50 Prozent. Über den Alpen und dem Alpenvorland zwischen 60 und 100 Prozent. Darüber hinaus wird die Schneefallwahrscheinlichkeit in Lagen unterhalb 1.000 Meter bedeutungslos.

Nicht warm, nicht kalt - nasskalt
Wetterprognose nach dem Mittelwert aller Kontrollläufe (li.), den Druckanomalien (Mi.) und der Schneefallwahrscheinlichkeit am 6. November (re.): nicht warm, nicht kalt - nasskalt
© www.meteociel.fr | climatereanalyzer.org

Die Temperaturprognose der Kontrollläufe
Tag Temperatur­spektrum Temperatur­mittelwert
3. November +4 bis
+11 Grad
+7 bis
+10 Grad
7. November +2 bis
+12 Grad
+6 bis
+9 Grad
12. November -2 bis
+15 Grad
+6 bis
+9 Grad
Diagramm Temperaturen November 2021
Die Wahrscheinlichkeiten der Kontrollläufe November 2021 von zu kalt, normal, zu warm im Vergleich zum vieljährigen Mittelwert (1961 bis 1990)

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