Wettertrend Herbst und Winter 2021/22: Vollherbst oder Spätsommer?
Die atlantische Frontalzone gewinnt an Struktur und dehnt sich im Verlauf der kommenden Woche nach Deutschland aus. Doch wie stabil ist diese Entwicklung - reicht das für den Vollherbst und welche Rolle spielt der Polarwirbel?
Goldenes Oktoberwetter macht sich am Wochenende über Süddeutschland bemerkbar, während der Sonnenschein über dem Norden von zahlreichen Wolken eingetrübt wird. Regen ist über der Nordhälfte möglich, beschränkt sich im Wesentlichen auf den Freitag und auch hier nur in abgeschwächter Form. Sonst bleibt es bis Dienstag trocken.
Wetterwechsel mit Warmluft
Am Montag und Dienstag dehnt sich ein Tiefdrucksystem vom Atlantik kommend nach Deutschland aus. Die Bewölkung nimmt auch über dem Süden zu und zum Dienstag überquert ein Regengebiet Deutschland von West nach Ost. Die Temperaturen erreichen am Wochenende +10 bis +15 Grad und mit einer längeren Sonnenscheindauer sind bis +17 Grad möglich. Zum Start in die neue Woche dreht der Wind auf südliche Richtungen und führt mit bis +20 Grad wärmere Luftmassen nach Deutschland. Mehr dazu: Wetter Oktober 2021.
Wettervorhersage nach dem europäischen Wettermodell: kräftiger Warmluftschub mit nachfolgendem Herbstwetter
Man erkennt es schon auf der obenstehenden Wetterkarte. Ein Tief auf dem Atlantik läuft voll auf ein Hoch über Mitteleuropa auf und kann zum Beginn der neuen Woche die Temperaturen bis an die +20 Grad-Marke ansteigen lassen.
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Keine stabile Wetterentwicklung
Dem Hochdruckrücken über Mitteleuropa fehlt es an Stabilität und die atlantische Frontalzone holt weit nach Süden aus. Ja, das Potential einer Südwestwetterlage oder einer meridional verlaufenden Süd-Nord-Strömung ist absolut vorhanden, doch etabliert sich bis zum 18. Oktober ein weiteres Tiefdruckzentrum über der Barentssee.
Es ist somit nur eine Frage der Zeit, bis sich die atlantische Frontalzone mit dem Tiefdruckzentrum über der Barentssee zusammenschließt. Ist das der Fall, nimmt die Windaktivität über Deutschland zu und mit einer erhöhten Niederschlagswahrscheinlichkeit ist bei zurückgehenden Temperaturen zu rechnen.
Ein Blick auf den Polarwirbel
Der Herbst wird sich in der letzten Oktoberdekade über Deutschland bemerkbar machen können. Doch das eigentlich interessante ist ein Hochdruckkeil über dem östlichen Kanada, der zum 19. Oktober weit in die Polarregion hinein strebt, kalte Luftmassen anzapft und diese nach Süden - auf den Atlantik führt. Das sorgt für ein weiteres Anheizen der atlantische Frontalzone. Spannende Zeiten stehen dem Wetter bevor.
Warum spannende Zeiten? Ganz einfach - diese Konstellation ist als ernsthafter Versuch zu verstehen, die seit rund 18 Monaten anhaltende meridionale Wetterlage durch eine zonale Grundströmung zu ersetzen. Sollte sich das Hoch aber nicht vollständig über die Polarregion durchsetzen können, so bricht dieses Konstrukt schnell in sich zusammen und die Energie verpufft regelrecht und bevor sich die atlantische Frontalzone überhaupt festigen kann, sorgt die Erhaltungsneigung für einen Fortbestand des meridionalen Strömungsmusters (Nord-Süd, Süd-Nord). Der Zeitraum vom 20. bis 22. Oktober spielt hier eine wichtige Schlüsselrolle.
Wetterprognose nach dem amerikanischen Wettermodell: hohe Wellenbewegung entlang der Polarfront
Wir haben in der Wetterprognose für den November die verschiedenen Wetterentwicklungen vorgestellt und im Resümee festgestellt, dass es in der letzten Oktoberdekade zu einer hohen Wellenbewegung entlang der Polarfront kommen wird. Diese Überlegungen bestätigt heute die Wettervorhersage des amerikanischen Wettermodells.
Unruhestifter
Die atlantische Frontalzone will es wissen und nach 18-monatiger Abstinenz weiß diese noch nicht so recht, wie sie es anstellen soll, um eine zonal verlaufende Westwetterlage über Deutschland zu etablieren. Und so kommt es zu einer spannenden und abwechslungsreichen Wetterentwicklung.
Der Polarwirbel mit Hochdruckeinschub
Vorausgehend ist ein Hochdruckeinschub innerhalb des sich nun etablierenden winterlichen Polarwirbels, der sich von Sibirien bis nach Kanada erstreckt. Ja, das ist das Schreckgespenst
eines jeden Winterfans, da am südlichen Gradienten die atlantische Frontalzone sich durchsetzen und damit die Westwetterlage durchsetzen kann. Passiert das im Winter, ist mit mildem, windigen und unbeständigen Wetter zu rechnen. Jedenfalls wird zwischen diesen beiden Wettersystemen kalte Luftmassen über das östliche Kanada gepumpt und es entstehen über Neufundland weitere kräftige Tiefdrucksysteme. Diese Konstellation kann - sofern sie denn zustande kommt - als stabil bewertet werden, da sich die Systeme immer wieder erneuern und es so zu einer ausgeprägten Erhaltungsneigung kommt. Sie drehen sich sozusagen im Kreis.
Deutschland, Österreich und die Schweiz gelangen mehr und mehr in den Einflussbereich der atlantische Frontalzone. Zwischendurch kann sich aber immer wieder ein Hochdrucksystem durchsetzen und keilt das Hoch weiter nach Norden auf und gelingt darüber hinaus der Aufbau einer Hochdruckzone über die Polarregion, kann die im Aufbau befindliche Westwetterlage rasch in ein meridionales Strömungsmuster wandeln. Eine Westwetterlage ist noch lange nicht gesetzt, es deutet jedoch einiges darauf hin.
Wechselhaftes Herbstwetter
Infolge daraus wechseln sich Tiefdrucksysteme und Hochdruckgebiete über Mitteleuropa in kurzen Abständen ab und sorgen so für einen wechselhaften Wettercharakter. Vorderseitig können die Temperaturen bis an die +20 Grad-Marke ansteigen, doch mit dem nachfolgenden Rückseitenwetter kann es ordentlich abkühlen. Simuliert werden bspw. für den 23. Oktober Tageshöchstwerte von +5 bis +12 Grad. Dazu immer wieder ein paar Schauer, die unter bestimmten Voraussetzungen als Graupelschauer niedergehen können. Der Wetterwechsel vollzieht sich mit einem strammen Wind, der über exponierten Lagen und den Küstenregionen zu schweren Sturmböen führen kann. Simuliert werden diese Starkwindereignisse für den 20. bis 22. Oktober und 26. bis 29. Oktober. Es geht zur Sache!
Auf den Punkt gebracht: Der Vollherbst will es wissen
Bislang zeigte sich der Herbst von seiner gemäßigten und über weite Strecke trockenen und warmen Seite. Zeit, dass sich das ändert und sollte sich die Westwetterlage, oder zumindest die hohe Wellenbewegung entlang der Polarfront durchsetzen können, so kann man sich im Zeitraum der letzten Oktoberdekade bis in das erste Novemberdrittel hinein mit Wind, Sturm und Regen auf den Vollherbst vorbereiten.
Wechselhaftes Wetter
Die Kontrollläufe stützen einen trockenen und warmen Zeitraum vom 14. bis 19. Oktober. Norddeutschland bildet mit dem schwachen Regenband vom Freitag die Ausnahme. In der letzten Oktoberdekade steigt die Niederschlagstätigkeit an und bleibt bis in den November hinein auf einem leicht bis mäßig erhöhtem Niveau.
Das Temperaturspektrum liegt bis zum 22. Oktober auf einem für die Jahreszeit deutlich zu warmen Niveau und sinkt bis in den November auf einen Bereich ab, der im Vergleich zum vieljährigen Mittelwert um +1 bis +2 Grad zu warm ausfallen kann. Die kühleren Abschnitte des amerikanischen Wettermodells bilden die kalten Ausreißer ab und sind mit einem gesunden Maß an Skepsis zu bewerten.
Kommt die Westwetterlage?
Das Fragezeichen bleibt. Schaut man sich die Druckanomalien bis zum 24. Oktober an, so sieht das vielversprechend aus, doch schaut man sich den Mittelwert aller Kontrollläufe an, so erkennt man das mögliche Abkippen in eine gemäßigt warme Südwestwetterlage. Was aber klar und eindeutig ersichtlich ist, ist das Hoch über der Polarregion und der damit zusammenhängende Kaltluftzustrom in Richtung Kanada.
Tag | Temperaturspektrum | Temperaturmittelwert |
---|---|---|
20. Oktober | +12 bis +22 Grad |
+16 bis +18 Grad |
24. Oktober | +7 bis +18 Grad |
+11 bis +13 Grad |
29. Oktober | +5 bis +18 Grad |
+10 bis +12 Grad |