Wettertrend Herbst und Winter 2021/22: Der Polarwirbel kommt nicht in Schwung
Spätsommerwetter mit Schauern und Gewittern stellt sich über Deutschland ein, bevor zur Wochenmitte die atlantische Frontalzone Kurs auf Deutschland nimmt und versucht den Wettercharakter in einen herbstlichen zu verwandeln.
Herbstwetter. Langsam, ja fast schon zaghaft nähert sich der Herbst Deutschland und sorgt in den ersten Oktobertagen für einen wechselhaften und zum 2. und 3. Oktober möglicherweise für einen stürmischen und auch regnerischen Wettercharakter.
Wetterwechsel
Zu verdanken ist die zunehmende Turbulenz der atlantische Frontalzone, die sich im Verlauf der kommenden Woche Deutschland nähert. Der Wind dreht auf südwestliche Richtungen und führt zunächst schwül-warme und später gemäßigt warme Luftmassen nach Deutschland. So können heute über dem Osten nochmals bis +27 Grad erwartet werden. Die steife Brise im Oktober dreht auf westliche Richtungen und führt mit +14 bis +18 Grad frischere Luftmassen nach Deutschland, die mithilfe von Dauerregen kaum mehr als +10 Grad erreichen können. Mehr dazu: Wetter Oktober.
Der Polarwirbel sollte sich stabilisieren - tut er aber nicht
Der winterliche Polarwirbel beginnt normalerweise Ende September mit seinen ersten Aktivitäten und stabilisiert sich im weiteren Herbstverlauf. Die Tiefdrucksysteme drehen sich dabei entlang der Polarfront im Kreise und so entsteht häufig eine westliche - zonale - Grundströmung, bei der über Deutschland die atlantische Frontalzone mit einer ausgeprägten Tiefdruckrinne in Richtung Neufundland die Hauptrolle spielt.
Soweit so gut. Seit 18 Monaten aber wird dieser Prozess immer wieder durch Hochdruckeinschübe in den Polarwirbel hinein gestört, was im Frühling und Sommer nichts Außergewöhnliches ist. Doch schaut man sich einmal die Druckanomalien an, so ist aktuell vom Polarwirbel nicht allzu viel zu erkennen. Die Hochdruckeinschübe bleiben bis zum 6. Oktober erhalten und es zeichnet sich zudem kaum eine Veränderung ab. Anders formuliert sind so über Deutschland, Österreich und der Schweiz zwar Störungen der atlantische Frontalzone zu erwarten - auch mit Regen, Wind und Sturm, doch es würde überraschen, wenn sich daraus eine nachhaltige Westwetterlage ergeben sollte.
Anders formuliert kommt der Polarwirbel in Schwung und bekommt sogleich einen Dämpfer verpasst.
Die Konsequenzen: Dauerregen oder Altweibersommer
Was folgt ist eine Wetterlage, deren Dynamik fehlt und träge ist. Nistet sich das Tief über Skandinavien ein und trogt darüber hinaus nach Süden aus, so ist über Deutschland, Österreich und der Schweiz mit länger andauerndem und ergiebigen Regen zu rechnen.
Wir hatten diese Problematik der meridionalen Wetterlagen einmal vor der Flutkatastrophe besprochen, dass aus solchen Entwicklungen eine Wetterlage hervorgehen kann, die entweder für viel Regen oder zu einer länger andauernden Hochdruckphasen führen kann. So oder so ist beides wenig wünschenswert. Der Mix macht den Unterschied und der fehlt im Moment. Entweder deutlich zu warm, oder wie im April und Mai zu kühl, gefolgt von längeren trockenen und nassen Phasen. Mehr zu diesem Thema: Die Folgen des Klimawandels - Werden Großwetterlagen beständiger und extremer?
Der Herbst versucht sich
Schaut man sich die Wetterprognosen der beiden Vorhersage-Modelle an, so etabliert sich im Zeitraum vom 1. bis 6. Oktober ein Tiefdruckzentrum zwischen Island, England und dem europäischen Nordmeer. Damit liegt das Tief westlich von Europa und führt auf seiner Vorderseite feuchte Luftmassen nach Deutschland, Österreich und der Schweiz.
Ob diese Luftmassen aber für die Jahreszeit deutlich zu warm oder zu kalt sind, hängt letztlich von der Position des Tiefdruckkerns ab. Zudem wird auch ein Hoch noch mitentscheiden können, wie sich das Wetter über Deutschland wird entwickeln können. Schaut man sich die Großwetterlage auf dem Atlantik an, so dehnt sich ein Keil des Azorenhochs in Richtung Grönland aus und kapselt die atlantische Frontalzone einfach ab. Eine Zonalisierung (Westwetterlage) wird so nicht funktionieren und da das Tief von allen Seiten blockiert wird, kann es - je nach Position - zu erheblichen Regensummen kommen.
Deutlicher wird das, wenn man die Wetterprognose der beiden Vorhersage-Modelle miteinander vergleicht. Nach den Europäern bleibt das Tief zwischen England und Skandinavien hängen und führt aus südwestlichen Richtungen feuchte und gemäßigt warme Luftmassen nach Deutschland. Die Temperaturen erreichen bei einem zu Schauer neigendem Wetter +14 bis +18 Grad.
Anders die Situation in der Vorhersage der Amerikaner. Der Kern bleibt zwar zwischen England und Skandinavien hängen, doch löst sich ein Tief ab und driftet zum 4. Oktober in Richtung Deutschland, was mit Wind, Sturm, Regen und Temperaturen von +10 bis +15 Grad für einen herbstlichen Wettercharakter sorgen kann.
Auf den Punkt gebracht: Der Herbst steht vor der Tür
Die Überschrift ist jetzt 120 Stunden alt und wirklich verändert hat sich nichts. Von einem Altweibersommer ist in der ersten Oktoberdekade nicht auszugehen. Dafür rückt die atlantische Frontalzone zu nahe an Deutschland heran und wird immer wieder für Abwechslung sorgen können. Doch ob feucht-warmes Wetter vorherrschend sein wird oder eine herbstliche frische Brise über Deutschland hinwegwehen kann, hängt davon ab, ob der Herbst mit dem Tiefdruckklops nicht nur vor der Türe steht, sondern auch die Türschwelle überschreiten kann. Und ist der Herbst dann erst einmal eingetreten, lässt er sich so schnell nicht mehr vertreiben.
Was aber ist wahrscheinlich? Ein kurzes herbstliches Intermezzo ist im Zeitraum vom 30. September bis zum 2. Oktober sehr wahrscheinlich. Das Temperaturniveau sinkt kurzzeitig auf einen Bereich ab, der im Vergleich zum vieljährigen Mittelwert normal und mit Regen leicht zu kühl ausfallen kann. Ab dem 3. Oktober stabilisiert sich das Temperaturspektrum und pendelt sich in einen Bereich ein, der über dem Norden für die Jahreszeit typisch und im Rest von Deutschland mit einer Abweichung von +1 bis +2 Grad zu warm ausfallen kann.
Die Niederschlagsprognose ist in der ersten Oktoberdekade als durchwachsen zu bewerten. Das Tief ist zu nah und lässt keine stabile Wetterlage zu und so ist immer wieder mit Schauern zu rechnen. Halten diese länger an, so kann der Charakter regional herbstlich erscheinen.
Vor der Türe, hinter der Türe oder an der Türschwelle?
Anders zusammengefasst klopft der Herbst an, schaut sich um und ist sich in der letzten Konsequenz nicht sicher, ob er auch eintreten soll. Betrachtet man den Mittelwert aller Kontrollläufe, so verweilt der Herbst vor der Türe und kommt maximal bis zur Türschwelle voran.
Tag | Temperaturspektrum | Temperaturmittelwert |
---|---|---|
2. Oktober | +8 bis +20 Grad |
+12 bis +15 Grad |
6. Oktober | +10 bis +22 Grad |
+13 bis +15 Grad |
11. Oktober | +8 bis +22 Grad |
+14 bis +16 Grad |