Wetterprognose: Temperatursturz und ein Downstream Development - Die Optionen des Winters

Ein Temperatursturz sorgt im Verlauf der kommenden Woche für einen markanten Temperaturrückgang. Ob der Winter dabei seine Chance bekommt, hängt auch davon ab, wie sich ein Downstream Development entwickeln kann.
Temperaturrekord. Noch nie war es seit Beginn der Wetteraufzeichnungen von 1881 an einem 1. Januar so warm wie 2022. Mit +16,2 Grad wurde über Heinsberg-Schleiden (Nordrhein-Westfalen) um 12:40 Uhr ein neuer Rekord aufgestellt. Die bisher höchste Temperatur an einem 1. Januar wurden mit +14,9 Grad im Jahre 2007 und 2012 registriert. Aber auch sonst wurden an 24 Messstationen neue Monatsrekorde vermeldet. Der Tagesmittelwert betrug gestern +12,3 Grad.
Sturm, eine Luftmassengrenze und ein Temperatursturz
Doch es wird noch wärmer. Aus südwestlichen Richtungen gelangen bis zur Wochenmitte über der Südhälfte warme Luftmassen, was über dem Südwesten zu Temperaturen von bis +18 Grad führen kann, während es zeitgleich von Norden mit +2 bis +6 Grad kälter wird. Ab Mitte der Woche haben sich die kühlen Luftmassen mit einem Temperatursturz über dem Süden durchgesetzt und die Werte pendeln sich auf +0 bis +5 Grad und über dem Nordwesten auf bis +7 Grad ein. Begleitet wird der Wetterwechsel von kräftigen Winden, die im Schwerpunkt über den Küstenregionen und den exponierten Lagen zu stürmischen Winden und mancherorts zu schweren Sturmböen führen können. Schnee-, Schneeregen- oder Graupelschauer sind zum Ende der Woche möglich, doch zeigt sich der Wettercharakter nasskalt statt winterlich. Weitere Informationen: Wetter Januar 2022.

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Wetterprognose nach dem europäischen Wettermodell: Downstream Development
Die Wetterprognose der Europäer wird heute noch ein Stück konkreter, was das Downstream Development angeht. Häufig kommt es zu diesem Phänomen, wenn sich die Zonalisierung auf dem Höhepunkt befindet.
Vollsturm mit Dämpfer
Man erkennt das Sturmtiefzentrum schon auf der obenstehenden Wetterkarte und bereitet sich im Bereich zwischen Island, dem europäischen Nordmeer und England auf den Generalangriff
vor. Doch bevor das Sturmtief mit seinem Hauptwindfeld Deutschland erreicht, wird es abrupt abgeschwächt.
Der Grund für die Abschwächung ist das Downstream Development, das die Tiefdruckachse auf eine von Nordwest nach Südost verlaufende Zugbahn zwingt.
Absinkende Schneefallgrenze und winterliche Wetterverhältnisse
Im Zeitraum vom 8. bis 10. Januar steigt das Azorenhoch auf dem Atlantik nach Norden auf und verpasst der Tiefdruckrinne auf dem Atlantik einen ordentlichen Dämpfer. Über Europa hat das eine meridional verlaufende Grundströmung zur Folge, bei der aus nördlichen Richtungen kalte Luftmassen nach Süden geführt werden können.
Die Temperaturen erreichen am 7. Januar +0 bis +5 Grad, am 8. Januar -1 bis +4 Grad und am 11. Januar -5 bis +0 Grad. Dazu gibt es immer wieder Niederschläge, die bis auf tiefere Lagen in Schnee übergehen und so für die Ausbildung einer Schneedecke sorgen können.

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Wettervorhersage nach dem amerikanischen Wettermodell: Nasskalt mit optionalem Winter
So ist es nach der Wetterprognose der Amerikaner. Der Winter bleibt allenfalls optional - der richtige Durchbruch ist nach wie vor nicht zu erkennen, auch wenn es zu einem Downstream Development kommt.
Nasskalt
Im Zeitraum vom 7. bis 10. Januar vollzieht sich das Downstream Development und führt aus nördlichen Richtungen kühlere Luftmassen nach Deutschland, Österreich und der Schweiz. Sind am 7. Januar +0 bis +5 Grad zu erwarten, so sinken die Werte bis zum 11. Januar mit -1 bis +4 Grad nur unwesentlich ab. Der Grundcharakter bleibt somit nasskalt geprägt, doch sind Schnee-, Schneeregen- oder Graupelschauer bis auf tiefere Lagen herab möglich. Da es sich aber um eine abgeschwächte Variante handelt, ist nicht mit viel Niederschlag zu rechnen.
In der Wetterprognose von heute Nachmittag hat sich das Downstream Development weiter abgeschwächt und ist kaum mehr wetterwirksam.
Polarwirbel macht keine gute Figur
Im Zeitraum vom 11. bis 13. Januar setzt sich über Deutschland eine Hochdruckzone durch, die sich im Bereich von den Azoren bis über das westliche Russland erstrecken kann. Diese Hochdruckzone ist nach der Wettervorhersage von heute Morgen und heute Nachmittag keineswegs nachhaltig. Die Hochdruckzone spaltet sich in zwei Zentren auf.
Das eine Zentrum konzentriert sich über Sibirien und dehnt sich weit in den Polarwirbel hinein aus und geht bis zum 15. Januar eine Querverbindung zum Hoch über Kanada und Alaska ein. Das Azorenhoch keilt derweil über dem Atlantik nach Norden auf und agiert gegenüber der atlantische Frontalzone fortan als Störimpuls.
Die Chance des Winters
Eine Chance, mehr nicht! Das Azorenhoch ist zu nah an Deutschland, als dass der Winter wirklich eine Chance hätte. Dennoch macht der Polarwirbel keine gute Figur und sollte das Azorenhoch nur etwas weiter westlich nach Norden aufkeilen, so kann es mit dem Winter über Deutschland noch was werden. Das ist für den Moment mehr ein theoretischer Ansatz. Erst einmal muss die Zonalisierung in Gang gesetzt werden, dann sieht man weiter.
Die Wetterprognose von heute Nachmittag unterstreicht noch einmal, wie vakant der Winter ist und wie sehr er von der Zonalisierung abhängig ist. Weder das Azorenhoch, noch das Kontinentalhoch können den Polarwirbel derart stören, dass eine nachhaltige Zonalisierung verhindert werden kann. Wir haben die beiden - doch sehr unterschiedlichen Prognosen - gegenübergestellt.

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Auf den Punkt gebracht: Spannendes Wetter mit vielen Optionen
Das Spektrum der möglichen Wetterentwicklungen ist breit gestreut und es gibt immer wieder einmal die winterlichen Ansätze zu bestaunen, doch für den Moment steht das alles auf einer sehr wackeligen Grundlage. Und oftmals endet so ein Downstream Development in einer nasskalten Wetterlage. Ein gesundes Maß an Skepsis gilt dieses Mal der winterlichen Variante der Europäer entgegenzubringen.
Bestätigt wird die Skepsis von den Kontrollläufen, die in ihrem Mittelwert so gar nichts Winterliches simulieren. Die Temperaturen in 1.400 Meter sacken zwar zum 5. Januar regelrecht ab, doch pendelt sich der Mittelwert auf -3 bis -5 Grad ein. Das reicht zwar für Schnee-, Schneeregen- oder Graupelschauer bis auf tiefere Lagen herab, doch werden für einen Flachlandwinter Höhenwerte von -5 bis -7 Grad benötigt. Nasskalt trifft es besser - auch wenn der Winter ab den mittleren Lagen optional bleibt.
Niederschlagsprognose
Aktiv-dynamische Wetterlagen können für ordentliche Niederschlagsmengen sorgen, sofern der Wind nicht zu heftig ist und den Niederschlagsgebieten die Zeit für das abregnen lässt. Bläst der Wind zu heftig, so werden die Niederschlagsfelder auseinander gerissen, was in der Niederschlagsleistung zu Einbußen führt. Insofern ist die nachfolgende Niederschlagsprognose in ihrer Leistung nicht 1:1 zu übernehmen, sie zeigt aber hervorragend, wo die Schwerpunkte bis zum 11. Januar zu erwarten sind.

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Tag | Temperaturspektrum | Temperaturmittelwert |
---|---|---|
8. Januar | -3 bis +8 Grad |
+2 bis +4 Grad |
12. Januar | -3 bis +8 Grad |
+2 bis +4 Grad |
17. Januar | -6 bis +8 Grad |
+0 bis +3 Grad |

Was sich im Tagesverlauf an Veränderungen ergeben hat, erläutern wir heute Abend gegen 20:15 Uhr in einer Aktualisierung der Winterprognose an dieser Stelle.
Update der Wetterprognose von 20:08 Uhr
Die Amerikaner verabschiedeten sich heute im Tagesverlauf von den winterlichen Optionen und schwenkten in eine Richtung um, die für den Winter so langsam brenzlig wird. Warum? Ganz einfach. Das Downstream Development ist heute Abend nur noch ein Schatten seiner selbst und mehr wie ein Hauch von Winter wird ab den mittleren Lagen nicht möglich sein. Damit beginnt dem Winter so langsam die Zeit davonzurennen!
Die Pattsituation
Im Zeitraum vom 8. bis 14. Januar bleibt nach der Wettervorhersage der Amerikaner das Azorenhoch auf dem Atlantik kräftig und kann sich gegen die atlantische Frontalzone behaupten, jedoch fehlt der letzte Impuls, um das Hoch nach Norden aufkeilen zu lassen und so zu einem Störimpuls zu führen.
Stattdessen lässt sich das Azorenhoch durch die Tiefdruckdynamik immer weiter nach Osten abdrängen und positioniert sich zum 12. Januar mit seinem Kern zwischen England, Frankreich und Spanien. Deutschland, Österreich und die Schweiz liegen zwar am östlichen Hochdruckgradienten, doch zu nah am eigentlichen Hoch. Die Tiefdrucksysteme der atlantische Frontalzone trogen zu weit östlich aus und so liegt Deutschland zwischen den Fronten.
Nasskalt
Und so ist vom 8. bis 17. Januar mit einer Fortsetzung der nasskalten Witterung zu rechnen, bei der sich die Temperaturen im Bereich von +4 bis +8 Grad einpendeln können. Das ist für den Winter viel zu warm und an Hochwinter mag man erst gar nicht denken.

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Die Wetterprognose der Kontrollläufe
Die Kontrollläufe stützen den seit Tagen nasskalten Wettertrend und daran hat sich heute Abend nichts geändert. Richtig winterliche Varianten fehlen bis zum 11. Januar und sind darüber hinaus nur in einer Minderheit vertreten.
Die Wetterprognose der Europäer
Winterlich war die Wetterprognose der Europäer heute Morgen und hat bis zum 10. Januar sogar den Flachlandwinter berechnet. Der Unterschied zu den Amerikanern lag in einem deutlich stärker ausgeprägten Downstream Development, bei dem sich nachfolgend das Hoch über Skandinavien legte und eine Querverbindung zum Kontinentalhoch einging, was über Deutschland, Österreich und der Schweiz eine östliche Grundströmung zur Folge gehabt hätte.
Insofern blickt man heute Abend mit einer gewissen Spannung auf die Wetterprognose der Europäer und was soll man sagen? Das Downstream Development wurde abgeschwächt und anstatt Dauerfrost mit winterlichem Wettercharakter bis auf das Flachland herab reihen sich die Europäer mit +2 bis +6 Grad und örtlich bis +8 Grad in den nasskalten Bereich ein, was so auch zu erwarten war. Damit der Winter seine Chance bekommt, muss etwas grundlegend anders laufen, das aber ist vorerst spekulativ. Erst die Zonalisierung, dann das mögliche Downstream Development - dann sieht man weiter.

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