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Wetterprognose Winter 2021/2022: Zwischen Starkwindereignisse und einem Wintereinbruch

| M. Hoffmann
Nasskalt, stürmisch oder winterlich?

Eine spannende Wetterentwicklung steht im neuen Jahr bevor. Baut sich über dem Atlantik eine Blockadeachse auf und bringt den Winter nach Deutschland, oder bricht die Achse in sich zusammen und fördert so das Potential von unwetterartigen Starkwindereignissen über Deutschland?

Frühlingshaft mild zeigt sich das Wetter mit Temperaturen von verbreitet +10 bis +15 Grad und örtlich bis +17 Grad in den kommenden Tagen. Dazu gibt es hin und wieder etwas Niederschlag und im Schwerpunkt über dem Norden von Deutschland stürmische Windböen.

Mild in das neue Jahr

Ein Zwischenhoch dominiert das Wetter an Silvester und am Neujahrstag, was häufiger zu Sonnenschein führen kann. Bereits zum 2. Januar erreicht das nächste Sturmtief Deutschland und bei einem auflebenden bis stürmischen Wind ist mit einem unbeständigen und milden Wettercharakter zu rechnen. Weitere Informationen: Wetter Januar.

Ungewöhnlich mildes Wetter mit einem neuerlichen Sturm zum 2. Januar
Wetterprognose nach dem europäischen Wettermodell: Ungewöhnlich mildes Wetter mit einem weiteren Sturm zum 2. Januar
© www.meteociel.fr

Wetterprognose nach dem europäischen Wettermodell: Störimpuls auf dem Atlantik

Kurz könnte man darüber nachdenken, ob der Hochdruckkeil auf der oben gezeigten Wetterkarte auf dem Atlantik zu einer Blockadeachse ausgebaut werden kann.

Unglaubliche Tiefdruckdynamik auf dem Atlantik

Doch die Spekulationen hinsichtlich einer Blockadeachse erübrigen sich schnell, wenn man den Blick über Kanada und dort insbesondere über das östliche Kanada schweifen lässt. Kalte Luftmassen strömen nach Süden aus und entfachen bei Neufundland ein wahres Tiefdruckfeuerwerk.

Bis zum 4. Januar zeigt sich die Großwetterlage mit einem kräftigen Tiefdruckkomplex über Skandinavien und einem weiteren zwischen Neufundland und Island. Dazwischen der schwach ausgeprägte Hochdruckkeil, der die Verbindung zu einem Hoch über den Aleuten sucht, doch das Tief auf dem Atlantik ist zu mächtig und wird auf radikale Art und Weise diesen Hochdruckkeil zunichtemachen.

Erhöhtes Potential unwetterartiger Starkwindereignisse

Vom 5. bis 6. Januar geht alles rasant. Der schwache Hochdruckkeil wird nach Süden zurückgedrängt und die beiden Tiefdrucksysteme schließen sich zu einer gewaltigen Tiefdruckrinne zusammen, die das Wetter über Deutschland, Österreich und der Schweiz beeinflussen kann. Das Azorenhoch zieht sich in passiver Verhaltensweise nach Süden zurück und zwischen dem Azorenhoch und der Tiefdruckrinne können sogenannte Schnellläufersysteme oder Randtiefentwicklungen entstehen, die über Mitteleuropa schwere Sturmböen und orkanartige Winde zur Folge haben können. Dies gilt es bei aktiv-dynamischen Wetterentwicklungen grundsätzlich abzuwarten - doch das Potential von unwetterartigen Starkwindereignissen ist bei solch einer Entwicklung der Großwetterlage als hoch einzustufen.

Und der Winter?

Der Winter hat bei solche einer Wetterentwicklung keine Chance. Die Temperaturen können am 5. Januar mit +2 bis +6 Grad zwar kurz in den nasskalten Bereich absinken, doch bleiben im nachfolgenden Zeitraum die Werte mit +4 bis +8 Grad für winterliche Wettererscheinungen zu mild - viel zu mild.

Extremwindereignisse statt Winterwetter
Wetterprognose nach dem europäischen Wettermodell: Extremwindereignisse statt Winterwetter
© www.meteociel.fr

Wettervorhersage nach dem amerikanischen Wettermodell: Winterlich mit selbstproduzierter Kälte?

Ja, das gibt es und die Wetterprognose der Amerikaner zeigt heute, wie das mit einer selbstproduzierten Kälte funktionieren kann. Der Auslöser für diese Wetterentwicklung im Übrigen der Hochdruckkeil auf dem Atlantik, der nach den Amerikanern eine größere Rolle spielt.

Blockadeachse auf dem Atlantik

Die Schlüsselszene spielt sich zwischen dem 4. und 5. Januar ab. Ein Hochdruckkeil des Azorenhoch dehnt sich weiter nach Norden aus und wird in diesem Prozess zunehmend kräftiger. Der Kontakt zum Hoch über den Aleuten wird gesucht und gefunden und das ist der entscheidende Störimpuls gegenüber dem kräftigen Tiefdruckwirbel über Kanada. Da zudem der hohe Luftdruck über Europa fehlt, beginnt ein Tief über Skandinavien nach Süden auszutrogen.

Winterlich

Anstatt sich - wie nach dem europäischen Wettermodell - die Tiefdruckzentren zwischen Neufundland und Island und Skandinavien zusammenschließen, agieren diese nach der amerikanischen Wetterprognose unabhängig voneinander und auf diese Art und Weise werden bis zum 5. Januar kalte Luftmassen aus nördlichen Richtungen nach Deutschland, Österreich und der Schweiz geführt.

Die Temperaturen gehen über dem Süden und Osten bis zum 6. Januar auf -1 bis -5 Grad zurück und bleiben über dem Norden und Westen mit +0 bis +4 Grad milder. Der anfängliche Niederschlag kann bis auf tiefere Lagen in Schnee übergehen und nach Süden und Osten ist mit der Ausbildung einer Schneedecke zu rechnen.

Konservierende Hochdruckzone

Die Blockadeachse auf dem Atlantik weicht dem Tiefdruckzentrum über Neufundland und Island nach Osten aus und kippt bis zum 8. Januar über Europa ab. Die ursprüngliche Verbindung zum Hoch über den Aleuten reißt ab und die atlantische Frontalzone versucht sich nach Europa durchzusetzen, scheitert jedoch am Hoch. Der Norden wird es im Zeitraum vom 6. bis 9. Januar häufiger mit einem maritimen Einfluss zu tun bekommen, was sich hauptsächlich in Form von Wolken bemerkbar machen wird. Etwas Niederschlag ist nicht auszuschließen, doch bleibt es trocken.

Weiter nach Süden scheint nahezu ungehemmt die Sonne von einem wolkenlosen Himmel und bei schwachen Windbewegungen fehlt die Durchmischung. So können die Temperaturen in den Nächten auf -5 bis +0 Grad und über dem Süden und über Schnee auf bis -15 Grad absinken. Der niedrige Sonnenstand schafft es über dem Süden am Tage nicht mehr, die Temperaturen über die +0 Grad-Marke in den positiven Bereich ansteigen zu lassen und es stellt sich leichter Dauerfrost ein. Über dem Westen und nördlich der Linie von Köln und Dresden können die Werte auf +0 bis +3 Grad ansteigen. Trotz einer für den Winter ungünstigen Konstellation kann mit einer entsprechenden Hochdruckposition die Kälte vor Ort produziert werden.

Nasskalt mit winterlichen Optionen

Im Zeitraum vom 9. bis 12. Januar teilt sich die Hochdruckzone über Europa auf. Der eine Teil zieht über das westliche Russland nach Osten und der andere mit dem Azorenhoch nach Westen ab. Zwischen beiden Hochdrucksystemen entsteht eine Lücke, in welche die atlantische Frontalzone vordringt und über Deutschland, Österreich und der Schweiz für eine nasskalte Witterung sorgen kann.

Die Niederschlagsaktivität nimmt zu und bei Temperaturen von +0 bis +5 Grad können Schnee-, Schneeregen- oder Graupelschauer bis auf tiefere Lagen erwartet werden. Oberhalb etwa 400 bis 600 Meter wird der Winter mit der Ausbildung einer Schneedecke und Dauerfrost optional.

Eine turbulente Wetterentwicklung mit winterlichen Phasen
Wetterprognose nach dem amerikanischen Wettermodell: Eine turbulente Wetterentwicklung mit winterlichen Phasen
© www.meteociel.fr

Auf den Punkt gebracht: Eine Westwetterlage?

Lassen wir die Fragestellung von gestern einmal so stehen. Denn das, was die Europäer berechnen, ist der klare Durchbruch der atlantische Frontalzone mit allem Drum und Dran, was dann auch Starkwindereignisse zur Folge haben wird.

Die Schlüsselszene ist die im Aufbau befindliche Blockadeachse auf dem Atlantik, die sich bis zum 4. Januar zu einem Störimpuls erweitern kann. Nach der Wetterprognose der Amerikaner reicht dieser Störimpuls aus, um eine nachhaltige Zonalisierung zu verhindern, was über Deutschland, Österreich und der Schweiz zu einer nasskalten Witterung führt und den Winter ab den mittleren Lagen wieder optional machen kann.

Apropos nasskalt. Das war in den letzten Tagen der Favorit der Kontrollläufe und dieser wurde heute erneut bestätigt. Mit nachhaltigem Winterwetter hat das erst einmal wenig gemeinsam, doch werden im Zeitraum vom 4. bis 7. Januar winterliche Wettererscheinungen bis auf tiefere Lagen zunehmend wahrscheinlicher. Das Temperaturspektrum bleibt mit +2 bis +5 Grad für die Jahreszeit - und damit für den Winter - zu mild.

Anders formuliert hängt vieles davon ab, wie sich eine mögliche Blockadeachse zwischen dem 3. und 5. Januar auf dem Atlantik positionieren kann - oder auch nicht. Deutlicher wird das anhand des Mittelwertes aller Kontrollläufe.

Vieles wird davon abhängen, wie kräftig der Störimpuls auf dem Atlantik ausfällt
Wetterprognose nach dem Mittelwert aller Kontrollläufe am 4. (li.) und am 12. Januar (re.): Vieles wird davon abhängen, wie kräftig der Störimpuls auf dem Atlantik ausfällt
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Die Temperaturprognose der Kontrollläufe
Tag Temperaturspektrum Temperaturmittelwert
4. Januar +0 bis
+13 Grad
+6 bis
+8 Grad
8. Januar -6 bis
+10 Grad
+3 bis
+5 Grad
13. Januar -6 bis
+10 Grad
+2 bis
+4 Grad
Diagramm Temperaturen Januar 2021
Die Wahrscheinlichkeiten der Kontrollläufe Januar 2021 von zu kalt, normal, zu warm im Vergleich zum vieljährigen Mittelwert (1961 bis 1990)

Wie sich die Blockadeachse auf dem Atlantik in den Simulationen entwickelt hat, erläutern wir heute Abend gegen 20:15 Uhr in einer Aktualisierung der Winterprognose an dieser Stelle.

Update der Wetterprognose von 20:11 Uhr

Den Ansatz zu einem Blockadehoch auf dem Atlantik mit einer Hochdruckachse quer durch den Polarwirbel hindurch, berechnen die Amerikaner heute Abend erneut zum 5. Januar.

Winterlich

Im Zeitraum vom 4. bis 6. Januar gelangen mithilfe dieses Konstruktes kalte Luftmassen aus nördlichen Richtungen nach Deutschland. Die Temperaturen gehen bis zum 6. Januar auf -5 bis +0 Grad zurück und bei wechselnder Bewölkung ist immer wieder mit Sonnenschein zu rechnen. Zwischendurch sind Schneeschauer bis auf tiefer Lagen herab möglich und mancherorts kann sich eine Schneedecke ausbilden. In den Nächten sinken die Werte auf -8 bis -2 Grad ab und bei Aufklaren und über Schnee können die Werte unter die -10 Grad-Marke absinken.

Nasskaltes Wetter mit winterlichen Optionen

Im Zeitraum vom 8. bis 13. Januar kann sich die Großwetterlage nicht so recht entscheiden, ob sie in Richtung mild oder Winter kippen soll. Die Zonalisierung versucht sich erneut durchzusetzen und löst die Hochdruckverbindung zwischen dem Azorenhoch und dem Hoch über den Aleuten auf. Doch durch die Wucht der atlantische Frontalzone kommt es über Mitteleuropa zu einem sog. Downstream Development.

Was ist ein Downstream Development?

Ein Downstream Development kommt bei aktiven Westwindwetterphasen häufiger vor und ist Übersetzt eine stromabwärts-Entwicklung - welche so auch wortwörtlich genommen werden kann. Vereinfacht ausgedrückt ist der Ablauf zunächst stringent von West nach Ost, wobei die Wellenbewegungen entlang der südlichen Gradienten zunehmen und sich Stromabwärts entwickeln. Das Hochdrucksystem wird zunehmend stärker und weicht nach Westen aus, so dass an seinem östlichen Gradienten eine Hochdruckkeilausbildung nicht mehr stattfinden kann, stattdessen rutschen die Tiefdrucksysteme von Nordwest nach Südost bis über die Mittelmeerregion ab.

Die Temperaturen steigen über dem Norden und Westen auf nasskalte +0 bis +5 Grad an und bleiben über dem Osten und Süden mit -2 bis +4 Grad frischer. Zeitweilige Niederschläge können über dem Westen und Norden in flüssiger Form und über dem Süden und Osten teils bis auf tiefere Lagen als Schnee niedergehen. Oberhalb etwa 400 bis 600 Meter wird der Winter optional.

Links der Ansatz eines Polarwirbelsplits mit winterlichen Wetterverhältnissen über Deutschland. Rechts der Übergang zu einem Downstream Development mit einem nasskalten Wettercharakter
Wetterprognose nach dem amerikanischen Wettermodell: Links der Ansatz eines Polarwirbelsplits mit winterlichen Wetterverhältnissen über Deutschland. Rechts der Übergang zu einem Downstream Development mit einem nasskalten Wettercharakter
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Minor-Warming in Stratosphärenhöhe

Da gibt es nichts neues zu berichten. Seit Tagen zeichnet sich in Stratosphärenhöhe ein Minor-Warming ab, dessen Höhepunkt am 5. Januar erreicht sein sollte und sich nicht zu einem Major-Warming weiterentwickeln kann. So bleibt der Polarwirbel in den unteren Luftschichten davon unbeeindruckt. Die Winde in Stratosphärenhöhe bleiben mit bis zu +150 km/h auf einem für die Jahreszeit zu hohen Niveau und eine Windumkehr von West-Ost auf Ost-West ist nicht zu erkennen.

Ein kräftiges Minor-Warming am 5. Januar (li.), dass sich rasch wieder abschwächt und nicht in ein Major-Warming übergehen kann (re.)
Ein kräftiges Minor-Warming am 5. Januar (li.), dass sich rasch wieder abschwächt und nicht in ein Major-Warming übergehen kann (re.)
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Polarwirbelsplit mit Winterwetter?

Man darf skeptisch bleiben, wie sich die Blockadeachse auf dem Atlantik verhalten wird. Nach der Wetterprognose der Europäer kommt die Blockadeachse nur im Ansatz zur Geltung und kippt zum 6. Januar rasch in Richtung Mitteleuropa ab. So bleibt kaum Zeit für eine winterliche Wetterentwicklung und es ist schlichtweg mit einem nasskalten Wettercharakter zu rechnen, der ab dem 6. und 7. Januar unter Hochdruckeinfluss gerät. Die Temperaturen sinken zwischen dem 5. und 6. Januar mit +0 bis +5 Grad kurzzeitig ab und erreichen zum 7. und 8. Januar bereits wieder +4 bis +8 Grad. Winterwetter sieht anders aus.

Die Kontrollläufe stützen heute Abend die Kaltluftzufuhr zwischen dem 5. und 7. Januar mithilfe derer Schnee-, Schneeregen- oder Graupelschauer bis auf tiefere Lagen herab möglich sein können. Darüber hinaus pendeln sich die Werte in der Höhe von 1.400 Meter in einen Bereich ein, der zwischen -2 und -5 Grad schwankt. Für einen Flachlandwinter werden -5 bis -7 Grad und für den Winter ab den mittleren Lagen werden -4 bis -6 Grad benötigt. Die Wetterprognose der Amerikaner gehört im Vergleich zu den Kontrollläufen zu den kälteren Varianten, bilden aber nicht mehr die kälteste Variante ab. Soweit der Stand.

Links die nasskalte bis milde Variante der Europäer, rechts der Mittelwert aller Kontrollläufen, der den Winter ab den mittleren Lagen optional macht
Links die nasskalte bis milde Variante der Europäer, rechts der Mittelwert aller Kontrollläufen, der den Winter ab den mittleren Lagen optional macht
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