Wettervorhersage Winter 2021/2022: Ein erneutes Scheitern der Westwetterlage?
Neue Temperaturrekorde sind zum Jahreswechsel nicht auszuschließen und der Winter befindet sich mit einer beginnenden Zonalisierung der Großwetterlage auf dem Rückzug - doch die nachhaltig ist de Zonalisierung tatsächlich?
Während es über Weihnachten mancherorts schneit und Dauerfrost vorherrscht, bleibt es über dem Süden mild und grün. Der winterliche Vorstoß gelingt nicht über ganz Deutschland und bevor sich der Winter bemerkbar machen kann, befindet er sich auch schon wieder auf dem Rückzug.
Neue Temperaturrekorde
In Zeiten der Klimaerhitzung wird man noch häufiger Temperaturrekorde purzeln sehen, doch das, was nach Weihnachten folgt, ist - zum aktuellen Stand - eine ganz besondere Wetterlage, bei der nach Dauerfrost ein Temperatursprung von bis zu 20 Grad binnen kurzer Zeit erfolgt. Zwischen Weihnachten und Neujahr wird von den Vorhersage-Modellen ein Temperaturniveau berechnet, das bis an die +15 Grad-Marke heranreichen und unter bestimmten Voraussetzungen überschritten werden kann. Weitere Informationen: Wetter Januar.
Wetterprognose nach dem europäischen Wettermodell: keine nachhaltige Zonalisierung
Die spannendste Frage bis zum 1. Januar wird nicht die Frage nach dem Winter sein, sondern wie warm es werden kann. Der Auslöser dieser Milderung ist der Versuch eine zonal verlaufende Grundströmung zu etablieren. Doch gelingt der Aufbau einer nachhaltigen Westwetterlage nach der Wetterprognose der Europäer mit einem über Europa aufkeilenden Hoch nicht so recht. Die atlantische Frontalzone läuft auf das Hoch auf und führt so die warmen Luftmassen nach Deutschland.
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Die Chancen für den Winter
Man muss schon sehr weit in die Zukunft blicken, um so etwas wie eine Chance für den Winter zu erkennen. Doch es gibt diese und zeigt sich zwischen dem 3. und 4. Januar. Das Hoch über Europa verlagert sich etwas nach Westen in Richtung Frankreich und England und dehnt sich weiter in Richtung europäisches Nordmeer aus.
Die atlantische Frontalzone wird erneut blockiert
Sollte dieses Szenario eintreten, so wird die Zonalisierung - erneut - eine vorüberziehende Erscheinung bleiben und in ihrer Nachhaltigkeit genauso versagen, wie die zahlreichen Versuche der letzten 21 Monate.
Schaut man sich die nachfolgende Wetterkarte der Europäer genauer an, so erkennt man, was mit Chance für den Winter gemeint ist. Die Hochdruckachse nimmt zum 4. Januar Kontakt zum Hoch über den Aleuten und Alaska auf und verhindert so einen von Kanada nach Sibirien verlaufenden Achsverlauf des Hochdrucksystems, was nicht für die Nachhaltigkeit einer Zonalisierung spricht. Stattdessen könnte man darüber spekulieren, dass mit der richtigen Hochdruckposition der Winter über Deutschland Einzug halten kann. Verlagert sich das Hoch aber nur etwas nach Osten, so wird sich ein trockener, ruhiger und milder Wettercharakter einstellen können.
Das aber ist - für den Moment - zweitrangig. Interessanter ist vielmehr, ob, in welchem Umfang und für wie lange sich eine Westwetterlage durchsetzen kann. Anschließen schaut man weiter.
Wettervorhersage nach dem amerikanischen Wettermodell: Zwischen einem Polarwirbelsplit und einer Nordwestwetterlage
Die Möglichkeit einer Nordwestwetterlage mit winterlichen Optionen ab den mittleren Lagen hatten wir bereits gestern besprochen, was eine gängige und sehr wahrscheinliche Wetterentwicklung in der ersten Januardekade ist.
Die Nordwestwetterlage
Die Nordwestwetterlage wurde heute Morgen in der Wetterprognose der Amerikaner bestätigt. Die Zonalisierung setzt sich mit einer ganzen Sturmtiefserie bis zum 5. Januar über Deutschland durch und das Azorenhoch verhält sich passiv. Das ist ein zunächst ernstzunehmender Ansatz der Westwetterlage, die sich aber nach dem 5. Januar in eine nasskalte Nordwestwetterlage wandelt. Das Azorenhoch weicht etwas weiter nach Westen aus und wölbt sich etwas nach Norden auf.
Da der hohe Luftdruck über Europa fehlt, kippt die Tiefdruckachse der atlantische Frontalzone auf nordwestliche Richtungen. Über Deutschland, Österreich und der Schweiz hat das einen bis zum 10. Januar windigen Wettercharakter mit einem erhöhten Potential von unwetterartigen Starkwindereignissen zur Folge. Die Temperaturen erreichen am 4. Januar +5 bis +10 Grad und örtlich bis +12 Grad und am 9. Januar kühlt es auf -2 bis +3 Grad ab. Schauer gehen zunächst als Regen- und zum Ende der ersten Januardekade zunehmend in Schneeschauer über. Ab den mittleren Lagen oberhalb etwa 400 bis 600 Meter lässt sich über den Winter spekulieren.
Polarwirbelsplit
Heute Nachmittag haben die Amerikaner die plausible Nordwestwetterlage bereits verworfen und simulieren im Zeitraum vom 1. bis 3. Januar einen beginnenden Polarwirbelsplit, der zum 8. Januar seinen Höhepunkt erreicht, in den Polarwirbel zu einer Dipolausbildung zwingt. Die Hochdruckachse verläuft nach der Wetterprognose der Amerikaner zwischen dem europäischen Nordmeer und den Aleuten. Das ist in etwa das, was die Europäer andeuten.
Im Kern der Prognose steckt, dass die Zonalisierung zwar nicht infrage gestellt werden kann, wohl aber deren Nachhaltigkeit. Anders formuliert ist es möglich, dass sich die Zonalisierung erneut als Strohfeuer
entpuppt.
Auf den Punkt gebracht: Erst mild, dann nasskalt mit winterlichen Optionen
Das Resümee stammt von gestern und hat auch heute noch seine Gültigkeit. Bevor es kalt werden kann, muss es warm werden und die Vorhersage-Modelle bestätigen heute, dass es für die Westwetterlage kein einfacher Spaziergang wird. Es regt sich Widerstand, was die Nachhaltigkeit einer Milderung infrage stellen lässt.
Gestützt wird dieser Wettertrend von den Kontrollläufen. Das Temperaturspektrum in 1.400 Meter Höhe erstreckt sich am 1. Januar zwischen +5 bis +14 Grad (!!!) und sinkt bis zum 9. Januar auf -2 bis -4 Grad ab. Das reicht nicht für den Flachlandwinter, für den Höhenwerte von -5 bis -7 Grad vorausgesetzt werden. Es reicht gerade einmal für winterliche Optionen ab den höheren mittleren Lagen von 600 bis 800 Meter. Anders formuliert, wandelt sich der Wettercharakter von frühlingshaft mild zu nasskalt.
Erhöhte Niederschlagsaktivität
Im Zeitraum vom 27. bis 30. Dezember ist mit einer erhöhten Niederschlagsaktivität zu rechnen, die vom 31. Dezember bis 3. Januar schlagartig nachlässt und so den Rückschluss auf das Hoch über Europa zulässt. Nachfolgend steigt die Niederschlagsprognose bis zum 9. Januar in den mäßig erhöhten Bereich an. Ein Betonhoch
über Mitteleuropa lässt sich daraus nicht ableiten.
Tag | Temperaturspektrum | Temperaturmittelwert |
---|---|---|
31. Dezember | +6 bis +16 Grad |
+10 bis +12 Grad |
4. Januar | +0 bis +14 Grad |
+5 bis +7 Grad |
9. Januar | -6 bis +10 Grad |
+3 bis +6 Grad |
Was sich im Tagesverlauf in Sachen Polarwirbelsplit getan hat, erläutern wir heute Abend gegen 20:15 Uhr in einer Aktualisierung der Winterprognose an dieser Stelle.
Update der Wetterprognose von 20:08 Uhr
Der vom amerikanischen Wettermodell angedeutete Polarwirbelsplit von heute Nachmittag wurde heute Abend bestätigt und zeigt, wie schnell auf einer milden Westwetterlage ein winterliches Szenario entstehen kann. Dass es aber zu einem winterlichen Spektakel reicht, ist damit keineswegs gesagt. Es geht aus Sicht der Freunde des Winterwetters
erst einmal um einen Ausweg aus der völlig aus der Reihe tanzenden Temperaturserie der kommenden Tage.
Beginnend mit dem 2. Januar dehnt sich innerhalb des Polarwirbels ein Hochdrucksystem aus und baut eine Achsverbindung zwischen den Aleuten und Grönland auf. Damit kommt die befürchtete
Ost-West-Verbindung zwischen dem Hoch über Sibirien und Kanada nicht zustande. Denn diese hätte eine nachhaltige Zonalisierung gestützt.
Polarwirbelsplit ungleich Winterwetter
Nun soll es also die Querverbindung zwischen den Aleuten und Grönland richten und tatsächlich wird diese Hochdruckverbindung immer kräftiger und teilt den Polarwirbel bis zum 4. Januar in zwei Hälften. Die eine Hälfte agiert zwischen Alaska, Kanada und Nordamerika, die zweite Hälfte erstreckt sich von Japan bis über das europäische Nordmeer.
Damit ist ein Polarwirbelsplit zwar vollzogen, doch geht der Trog zu weit westlich nieder. Deutschland, Österreich und die Schweiz liegen bis zum 6. Januar auf dem warmen Vorderseitenanströmung, bevor sich der Trog zum 7. Januar über Mitteleuropa nach Süden bewegt und die Temperaturen mit -2 bis +2 Grad und über dem Westen und Nordwesten auf +4 Grad absinken lässt. Da ist sie also wieder, die nasskalte Nordwestwetterlage mit winterlichen Optionen ab den mittleren Lagen.
Die Chancen des Winters
Gleich vorweg, die Möglichkeit eines Polarwirbelsplits gehört mit zu einer der kältesten Varianten, die in den Kontrollläufen zu erkennen sind. Diese Entwicklung ist - für den Moment - als eine Variante von vielen zu bewerten - mehr nicht. Die Mehrheit der Kontrollläufe favorisiert die Milderung bis zum 3. Januar, nachfolgend hat das Temperaturspektrum einen normalisierenden Temperaturtrend, der sich mehr dem nasskalten Bereich mit winterlichen Optionen ab den mittleren Lagen zuwendet. Anders formuliert, hat der Winter seine Chancen, wahrscheinlicher aber ist eine in der ersten Januardekade insgesamt zu warme Temperaturentwicklung.
Die Randfaktoren
Im Stratosphärenwirbel wird weiterhin ein Minor-Warming berechnet, das Anfang Januar seinen Höhepunkt erreicht und sich nicht zu einem Major-Warming weiterentwickeln kann. Vom Stratosphärenwirbel sind vorerst keine Störungen zu erwarten.
Der NAO-Index wird bis zum 7. Januar im überwiegend neutralen bis positiven Bereich simuliert, was für die Zonalisierung mit südwestlicher oder nordwestlicher Ausprägung spricht. Der AO-Index bleibt differenziert zu bewerten. Es gibt ein paar Varianten, die deutlich positiv verlaufen. Die Mehrheit aber bewegt sich im neutralen bis negativen Bereich. Es ist zum aktuellen Stand nicht davon auszugehen, dass der Polarwirbel in der ersten Januardekade zu Höchstleistungen auflaufen wird.
Der Wettertrend der Europäer: Polarwirbelsplit? Möglich!
Heute Morgen wurde der Polarwirbelsplit zum 2. Januar zaghaft angedeutet und heute Abend weiter konkretisiert. Details bleiben abzuwarten, aber es zeigt, dass es mit der Zonalisierung aller Wahrscheinlichkeit nach nichts werden wird. Ein kurzes und intensives Strohfeuer
mit einem erhöhten Potential unwetterartiger Starkwindereignisse und einer ungewöhnlich hohen Temperaturentwicklung - mehr nicht.