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Wettervorhersage Winter 2021/2022: Betonhoch, Polarwirbelsplit oder vollständiger Zusammenbruch des Polarwirbels?

| M. Hoffmann
Zur Abwechslung mal Winterwetter zu Weihnachten?

Hop oder Top. Ein Hoch über Europa agiert als Störimpuls und kann zu Weihnachten extreme Wetterentwicklungen hervorbringen.

Mildes und für die Jahreszeit zu warmes Wetter. Die ersten zehn Dezembertage waren im Vergleich zum vieljährigen Mittelwert von 1961 und 1990 um +0,73 Grad zu warm und das trotz einer für den Winter fast optimalen Wetterlage. Und das unterstreicht zugleich, wie schwer es der Winter in Zeiten der Klimaerhitzung hat und noch haben wird. Damit es zu einem richtigen Wintereinbruch kommen kann, bedarf es ganz besonderer Wetterlagen und wie wir im Sommer bereits einmal berichtet haben, handelt es sich mit dem Dezember um den 20. Monat in Folge, in der es keine nachhaltige Westwetterlage mehr gegeben hat. Meridional ist Trumpf!

Wintereinbruch an Weihnachten?

Normalerweise setzt sich im Dezember mit einem stabilen Polarwirbel häufiger einmal die Zonalisierung (Westwetterlage) durch, doch auch der Versuch der kommenden Woche scheitert mehr als kläglich und reiht sich nahtlos in die vergeblichen Versuche der Vergangenheit ein. Stattdessen dominiert ein Hochdrucksystem das Wetter, was die Niederschlagstätigkeit schwächt und mit einem meridionalen oder gestörten Muster die Wahrscheinlichkeiten auf winterliche Wetterverhältnisse erhöht. Wie das aussehen und wie das mit dem Winter bis Weihnachten klappen kann, haben wir heute Nachmittag einmal erläutert. Und siehe da, es sind diese ganz besonderen Großwetterlagen, die dazu führen können.

Polarwirbelsplit mit Arctic Outbreak zu Weihnachten - Schnee wäre bis auf tiefere Lagen gesichert
Polarwirbelsplit mit Arctic Outbreak zu Weihnachten - Schnee wäre bis auf tiefere Lagen möglich
© www.meteociel.fr

Winterwetter?

Wir wollen heute Abend einmal untersuchen, was zu einem Wintereinbruch führen kann und welche Grundvoraussetzungen hierfür gelten müssen.

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Zunächst das Hoch. Das Hoch muss zwingend nach Norden aufkeilen und als Störimpuls agieren. Macht es das nicht und flacht nach Süden ab, so hat die Zonalisierung eine echte Chance. Für den Moment aber sieht es stark danach aus, als ob sich das Hoch in der kommenden Woche über Frankreich, England und Deutschland nach Norden aufkeilen kann. Damit bekommt die atlantische Frontalzone einen ordentlichen Störimpuls verpasst und auch der x-te Versuch einer Zonalisierung scheitert.

Das Betonhoch

Das Hoch wird kommen, darin sind sich die Kontrollläufe und die Prognosen der Vorhersage-Modelle einig. Stellt sich jetzt die Frage, ob das Hoch zum Winterbringer oder Winterverhinderer wird?

Verweilt das Hoch einfach nur über Europa, passiert rein gar nichts. Jedwede Wetteraktivität wird geblockt und die spannendste Frage wird die Ausbildung und die Auflösung von Nebelfeldern sein. Noch nicht einmal in den Nächten wird Frost zu erwarten sein. Mit anderen Worten: langweiliges, trockenes und mildes Wetter und das über Weihnachten hinweg.

Damit aber nicht genug - das eigentliche Worst-Case-Szenario für alle Freunde des Winterwetters wäre die Verlagerung des Hochdrucksystems nach Osten. In diesem Fall würde die atlantische Frontalzone auf das Hoch auflaufen und die Temperaturen richtig in die Höhe treiben. Diese Varianten sollte man - trotz aller Euphorie der aktuellen Wetterkarten - immer im Hinterkopf behalten.

Die unwinterlichen Möglichkeiten zu Weihnachten 2021
Wetterprognose nach einzelnen Kontrollläufen: die unwinterlichen Möglichkeiten zu Weihnachten 2021
© www.meteociel.fr

Das Außergewöhnliche: Polarwirbelsplit, zusammenbrechender Polarwirbel und ein Arctic Outbreak zu Weihnachten

Kommen wir zu den Varianten, die aufgrund des Störimpulses vom Hochdrucksystem ausgehen können. Das ist dann der Fall, wenn sich das Hoch nach Westen verlagert.

Und dann rumst es

Im eigentlichen Sinne kommt die atlantische Frontalzone ja gerade erst in Schwung. Das geschieht mit einer Kaltluftansammlung über dem östlichen Kanada, die nach Süden in Richtung Neufundland austrogt. Die Folge ist ein kräftiges Sturmtief, das bis zum 14. Dezember zwischen Neufundland und Island Position bezieht. Die Zonalisierung wird in Gang gesetzt und nimmt Anlauf.

Man kann es auch bildlicher beschreiben, was in der kommenden Woche passieren wird. Stellen Sie sich vor, die nehmen Anlauf, kommen in die Gänge, fangen an zu rennen und gerade als Sie ihre höchstmögliche Geschwindigkeit erreicht haben, stellt ihnen jemand ein Bein. Dieser Jemand ist in diesem Fall das Hoch und das Bein ist der Störimpuls. Was passiert? Sie kommen ins Straucheln, rudern mit den Armen, versuchen auszuweichen, aber es hilft alles nichts. Sie stolpern und ab diesem Zeitpunkt wirken ihre Handlungen unkontrolliert und chaotisch. Und so ähnlich ist das beim Wetter in der kommenden Woche.

Das Resultat beim Wetter kann ebenso verheerend sein, wie bei einem Sturz aus vollem Lauf. Entweder das Hoch schnappt sich den frei werdenden Platz über dem Atlantik und agiert als Blockadehoch, oder aber das Hoch hat größeres vor und keilt direkt in den Polarwirbel hinein auf. Beide möglichen Varianten sind zum aktuellen Stand in ihren Auswirkungen unvorhersehbar, doch werden diese zu chaotischen Wetterverhältnissen führen können, die in den meisten Fällen Winterwetter zur Folge haben können. Wir haben diese - beeindruckenden - Varianten einmal herausgesucht und diese reichen von einem Polarwirbelsplit, bis hin zu einem vollständigen Zusammenbruch des Polarwirbels, was in der Zeit um Weihnachten ungewöhnlich früh wäre.

Extreme Varianten. Polarwirbelsplit, bis hin zum vollständigen Zusammenbruch des Polarwirbels
Wetterprognose nach einzelnen Kontrollläufen: Extreme Varianten: Polarwirbelsplit, bis hin zum vollständigen Zusammenbruch des Polarwirbels
© www.meteociel.fr

Auf den Punkt gebracht: Wie stehen die Chancen für den Winter?

Eine Frage, die uns in den letzten Stunden häufiger gestellt wurde ist, warum zeigen wir immer wieder die extremen Varianten, die wahrscheinlich nicht eintreten werden? Ja, das ist richtig. Das Wetter über Deutschland ist nicht bekannt für seine Extreme. Das aber ist nicht der Punkt. Vielmehr geht es darum, die Dramatik der kommenden Wetterentwicklung aufzuzeigen, die im völlig langweiligen und belanglosen Wetter oder extremen Winterwetter mit erheblichen Turbulenzen enden können. Man könnte auch Hop oder Top dazu sagen.

Die Randfaktoren

Um herauszufinden, was an einem Polarwirbelsplit oder an einem Blockadehoch auf dem Atlantik dran ist, nimmt man die Randfaktoren. Ein negativer NAO-Index würde ein Hoch über Island beschreiben. Und ja, der negative Trend der letzten Tage findet heute ab dem 16. Dezember seine Fortsetzung. Es gibt jetzt keine einzige Variante mehr, die sich im positiven Bereich abspielt. Das ist für die Freunde des Winterwetters ein großartiges Signal.

Ob ein Polarwirbelsplit herausspringen kann, zeigt sich in den meisten Fällen in einem negativen AO-Index und dieser geht entweder in die deutlich positive oder extrem negative Richtung. Da ist nichts entschieden, doch spricht die Zunahme der negativen Varianten für einen unrunden oder wenig stabilen Polarwirbel - auch das ist ein wichtiges Signal.

Die Kontrollläufe selbst bewerten den Zeitraum vom 12. bis 20. Dezember als für die Jahreszeit deutlich zu warm. In der zweiten Dezemberdekade baut sich ein ordentlicher Temperaturüberschuss auf, was zu einer Differenz von +2 bis +3 Grad führen kann. Einzig die klaren Nächte werden den Temperaturüberschuss etwas abmildern können. Der Wettertrend zeigt aber auch die Kehrtwende in der letzten Dezemberdekade - und damit kurz vor Weihnachten.

Der Mittelwert aller Kontrollläufe sinkt zwischen dem 23. bis 26. Dezember auf einen Bereich ab, der im Vergleich zum vieljährigen Klimamittelwert von 1961 und 1990 normal und im Trend leicht zu kühl bewertet werden kann. Interpretiert man das, so nehmen zur Weihnachtszeit die kälteren Varianten zu und so gering die Wahrscheinlichkeiten für weiße Weihnachten auch sein mögen, sind diese zum aktuellen Stand noch nicht vom Tisch. Deutlicher wird das im Mittelwert aller Kontrollläufe, was an Weihnachten über dem Norden und Westen Temperaturen von +2 bis +4 Grad und über dem Süden und Osten von -2 bis +2 Grad zur Folge haben kann. Jetzt muss das Hoch aber erst einmal kommen, dann wird man schlauer sein.

Erst das Hoch (li.), bevor zu Weihnachten die Karten neu gemischt werden können (re.)
Erst das Hoch (li.), bevor zu Weihnachten die Karten neu gemischt werden können (re.)
© www.meteociel.fr

Die Temperaturprognose der Kontrollläufe
Tag Temperaturspektrum Temperaturmittelwert
17. Dezember +2 bis
+11 Grad
+3 bis
+7 Grad
21. Dezember -4 bis
+10 Grad
+2 bis
+5 Grad
26. Dezember -9 bis
+11 Grad
-2 bis
+3 Grad
Diagramm Temperaturen Dezember 2021
Die Wahrscheinlichkeiten der Kontrollläufe Dezember 2021 von zu kalt, normal, zu warm im Vergleich zum vieljährigen Mittelwert (1961 bis 1990)

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