Wetter Winter 2019/2020 aktuelle Wetterprognose vom 20.10.2019 - Der Zustand des Polarwirbels kann über den Verlauf des Winters entscheiden
Kalter oder warmer Winter? Der Polarwirbel und dessen Struktur spielt für den Winter in Deutschland, Österreich und der Schweiz eine maßgebliche Rolle. Paradoxerweise: Je stärker der Polarwirbel ist, desto wahrscheinlicher sind milde Winter.
Die Spekulationen rund um das Wetter im Winter nehmen in der letzten Zeit zu und so manches Medienportal weiß ganz genau, wie das Wetter im Winter 2019/20 werden und viele wissen scheinbar auch, dass dieser Winter extrem werden wird und reden von einem Schock-Winter die irgendwelche Experten verkünden. Jeder kann sich selbst seine Meinung daraus bilden. Doch was sind die Faktoren, welche für einen warmen, normalen, oder vielleicht auch zu kalten Winter sprechen und wie sieht der Wettertrend der Langfristmodelle aus? Diese Themen wollen wir in den kommenden Tagen und Wochen in einer mehrteiligen Reihe näher betrachten und bewerten. Anfangen wollen wir heute mit dem Polarwirbel.
Der Polarwirbel und der Winter
Er ist maßgeblich dafür verantwortlich, wie ein Winter über Mitteleuropa verlaufen wird. Mal ist der Zustand des Polarwirbels stärker und mal schwächer ausgeprägt. Ein Faktor, welcher den Zustand des Polarwirbels beeinflussen kann, ist der sog. QBO - die Quasi-zweijährige-Schwingung.

Aber zunächst einmal zur Grundlage - warum ist der Polarwirbel wichtig? Der Polarwirbel ist nichts anderes als ein Höhentief und dreht sich gegen den Uhrzeigersinn. Das bedeutet für Europa, dass im Winter sich die normale Grundströmung aus westlichen Richtungen verstärkt, je stärker der Polarwirbel ausgeprägt ist. Eine Westwindzirkulation ist aber gleichzeitig dafür verantwortlich, dass die Tiefdrucksysteme die Warmluftmassen des Golfstroms nach Europa leiten und die Winter eher gemäßigt ablaufen. Ist diese Struktur gestört, können die Winter kälter als normal ausfallen.
Der QBO - die Quasi Zweijährige Schwingung
Damit also ein zu kalter oder halbwegs normaler Winter überhaupt in den Bereich des Möglichen rücken kann, sollte der Polarwirbel schwächer sein, idealerweise noch mit nachhaltigen Störeinflüssen. Einer der Störeinflüsse ist die QBO.
Die QBO tritt durchschnittlich alle 2,2 Jahre auf und dreht das Zirkulationsmuster von West-Ost auf Ost-West. Der Vorgang setzt sich dabei von den oben Luftschichten der Stratosphäre nach unten durch (Kelvin- und Rossby- Schwerewellen). Ganz stark vereinfacht ausgedrückt wird damit die West-Ost Zirkulation des Polarwirbels gestört und im ausgeprägten Zustand kann statt des Höhentiefs ein Hochdrucksystem über der Arktis entstehen und den Polarwirbel extremst stören.
Interessant ist, dass dieser Effekt im Minimum des 11-jährigen Sonnenzyklus (Schwabe-Zyklus) noch verstärkt werden kann. Das nächste Minimum wird für 2020 erwartet. Ohnehin ist aber der aktuelle Sonnenzyklus nicht besonders stark ausgeprägt.

Im Winter 2016/17 hätte ein QBO auftreten müssen. Ist er aber nicht, was erstmals seit Beginn der Beobachtungen eingetreten ist. Und auch im vorletzten Winter war keine durch den QBO ausgelöste Umkehr zu beobachten. Erst in der Wintersaison 2018/19 gab es wieder einen Ost-West Drehung zu beobachten. Der Zyklus nimmt - trotz des Aussetzers - seinen gewohnten Gang.
Welche Auswirkungen hat der QBO auf den Winter?
Es gibt eine ganze Reihe an Faktoren, welche den Winter beeinflussen und allesamt spielen sie eine gemeinsame Rolle für den Winterverlauf. Für sich betrachtet aber verstärkt ein QBO-West den Polarwirbel, während QBO-Ost den Polarwirbel abschwächt.
Ein starker und intakter Polarwirbel hat über Mitteleuropa häufiger einen gemäßigten Winter zur Folge. Nicht selten ist eine Westwindzirkulation, oder gar die von Winterfreunden gefürchtete Südwestwetterlage dominierend. QBO-Ost hat häufiger ein meridionales Grundmuster zur Folge (erhöhte Wahrscheinlichkeit von sog. Rossby-Wellen entlang der Polarfront). Zudem fördert QBO-Ost sog. Polarwirbelsplits, welche wiederum die meridionalen Zirkulationsmuster verstärken kann. Umgangssprachlich spricht man auch von einen gestörten Zirkulationsmuster. Häufiger sind dann Hochdrucksysteme über Skandinavien, Island und Grönland zu beobachten. Nicht selten aber dehnt sich das sibirische Kontinentalhoch weit nach Westen bis über Skandinavien aus.
Gestörte Zirkulation hat nicht zwingend einen normalen oder kalten Winter zur Folge
Nun ist aber eine gestörte Zirkulation nicht immer mit einem zu kalten Winter gleichzusetzen, denn auch hier kommt es darauf an, wo man sich befindet, denn ein Trog hat eine warme Vorderseite, einen kalten Hauptteil und eine warme Rückseite. Und selbst ein Polarwirbelsplit bedeutet noch lange nicht, dass der Winter über Deutschland Einzug halten wird. Die Wahrscheinlichkeiten, dass aber Deutschland, Österreich und die Schweiz im Zentrum des Troges liegen, ist in den Wintermonaten relativ hoch.
Die plötzliche Stratosphärenerwärmung - das Berliner Phänomen
Es gibt kein festes Muster, wann die plötzliche Stratosphärenerwärmung auftritt, im Schnitt sind es aber alle zwei Jahre. Die letzten Major-Warmings gab es im Winter 2017/2018 im letzten Wintermonat Februar 2018 zu beobachten und das nächste folgte im Dezember 2018 nach - außergewöhnlich.
Beide Male hatte das Auswirkungen auf das Strömungsmuster, welche fortan häufig meridional ausgeprägt warmen und eine klassische West-Ost-Wetterlage erst gar nicht haben aufkommen lassen. Dass es in diesem Winter nochmals zu einem Major-Warming kommen wird, ist zwar nicht auszuschließen, doch - rein von der Statistik her - sehr unwahrscheinlich.
Was ist ein Major Warming?
Kurze Umschreibung: Die negative Strahlungsbilanz über dem Polargebiet bildet in den Wintermonaten den Polarwirbel aus. An dessen südlichen Gradienten (Polarfront) verstärken sich die Westwinde. Das Major-Warming stört bei einem eintreten diese West-Ost Zirkulation auf extreme Art und Weise und kann mit einem Final-Warming die komplette Zirkulationsstruktur zum Erliegen bringen.
Anstatt des Höhentiefs herrscht ein Stratosphärenhoch vor und da sich Hochdrucksysteme im Uhrzeigersinn drehen, sind kalte Ostwinde im Winter über Mitteleuropa wahrscheinlicher als eine milde Atlantikbrise.
Einem Major-Warming geht immer ein Minor-Warming voraus, welches im Winter mehrmals auftreten kann. Dabei gibt es auch starke Minor-Warmings, welche aber keinen Einfluss auf die unteren Luftschichten und somit auf das Wetter haben. Erst wenn der Wind entlang des 60. Breitengrades eine Ost-West Umkehr erreicht, ist von einem Major Warming zu sprechen. Beispiele und eine Zusammenfassung finden Sie in unserer Erklärung zum Major-Warming.
Aktuelle Winter-Prognosen
Wer bei uns regelmäßig mit liest, der kennt das Langfristmodell uns seine Berechnungen des Winters. In der aktuellen Winterprognose 2019/20 fallen nach diesen Berechnungen alle drei Wintermonate zu warm aus, so dass Ende Februar gegenüber dem langjährigen Mittelwert ein etwa um +1,5 bis +2 Grad zu warmer Winter herauskommen könnte.
Zudem wird die Niederschlagsneigung etwas zu hoch berechnet, was letztlich auf ein Ende der meridionalen Grundströmungen hindeutet. Anders formuliert wird vom Langfristmodell weiterhin eine Zonalisierung über die Wintermonate favorisiert.
Monat | Temperatur | Niederschlag |
---|---|---|
September 2019 | +0,8 Grad | Leicht zu nass |
Oktober 2019 | +2 bis +3 Grad | Trend: zu nass |
November 2019 | -0,5 bis +1 Grad | Trend: normal bis etwas zu trocken |
Dezember 2019 | +1 bis +2 Grad | Trend: etwas bis deutlich zu nass |
Januar 2020 | +1 bis +2 Grad | Trend: normal bis etwas zu nass |
Februar 2020 | +1 bis +3 Grad | Trend: normal bis etwas zu nass |

Zusammenfassung - Polarwirbel als Taktgeber des Winters
- Ein intakter und kräftiger Polarwirbel hat häufiger einem milden bis normalen Winter zur Folge
- Wesentliche Randfaktoren - welche den Polarwirbel abschwächen können - sind der QBO, das Major-Warming und die Sonnenaktivität
- QBO und Major-Warming treten etwa alle 2 Jahre auf
- Die Sonnenaktivität hat einen 11-Jahres Zyklus (Schwabe), bzw. 22-Jahres-Zyklus (Hale)
- Der letzte QBO fand im Winter 2018/19 statt
- Das letzte Major-Warming gab es im Dezember 2018 und ist in 2019/20 weniger wahrscheinlich
- Eine schwache Sonne kann den Effekt des QBO noch verstärken
- Der Sonnenfleckenzyklus nähert sich seinem Ende, welches voraussichtlich 2020 erreicht wird
- Langfristmodelle berechnen einen durchweg zu warmen Winter 2019/20
Ein QBO-Ost und ein erneutes Major-Warming sind in diesem Winter nicht anzunehmen, insofern ist die Zonalisierung eine plausible Wetterentwicklung. Doch die geringe Sonnenaktivität führt in ihrem Minimum häufiger zu gestörten Zirkulationsmustern, so dass der Winter 2019/20 keineswegs frühzeitig abzuschreiben ist. Im Gegenteil - sollten sich die meridionalen Strömungen noch längere Zeit halten können - möglicherweise auch über die Wintermonate hinweg - so wären sowohl knackig Kalt-, wie auch außergewöhnliche Warmphasen in diesem Winter möglich.