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Winterprognose: Folgt einem warmen Sommer ein kalter Winter nach?

| M. Hoffmann
Warmer Sommer, kalter Winter?

Welche Hinweise gibt es nach der Statistik auf einen zu kalten Winter, wenn der vorherige Sommer - wie dieser - deutlich zu warm ausgefallen war? Ist ein Kaltwinter in Zeiten der Klimaerhitzung überhaupt noch möglich?

Ein meridionales Strömungsmuster sorgte auch im Jahr 2023 für außergewöhnliche Wetterlagen. Da war der extreme Temperaturüberschuss aus dem Januar (+4,1 Grad) und Februar (+2,84 Grad), sowie mit dem extrem trocken Mai und einem heißen und trocken Juni (+3,2 Grad), was insbesondere im Sommer zu einer überproportionalen Anzahl an Sommer-, Hitze- und Wüstentagen führte.

Betrachtet man die letzten 24 Monate, so waren im Vergleich zum vieljährigen Mittelwert von 1961 und 1990 vier normal und 20 davon zu warm. Kein Monat war zu kalt. Die Durchschnittstemperatur lag um +2,1 Grad über dem vieljährigen Durchschnitt von 1961 und 1990. Im Vergleich zum Vorjahr ist das ein Anstieg von +0,3 Grad. Das ist eine Ansage. Vornehmlich die Aneinanderreihung der extrem warmen und trockenen Sommer der letzten Jahre sind auffällig.

Ein Wunsch vieler - ein zu kalter Winter

Ja, es gibt sie, die Freunde des Winterwetters, zu denen auch wir gehören. Und noch einmal ja, der Leidensweg der Winterfreunde war in den vergangenen 12 Jahren bemerkenswert. Zwar befindet sich die Klimaerhitzung erst am Anfang und dämpft damit automatisch die Erwartungen an einen zu kalten Winter. Auffällig aber waren in den vergangenen Jahren die meridional verlaufenden Großwetterlagen und diese können sowohl für eine Süd-Nord-, als auch für eine Nord-Süd-Strömung sorgen. Die Hoffnung stirbt zuletzt, möchte man meinen.

Heute aber möchten wir einen Blick in die Vergangenheit werden. Wie war der Winter, wenn der Sommer deutlich zu warm ausgefallen ist - da muss es doch ein Ausgleichsverhalten geben - oder nicht?

Konkreter die Fragestellung: Lassen sich also aus einem zu warmen Sommer Rückschlüsse für den Winter 2023/24 ziehen?

Grundlagen

Betrachtet werden die letzten 57 Jahre. Jeweils in Abhängigkeit der Abweichungen gegenüber dem langjährigen Mittelwert von 1961 bis 1990. Zu kalt wurde definiert, wenn die Abweichung ≤ 0 und zu warm, wenn die Bedingung ≥ 0 zutraf. Betrachtet werden die zurückliegenden Monate, wenn die Bedingung von einem jeweils zu warmen März, April, Mai, Juni, Juli und August zutraf.

Die Betrachtung der Einzelmonate

War der März zu warm, waren die Wintermonate in 17 Prozent der Fälle zu kalt und in 49 Prozent zu warm.

War der April zu warm, so gab es in 23 Prozent einen zu kalten und in 40 Prozent zu warmen Winter.

War der Mai zu warm, so folgte in 42 Prozent ein zu warmer und in 19 Prozent der Fälle ein zu kalter Winter nach. Statistisch gesehen, ergibt sich daraus eine Relevanz für einen zu warmen Winter.

Aber auch für den Juni zeigt sich eine Auffälligkeit. Wenn der erste Sommermonat zu warm ausfiel, so gab es mit einer Wahrscheinlichkeit von 44 Prozent einen zu warmen Winter. War der Juli zu warm, so gab es in 42 Prozent der Fälle einen zu warmen Winter, genauso, wie wenn der August zu warm war (44 Prozent zu warm).

Wenn also die relevanten Monate zu warm waren, so war der darauffolgende Winter mit einer statistischen Häufung ebenfalls zu warm. Summiert man das Ergebnis, so ergibt sich in Betrachtung der Einzelmonate eine Wahrscheinlichkeit von rund 43 Prozent für eine zu warme Wintersaison.

Die Betrachtung der Monate von März bis August
Monat Winter kalt Winter warm
März zu warm 17 % 49 %
April zu warm 23 % 40 %
Mai zu warm 19 % 42 %
Juni zu warm 15 % 44 %
Juli zu warm 21 % 42 %
August zu warm 16 % 44 %

Heraus kommt ein relativ eindeutiges Ergebnis einer erhöhten Wahrscheinlichkeit eines zu warmen Winters. Wer aber Wahrscheinlichkeitsrechnungen kennt, der weiß, dass es nicht auf die Betrachtung der einzelnen Monate ankommt.

Ein zu warmer Frühling mit Auswirkungen auf den Winter?

Betrachten wir also die Jahreszeiten. Was, wenn der Frühling - wie in diesem Jahr - zu warm ausfällt, wie waren die Winter der Vergangenheit?

War der Frühling zu warm, so gab es in 21 Prozent der Fälle einen zu kalten und in 44 Prozent der Fälle einen zu warmen Winter.

Wenn der Frühling zu warm war, welche Auswirkungen hatte das auf den Winter?
Jahreszeit Winter kalt Winter warm
Frühling zu warm 21 % 44 %

Welche Auswirkungen hat ein zu warmer Sommer auf den Winter?

Ein klares Bild zeigt sich auch in Betrachtung des Sommers. War dieser zu warm, so ergab sich in 21 Prozent der Fälle ein zu kalter und in rund 46 Prozent ein zu warmer Winter.

Warmer Sommer mit Auswirkung auf den Winter
Jahreszeit Winter kalt Winter warm
Sommer zu warm 21 % 46 %

Juni, Juli und August zu warm

Ein zu warmer Sommer bedeutet nicht, dass auch alle drei Sommermonate zu warm waren. Wie also waren die Winter, wenn der Juni, Juli und August zusammen zu warm waren?

Auch hier ein eindeutiges Ergebnis. In 5 Prozent der Fälle folgte ein zu kalter und mit einer Wahrscheinlichkeit von 23 Prozent ein zu warmer Winter nach.

Juni, Juli und August mit Auswirkung auf den Winter
Monat Winter kalt Winter warm
Juni, Juli und August zu warm 5 % 23 %

Frühling und Sommer

Natürlich fehlt noch die Konstellation aus einem zu warmen Frühling und zu warmen Sommer. Auch hier - und das überrascht wenig - zeigte sich in der Vergangenheit mit 32 Prozent eine höhere Wahrscheinlichkeit für einen zu warmen, als mit 16 Prozent für einen zu kalten Winter.

Frühling zu warm, Sommer zu warm, Winter zu warm?
Jahreszeit Winter kalt Winter warm
Frühling und Sommer zu warm 16 % 32 %

Wie war der Winter nach den heißesten Sommern?

Wie waren die darauffolgenden Winter, wenn der Sommer außergewöhnlich warm war? Die Betrachtung fällt auf die Sommer, bei denen die mittlere Temperatur über +18 Grad betrug. Das waren die Sommer 2022, 2020, 2019, 2018, 2015, 2006, 2003, 1994, 1992, 1983 und 1947 und wohl auch der Sommer 2023. Sofort fällt auf, dass ab 2000 die wärmsten Sommer eine überproportionale Häufung aufweisen. Auffällig ist zudem, dass es zwischen 1947 und 1983 keinen Sommer gab, der einen Mittelwert von +18 Grad erreichte.

Nur einer der Winter war zu kalt (2002/03) und einer normal (1983/84). Der Rest warm zu warm, darunter auch der bislang wärmste Winter seit Beginn der Wetteraufzeichnungen (2006/07). Auf andere Art formuliert waren die Winter nach einem deutlich zu warmen Sommer 11 Prozent zu kalt, 11 Prozent normal und 78 Prozent zu warm. Das ist eine klare Ansage und somit eine Singularität von hoher Relevanz.

Die Winter nach einem extrem warmen Sommer
Jahreszeit Winter kalt Winter normal Winter warm
Sommer extrem zu warm 11 % 11 % 78 %

Und für den Winter 2023/24?

Egal, wie man es durchspielen mag, die höhere Wahrscheinlichkeit liegt bei einem zu warmen Winter. Warum ist das so?

Damit die Temperaturen im Frühling und Sommer überhaupt zu warm ausfallen können, ist in den meisten Fällen hoher Luftdruck notwendig. Möglich also, dass die Großwetterlage zum Herbst und Winter kippt und mithilfe einer West- bis Südwestwetterlage milde Luftmassen nach Deutschland geführt werden. Anders sieht es aus, wenn sich die dominierende Hochdruckwetterlage mithilfe einer Erhaltungsneigung auch über den Herbst und Winter hindurchzieht, dann ist entweder ein Supermildwinter oder ein normaler bis kalter Winter möglich. Und hier scheint sich eine Häufung der Supermildwinter zu ergeben, bei der über dem östlichen Kanada die kalten Luftmassen auf den Atlantik strömen und die atlantische Frontalzone weit nach Süden führt, um diese über Europa von Süd nach Nord strömen zu lassen. Schaun mer mal.

Folgt daraus zwangsläufig ein zu warmer Winter? Das ist damit nicht gesagt. Erstens hält sich das Wetter nicht an die Statistik und zweitens gab es auch in der betrachteten Konstellation jeweils zu kalte Winter - nur die Wahrscheinlichkeit für einen zu kalten Winter ist eben deutlich geringer.

Auf den Punkt gebracht

  • Datengrundlage der letzten 57 Jahre, verglichen mit dem langjährigen Mittelwert 1961-1990
  • Waren der März, der April und der Mai zu warm, war der Winter häufiger zu warm
  • War der Juni, Juli und August zu warm, so war auch der Winter häufiger zu warm
  • War der Frühling zu warm, folgte mit hoher Wahrscheinlichkeit ein zu warmer Winter
  • War der Sommer zu warm, zeigte sich ein ähnliches Bild - Winter zu warm
  • War der Frühling und Sommer zu warm, so war auch der Winter häufiger zu warm
  • Nach einem deutlich zu warmen Sommer waren die Winter in 78 Prozent der Fälle zu warm
  • Die höhere - statistische - Wahrscheinlichkeit liegt bei einem zu warmen Winter 2023/24

Wetterprognose Winter 2023/24 nach dem Langfristmodell

Das Langfristmodell berechnet die Wintermonate Dezember 2023, Januar und Februar 2024 zum heutigen Stand mit einer Abweichung von +2 bis +3 Grad und phasenweise von bis zu +4 Grad extrem zu warm. In Zeiten der Klimaerhitzung sind solch ungewöhnliche Temperaturanomalien im Winter nicht weiter verwunderlich und so auch zu erwarten - sehr zum Leidwesen aller, die sich einen Flachlandwinter wünschen.

Abweichungen der Temperaturen im Herbst und Winter gegenüber dem langjährigen Mittelwert
Monat Tem­peratur Nieder­schlag
September 2023 +1,0 bis +2,0 Grad Trend: normal bis etwas zu nass
Oktober 2023 +1,5 bis +2,5 Grad Trend: normal bis zu trocken
November 2023 +1,0 bis +2,0 Grad Trend: zu trocken
Dezember 2023 +2,0 bis +4,0 Grad Trend: normal bis etwas zu nass
Januar 2024 +2,0 bis +4,0 Grad Trend: normal
Februar 2024 +1,5 bis +3,0 Grad Trend: normal bis etwas zu nass
Diagramm der Temperaturentwicklung Herbst/Winter 2023/2024  vom 25.08.2023
Diagramm der Temperaturentwicklung Herbst/Winter 2023/2024 vom 25.08.2023

Anmerkung: dieser statistische Vergleich beruht ausschließlich auf Temperaturwerten der Vergangenheit (Quelle: Deutscher Wetterdienst, DWD) und berücksichtigt ausschließlich die Monate von März bis August. Für die Statistik und die Wahrscheinlichkeit gehören aber auch noch ganz andere Faktoren, wie Niederschlag und Großwetterlagen dazu, sodass dies nur als eine Art von Datenspielerei darstellt und wissenschaftlich keine Relevanz hat. Diesen Anspruch hat diese Auswertung auch gar nicht, sondern geht lediglich auf eine Frage der Leser ein.
Haben Sie Anregungen oder Ergänzungen hierzu? Gerne können Sie uns eine E-Mail schreiben.

© Bild - Martin Bloch

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