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Wetter Winter 2015/2016 - Witterungsabschätzung vom 15. November

| M. Hoffmann
Blickt man auf die aktuelle Wetterentwicklung, so könnte man der statistischen Betrachtung, dass der Winter wohl zu mild ausfallen wird, durchaus Glauben schenken. Geprägt wird diese Entwicklung auch von einer außergewöhnlichen Erhaltungsneigung, welche auch einige Meteorologen dazu verleiten könnte, den Verlauf des Winters bereits jetzt schon als zu warm zu prognostizieren. Dabei sind das bisweilen "nur" Tendenzen für einen zu warmen Winterverlauf, welche im Detail noch nicht feststehen und bekannter Weise hält sich das Wetter nicht immer daran - sonst wären Langzeitprognosen auch einfach zu erstellen.

Hypothetisch angenommen es kommt zu einem zu  warmen Verlauf des Winters würde das aber noch lange nicht bedeuten, dass alle Wintermonate zu warm ausfallen müssen - Kälteperioden sind auch in einem sehr warmen Winterverlauf häufig anzutreffen und es muss nicht zwangsläufig zu einem ähnlichen Verlauf wie in den letzten beiden Wintern kommen. Die Statistik und auch die außergewöhnliche Erhaltungsneigung deuten zum heutigen Stand in einen zu warmen Temperaturverlauf im Winter hin. Auch das Langfristmodell geht seit Wochen in die gleiche Richtung, so dass dort der Temperaturüberschuss von November bis einschl. Februar mit +1/+3 Grad über dem langjährigen Mittelwert von 1961-1990 liegt. Geht es nach dem Langfristmodell des Deutschen Wetterdienstes, so liegen die Wahrscheinlichkeiten für zu warme Temperaturen über die Wintermonate Dezember, Januar und Februar bei 53 Prozent, normale Temperaturen bei 30 Prozent und zu kalte Temperaturen bei 17 Prozent. Insbesondere der Dezember und Januar soll nach diesen Berechnungen signifikant zu warm ausfallen.

Allein diese Betrachtungen sind für Winterfans wahrlich keine guten Aussichten. In unserem dritten Teil zur Witterungsabschätzung für die Winterprognose 2015/2016 möchten wir näher auf die aktuelle Entwicklung der Randfaktoren und deren mögliche Auswirkungen auf das Winterwetter eingehen. Zum einen steht seit Monaten das El Niño Phänomen zur Diskussion. Tritt das El Niño Phänomen ein, so ist das Wetter über Mitteleuropa häufiger durch Trogwetterlagen (meridionale Ausrichtung) geprägt. Das ist aber noch nicht mit einem kalten Winter gleichzusetzen - Deutschland kann auch auf der warmen Trogvorderseite liegen (wie Anfang November), die Wahrscheinlichkeit spricht jedoch bei einem eintreffenden El Niño Phänomen für einen normalen bis leicht zu kalten Winterverlauf. Der aktuelle ENSO-Bericht bestätigt auch heute das El Niño Phänomen mit einer Wahrscheinlichkeit von 95 Prozent:
There is an approximately 95% chance that El Niño will continue through Northern Hemisphere winter 2015-16, gradually weakening through spring 2016.*
. Demnach könnte theoretisch in diesem Winter es vermehrt zu Troglagen kommen, welche in den Wintermonaten eine höhere Wahrscheinlichkeit für kühlere Temperaturen haben können.

Der zweite Randfaktor ist die Ausdehnung des Eisfeldes der arktischen See. Aktuell liegt die Ausdehnung unter dem Durchschnitt jedoch deutlich über Vergleichszeitraum vom Jahre 2012. Ein intaktes Eisfeld hat - vereinf. ausgedrückt - einen stärkeren, bzw. stabileren Polarwirbel zur Folge und somit sind Troglagen weniger wahrscheinlich (starke nordatlantische Oszillation), ein zurückweichendes Eisfeld hat mit höherer Wahrscheinlichkeit eine stärkere Schwankungen des Polarwirbels zur Folge (Wellenbewegung, meridionale Strömungsmuster, Troglagen etc.), was wiederum auf eine erhöhte Wahrscheinlichkeit auf (simulierte) die Entstehung von Hochdruckgebieten zwischen Grönland, Skandinavien und Russland zurückzuführen ist. Anders ausgedrückt hat ein intaktes Eisfeld einen stärkeren Polarwirbel zur Folge mit einer erhöhten Wahrscheinlichkeit auf normale bis leicht erhöhte Temperaturbedingungen über Mitteleuropa (intakter West-Ost Jetstream), während ein nicht intaktes Eisfeld Trogeinschübe und Kaltluftausbrüche gen Süden wahrscheinlicher macht. Im Detail kommt es darauf an, wo diese Kaltluftausbrüche stattfinden - im letzten beiden Wintern war das über dem östlichen Kanada der Fall und somit für die warme Temperaturentwicklung über Mitteleuropa verantwortlich.

Ein dritter Randfaktor ist die QBO Quasi-zweijährige Schwingung. In der Betrachtungsweise des QBO zeigt sich derzeit eine mögliche Ostkomponente, welche zu den Wintermonaten aktiv sein könnte. Vereinfacht ausgedrückt: ein positiver QBO verstärkt den Polarwirbel, ein negativer QBO schwächt den Polarwirbel. Je stärker der Polarwirbel ist, desto wahrscheinlicher ist ein normales Zirkulationsmuster (West-Ost) mit eher milden und niederschlagsreichen Folgen. Der QBO spricht für eine höhere Wahrscheinlichkeit eines "gestörten Zirkulationsmusters" (meridionale Ausrichtung), was wiederum die Wahrscheinlichkeiten für normales bis leicht zu kaltes Winterwetter über Mitteleuropa erhöht (im Detail kommt es auch hier wieder auf die mögliche Position der Hoch- und Tiefdruckgebiete an, auch warmes Vorderseitenwetter ist unter bestimmten Voraussetzungen möglich).

Ein weiterer - nicht ganz unumstrittener - Faktor ist die Sonnenaktivität. Die Sonnenflecken geben Aufschluss darüber, welche Aktivität die Sonne derzeitig hat. Aktuell nimmt die Aktivität der Sonne leicht ab. Welchen Einfluss haben Sonnenflecken? Ganz vereinfacht ausgedrückt: ist die Sonne wenig aktiv, so steigt die Wahrscheinlichkeit für kühlere Winter, ist sie hingegen aktiver, so steigt die Wahrscheinlichkeit für einen wärmeren Winter.

Ein weiterer Randfaktor ist die Schneedecke, bzw. deren Ausbildung über Sibirien.  Aktuell ist die Ausdehnung der Schneedecke über Sibirien etwas weiter fortgeschritten als im letzten Jahr. Man geht davon aus (vgl. Engl. Cohen | Google Übersetzung des Dokumentes), dass wenn dort genügend Schnee liegt, im Hochwinter das sibirische Hochdrucksystem verstärkt und somit mit einer Ost-West Strömung die kalten Luftmassen eher bis nach Mitteleuropa geführt werden können. Eine kalte Ostströmung hat aber wenig mit einem schneereichen Winter gemeinsam - vielmehr ist "Kahlfrost" vermehrt anzutreffen. In einer bestimmten Position kann so ein "Russlandhoch" eine blockierende Auswirkung auf die Tiefdrucksysteme im Westen haben, so dass Deutschland wiederum auf der warmen Anströmungsseite liegen kann (vgl. der beiden letzten Winter).

Wie auch immer - es wird sich in den kommenden Wochen zeigen, ob die Erhaltungsneigung es schafft das bisherige Zirkulationsmuster beizubehalten, oder ob das Ausgleichsverhalten mit einem anderen Strömungsverhalten das Zirkulationsmuster nachhaltig verändert kann. Ernstzunehmende Hinweise auf eine Veränderung des Zirkulationsmusters könnte die nun beginnende Starkwindphase (teils mit Extremwindereignissen) liefern. Anders formuliert zeigt die Statistik und die Erhaltungsneigung, bzw. das Ausgleichsverhalten Tendenzen für einen normalen bis zu warmen Temperaturverlauf im Winter, während das Setup der Randfaktoren für einen normalen bis zu kalten Winterverlauf 2015/16 sprechen.

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