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Wettertrend: Kollaps des Stratosphärenwirbels - der Frühling zieht sich aus Deutschland zurück

| M. Hoffmann

Das Wetter wird im Verlauf der kommenden Woche auf den Kopf gestellt, und von der aktuell frühlingshaften Witterung bleibt nicht mehr viel übrig. Die Schneefallgrenze sinkt in Richtung der mittleren Lagen ab, und auch über tieferen Lagen können sich Graupelgewitter entladen. Launisches Aprilwetter stellt sich bereits im März ein – was der Grund hierfür ist und in welche Richtung sich die kommende Großwetterlage entwickeln wird, haben wir uns einmal näher angeschaut.

Polare Luft beendet den Frühling über Deutschland und macht spätwinterliche Wettererscheinungen wieder bis auf tiefere Lagen herab möglich
Polare Luft beendet den Frühling über Deutschland und macht spätwinterliche Wettererscheinungen wieder bis auf tiefere Lagen herab möglich

Der Frühling treibt die Temperaturen über Deutschland ordentlich in die Höhe. So wurde gestern mit +19,9 Grad über Dresden und +19,7 Grad über Köln die frühsommerliche +20-Grad-Marke nur knapp verfehlt. Das kann sich am Freitag und Samstag ändern. Mit einem schwachen Tief über Spanien und Frankreich werden mit Saharastaub angereicherte Warmluftmassen weit nach Norden geführt, was die Temperaturen auf +14 bis +18 Grad und örtlich auf bis zu +20 Grad ansteigen lassen kann. Am Sonntag trübt sich die Sonne gelegentlich ein, doch mit Niederschlag ist nicht zu rechnen. Insbesondere mit dem Saharastaub lassen sich tolle Sonnenauf- und -untergänge beobachten.

Schluss mit Frühling: Markanter Temperaturrückgang und absinkende Schneefallgrenze

Das schwache Tief über Spanien und Frankreich dehnt sich im Verlauf der kommenden Woche weiter nach Osten aus und nimmt dabei Kontakt zu einem Cluster des Polarwirbels über Skandinavien und der Barentssee auf. Auf der anderen Seite strebt auf dem Atlantik ein Hoch weit nach Norden auf und rotiert im Uhrzeigersinn über Grönland und Island. Infolgedessen meridionalisiert die Grundströmung, und Deutschland, Österreich und die Schweiz geraten in eine nördliche Höhenströmung, was die Temperaturen auf +4 bis +8 Grad regelrecht abstürzen lässt. Die Niederschlagstätigkeit nimmt zu und kann bis auf die tieferen Lagen herab mit Schnee-, Schneeregen- oder Graupelschauern für launisches Aprilwetter sorgen. Kurze Graupelgewitter sind dabei nicht auszuschließen. Wer es genauer wissen möchte – Wetter März.

Kalte Luft polaren Ursprungs wird weit nach Süden geführt und beendet die frühlingshafte Episode über Deutschland zum Wochenauftakt
Wetterprognose der Vorhersage-Modelle: Kalte Luft polaren Ursprungs wird weit nach Süden geführt und beendet die frühlingshafte Episode über Deutschland zum Wochenauftakt © www.meteociel.fr || wxcharts.com

Wetterprognose - Kein Frühling, mehr launisches Aprilwetter

Man erkennt auf den obenstehenden Wetterkarten ein Schema, das wir auch vor ein paar Tagen einmal angesprochen haben und Freunde des Winterwetters regelmäßig zur Verzweiflung treibt. Es passt – im Hinblick auf den Winter – alles: gestörte Zirkulation, Blockadehoch auf dem Atlantik, Arctic Outbreak über Skandinavien, und doch zieht das Hoch – im allerletzten Moment – die polaren Luftmassen hinaus auf den Atlantik. Dort entsteht infolge der unterschiedlich temperierten Luftmassen ein kräftiges Tiefdrucksystem, das auf seiner Vorderseite angewärmte Luftmassen nach Norden schiebt.

Spätwinter über Deutschland - Luftmassengrenze möglich

In Zeiten vor der Klimaerhitzung waren solche Wetterlagen die Schneebringer schlechthin, doch nun fehlt die Grundlage. Ohne sie wird es wohl auf eine nasskalte Witterung mit winterlichen Wettererscheinungen hinauslaufen. Der Schneebringer verlagert sich auf die höheren mittleren Lagen, wo es durchaus tiefwinterlich werden kann.

Nichtsdestotrotz strömt die Kälte in der Höhe nach Süden und wird mit einer Ostströmung – welche zwischen Köln und Dresden verläuft – die kalten und feucht-warmen Luftmassen voneinander trennen können. Mithilfe der Luftmassengrenze sind über dem Süden bis zu +14 Grad und nach Norden +4 bis +8 Grad möglich. Mit entsprechender Niederschlagsaktivität können die Temperaturen in Richtung des Gefrierpunkts absinken. Um es kurz zu machen: Bis Mitte März ist mit launischem und teils turbulenten bis chaotischen Aprilwetter zu rechnen.

Hoch rückt nach

Das Hoch, das für die Blockade der Frontalzone und für das meridional verlaufende Strömungsmuster verantwortlich ist, kippt zwischen dem 14. und 16. März nach Osten ab und rückt näher an Deutschland heran. Dadurch schwächt sich die Luftmassengrenze ab, und es wird auch über dem Süden von Baden-Württemberg und Bayern spürbar kälter. Die nasskalte Witterung hält sich mindestens bis zum 16. März.

Vorerst kein Frühlingswetter mehr - vielmehr erhält sich das launische Aprilwetter bis Mitte März
Die Wettervorhersage nach dem europäischen und amerikanischen Vorhersage-Modells bis zum 16. März: Vorerst kein Frühlingswetter mehr - vielmehr erhält sich das launische Aprilwetter bis Mitte März © www.meteociel.fr || wxcharts.com

Warming in Stratosphärenhöhe und ein Displacement des Polarwirbels

In Stratosphärenhöhe geht es im Moment richtig zur Sache. Die Temperaturen schießen von -78 Grad auf bis zu +10 Grad regelrecht in die Höhe, und anstelle eines sich gegen den Uhrzeigersinn drehenden Wirbels positioniert sich ein im Uhrzeigersinn drehendes Hochdrucksystem. Die Stratosphärenwinde betragen aktuell +50 km/h, sacken bis Sonntag auf +0 km/h ab und drehen sich anschließend mit bis zu -72 km/h in die entgegengesetzte Richtung.

Stratosphärenwirbel löst sich auf

Da der Stratosphärenwirbel mit Beginn der zweiten Märzdekade nicht mehr existent ist, schwächen sich zwangsläufig auch die unteren Schichten des Polarwirbels ab. Die möglichen Folgen reichen von einem Polarwirbelsplit über einen vollständigen Zusammenbruch des Polarwirbels (mäandrierendes Muster) bis hin zu einem Displacement des Polarwirbels.

Das Displacement ist in den allermeisten Fällen die unspektakulärste Erscheinungsart. Der Polarwirbel wird in seinem Aktionsradius lediglich eingeschränkt (verschoben), bleibt im Kern zunächst noch intakt. Entscheidend ist jedoch, in welchen Bereich sich die Hochdruckzone ausdehnen kann – und da ist das Abkippen des Blockadehochs in Richtung Mitteleuropa ein wichtiges Signal.

Aus Trockenheit wird Dürre

Der Februar 2025 war schon außergewöhnlich trocken, und der März war bislang komplett trocken. Sollte sich nach einem kurzen Trogvorstoß eine weitere Hochdruckzone ausbilden und zu einem Displacement des Polarwirbels führen, so würde es sich um eine recht stabile Wetterlage handeln, die die Trockenheit im März – insbesondere über den nördlichen und östlichen Landesteilen – in eine Dürre übergehen lassen kann. Das ist im Moment aber mehr theoretischer Natur und bildet lediglich eine Möglichkeit ab.

Der Ansatz eines Displacements mit einer einigermaßen stabilen Hochdruckzone
Wetterprognose nach dem europäischen und amerikanischen Wettermodells bis zum 22. März: Der Ansatz eines Displacements mit einer einigermaßen stabilen Hochdruckzone © www.meteociel.fr || wxcharts.com

Auf den Punkt gebracht: Launisches Aprilwetter

Ob es so kommt, wie die Prognose-Modelle berechnen, bleibt abzuwarten. Die Windumkehr erfolgt am 9. März, danach werden die Realdaten in den unteren Schichten erfasst. Ab diesem Moment können die Prognose-Modelle die kommende Wetterentwicklung besser abschätzen.

Welches Wetter wahrscheinlich ist

Der Ansatz eines Displacements hat sich bereits gestern abgezeichnet und weist somit eine höhere Eintreffwahrscheinlichkeit auf als andere Varianten. Dennoch – das Entwicklungsspektrum bleibt nach dem 10. März groß. Das zeigt sich anhand der Temperaturdifferenzen in 1.500 Metern Höhe, die sich zwischen +10 und -12 Grad bewegen und eine Differenz von 22 Grad aufweisen. Zum Vergleich: Für eine halbwegs vernünftige Wettervorhersage wäre eine Differenz von 2 bis 4 Grad wünschenswert, für eine Wetterprognose 4 bis 6 Grad.

Erschwerend kommt hinzu, dass ein nicht unerheblicher Teil der Kontrollläufe Höhenwerte zwischen -5 und -10 Grad berechnet, was winterliche Wettererscheinungen bis in tiefere Lagen nicht ausschließen lässt. Der Mittelwert bewegt sich in einem Spektrum, das für Mitte März als normal bewertet werden kann.

Die Niederschlagssignale steigen ab dem 10. März an und sind über der Südhälfte bis zum 16. März als leicht bis mäßig erhöht zu bewerten. Danach gehen die Niederschlagssignale in den schwach bis leicht erhöhten Bereich zurück. Weiter nördlich sind die Niederschlagssignale deutlich schwächer ausgeprägt, aber ja, Niederschlag ist auch dort zu erwarten. Die nachfolgende Gegenüberstellung des Mittelwerts aller Kontrollläufe bestätigt die zwei möglichen Richtungen, in die sich die Großwetterlage in der zweiten Märzdekade entwickeln kann. Schaun mer mal.

Ein breites Spektrum an möglichen Wetterentwicklungen
Die Wetterprognose nach dem Mittelwert aller Kontrollläufe: Ein breites Spektrum an möglichen Wetterentwicklungen © www.meteociel.fr

Die Temperaturprognose der Wettermodelle
Tag Temperatur­spektrum Temperatur­mittelwert
13. März +1 bis
+14 Grad
+5 bis
+8 Grad
17. März -1 bis
+16 Grad
+7 bis
+9 Grad
22. März +1 bis
+19 Grad
+8 bis
+11 Grad
Diagramm Temperaturen März 2025
Die Wahrscheinlichkeiten der Kontrollläufe März 2025 von zu kalt, normal, zu warm im Vergleich zum vieljährigen Mittelwert (1961 bis 1990)

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