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Wettertrend Sommer 2022: Deutlich zu warm und durchwachsen?

| M. Hoffmann
Ein Sommer mit Höhen und Tiefen

Die aktuelle Sturmwetterlage ist ein klares Indiz der wiedererstarkten Zonalisierung, die mit dem Januar eine 22-monatige Abstinenz gefeiert hat, jetzt aber so richtig loslegen kann. Lässt sich daraus etwas für den Frühling und den Sommer ableiten? Wir haben uns einmal die Langfristprognosen der unterschiedlichen Prognosemodelle näher angeschaut.

Bemerkenswert ist die aktuelle Wetterlage. Man hat das Gefühl, dass die atlantische Frontalzone jetzt alles nachholen will, was ihr mit einer meridionalen Großwetterlage in den letzten Monaten verwehrt wurde. Bis einschließlich Montag ist über Deutschland mit schweren Sturmböen und über den exponierten Lagen und den Küsten von Nord- und Ostsee mit orkanartigen Winden zu rechnen. Mancherorts werden Winde in voller Orkanstärke möglich sein. Es ist sinnvoll, die entsprechenden Warnungen zu lesen und zu beachten: Warnlagenbericht Windprognose | Unwetterwarnungen.

Endet der Winter, bevor er überhaupt begonnen hat?

Auch wenn die aktuelle Witterung im Moment deutlich zu warm ist und über manchen Regionen die +15 Grad-Marke anpeilt, sollte man mit dem Ausruf des Frühlings warten, denn allzu oft halten sich mit einem instabiler werdenden Polarwirbel die Kaltluftausstöße aus nördlichen Richtungen bis Mitte März. Ende März kann es dann nochmals zu Kaltluftausbrüchen kommen, bei denen die Schneefallgrenze bis auf die tieferen Lagen absinken kann.

Ob aber eine spätwinterliche - und damit nasskalte - Wetterphase Einzug halten kann, müsste sich auf dem Atlantik und erst recht im Polarwirbel etwas verändern. Zumindest das Hoch müsste sich nach Norden aufstellen, doch diese Versuche sind - für den Moment - allenfalls als zaghaft zu bewerten. Wahrscheinlicher ist mit Wind, Regen und Werten von +6 bis +12 Grad ein für die Jahreszeit zu milder Start in den meteorologischen Frühling. Wir hatten das heute Nachmittag in der Wetterprognose für das Wetter im März einmal näher erläutert.

Und tatsächlich ist es so, dass die Wetterprognose der Amerikaner heute Abend eine instabile Verfassung des Polarwirbels Anfang März erneut bestätigt. Das dafür verantwortliche Hoch aber, das keilt über Europa und dem westlichen Russland nach Norden auf und lässt die atlantische Frontalzone vollständig auflaufen. Sollte das so eintreten, kann man tatsächlich von einem verfrühten Frühlingsbeginn sprechen, bei der die Temperaturen mit einer kräftigen Südströmung auf +15 bis +20 Grad und örtlich bis +22 Grad ansteigen können. Mit dem Überschreiten der +20 Grad-Marke befindet sich das Temperaturspektrum dann auch schon im frühsommerlichen Bereich.

Mit anderen Worten: da ist noch vieles möglich und das Entwicklungsspektrum schwankt Anfang März zwischen dem Spätwinter und dem Frühsommer. Wahrscheinlicher aber ist und bleibt ein leicht durchwachsener Wettercharakter, bei dem die Temperaturen mit einem Mittelwert von +8 bis +12 Grad und örtlich bis +14 Grad dem Frühling entgegenstreben und dem Spätwinter einen Einzug nach Deutschland nahezu unmöglich machen. Übrigens befindet sich die Wetterprognose der Amerikaner im Vergleich zu den Kontrollläufen - mit Abstand - im deutlich zu warmen Bereich. Möglich ja, wahrscheinlich nein!

Links die Prognose der Amerikaner mit einer frühsommerlichen Südwetterlage und rechts der Mittelwert aller Kontrollläufe, welche eine gemäßigt warme Südwestwetterlage favorisieren
Links die Prognose der Amerikaner mit einer frühsommerlichen Südwetterlage und rechts der Mittelwert aller Kontrollläufe, welche eine gemäßigt warme Südwestwetterlage favorisieren © www.meteociel.fr

Wie wird das Wetter im Frühling?

Das Wetter hält sich grundsätzlich nicht an Statistiken oder vergangene Großwetterlagen. Das wäre zu einfach. Was sich aber nach einem milden Winter häufiger abzeichnete, war ein milder bis zu warmer März und April, während der Mai zu nass und manches Mal zu kühl ausfiel (bspw. letzte Jahr). Das kann als Anhaltspunkt aber nicht als Maßstab genommen werden.

Die Erhaltungsneigung und das Ausgleichsverhalten

Warum das so sein kann, liegt im Ausgleichsverhalten und der Erhaltungsneigung begründet. Nach der lang anhaltenden meridionalen (Nord-Süd, Süd-Nord-Strömung) der vergangenen Monate konnte schon im letzten Sommer erahnt werden, dass das Strömungsmuster im Winter nicht kippen würde. Es gab zwar immer wieder einmal zaghafte Versuche einer Zonalisierung, doch wird diese erst im Februar mit einem Kaltlufttransport nach Kanada richtig nachhaltig und tobt sich im Moment richtig aus.

Sehr zum Leidwesen der Freunde des Winterwetters. Das Potential für waschechtes Winterwetter war mit einer meridionalen Großwetterlage gegeben, doch reicht das in Zeiten der Klimaerhitzung nicht mehr aus. Da müssen zukünftig ganz andere Wetterlagen her.

Was bedeutet das für den Sommer 2022?

Folgt man diesem - sehr einfachen -Schema, so sollte sich im März und April eine neuerlich meridionale Großwetterlage einstellen können. Meridional bedeutet in diesem Fall eine hohe Wellenbewegung, die über Deutschland, Österreich und der Schweiz sowohl zu sehr warmen und trockenen Wetterlagen, als auch zu kühlen und nassen Abschnitten führen kann. Genauso also, wie das im Frühling und Sommer 2021 der Fall war.

Wie wahrscheinlich ist die Fortführung des Musters?

Das wird sich zeigen müssen. Momentan ist das nichts weiter als eine These, aufgrund vergangener Eigenschaften und Mustern. Sollte es aber tatsächlich eintreten, so wären sowohl ein zu warmer Frühling, als auch ein zu warmer Sommer 2022 zu erwarten. Warum? Kühle Strömungsmuster sind seltener geworden, in den letzten 24 Monaten waren 21 zu warm, einer normal und zwei zu kühl. Häufiger positioniert sich so ein Hoch entweder über Mitteleuropa, dem östlichen Europa, oder über Skandinavien und alle drei Varianten sind prädestiniert für einen zu trockenen und zu warmen Wettercharakter. Außerdem zeigte sich in der Statistik nach einem Supermildwinter häufiger ein durchwachsener Sommer, der nur wenige Hitzeperioden vorzuweisen hatte. Auffällig dabei ist, dass die Niederschlagsabweichungen aus dem Winter ähnlich dem Sommer waren. Mehr dazu: Wie wird der Sommer 2022: Warmer Winter, heißer Sommer?

Die Wetterprognose Frühling und Sommer nach den Langfristmodellen

Langfristprognosen der Vorhersage-Modelle sind mit einem hohen Maß Skepsis zu genießen und geben lediglich einen groben Anhaltspunkt auf die - errechnete - Wahrscheinlichkeit von zu warm oder zu kühl oder zu nass und zu trocken. Ändert sich das Schema, ändert sich auch die Berechnungen der Langfristmodelle - da ist für den Moment nichts in Stein gemeißelt und sollte immer Gesamtkontext betrachtet werden.

Der Frühling 2022 nach dem Deutschen Wetterdienst

Das Langzeitmodell des Deutschen Wetterdienstes berechnet den Frühling mit einer Abweichung gegenüber dem Mittelwert von 1961 und 1990 von +1,0 bis +3 Grad erheblich zu warm (91/20: -0,2 bis +1,8 Grad). In der Niederschlagswahrscheinlichkeit sind keine großartigen Abweichungen gegenüber dem vieljährigen Sollwert auszumachen. Tendenziell aber können die Regionen über dem Norden etwas zu nass ausfallen.

Wettertrend der NASA zum Frühling und Sommer

Der Frühling soll nach der Langfristprognose der NASA um +1,0 bis +2,0 und im Trend bis +3,0 Grad zu warm ausfallen können (91/20: -0,2 bis +1,8 Grad). Die Niederschlagsprognose ist eher unauffällig und im Trend leicht zu trocken.

Für das Wetter im Sommer 2022 berechnet die NASA eine Abweichung der Temperaturen von +1,0 bis +2,0 Grad im deutlich zu warmen Bereich (91/20: -0,3 bis +0,7 Grad). Nach dieser Prognose wären Hitzeperioden nicht auszuschließen. Eine Dürre oder eine ausgeprägte Trockenheit lässt sich mit einer normalen Niederschlagsprognose - für den Moment - nicht ableiten.

Wetterprognose Frühling und Sommer des europäischen Vorhersage-Modells

Auch nach dieser Langfristprognose zeichnet sich ein mit einer Differenz von +2,0 bis +3,0 Grad deutlich zu warmer Verlauf des Frühlings ab (91/20: +0,8 bis +1,8 Grad). Die Niederschlagsprognose ist durchwachsen und tendenziell nur leicht zu trocken.

Für den Sommer 2022 wird ein Temperaturüberschuss von +1,0 bis +2,0 simuliert (91/20: -0,3 bis +0,7 Grad). Der Sommer hat im Juni so seine Startschwierigkeiten, kommt dann aber nach dem Wettertrend der Europäer mit ab der zweiten Juli-Hälfte so richtig im Schwung und kann für einen deutlich zu warmen Hochsommer und August sorgen. Die Niederschlagsprognose ist gegenüber dem vieljährigen Mittelwert unauffällig.

Wettertrend Frühling und Sommer nach dem CFSv2 Modell

Der März soll deutlich zu warm und der April und Mai zu warm bis deutlich zu warm ausfallen. Am Ende soll der Frühling 2022 mit einer Differenz von +1,5 bis +3,5 Grad erheblich zu warm ausfallen können (91/20: +0,2 bis +2,2 Grad). In der Niederschlagsprognose soll der März erheblich zu trocken, der April und Mai aber normal ausfallen können. Am Ende dann ein etwas zu trockener Frühling.

Für den Sommer zeichnet sich mit einem zu warmen Juni, Juli und August ein einheitliches Schema ab. Am Ende springt ein Temperaturüberschuss von +1 bis +2 Grad und im Wettertrend von bis +3,0 Grad heraus (91/20: -0,3 bis +1,7 Grad). Die Niederschlagsentwicklung ist aber keineswegs als deutlich zu trocken, sondern vielmehr als durchwachsen zu bewerten.

Abweichungen der Temperaturen im Frühling und Sommer gegenüber dem langjährigen Mittelwert 1961 und 1990
Monat Tem­peratur Nieder­schlag
März 2022 +2,0 bis +3,0 Grad Trend: über dem Süden und der Mitte erheblich zu trocken
April 2022 +1,0 bis +2,0 Grad Trend: normal bis etwas zu trocken
Mai 2022 +1,0 bis +2,5 Grad Trend: normal bis leicht zu nass
Juni 2022 +1,0 bis +3,0 Grad Trend: normal bis leicht zu trocken
Juli 2022 +1 bis +2 Grad Trend: normal bis leicht zu nass
August 2022 +1,0 bis +2,0 Grad Trend: normal bis leicht zu nass
Diagramm der Temperaturentwicklung Frühling und Sommer 2022
Diagramm der Temperaturentwicklung Frühling und Sommer 2022

Auf den Punkt gebracht: Die Weichen für den Frühling und Sommer können früh gestellt werden

Die Langfristmodelle machen Hoffnung auf einen abwechslungsreichen Wettercharakter, der im Trend zwar etwas zu trocken ausfallen kann, aber dennoch seine nassen Phasen hat. Ein Dürresommer wäre - nach den Langfristmodellen und zum aktuellen Stand - nicht zu erwarten.

Hinsichtlich der Temperaturen zeichnet sich ein sowohl zu warmer Frühling als auch Sommer ab, was in Zeiten der Klimaerhitzung nicht weiter verwundert. Waren von den letzten 30 Sommern 28 zu warm, einer zu kalt und einer normal.

Wie ist unsere Einschätzung?

Für eine detaillierte Wetterprognose ist es noch viel zu früh und ist so auch nicht machbar. Einzig, was man tun kann, ist aus den Gegebenheiten Rückschlüsse zu ziehen und sich daraus eine eigene Meinung bilden. Ein zu kalter Sommer ist längst überfällig, doch in Zeiten der Klimaerhitzung sehr unwahrscheinlich. Schon einen annähend normalen Sommer würden viele Menschen als zu kalt empfinden können. Selbst den letzten - normalen August - empfanden viele als deutlich zu kalt. In der Zusammenfassung aber hat eine meridionale Großwetterlage wohl auch in diesem Sommer wieder eine echte Chance sich durchzusetzen. Zu dominant wird die jetzige Westwetterlage sein und es ist nur eine Frage der Zeit, wann die Zonalisierung kippen wird. Der simulierte zu trockene März kann dafür schon ein Maßstab sein.

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