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Weiße Weihnachten: Außergewöhnliche Wetterlage, außergewöhnlicher Weihnachtstrend?

| M. Hoffmann

Schnee zu Weihnachten oder doch wieder mildes Wetter? Das Wetter stellt sich in den kommenden Tagen um und hat Anfang Dezember eine deutlich erhöhte Neigung hin zu einer nasskalten bis tiefwinterlichen Witterung. Kräftiger und regional unwetterartiger Dauerschneefall ist dank eines Kaltlufttropfens nicht auszuschließen. Das klingt nicht nur winterlich, sonders ist es auch - zumindest ab den mittleren Lagen. Zu verdanken ist das einer kuriosen Wetterlage - welche Auswirkungen kann das auf das Wetter Weihnachten haben und wie stehen die Chancen auf weiße Weihnachten?

Weiße Weihnachten - wie stehen die Chancen auf Schnee zum Fest? © Martin Bloch
Weiße Weihnachten - wie stehen die Chancen auf Schnee zum Fest? © Martin Bloch

In den kommenden Tagen gleicht sich das Wetter dem Jahreszeit-typischen Mittelwert von 1961 bis 1990 an. Schnee an Weihnachten aber liegt nun schon ganze dreizehn Jahre zurück und gemäß Statistik sind weiße Weihnachten längst überfällig. Das Problem: Das Wetter hält nichts von Statistiken - und erst recht nicht in Zeiten der Klimaerhitzung.

Doch wer jetzt schon eine detaillierte Wettervorhersage für das Weihnachtswetter macht oder sich darauf verlässt, ist zu früh dran - schließlich sind es noch knapp vier Wochen bis zum Fest und das ist definitiv zu lang für eine adäquate Wettervorhersage. Details sind aufgrund unsicherer Großwetterlagen häufig nicht einmal ein bis zwei Tage vor Heiligabend möglich.

Erste Gedankenspiele

Was aber geht, sind erste Thesen - die sich von bestimmten Großwetterlagen ableiten lassen - rund um das Weihnachtswetter aufzustellen. Diese ersten Gedankenspiele werden in den kommenden Tagen und Wochen bis zum 24. Dezember durch Wettertrends, Wetterprognosen und letztlich von Wettervorhersagen ergänzt und fortgeführt. Die Frage lautet: Weiße Weihnachten 2023 - ja oder nein - was lässt sich zum heutigen Stand erkennen?

Statistik: Schnee ist selten

Geht es nach der Wahrscheinlichkeit, so war in Zeiten vor der Klimaerhitzung in den Niederungen eine geschlossene Schneedecke vom 24. bis 26. Dezember in nur rund 12 Prozent der Fälle möglich. Auf andere Art formuliert waren damals nur alle 8,5 Jahre weiße Weihnachten zu erwarten. Letztmalig war das 2010 der Fall. Anders sieht es in den mittleren Lagen (400 bis 800 Meter) aus, da lag die Wahrscheinlichkeit bei rund 15 bis 50 Prozent (etwa alle 2 bis 7 Jahre, je nach Höhenlage) und über den südlichen und östlichen Regionen ist etwa alle drei Jahre Schneefall an Weihnachten möglich. Wer mehr über die Statistik wissen will, kann dies in der Rubrik - Wetter Weihnachten - nachlesen.

Weiße Weihnachten - früher und heute in der Differenz
Weiße Weihnachten - früher und heute in der Differenz © Deutscher Wetterdienst

Parallelen 2010 und 2023?

Dieses Thema greifen wir - aufgrund zahlreicher Anfragen und Hinweise - gerne mal auf. Im Jahre 2010 gab es an Heiligabend eine geschlossene Schneedecke über fast ganz Deutschland zu bestaunen. Örtlich mit 30 cm und mehr. Vorausgegangen war eine Entwicklung der Großwetterlage, welche der aktuellen - vom Prinzip - sehr ähnlich ist. Das Strömungsmuster war gestört, der Winter setzte nach einem deutlich zu warmen November in der letzten Dekade ein und dominierte das Wettergeschehen im Dezember und auch über Weihnachten.

Am 6. Dezember (Nikolaus) betrug die mittlere Schneehöhe über Deutschland bereits 13,1 cm! Eine solch frühe Einwinterung ist 2023 zum aktuellen Stand nicht unmöglich und man muss die Entwicklung des Hochdrucksystems auf dem Atlantik und des Kaltlufttropfens noch abwarten, doch handelt es sich bei der aktuellen Wetterlage um eine vollständig gestörte Zirkulation mit nachfolgendem Troggebilde zum Ende der Woche. Im Jahr 2010 war es Trog über Mitteleuropa, der sich stets erneuert und so zu einer tiefwinterlichen Wetterlage geführt hat (Erhaltungsneigung). Also ja, 2010 und 2023 haben in den Details zwar Unterschiede vorzuweisen, doch ist das Ergebnis ein ähnliches.

Die Großwetterlage am 2. Dezember 2010 und 2023 - eine gewisse Übereinstimmung ist zu erkennen
Die Großwetterlage am 2. Dezember 2010 und 2023 - eine gewisse Übereinstimmung ist zu erkennen © www.meteociel.fr

Das Wetter hält sich nicht an Parallelen. Auf andere Art formuliert: war das Wetter früher einmal ähnlich, so ist der weitere Ablauf alles andere als gleich. Sowohl 2010 als auch 2018, 2019, 2020, und 2023 verlief das Strömungsmuster mal meridional mit einem Hochdruckkeil auf dem Atlantik und mal in Form der gestörten Zirkulation mit einem Hoch über Skandinavien. Doch sowohl im Jahr 2018, 2019 als auch 2022 kippte der Hochdruckkeil nach Osten ab- und nachfolgend setzte sich der Westdrift durch, der sich im wahrsten Sinne des Wortes gewaschen hatte und mit milden Temperaturwerten das Wetter bis Weihnachten dominierte. Für den Dezember 2023 ist die Westwetterlage erst einmal nicht so ohne Weiteres möglich - zu gestört ist das Verlaufsmuster, als dass sich eine zonal dominierte Großwetterlage wird durchsetzen können. Mehr dazu: Wetter Winter.

Außergewöhnliche Wetterlage, außergewöhnliche Wetterentwicklung - auch an Weihnachten?

Ungewöhnlich - und in diesem Ausmaß so auch bislang nicht vorgekommen - ist die Temperaturanomalie auf dem Atlantik, welche wir hier einmal näher beschrieben haben: Extreme Anomalie auf dem Atlantik - Auswirkungen auf den Winter über Deutschland?

Kaltwinter mit Hochdruckblock

In der Erklärung vom 8. Oktober sticht zum einen die Hochdruckdominanz, aber auch das stationäre Tiefdruckverhalten hervor, was im November besonders stark in Erscheinung trat. Das stationäre Tiefdruckverhalten hält aktuell mit dem Kaltlufttropfen weiter an und möglicherweise wird auch die erste Dezemberdekade von einem stationären Tief über Mitteleuropa oder Skandinavien beeinflusst (Trog). Setzt sich das Muster erst einmal fest, geht es in eine Erhaltungsneigung über und in diesem Fall wäre eine bis Weihnachten langsam kälter werdende Luftmasse nach dieser These eine Möglichkeit.

Atlantische Frontalzone steht vor großen Herausforderungen

Ob sich die atlantische Frontalzone in diesem Jahr überhaupt noch einmal durchsetzen kann, bleibt infrage zu stellen. Denn setzt sich die schwere Kaltluft erst einmal fest, bleibt diese auf und Frontensysteme benötigen mehr als einen Anlauf, um diese aus Mitteleuropa zu vertreiben. Warum das so ist, haben wir hier einmal näher erläutert: Mehr Hitze und Trockenheit aufgrund eines schwachen Golfstromes und meridionalen Großwetterlagen?

Die aktuelle Wetterprognose

Interessant sind die aktuellen Wetterprognosen allemal und lassen die Optionen für Winterwetter bis auf die tieferen Lagen herab offen. Schaut man sich den Mittelwert aller Kontrollläufe an, so wird bis zum 10. Dezember Mischwetterlage berechnet.

Nasskalter Dezembertrend mit winterlichen Optionen ab den mittleren Lagen

Das Temperaturspektrum in 1.500 Meter Höhe schwankt zwischen dem 4. und 12. Dezember zwischen -10 und +10 Grad und weist eine Differenz von bis zu 20 Grad aus. Nebenbei bemerkt: für eine Wettervorhersage ist eine Differenz von 2 bis 4 Grad und für eine Wetterprognose von 2 bis 6 Grad wünschenswert. Das unterstreicht nochmals die Unsicherheiten der Wetterentwicklung der kommenden Tage!

Der Mittelwert aber schwankt zwischen +1 und -7 Grad. Für den Flachlandwinter sind in der zweiten Dezember-Dekade Höhenwerte von -6 bis -8 Grad und ab den mittleren Lagen von -4 bis -6 Grad ausreichend. Da gibt es noch viel Spielraum, wobei der Trend nach dem Mittelwert aller Kontrollläufen eindeutig in Richtung Milderung geht - und das bereits ab dem 4. Dezember.

Eine Milderung wird im Verlauf der ersten Dezember-Dekade zunehmend wahrscheinlicher
Wetterprognose nach dem Mittelwert aller Kontrollläufe: Eine Milderung wird im Verlauf der ersten Dezember-Dekade zunehmend wahrscheinlicher © www.meteociel.fr

Was lässt sich über das Wetter an Weihnachten sagen?

Lässt man die Zonalisierung einmal als wenig wahrscheinliche Wetterentwicklung außen vor, so wird die Hochdruckposition und ein möglicher Trog eine entscheidende Rolle spielen. Liegt das Hoch über Mitteleuropa, so wird es milde und trockene Weihnachten geben können - die Abwandlung hieraus ist die Inversionswetterlage (oben warm, unten kalt). Die zweite Variante ist ein Hoch über Skandinavien, dann kommt die kalte Ostwetterlage ins Spiel, die mit einem Kaltlufttropfen auch für etwas Schneefall sorgen kann. Die dritte Variante ist ein Hoch auf dem Atlantik, das die atlantische Frontalzone nicht nur blockiert, sondern rückseitig über Deutschland eine von Nord nach Süd verlaufende Grundströmung einleitet (meridional). Schaut man sich den oben stehenden Mittelwert aller Kontrollläufe für den 12. Dezember einmal an, so erkennt man die Parallelen zu einer Hochdruckzone Mitteleuropa mit einer Anströmung milder Luftmassen aus südwestlichen Richtungen.

Betrachtet man die aktuellen Randfaktoren, so werden der NAO- und der AO-Index seit heute deutlich negativ berechnet, was ein klarer Fürsprecher der Hochdruckzone zwischen Grönland, Island und Skandinavien ist.

Wetterprognose nach den Kontrollläufen

Hinsichtlich einer Schneeballschlacht an Weihnachten sollte absolut skeptisch sein. Schaut man sich das - mögliche - Temperaturspektrum für Weihnachten an, so liegen die Werte über dem Süden und Osten bei -1 Grad und über dem Norden und Westen um die +2 Grad. Theoretisch ist über tieferen Lagen vom Westen und Norden nicht mit einer weißen Weihnacht zu rechnen. Aber - und das sei an dieser Stelle ausdrücklich erwähnt - diese Berechnungen entstammen dem heutigen Datum und klar ist, dass diese sich bis zum 24. Dezember noch mehrfach verändern können. Das mögliche Spektrum der Temperaturen liegt zwischen +10 und -12 Grad - alles möglich!

Der Polarwirbel

Der Polarwirbel in Stratosphärenhöhe zeigt gegenwärtig ein mäßiges Minor-Warming, das sich jedoch nicht zu einem Major-Warming wird weiterentwickeln können. Im Gegenteil - das Minor-Warming löst sich auf und der Stratosphärenwirbel gewinnt an Stabilität hinzu. Die Windgeschwindigkeiten in Stratosphärenhöhe betragen aktuell +162 km/h und erreichen am 12. Dezember 108 km/h. Normal sind Anfang Dezember Windgeschwindigkeiten von rund +100 km/h.

Damit der Polarwirbel ernsthafte Schwierigkeiten bekommt, müsste in Stratosphärenhöhe die Windgeschwindigkeit rapide abnehmen und in die negative Richtung drehen. Man nennt diesen Vorgang Major-Warming oder die plötzliche Stratosphärenerwärmung. Auf andere Art formuliert, ist von oben herab nicht so schnell mit einer gravierenden Veränderung zu rechnen.

Kein Major-Warming in Stratosphärenhöhe - das Gegenteil ist der Fall der Wirbel in Stratosphärenhöhe stabilisiert sich in der zweiten Dezember-Dekade
Kein Major-Warming in Stratosphärenhöhe - das Gegenteil ist der Fall der Wirbel in Stratosphärenhöhe stabilisiert sich in der zweiten Dezember-Dekade © www.meteociel.fr

Langfristprognose: ein Lichtblick für den Dezember

Nach der Wetterprognose des Langfristmodells ist der Winter im Dezember nicht vollständig abzuschreiben. Mit einer Abweichung von +0,5 bis +2,0 Grad ist im Vergleich zum vieljährigen Mittelwert von 1961 bis 1990 ein gemäßigt milder bis zu warmer Dezember zu erwarten (91/20: -0,5 bis +1,0 Grad). Das schließt Schnee zum Weihnachtsfest somit nicht aus.

Weniger Niederschlag

Der Wettertrend des Langfristmodells simuliert für Deutschland einen deutlich zu nassen Dezember. Betrachtet man Europa, so wird der Norden und Süden zu trocken und die Mitte zu nass berechnet. Möchte man das interpretieren, so ist für den Dezember die Fortführung einer tiefdruckdominierten Großwetterlage zu erwarten.

Weiße Weihnachten 2023?

Auch wenn es derzeit mehr nach einer nasskalten Wetterentwicklung mit winterlichem Potential ab den mittleren Lagen aussieht, so hängt doch vieles vom Hoch und dem Kaltlufttropfen der kommenden Woche ab. Diesen Prozess gilt es abzuwarten und schauen, was passiert. Häufiger kommt es zu Turbulenzen, die im Vorfeld nicht zu erkennen sind.

Auf den Punkt gebracht

Wie lautet unsere Wetterprognose? Bislang ist das nicht mehr als ein Bauchgefühl und mehr ist aktuell auch nicht möglich. Wir gehen von einer Möglichkeit aus, die seit Jahren schon nicht mehr vorkam. Die Wetterlage ist außergewöhnlich und die sonst üblichen Parameter sind für den Moment außer Kraft gesetzt. Das Wetter an Weihnachten hat im Vergleich zum vieljährigen Mittelwert von 1961 bis 1990 gute Chancen, normal auszufallen. Das wird aber nicht für weiße Weihnachten reichen, zumindest nicht für die tieferen Lagen. Normal sind an Weihnachten Temperaturen von +0 bis +5 Grad.

In den kommenden Tagen aktualisieren wir unseren Wettertrend für Weihnachten in zunächst unregelmäßigen Abständen. Anfang Dezember erfolgen in regelmäßigen Abständen aktuelle Wettervorhersagen zum Wetter Weihnachten 2023.

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