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Weiße Weihnachten über Deutschland? Was dafür und was dagegen spricht

| M. Hoffmann
Wie steht es um weiße Weihnachten? © Martin Bloch

Kommt Schnee an Weihnachten? Es gibt einige Prognosen, die genau das berechnen, doch bedarf es hierzu einer ganz speziellen Wetterlage. Wie also stehen die Chancen auf weiße Weihnachten?

Schneefall ist in den kommenden Tagen bis auf tiefere Lagen herab möglich und in den Nächten ist die Ausbildung einer dünnen Schneedecke nicht ausgeschlossen. Oberhalb von etwa 400 bis 600 Meter überdauert die Schneedecke auch den Tag und fasst man die Witterung bis zum Wochenende kurz und bündig zusammen, so handelt es sich um eine nasskalte Witterung mit winterlichen Optionen ab den mittleren Lagen (Schneeprognose).

Wo bleibt der Winter?

Trotz zweier - fast optimal - verlaufender Trogstrukturen kam es über Deutschland noch nicht zu einem klassischen Wintereinbruch. Schaut man sich die Temperaturabweichung der ersten sechs Dezembertage im Vergleich zu 1961 und 1990 an, so war das Wetter im Dezember bislang um +1,6 Grad deutlich zu warm. Berechtigt also die Frage - Wo bleibt der Winter mit Schnee, Eis und Frost und wie stehen die Chancen auf weiße Weihnachten?

Winterwetter?

Die bisherigen Wetterprognosen zeigen nur phasenweise eine winterliche Witterung, so richtig zündendes war nicht dabei. Der Winter war lediglich optional. Viel wahrscheinlicher war eine milde Südwest- bis Westströmung, was in der Vorweihnachtszeit zu Temperaturen oberhalb der +10 Grad-Marke geführt hätte. Also alles andere als winterlich und der Temperaturüberschuss hätte weiter ansteigen können.

So klappt es mit dem Winter

Die Amerikaner haben es heute Vormittag gezeigt, wie es mit dem Winter klappen kann, doch war die Prognose im Vergleich zu den Kontrollläufen ein klar zu kalter Ausreißer und somit lediglich interessant und wenig relevant und dennoch ein kleiner Silberstreif am Horizont für alle Freunde des Winterwetters. Warum? Diese Berechnung zeigt, dass eine Zonalisierung zwar möglich und auch wahrscheinlich, zum aktuellen Stand keineswegs gesetzt ist.

Das Displacement

Die Berechnungen eines Displacement des Polarwirbels hatten die Vorhersage-Modelle in den letzten Tagen immer wieder im Programm. Es handelt sich hierbei um einen missglückten Polarwirbelsplit, bei der es zwischen dem Azorenhoch und dem Kontinentalhoch zu einem Zusammenschluss einer gewaltigen Hochdruckzone kommt. Nun sorgt so ein Displacement des Polarwirbels häufiger für ein Betonhoch über Deutschland, was sehr mildes und trockenes Wetter zur Folge hat.

Es gibt aber auch eine Besonderheit, die von den Amerikanern heute Abend berechnet wird. Das Azorenhoch wölbt sich zwischen dem 15. und 17. Dezember nach Norden auf und Deutschland gelangt an den östlichen Hochdruckgradienten, was mit einer nordwestlichen Grundströmung relativ kühle Luftmassen nach Deutschland befördert, die jedoch mit einer ungehemmten Sonneneinstrahlung auf +7 bis +11 Grad und örtlich bis +13 Grad erwärmt werden können.

Im Zeitraum vom 17. bis 20. Dezember strebt das Hoch von Frankreich und England aus nach Skandinavien und Deutschland, gelangt an den südlichen Hochdruckgradienten, was eine Ostwetterlage zur Folge hat und die Temperaturen über dem Norden und Osten auf +2 bis +6 Grad und über dem Süden und Osten auf -2 bis +2 Grad zurückgehen lässt. Aufgrund der Nähe zum Hoch ist kein Niederschlag zu erwarten. Stattdessen Hochnebel und löst dieser sich auf, scheint die Sonne.

Kaltlufttropfen zu Weihnachten?

Und jetzt kommt die Spezialität des amerikanischen Wettermodells, was in letzter Zeit immer wieder ein Faible für ungewöhnliche Wetterlagen hat. Die Hochdruckzone über Skandinavien führt am südlichen Gradienten einen sog. Kaltlufttropfen von Ost nach West (vollständig gestörte Zirkulation), der kurz vor, bzw. über Weihnachten Deutschland erreichen kann. Die Temperaturen sinken über dem Osten und Süden auf -3 bis +1 Grad ab und können nördlich der Linie von Köln und Berlin mithilfe von maritimen Einflüssen bis +4 Grad erreichen. Der Kaltlufttropfen ist für den Moment wenig dynamisch und wird nur für etwas Schneefall vor Weihnachten sorgen können. Und ja, es spielt im Moment auch keine großartige Rolle, was im Detail berechnet wird. Viel wichtiger ist für alle, die sich weiße Weihnachten wünschen, dass ein Durchbruch der Zonalisierung weiterhin infrage gestellt werden kann. Das ist ein wichtiges Signal!

Ein Hoch keilt nach Norden auf (li.) und geht eine Hochdruckverbindung mit dem Kontinentalhoch ein. Eine vollständig gestörte Zirkulation ist die Folge, mithilfe derer der Polarwirbel ein Displacement erfährt (re.)
Wetterprognose nach dem amerikanischen Wettermodell: Ein Hoch keilt nach Norden auf (li.) und geht eine Hochdruckverbindung mit dem Kontinentalhoch ein. Eine vollständig gestörte Zirkulation ist die Folge, mithilfe derer der Polarwirbel ein Displacement erfährt (re.)
© www.meteociel.fr

Die Wahrscheinlichkeiten

Nein, Winterwetter wird von den Kontrollläufen nicht berechnet. Zu mild sind die Werte in 1.400 Meter Höhe, die bis zum 20. Dezember zwischen +0 bis +2 Grad liegen können. Das bedeutet zum einen, dass der Schnee unterhalb 1.000 Meter vor sich hin schmilzt und zum anderen, dass die Werte über tieferen Lagen näher an der +10 Grad- anstatt der Null-Grad-Marke liegen können.

Deutlicher zeigt sich das in Mittelwert aller Kontrollläufe, der eine südwestlich orientierte Großwetterlage favorisiert. Was man aber auch sehen kann, ist das Displacement des Polarwirbels und wir haben einmal zwei Varianten herausgesucht, die das noch einmal deutlicher unterstreichen.

Links der Mittelwert aller Kontrollläufe. In der Mitte und Rechts das Displacement des Polarwirbels mit optionalem Kaltlufttropfen
Links der Mittelwert aller Kontrollläufe. In der Mitte und rechts das Displacement des Polarwirbels mit optionalem Kaltlufttropfen
© www.meteociel.fr

Und weiße Weihnachten?

Auch so ein optimal verlaufendes Displacement würde im besten Fall etwas Schnee bringen können. Für gewöhnlich aber sorgt ein Displacement mit einer Ostwetterlage für Kahlfrost - wenn überhaupt. Also muss eine gänzlich andere Variante her und die zeigte sich heute Morgen in der Wetterprognose der Amerikaner und heute Abend in einigen der Kontrollläufe. Ganz vom Tisch ist eine extreme Entwicklung zu Weihnachten noch nicht und zeigt, wie ein vollständiger Polarwirbelsplit zum Weihnachtsfest aussehen kann.

In diesem Fall strebt das Hoch zum 15. Dezember nicht nach Skandinavien, sondern nach Island und Grönland in Richtung des Polarwirbels auf und geht eine Querverbindung zum Hoch über den Aleuten ein. Das ist insofern wichtig, als sich keine Hochdruckachse zwischen Sibirien und Kanada ausbilden kann, was mehr ein Fürsprecher einer Westwetterlage ist. So eine Querverbindung hat zur Folge, dass sich der Polarwirbel in zwei Teile aufteilt und man von eine Dipolausbildung sprechen kann. Anders formuliert ein Polarwirbelsplit, was über Deutschland, Österreich und die Schweiz zu Weihnachten für Schneefall und frostige Temperaturen und somit für weiße Weihnachten sorgen kann!

Auch eine Variante, die für Schnee an Weihnachten sorgen kann - der Polarwirbelsplit
Auch eine Variante, die für Schnee an Weihnachten sorgen kann - der Polarwirbelsplit
© www.meteociel.fr

Die Randfaktoren

Mit einer Wetterprognose für Weihnachten befindet man sich aktuell in einem hochspekulativen Bereich und es zeigt sich, dass neben einer Zonalisierung noch vieles möglich ist. Die Randfaktoren berechnen mit einem positiven NAO-Index (Verhältnis Islandtief zu Azorenhoch) eine höhere Wahrscheinlichkeit für ein Islandtief. Der AO-Index wird ebenfalls positiv bewertet, was auf eine Stabilisierung des Polarwirbels hindeutet und damit die Zonalisierung nochmals stützt.

Als dritter Randfaktor kommt der Stratosphärenwirbel ins Spiel, der mit Windgeschwindigkeiten von bis +160 km/h für die Stabilisierung des Polarwirbels in den unteren Luftschichten spricht.

Erstes Anzeichen einer Störung

Naja, Störung ist vielleicht zu weit gegriffen. Sprechen wir lieber von einem Impuls, der in Stratosphärenhöhe gesetzt wird und sich in Form eines schwachen Minor-Warmings zeigt. Das ist alles noch nicht bewegendes und so ein Minor-Warming kommt im Winter häufiger vor. Doch in dieser Wintersaison wird mit einem QBO-Ost gerechnet, was sich irgendwann in Form eines Major-Warmings in Stratosphärenhöhe zeigen wird. Wann das sein wird, bleibt noch abzuwarten.

Sollte es aber zu einem Major-Warming in Stratosphärenhöhe kommen, so werden die Windgeschwindigkeiten negativ und die Winde drehen sich in der Höhe von Ost nach West und damit entgegengesetzt der Drehrichtung in den unteren Luftschichten. Der Polarwirbel wird massiv geschwächt und kann über kurz oder lang vollständig zusammenbrechen. Für das Wetter an Weihnachten ist das für den Moment wenig relevant, da so ein Major-Warming seine Zeit braucht, bis sich das auf die unteren Luftschichten auswirken kann (7 bis 14 Tage).

Der Polarwirbel in Stratosphärenhöhe zeigt links keinerlei Störungen, kurz vor Weihnachten zeigt sich im Ansatz ein schwaches Minor-Warming
Der Polarwirbel in Stratosphärenhöhe zeigt links keinerlei Störungen, kurz vor Weihnachten zeigt sich im Ansatz ein schwaches Minor-Warming
© www.meteociel.fr

Der ganz weite Blick in die Zukunft - die Wetterprognose Weihnachten 2021 nach den Kontrollläufen

Schaut man sich das - mögliche - Temperaturspektrum über die Weihnachtsfeiertage nach dem heutigen Stand an, so liegen die Werte über dem Westen und Norden zwischen +1 bis +3 Grad und über dem Osten und Süden zwischen +0 bis +2 Grad. Diese Prognosen entstammen dem direkten Modelloutput und zeigt, was mit den heutigen Daten für ein Wetter an Weihnachten möglich wäre. Das ist mit einer hohen Ungenauigkeit behaftet und wird sich noch mehrfach ändern können.

Die Weihnachtsprognose der Wettermodelle
Tag Temperatur Wetter
24. Dezember / Heiligabend +0 bis
+3 Grad
Leichter Niederschlag
Erster Weihnachts­feiertag +0 bis
+2 Grad
Leichter Niederschlag
Zweiter Weihnachts­feiertag +0 bis
+2 Grad
Leichter Niederschlag

Auf den Punkt gebracht: Weiße Weihnachten?

Schneefall an Weihnachten ist weiterhin möglich und eine Westwetterlage ist alles andere als gesetzt, auch wenn die Anzeichen einer Milderung in der zweiten Dezemberdekade fast schon erdrückend sind. Doch wie der Ausweg für den Winter aussehen kann, zeigt sich hauptsächlich in den Kontrollläufen auf beeindruckende Art und Weise. Und ja, ein einfacher und rascher Umschwung in eine Zonalisierung nach einer 20-monatigen Abstinenz derselbigen wäre überraschend. Man wird sehen und abwarten müssen!

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